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Samstag, 18. September 2010

Besprochen: ANTONY & THE JOHNSONS - "SWANLIGHTS"

Ganz große Kunst: Auf ihrem neuen Album entfernen sich Antony & The Johnsons immer weiter vom Pop - und stoßen in neue künstlerische Sphären vor.

Was haben wir nicht erst im letzten Jahr zum 3. Album "The Crying Light" von Antony Hegarty und seinen Johnsons geschmachtet. Dieses Werk, das so schwerelos und doch so schwermütig, auf der Grenze zwischen Pop und großer orchestraler und emotionaler Geste balancierte. Ein strahlendes, androgynes und ergreifendes Manifest. Nun im Jahr danach, steht uns schon das 4. Studioalbum des Gespanns ins Haus. "Swanlights" nennt sich das neue Werk - und es ist ein Album geworden, das mit dem Verstand nicht zu erfassen ist. Denn hier entfernen sie sich zunehmend vom Pop - und finden ihre Bestimmung in neuen, tieferen Klangsphären. Doch um Missverständnisse zu vermeiden: "Swanlights" ist noch immer das, was wir uns im weitesten Sinne von Antony Hegarty versprechen. Nur den neuen Kompositionen ist nicht mehr der deutliche Popstempel aufgedrückt. Am ehesten spürt man diesen noch auf der formidablen ersten Single "Thank You For Your Love" (hier anhören!), jedoch wird der Pop hier zunehmend von Jazz-Einflüssen verdrängt. Die Songs der neuen Platte bilden einen wahrhaft einnehmenden emotionalen Rausch. Aber dennoch ist es schier unmöglich, dieses künstlerisch hochwertige Werk nach dem ersten hören ganz zu verinnerlichen - oder gar zu begreifen. Doch spätestens nach den ersten paar Durchläufen, drängt sich immer stärker der Verdacht auf, das hier etwas ganz großes geschieht. Denn irgendwann ist der Punkt erreicht, an dem die Songs ihre ganze Seele, ihr Eigenleben und ihre Magie entfalten. Der Moment, in dem sich dieses versponnene Kunstwerk als kostbarer Schatz offenbart. Der Opener "Everything Is New" zeigt schon vortrefflich, wo sie der neue Weg hinführt. Zu spärlicher Instrumentierung, hangelt sich Hegarty hier an denselben, immer wiederkehrenden wenigen Textzeilen entlang ("I cried everything, everything is new"). Die Songs klingen sperriger und weniger eingängig als auf dem Vorgänger vom letzten Jahr. Vielmehr will man hier eine deutliches künstlerisches Statement abgeben, was ihnen auf den famosen 11 Songs von "Swanlights" vorbildlich und mit durchaus unterschiedlichen, aber höchst homogenen musikalischen Mitteln gelingt. So zeigt sich "Ghost" (hier anhören!) mit dramatisch perlendem Piano und schwelenden Streichern auf einem hohen emotionalen und qualitativen Level, das einem das Stück direkt unter die Haut fahren lässt. "The Great White Ocean" (hier anhören!) treibt höchst verletzlich und melancholisch auf akustischen Arrangements daher. "I'm In Love" (hier anhören!) erstreckt sich über erlösend stimmungsvolle Orgel-Klänge und etwas, das man in einer anderen Welt beinah Beats nennen würde. Der Titelsong "Swanlights" (hier anhören!) beginnt als spukige Metapher und steigert sich im Verlaufe seiner 6 Minuten bin hin zu sakraler Vollendung. Gemeinsam mit Björk gelingt "Flétta" (hier anhören!) als erhabenes, höchst emotional fesselndes, von dominantem Piano begleitetes Kunstwerk. Und mit verspielt zaghaftem Orchester und schwelgerisch hymnsichem Gesang entwickelt "Salt Silver Qxygen" (hier anhören!) eine beinah epische Wucht. Dieses Album will nicht verstanden und analysiert, sonder es will gefühlt, erahnt und verinnerlicht werden. Wer eingängige Songstrukturen und eine konventionelle Umgehensweise mit dem Begriff Pop will, der muss anderswo weitersuchen. Aber hier wird er damit nicht weit kommen. Was hier geschieht, spielt sich auf einer gänzlich anderen Bewusstseinsebene ab. Denn wer es schafft, sich diesem abstrakten Klanggemälde zu öffnen, der wird erkennen was wahre Schönheit bedeutet.

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