♪♫♪ ...music makes the people come together... ♪♫♪

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Sonntag, 15. März 2015

Besprochen: MARINA & THE DIAMONDS - "FROOT"

Nach der ziemlich ernüchternden Mainstream-Anbiederung ihres letzten Werkes, gehört Marina & The Diamonds mit ihrem dritten Studioalbum endlich wieder zu den Guten.

Noch allzu frisch erscheinen einem doch die Erinnerungen, als die walisisch-griechische Sängerin Marina Diamandis alias Marina & The Diamonds im Jahr 2010 mit ihrem herrlichen Debüt "The Family Jewels" daher kam, um unseren Alltag mit so unwiderstehlichen Pop-Köstlichkeiten wie "I am Not a Robot", "Hollywood" oder "Mowgli's Road" zu versüßen. Und uns dabei die Hoffnung auf ein neues kleines Pop-Phänomen mit auf den Weg zu geben. Doch die Freude währte leider nicht sehr lange, konnte sie die Erwartungen mit ihrem Zweitwerk "Electra Heart" (2012) doch keineswegs erfüllen. Wenn das Album auch durchaus seine Momente hatte, so war der charmant-eingängige Sound des Debüts doch einer recht austauschbaren Dance-Pop-Platte gewichen, die kaum noch etwas davon erkennen ließ, was einem auf dem Vorgänger noch so bezaubert hatte. Mit einer Vielzahl von Produzenten und Co-Songwritern wie Dr. Luke, Benny Blanco oder Stargate, erschien das Album wie eine ziemlich plumpe Anbiederung an den aktuellen Mainstream, und ließ kaum Spielraum für die eigene Persönlichkeit der Sängerin. Doch dem will die Dame nun auf ihrem neuen und dritten Album "Froot" quasi mit dem genauen Gegenteil begegnen: hier wurden zum ersten Mal auf einem ihrer Alben sämtliche Songs von ihr allein geschrieben und komponiert, wofür sie nach eigener Aussage ihre Art des Songwritings komplett verändert hat. Und zusammen mit David Kosten (Bat for Lashes, Everything Everything) hat sie es zugleich auch co-produziert. Und diese veränderten Umstände hört man dem neuen Album auch deutlich an, welches sich nun akustisch von seinem Vorgänger hörbar positiv abhebt!



So geht es schon ganz wunderbar los, wenn sie mit dem Opener "Happy" (♪♫♪) in das neue Album startet. Wer dahinter jetzt allerdings einen nervtötend fröhlichen Gassenhauer wie seinen Namensvetter von Pharrell Williams befürchtet, der sei unbesorgt: denn entgegen seinem Titel versteckt sich dahinter eine eigentlich gar nicht so fröhliche, sondern eher melancholische, beizeiten traurige und dennoch wunderschöne Ballade, die auch für ein paar kleine Gänsehautmomente gut ist. Im schicken Titelsong "Froot" (♪♫♪) verschwören sich daraufhin die wunderbar süße Melodie und der tänzelnde Disco-Groove zu einem äußerst unterhaltsamen Pop-Vergnügen, ehe sie mit "I'm a Ruin" einen ganz fabelhaften Ohrwurm mit leicht melancholischer Schlagseite folgen lässt. Aber auch abseits dieser ersten drei Stücke kann das Album mit ein paar Highlights strahlen. So etwa mit der neuen Single "Forget" (♪♫♪), einem melodisch einnehmenden Song, der ein wenig die Atmosphäre eines zeitlosen Pop-Ohrwurms ausstrahlt. Aber auch so kleine Perlen wie das eingängig melodische "Can't Pin Me Down" (♪♫♪), das verträumte und harmonisch-schöne "Weeds" (♪♫♪), das zugleich tief melancholische und optimistisch melodische "Solitaire" (♪♫♪) oder das nachdenkliche "Immortal" (♪♫♪), kann man auf ihrem neuen Album finden.  

Insgesamt klingt "Froot" geschlossener und persönlicher als sein Vorgänger. Es jagt nicht mehr krampfhaft den hipsten Musiktrends hinterher, zeigt wieder weit mehr Seele als zuvor und kann mit ein paar sehr feinen Melodien punkten. Zwar ist aus Marina & The Diamonds immer noch nicht das einst versprochene Pop-Phänomen geworden, aber mit "Froot" ist ihr dafür immerhin ein grundsolides Pop-Album gelungen, mit dem sie künstlerisch endlich wieder Boden gut machen und sich zugleich als fähige Songwriterin beweisen kann. Sie gehört wieder zu den Guten. 



 

Samstag, 7. März 2015

Besprochen: MADONNA - "REBEL HEART"

Nachdem Madonna's Herrschaft in den vergangenen Jahren doch immer wackeliger und instabiler zu werden drohte, sitzt die "Queen" mit  ihrem neuen und 13. Studioalbum "Rebel Heart" endlich wieder fest auf dem Pop-Thron.

Wenn man wie meine Wenigkeit in den 1980er und 1990er Jahren aufgewachsen ist, wurde man irgendwie auch automatisch in dem Selbstverständnis groß, dass Madonna unangefochten den Thron der "Queen of Pop" besetzte. Ganz gleichgültig, ob man sie nun mochte oder auch nicht. Und eigentlich hat sich daran bis heute nicht viel geändert - auch der Tatsache zum Trotz, das ja immer mal wieder darum gestritten wird, ob nun Lady Gaga oder vielleicht doch eher Taylor Swift die neuen Thronhüter wären. Nur kann eben keiner von ihnen auf eine so beispiellose und mehr als 30 Jahre andauernde Karriere zurückblicken, wie dies Madonna Louise Ciccone kann. Doch in den letzten paar Jahren konnte man doch ohne viel Mühe den Eindruck gewinnen, als würde Madonna's Pop-Thron spürbar zu wackeln beginnen. So waren es vor allem im Rückblick betrachtet ihre letzten beiden Alben, die einen ziemlich ratlos hinterließen. "Hard Candy" und "MDNA" hatten zwar fraglos ihre Momente - aber wurde bei ihnen doch auf kurz oder lang nur allzu deutlich klar, dass Madonna sich künstlerisch kräftig verzettelt hatte. Wo sie in der Vergangenheit immer wieder neue Trends geprägt und losgetreten hatte, schien sie zuletzt eher verzweifelt zu versuchen, auf bereits rollende Züge aufzuspringen. Es blieb einem jedoch immer noch die Hoffnung, dass sich dies beim nächsten Album wieder ändern könnte. Weil man eben nur zu genau wusste: Madonna kann es doch eigentlich besser. Und diese Hoffnungen wurden dann auch bald ganz unerwartet genährt. 

Denn nachdem Ende letzten Jahres illegal zahlreiches neues Demo-Material von Madonna im Internet auftauchte, war selbige zwar gar nicht amused, aber trat kurz darauf die Flucht nach vorne an. Und so stellte sie kurz vor Weihnachten 2014 bereits die ersten 6 Songs ihres neuen und 13. Albums "Rebel Heart" via iTunes zur Verfügung. Und man musste allein nur den großartigen Opener "Living for Love" hören, um deutlich zu merken, dass sich bei Madonna einiges geändert hat: eine Art erhebende und mitreißende Durchhalte-Hymne für gebrochene Herzen, die von House-Elementen, 90s-Piano (welches übrigens von Alicia Keys beigesteuert wurde) und Gospel-Gesang begleitet wird - und so auch perfekt in den aktuellen Zeitgeist passt, der ja u.a. durch so junge Vertreter wie Kiesza unlängst den House der frühen 90er für sich wiederentdeckt hat. Doch damit biedert sich Madonna in der Tat keinem vorherrschenden Trend an, hat sie diese Ära doch einst selbst gelebt! Aber spätestens wenn man erst den offiziellen Clip dazu gesehen hat, sollte es endgültig um einen geschehen sein: denn damit gelang Madonna ihr bestes Musikvideo seit mehr als einer Dekade, indem sie auf famose Art und Weise eigene frühere Clips wie "Take a Bow", "Open Your Heart", "La Isla Bonita" oder "Girl Gone Wild" zitiert.

Madonna // Living For Love from HSL2014 on Vimeo.

Und auch wenn das restliche vorab bekannte Material diesen Eindruck schon Ende vergangenen Jahres ganz deutlich bestärkte, so ist doch spätestens jetzt nach dem kompletten Genuss von "Rebel Heart" klar: Madonna kann dieses erste Versprechen auch auf Albumlänge ganz und gar einlösen. Und das schafft sie mit einer Riege an famosen Songs und potentiellen Hits, die sie endlich wieder in Höchstform präsentieren. Etwa mit dem Ohrwurm "Devil Pray" (♪♫♪), der sich der Thematik des Drogenkonsums aus spirituellen Gründen widmet und der durch Einsatz von Akustikgitarren und softer Elektronik, Erinnerungen an ihre "Music"-Ära herauf beschwört. Ein äußerst gelungener Song, was aber auch überraschen kann - zumindest wenn man weiß, dass Avicii an der Produktion beteiligt war. 
"Ghosttown" erweist sich hingegen als fantastische und hoffnungsvolle Pop-Perle, die von ruhigen Versen geprägt ist, zwischen denen der hymnische und von stimmungsvollen Beats begleitete Refrain fast schon majestätisch empor ragt - und die sich inhaltlich mit einer Art postapokalyptischen Welt befasst, in der die Menschen nichts mehr haben, außer sich selbst: "That song is kind of looking at the world in a way, seeing civilization collapse around us, for lack of a better word. And at the end of the day, if we run out of oil and we don't have electricity and we don't have all the modern conveniences, and we have no phones and computers, all we're going to have is each other, is humans", wie sie in einem Interview mit dem Rolling Stone schilderte. Man benötigt nicht viel Fantasie, um sich denken zu können, dass der aktuell wahrhaft katastrophale Zustand der Welt sie zu dem Thema inspiriert hat. 
Auf dem genialen "Unapologetic Bitch" (♪♫♪) zeigt sich Madonna dann endlich mal wieder von einer bislang ganz neuen Seite: zusammen mit Produzent Diplo (der auch einige weitere Songs des neuen Albums betreute) versuchte sie sich hier tatsächlich an Raggae-, Dub- und Dancehall-Klängen, was ihr (selbst zu meiner Überraschung) ganz außerordentlich gut gelungen ist. Beim hervorragenden "Illuminati" (♪♫♪) arbeitete Madonna wiederum mit Produzent Kanye West zusammen - der sich den Song aus Madonna's Demo-Katalog explizit aussuchte, nachdem er laut Sängerin schon beim ersten Hören ganz aus dem Häuschen war. Und dem verpasste er dann seine ganz persönliche Note, was sich in dem kühl-minimalistischen und vielseitigen Sound niederschlägt, der sich irgendwo zwischen Electronica, Synth-Pop, RnB und HipHop einpendelt. 


Als eine weitere große Perle des Albums zeigt sich die warme und melodieverliebte, stark auf Akustikgitarren basierende Midtempo-Ballade "Joan of Arc", in der sich Madonna aber keineswegs mit der französischen Nationalheldin und Heiligen der römisch-katholischen Kirche vergleichen will. Vielmehr zeigt sie hier einerseits die verletzliche Seite eines Superstars. "Each time they write a hatefull word, draggin' my soul into the dirt, I wanna die. Never admit it, but it hurts", heißt es dort etwa. Oder wenn sie dann später mit Zeilen fortfährt, wie: "I can be a superhero right now, even hearts made out if steel can break down. I'm not Joan of Arc, not yet. I'm only human." Doch bald merkt man, dass Madonna sich hier nicht in Selbstmitleid zerfließend die Wunden lecken will - sondern das es sich dabei in Wirklichkeit um ein ganz wunderbares Liebeslied handelt, wenn sie im Refrain weiter singt: "Anything they did to me, said to me, doesn't mean a thing cause you're here with me now. Even if the world turns it's back on me. There could be a war, but I'm not going down".  
"Hold Tight" (♪♫♪) erweist sich hingegen als famoser und atmosphärischer, von mitreißenden Beats angeheizter Pop-Ohrfänger mit kräftigem Synthie-Einschlag - und zudem auch ziemlich hohen Hitqualitäten. Das anfänglich für manche vielleicht etwas unscheinbar wirkende "Body Shop" (♪♫♪) mausert sich alsbald zu einem weiteren Höhepunkt der Platte, der als warme und von Akustikgitarren dominierte Perle besticht, in der Madonna schon allein durch ihren beinah scheuen Gesang glänzt. Und mit dem Finale des Albums gelingt ihr auch ganz Wundervolles, was man zumindest als Kenner der geleakten Demos so wohl kaum erwartet hätte: war seine Demo noch recht einfach gestrickter Dance-Pop mit Avicii-typischem Trance-Geballer, so ist es ein wahrer Segen, was Madonna aus der finalen Version von "Wash All Over Me" (♪♫♪) gemacht hat - ist daraus doch schlussendlich eine ziemlich klassische, Piano-lastige und von soften Beats und Chören begleitete Ballade geworden.  



Ein paar kleine Abstriche muss manch einer hier aber auch machen. So könnten vor allem eher etwas aufgedrehte Nummern wie "Bitch, I'm Madonna" (♪♫♪) oder "Iconic" (♪♫♪) für manch einen (wenn auch nicht zwingend für mich selbst) recht gewöhnungsbedürftig sein. Und gerade in diesem Kontext erscheint es einem dann fast schon wie eine Schande, dass gleich mindestens zwei Songs als Bonus-Tracks auf die Deluxe-Edition des Albums verbannt wurden, die qualitativ eigentlich auf das reguläre Albums gehört hätten. Allen voran kein geringerer Song, als der Titelsong (!) des Albums höchstpersönlich: warum sich Madonna dazu entschieden hat, den großartigen und autobiographischen Gitarren-Pop-Ohrwurm "Rebel Heart" (♪♫♪) nicht auch auf das reguläre Album zu nehmen, wird mir wohl auf ewig schleierhaft bleiben. Und dann wäre da auch noch das fantastische "Messiah" (♪♫♪): eine erhabene und wunderschöne, von Piano und Streichern untermalte Ballade, die man in meinen Ohren gerne mit zu den besten Balladen der Dame zählen darf. Doch das sind im Grunde nur Fußnoten - zumal hier sowieso mindestens die Deluxe-Edition die erste Wahl sein sollte.
 

Mit "Rebel Heart" hat Madonna nun also endlich einen spürbaren und auch überfälligen Kurswechsel in ihrem musikalischen Schaffen eingeleitet. Dem neuen Album hört man deutlich an, dass es Madonna hier nicht vorrangig um fette Sounds und möglichst zeitgemäße Produktion ging. Ganz im Gegensatz zu ihren letzten beiden Alben, die spätestens in Nachhinein wie recht ungelenke Versuche wirkten, Anschluss an den aktuellen Mainstream zu finden. Doch "Rebel Heart" ist da hör- und spürbar anders gestrickt. Hier liegt der Fokus wieder so deutlich auf Melodie, Songwriting und Gesang, wie bei Madonna schon eine ganze Weile nicht mehr. Trotzdem es zwar sicherlich kein Meisterwerk par excellence hergibt, so ist "Rebel Heart" aber dennoch ein spannendes und wirklich fabelhaftes Pop-Album, das mit seiner stilistischen Vielfältigkeit über seine gesamte Strecke hervorragend funktioniert. Und zudem Madonna's mit Abstand bestes Album seit mindestens 10 Jahren markiert.