♪♫♪ ...music makes the people come together... ♪♫♪

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Montag, 10. Dezember 2012

Besprochen: KE$HA - "WARRIOR"

 Trotz hochrangiger Gäste und solidem Produzenten, wird man Kesha auch mit Album No.2 in Zukunft nicht ernster nehmen können. Denn gar nicht mal so scheiße wie erwartet, macht noch lange kein gutes Album.

Es gibt manche Auswüchse der Popkultur, denen selbst jemand mit Hang zu gutem Trash-Pop nur kopfschüttelnd gegenüber steht. Hat man irgendwann den Anschluss zum neuesten Zeitgeist verpasst, oder tut man in Wirklichkeit ganz gut daran, so etwas wie die amerikanische Pseudo-Pop-Göre Kesha nicht ernst nehmen zu können? Nun hat die junge Dame - die gerne mal durch pikant vulgäre Aussagen, oder gar zuletzt durch ein selbst in Umlauf gebrachtes Foto beim oralen Beglücken eines unbekannten Mannes auffiel - ein neues Album auf den Markt geworfen. Der Titel "Warrior" soll dann wohl ihren ja ach so rebellischen und unangepassten Lifestyle unterstreichen, was aber eher ziemlich plump rüber kommt - was wiederum nur das ekelhaft trashige Cover-Artwork toppen kann. Doch was erwartet einen hier musikalisch? Das der Mörderanteil des Albums von Katy Perry's Stammproduzenten Dr.Luke in Szene gesetzt wurde, mag durchaus eine Fußnote wert sein - auch wenn sich hier eigentlich nichts mit dem messen kann, was er zuletzt mit seiner Hauptklientin ausheckte. Wobei man aber durchaus zugeben muss, dass es auf "Warrior" auch kleine Lichtblicke zu verzeichnen gibt - welche wiederum wohl eben jenem Produzenten zu verdanken sind. In einem schwachen Moment mag sogar die erste Single "Die Young" dazu zählen, auch wenn man das normalerweise nur unter Folter zugeben würde. Man sollte allerdings gerade Trash-Dance-Pop bitter nötig haben, sonst gerät auch der Song selbst schnell zur Folter.



Ke$ha - Die Young von komiz

Bleibt man voreingenommen und lässt sich zu sehr von ihrem arg vulgär-billigen und leider meist auch allzu peinlichen Auftreten beeindrucken, kann man den ganzen Rest von "Warrior" ganz herzhaft scheiße finden. Bewertet man es aber nach gängigen Pop-Maßstäben, und stellt die Wirkung der Musik in den Vordergrund, kann das Album auch ein paar seltene Momente haben. So etwa bei "Crazy Kids" (♪♫♪), welches ein erstaunlich gutes Stück Dance-Pop abgibt - gut, ob man Kesha "Raps" nun mag, ist wohl Geschmackssache. Darüber hinaus kommt der Song aber mit einer guten Produktion und einer sehr schicken Ohrwurm-Melodie daher. Und auch "Supernatural" (♪♫♪), das sich an Nik Kershaw's 80er-Hit "Wouldn't It Be Good" bedient, gibt einen nicht unwesentlich zündenen Dancepop-Ohrfänger ab, den man sich durchaus geben kann. Tja, und der Titelsong "Warrior" (♪♫♪) ist eine durchwachsene Sache...bringt der Song in den Refrains echte Pop-Qualitäten mit, taucht er in den Versen dann doch zu oft in ziemlich unerträgliche Kesha-Klischees ab. Allerdings: diese Justice-artige Elektro-Einlage um die 3. Minute herum, reißt dann wieder manches raus. Die erstaunlichen Gastbeiträge von Iggy Pop im rockigen "Dirty Love" (♫♪), und dem Black Keys-Drummer Patrick Carney im recht schnarchigen "Wonderland", sind dann allerdings nicht unbedingt der Rede wert - was ganz anders bei "Past Lives" (♫♪) aussieht, welches von den Flaming Lips (auf dessen letzen Album "Flaming Lips & Heady Fwends" sie bei einem Song dabei war) produziert wurde - und so auch zu einem erstaunlich gelungenen Song, den man allerdings auch nur als Bonus Track auf der Deluxe-Edition des Albums findet. Schade, denn es hätte vom Gesamteindruck des eigentlichen Albums wenigstens ein klein wenig retten können. Denn der Rest ist meist unauffälliges und manchmal auch recht nettes Dance-Pop-Rock-Geplänkel, das trotz hochrangiger Gäste, solidem Produzenten und ein paar kleinen Highlights nicht dafür sorgen kann, dass man Kesha in Zukunft ernster nehmen könnte. In einzelnen, ausgewählten Dosen genossen, kann manches hier beizeiten seinen Reiz haben. Aber: weniger scheiße als erwartet, ergibt noch lange kein gelungenes Album.


Samstag, 8. Dezember 2012

Besprochen: GREEN DAY - "¡TRÉ!"

 Trotz einer leichten qualitativen Steigerung, können Green Day auch mit dem Finale ihre "¡Uno! ¡Dos! ¡Tré!"-Trilogie leider nicht mehr retten.

Die Sache ist bekannt, doch für die Unwissenden noch einmal in aller Kürze: als Nachfolger des ungemein erfolgreichen Stadion-Rock-Gespanns "American Idiot" und "21st Century Breakdown", wollten Green Day nicht einfach ein neues Album abliefern, sondern gleich 3 Alben - veröffentlicht in einem Rhythmus von ein paar Wochen. Mit den bislang veröffentlichten 2 Teilen der "¡Uno! ¡Dos! ¡Tré!"-Trilogie, fanden sie vor allem zu den einfacher gestrickten Punk-Pop-Klängen ihrer früheren Tage zurück. Das klang dann auf zwei ganze Alben gestreckt manchmal nett, selten ärgerlich, aber oft....irgendwie egal. Es war halt nicht mehr die junge Band, die diesen Stil für sich entdeckte und versuchte  sich nach und nach weiter zu entwickeln. Nein, es ist eine reifere Band, die auf ihre jungen Jahre zurück blickt. So wurde die Entwicklung zur puren Nostalgie, was leider vielem auch die Spannung und den Nervenkitzel raubte. Der letzte Teil "¡Tré!" soll nun ganz anders werden. Viel hat die Band schon darüber lamentiert, was hier alles passieren soll. Es soll der ambitionierteste Teil des Dreiers sein, der ihre gesamte Karriere umspannt - von den frühen 60s-affinen Wurzeln, über den erwähnten Punk-Pop der "Dookie"-Tage, bis hin zum Sound der Stadion-Rock-Opern "American Idiot" und "21 Century Breakdown". War Teil 1 Power-Pop und Teil 2 Garagen-Rock, so soll das Finale nun gar episch werden - so die Meinung der Band selbst. Die erste Single "Brutal Love" stimmt hingegen skeptisch, kommt selbige doch als ziemlich käsiger 60s-Schmalzbrocken daher geschunkelt - der aber im letzten Drittel durch etwas schmissigeren Gitarreneinsatz wenigstens halbwegs gerettet wird.



Doch kann die Realität  die Versprechungen der Band auf Albumlänge einlösen? Es tut einem fast leid sagen zu müssen: leider nein! Was nicht heißen soll, dass es sich hierbei um ein misslungenes Album handeln würde. Eine Steigerung zu den beiden Vorgängern ist durchaus spürbar, und sie haben auch ein paar recht ordentliche Liedchen im Gepäck: "Drama Queen" (♪♫♪) gibt eine durchweg passable Ballade ab, die dann und wann doch ein wenig an Oasis denken lässt, "X-Kid" (♪♫♪) bringt - wenn schon keine einfallsreiche Melodie - immerhin ein wenig glaubwürdige Energie mit, "Walk Away" (♫♪) macht als Instant-Punk-Pop-Ohrwurm vorübergehend durchaus Freude, "Dirty Rotten Bastards" (♪♫♪) kommt als netter und melodischer Punk-Popper des Weges, und mit der recht hübschen (aber nicht sehr spannenden) Ballade "The Forgotten" (♪♫♪) beenden sie das neue Album.  Doch das reicht leider nicht aus, um das Finale der Trilogie deutlich positiv von seinen beiden Vorgängern abzuheben. Die eigene Geschichte musikalisch abzufeiern kann ja ganz nett sein - aber sind dafür 3 Alben in nur einem Vierteljahr nötig? Die Band wäre weitaus besser damit beraten gewesen, die besten Songs der 3 Platten zu einer einzigen zu bündeln. Denn bei gefühlt 80% eher zu ignorierenden Songs, wird die ganze Sache dann doch schnell etwas zäh. Zwar gibt es auf der gesamten Trilogie nur wenig wirklich ärgerliches, und "¡Tré!" stellt in der Tat den besten Teil dar. Aber doch haben sich Green Day mit diesem Experiment keinen großen Gefallen getan.

 

Montag, 3. Dezember 2012

Special: DIE 20 BESTEN PLATTEN DES JAHRES 2012 ! ! !

Hier widme ich mich nun den meiner Meinung nach besten Platten des Jahres 2012! Im letzten Jahr tummelten sich hier ja noch meine persönlichen Top 50 - dieses Jahr musste ich sie leider auf die Top 20 abspecken. Das hat mehrere Gründe. Zum einen liegt es an mangelnder Zeit und Energie, die es aufzuwenden nötig gewesen wäre, um hier wieder so viele Platten zu versammeln. Zum anderen war 2012 zwar ein wirklich gutes, aber auch etwas "komisches" Musikjahr. Es gab zwar viele Platten die mich wahrlich begeisterten, doch manche davon konnten einfach bis Jahresende keinen so nachhaltigen Eindruck schinden, um hier erneut Erwähnung zu finden. Gut - manch eine Platte wäre bei erneutem Hören mit Sicherheit wieder in meinem Ansehen deutlich gestiegen, doch hier kommt wieder mein erstes Argument zum tragen: die mangelnde Zeit. Drum werde ich mich hier auf die Top 20 des Jahres beschränken, weil es von der Menge am meisten Sinn macht. Trotz dieser abgespeckten Version, habt ihr hoffentlich trotzdem Spaß beim durch stöbern. :)




20. NENEH CHERRY & THE THING - "THE CHERRY THING"

Was ist denn das? Ein Cover-Album in meinen Platten des Jahres??? Ja, ich bitte darum - zumindest wenn es eine so famose Platte geworden ist, wie die neue von Neneh Cherry. Immerhin: ihre letzte Soloplatte liegt nun auch bereits 16 Jahre (!) zurück. Eine Zeit, in der die Dame allerdings nicht untätig blieb, und sich u.a. mit ihrem Nebenprojekt CirKus austobte, oder Kollegen wie den Gorillaz ("Kids With Guns"), ihrem Bruder Eagle-Eye Cherry, oder Kleerup ihre Stimme lieh. Doch nun war es an der Zeit für ein neues Quasi-Soloalbum, auch wenn es eigetlich keines ist: denn ihr Comeback bestreitet sie hier unter Beihilfe des schwedisch-norwegischen Jazz-Trios The Thing. "The Cherry Thing" tauften sie passend diesen homogenen Songzyklus, der Cover-Versionen mehr oder minder bekannter Stücke, in Form von wildem, ungezügeltem und verdammt nochmal großartigem Jazz darbietet, und zu einem fast unzertrennbaren Gesamtwerk bündelt. Man nehme nur einmal das famose "Dream Baby Dream" (♪♫♪) von Suicide, das sich hier aus seinem schwülen Synthpop-Korsett schält, und weit über sein Original hinaus wächst. Des weiteren wird Marina Topley-Bird's "Too Tough To Die" (♪♫♪) aus seinen Fesseln gesprengt, und in Form einer wilden und triphopig anmutenden Jazz-Session, der wohltuenden Freiheit überantwortet. Und aus dem durchschnittlichen bis guten HipHop-Track "Accordion" (♪♫♪) von Madvillain, wird hier ein moderner und grandioser Jazz-Epos, der den Song seines namensgebenden Akkordeons beraubt, und ihn auf das 3-fache seiner ursprünglichen Länge dehnt. Klingt nach hartem Stoff? Ist es auch! Und gerade das macht "The Cherry Thing ja erst so gut.



19. LIANNE LA HAVAS - "IS YOUR LOVE BIG ENOUGH?"

Britain's got talent: das ist nicht nur der Titel einer fürchterlichen britischen Casting-Show, dessen deutsches Pendant "Das Supertalent" mindestens ebenso grauenerregend ist - es ist auch die Wahrheit! Aus der populären Musik ist das Inselkönigreich gar nicht mehr wegzudenken. Nur das die echten Talente sich nicht in elenden Casting-Shows tummeln. Diese bahnen sich immer noch ihre eigenen Wege - so auch die Londoner Soul- und Folk-Sängerin, Songwriterin, Gitarristin und Pianistin Lianne La Havas. Mit "Is Your Love Big Enough?" veröffentlichte sie diesen Sommer ihr Debütalbum, das vollkommen zurecht von internationalen Kritikern gelobt wurde. Ihre Mischung aus Soul, Folk und Singer/Songwriter-Kunst mag natürlich nicht neu oder mutig sein - dafür ist es umso authentischer und inspirierter, was sie hier auf ihrem Erstling so alles anstellt. Es ist ein Album das von Anfang an überzeugt, und mit jedem Hördurchlauf beständig weiter wächst und wächst. Dabei kommt so manch unerhörte Kostbarkeit rum: der emotionale Opener "Don't Wake Me Up", der herrliche schwungvolle Titelsong "Is Your Love Big Enough?" (♪♫♪), die traumhaft schöne Soul-Perle "Lost & Found" (♪♫♪), die zärtliche Ballade "No Room For Doubt" im Duett mit Willy Mason, ihr wunderbares Scott Matthew-Cover "Elusive" (♪♫♪), das melancholische und wundervolle "Everything Everything" (♪♫♪), oder das traurige und zerbrechliche "Gone" (♪♫♪). Ein extrem schönes Album, das einem noch lange Freude bereiten wird. 

 

18. LANA DEL REY - "BORN TO DIE" (The Paradise Edition)

Zu Beginn diesen Jahres, als das Album "Born To Die" der jungen Amerikanerin Lana Del Rey ursprünglich erschien, sah es noch nicht danach aus, dass es einen nennenswerten Platz unter den Platten des Jahres dieses Blogs einnehmen würde. Doch zum einen ist das eigentliche Album in den vergangenen Monaten bei mir dann doch erheblich gewachsen - und zum anderen hat die vor kurzem nachgereichte "The Paradise Edition" des Albums sein übriges getan, selbiges noch einmal mehr aufzuwerten. Letztendlich ergibt all das ein mehr als rundes Paket: ihr kokettieren mit typisch amerikanischen Merkmalen, wie Markennamen á la Mountain Dew und Pepsi, das Namedropping großer US-Legenden wie James Dean, Marylin Monroe, Jim Morisson oder Bruce Springsteen, und all das verpackt in ein perfekte audiovisuelle Beschwörung eines längst untergegangenen Amerikas, wie wir es noch aus den guten alten Hollywood-Klassikern kennen. Doch nun haben wir Lana, die all dies in die Gegenwart zurück holt - und das auch noch mit unwiderstehlichen Hits wie "Video Games" (♪♫♪), "Blue Jeans", "Summertime Sadness" oder "Ride" (♪♫♪), angereichert mit weiteren großartigen Highlights, wie etwa das ziemlich coole "Diet Mountain Dew", das hittaugliche "Dark Paradise", der wunderbare Lovesong "Lucky Ones", das fabelhafte "American", oder die famosen Glanzleistung "Cola" (♫♪) und "Gods And Monsters" (♪♫♪), die mit zum besten zählen, was die Dame bisher so gemacht hat - und in denen sie gar mit neckischen Textzeilen wie "my pussy tastes like Pepso-Cola" oder "In the land of gods and monsters, I was an angel looking to get fucked hard" um sich schmeißt. Ganz schön gewagt. Aber wer so fabelhafte Musik macht, der kann sich das auch erlauben. 


17. DAWN RICHARD - "ARMOR ON"

Wo hört eigentlich eine EP auf, und wo fängt ein Album an? Diese Frage ist bei "Armor On", der diesjährigen Platte der amerikanischen RnB-Sängerin Dawn Richard, durchaus angebracht. An der Menge der Songs oder der Gesamtspieldauer kann es nicht liegen. So konnte etwa "King of Limbs" von Radiohead 8 Songs über eine Länge von ca. 37 Minuten vorweisen, und ist dabei ein offizielles Album. Die hier vorliegende Scheibe von Dawn Richard hingegen zählt 11 Songs bei gut 40 Minuten - ist aber offiziell "nur" eine EP! Das sie es als eine (von 2) EP's in diese Jahresbestenliste geschafft hat, macht aber nicht die Tatsache aus, das es EP oder Album ist - sondern das es eine der (für mich) herausragendsten Platten des Jahres 2012 war. Und das auch aus gutem Grund. So kann sich die 29jährige Sängerin hier auf eine Bündel famoser RnB- und Pop-Nummern stützen, bei dem so manch ein Mitstreiter grün vor Neid werden konnte - und bestimmt auch wurde. So waren schon alle 5 (!) Singles definitive Hits in Reinkultur: die unwiderstehliche RnB-Pop-Perle "S.M.F.U. (Safe Me From U)" (♪♫♪), der famose und mitreißend bass-lastige RnB-Kracher "Bombs" (♪♫♪), die kleine RnB/Dance-Offenbarung "Wild 'N' Young" (♪♫♪), das wunderbar melodische und minimalistische "Automatic" (♪♫♪), oder die geradezu hypnotische und euphorisierende Dance-Hymne "Faith" (♪♫♪). Wobei aber auch fast jeder andere Song das Zeug zur Single hat - allen voran etwa das wundervolle und beatig getragene "Heaven" (♪♫♪), oder das triphopige und sphärische "Black Lipstick" (♫♪). Und den Rest erledigt die Gesamtwirkung, die erstaunlich geschlossen und homogen wirkt, ohne aber je dem Gleichklang zu verfallen. Nichts hier wirkt wie auf höchste Charts-Tauglichkeit abgeklopft. Stattdessen ist Dawn Richard ein RnB-Platte gelungen, die zwar streng genommen kein offizielles Album darstellt, aber (FAST) allen ihren Gerne-Mitstreitern das Fürchten lehrt. 



16. GRIZZLY BEAR - "SHIELDS" 


Das vierte Album von Grizzly Bear sollte ein echter Grower werden. Sicherlich war einem schon anfangs bewusst, dass sie mit "Shields" ein durchweg gelungenes Album aufgenommen haben. Aber ein paar Durchläufe waren dann doch nötig, ehe die neue Platte in ihrer vollen Pracht erstrahlte. Doch diese hielt und steigerte sich konsequent  - weshalb es auch den verdienten Sprung in diese Liste schaffte. Sitzt "Shields" erst mal so richtig, wird man sich freilich fragen, warum es das nicht schon von Anfang an tat. Denn jetzt springen einem die wundervollen Momente des neuen Werks schon beinah ins Gesicht. Die epische und psychedelische erste Single "Sleeping Ute" (♫♪), als auch die ihr nachfolgende Folk-Pop-Hymne "Yet Again" (♪♫♪) waren natürlich schon immer junge Klassiker, die einem keine ruhige Sekunde lassen. Aber auch dahinter, daneben und davor findet man hier so einiges wundervolles: den fast hypnotischen Ohrwurm "Speak In Rounds" (♪♫♪), das verträumt-schöne "What's Wrong?" (♫♪), die grandiose und getragene Indie-Pop-Perle "Gun-Shy" (♫♪), oder die epische und eindringliche Folk-Pop-Hymne "Half Gate" (♪♫♪). Zwar bieten Grizzly Bear auf "Shields" wenig wirkliche Überraschungen - beim Sound des Quartetts hat sich wenig verändert. Und doch gelingt ihnen ein mehr als solides Album, das sich mit jedem Mal unverzichtbarer macht.  




15. SOLANGE KNOWLES - "TRUE"
 
Die zweite und auch letzte EP die es in diese Liste schaffte, ist die neue EP "True" von Solange Knowles - ja, eben die Schwester der wohl jedem bekannten US-RnB-Queen Beyoncé. Aber diese Tatsache stets herunter zu beten ist eher müßig. Eben weil die beiden im Grunde wenig gemein haben. Hat es Beyoncé noch nicht geschafft, ein von vorne bis hinten schlüssiges und gelungenes Album aufzunehmen, so schafft es ihre kleine Schwester mit einer nur 7 Tracks umfassenden EP gefährlich nah an die Top 10 des Jahres 2012. Schon ihr letztes Album "Sol-Angel & The Hadley St. Dreams" schaffte es in die einstigen Top 20 dieses Blogs. Schaffte sie dies einst mit deutlichen Querverweisen an den RnB, Soul und Motwon der 60er und 70er Jahre, so gelingt ihr dies auch spielend, wenn sie auf "True" nun in den 80er Jahren ankommt. Schon die erste Single "Losing You" (♪♫♪) wird zu einem DER Songs des Jahres, in dem sie wie die frühe Madonna mit nur noch mehr künstlerischer Tiefe klingt. Doch es hängt natürlich nicht alles nur an diesem Song - die neue EP überzeugt geradezu in jeder einzelnen Sekunde, was sie dann in fabelhaften New Wave-Perlen wie "Some Things Never Seem To Fucking Work" (♪♫♪) und "Locked In Closets" (♪♫♪), oder dem unwiderstehlichen und toll produzierten 80s-Pop-Ohrwurm "Lovers In The Parking Lot" (♪♫♪) deutlich macht. Und "True" ist eigentlich nur der Vorbote ihres für 2013 geplanten neuen Albums. Und wenn das wenigstens so hervorragend gelingt wie das hier Gehörte, dann ist der Dame auch 2013 ein Platz unter den Platten des Jahres sicher.




14. BLOC PARTY - "FOUR"

Vier Jahre ist es her, als Bloc Party ihr bislang letztes Studioalbum "Intimacy" veröffentlichten. Und trotz durchweg mehr als solider Arbeit, stellte es einen hin und wieder vor ein paar Schwierigkeiten. Trotz für sich genommen toller Songs, wirkte es in seiner Gesamterscheinung dann oft doch ein wenig zusammen gewürfelt. Als hätten sie hier Songs, die für ihre zwei vorangegangenen Platten gedacht waren, zu einem dritten Album vereint.  Auf "Intimacy" wirkten sie vielleicht ein wenig unstet, immer zwischen beiden Stilen hin und her gerissen. Nun, nachdem man fast schon nicht mehr mit einem Comeback gerechnet hätte, kam das Quartett aus London endlich mit ihrem lang ersehnten vierten Studioalbum daher, das sie schlicht und passend "Four" nannten. Und hier hat die Band endlich wieder ganz zu sich gefunden. Die Zerrissenheit des Vorgängers ist Geschichte - ebenso wie die elektronischen Experimente. "Four" ist wieder ein Band-Album geworden, nachdem bei den letzten beiden  Alben der musikalische Einfluss von Frontmann Kele sehr groß war. Hier findet die Band wieder zu dem, was sie von Anfang an grandios beherrschte - und haucht dem eine für sie ungewohnte Härte ein. Zwar hört man hier auch Klänge, die den alten Tagen sehr nahe stehen: so etwa dynamisch-zackige Ohrfänger wie "Octopus" (♪♫♪) oder "V.A.L.I.S." (♪♫♪), sowie wunderbare Indie-Balladen á la "Real Talk" (♪♫♪), "Day Four" oder "The Healing" (♪♫♪). Aber der Gesamtsound ist härter, roher und direkter, was u.a. das düstere "3x3" (♪♫♪), das punkig treibende und melodische "Kettling", das mit New-Metal flirtende "Coliseum" (♫♪) oder das gift spuckende "We Are Not Good People" (♪♫♪) exzellent vormachen. Eine hervorragende Platte, auf der sich Bloc Party wieder auf ihre größten Stärken besinnen, und sich trotzdem weiter entwickeln. Ein Comeback-Album das sitzt!



13. ELECTRIC GUEST - "MONDO"
     
Es ist doch ein wunderbares Gefühl, wenn einem eine Platte, die man von Anfang an liebte, aber ohne einen speziellen Grund dennoch lange nicht mehr gehört hat, gleich beim Wiederhören sofort erneut ins Herz stürmt. Zu diesen zählt bei mir definitiv auch "Mondo", das diesjährige Debüt der US-Band Electric Guest. So hat die 4-köpfige Band aus Los Angeles sich hier ein Bündel von 10 nahezu ausnahmslos fabelhaften Songs ausgedacht, die soundtechnisch von niemand geringerem als Danger Mouse ins rechte Licht gerückt wurden. Das bei einer Zusammenarbeit mit diesem Herren, der sich zurecht mit dem Titel eines der besten Produzenten unserer Zeit schmücken darf, manch großartiges heraus kommen kann, dürfte mittlerweile auch schon mehr Menschen, als nur ausgesprochenen Musik-Nerds bekannt sein. Ob das auch für Electric Guest zählt, bleibt hingegen fraglich. Doch warum das so ist, allerdings auch. Denn was sie auf "Mondo" vorlegten, liefert genügend Gründe für eine steile Karriere. Seien es waschechte Hits wie der mitreißend gut gelaunte Ohrwurm "This Head I Hold" (♪♫♪), das orgelnde, herrlich beschwingte und melodieverliebte "Waves" (♪♫♪), oder andere potentielle Kracher wie  "Awake" (♪♫♪), oder "The Bait" (♪♫♪). Oder aber auch zeitlose und nachdenkliche Pop-Großtaten - so etwa das wunderbare "Under The Gun" (♪♫♪), das famose und psychedelisch veranlagte "American Daydram" (♪♫♪), und vor allem der gewaltige, aber zärtliche Epos "Troubleman" (♫♪): ein unsterblich schönes Stück Indie-/Psychedelic-Pop, das sich auf eine Länge von knapp 9 Minuten streckt...aber dabei fast noch zu kurz ausfällt! Ein Album das auch nach langer Abstinenz auf Anhieb wieder süchtig macht - und deshalb goldrichtig in der Liste der Platten des Jahres ist!               




12. THE MARS VOLTA - "NOCTOURNIQUET"

Das The Mars Volta, diese herrlich bekloppte Band aus den USA, in der Vergangenheit manch großes geleistet hat, steht außer Frage. Allerdings auch die Tatsache, dass sie es auch nicht immer jedem leicht gemacht haben. So konnte ein Song der Band auch locker die 15-Minuten-Marke erreichen. Auf ihrem 6. Album "Noctourniquet" ist dies anders. Hier besinnt sich die Band auf das wesentliche - ohne dabei aber ihren Sound abzuspecken. Paradoxerweise ist das Gegenteil der Fall: die Songs sind kürzer ausgefallen und mehr auf den Punkt gebracht - aber ihr Sound wirkt zudem so vielseitig und experimentierfreudig, wie schon sehr lange nicht mehr. Dabei warten sie mit Songs auf, die einem die Schädeldecke wegblasen können. So etwa mit dem intensiven und mitreißenden "Aegis" (♪♫♪), dem bedrogt getragenen und zugleich tobenden Progrock-Rumpelstilzchen "Dyslexicon" (♪♫♪), dem nachdenklichen und mit hypnotischen Synthies spielenden "Lapochka" (♪♫♪), dem grandiosen und unsterblichen Epos "In Absentia" (♪♫♪), der unter die Haut fahrenden Psych-Pop-Ballade "Imago" (♫♪), oder dem fantastischen Closer "Zed And Two Naughts" (♪♫♪). Doch auch hier wieder: nur eine kleine Auswahl dessen, was einem hier so alles widerfährt. "Noctourniquet" ist ein explosives, hypnotisches und rastloses Album geworden, das auf den Hörer mit schier unaufhörlichen Höhepunkten einprasselt. Aber leicht verdaulich sind The Mars Volta noch immer nicht geworden - und das ist auch verdammt nochmal gut so. Und dieser Spagat aus mehr Zugänglichkeit und nichts desto trotz hoher Eigenwilligkeit, macht "Noctourniquet" zum wohl bislang besten Album der Band.  




11. SOAP & SKIN - "NARROW" 

Schon das 2009er Debütalbum "Lovetune for Vaccum" der österreichischen Künstlerin Anja Plaschg alias Soap & Skin, war ein Ereignis: ein dunkles, experimentelles, neoklassisches Pop-Meisterstück, das hohe Welle schlug. In diesem Jahr schob sie nun ihr zweites Album "Narrow" nach - und hat man es erst einmal gehört, scheint es noch immer unglaublich, dass die Dame erst 22 Jahre jung sein soll. Selten erlebt man dieser Tage bei jungen Künstlern derartige Inspiration - vor allem im deutschsprachigen Raum, hat man nach all dem nervtötenden Deutschrock-Schwulst der vergangenen 10 Jahre das Gefühl. Doch das hier kann in seiner künstlerischen und emotionalen  Wucht all das locker in den Boden stampfen. Man ergötze sich nur an Kostbarkeiten wie "Vater" (♪♫♪) - ihr erster deutschsprachiger Song, und ein teiftrauriger dazu, indem sie den Tod ihres Vaters verarbeitet....und das so wunderschön und verstörend zugleich, dass es sprachlos macht. Desweiteren stößt sie mit dem dunkel-elektronischen "Deathmental" (♪♫♪) in abstrakte Soundsphären irgendwo in der Umlaufbahn von Björk  vor,  macht aus dem eher harmlosen Desireless-Synthpop-Hit "Voyage Voyage" (♫♪) eine berückende und zeitlose Ballade, die das Original weit hinter sich lässt, fährt einem mit der wundervollen Perle "Wonder" (♪♫♪) ohne Umwege direkt unter die Haut, und schenkt uns mit "Boat Turns Toward The Port" () eine eindringliche und melancholische Art-Pop-Hymne. Ein fabelhaftes neues Werk, das eine dunkle und unwiderstehliche Magie ausstrahlt.




10. JESSIE WARE - "DEVOTION"

Wenn man sich manche Platzierungen dieser Liste anschaut, dann wird einem klar, dass es oft die ruhigeren Klänge waren, die in 2012 wahrhaft überzeugen konnten. Nicht die Hipster, welche sich an den vermeintlich neuesten und wildesten Sounds versuchten, waren es, die dieses Jahr dominierten, sondern die extrovertierteren Klänge, die dafür mit Qualität und hervorragenden Songs punkten konnten. Da ist es kein Wunder, dass die britische Newcomerin Jessie Ware auch dazu zählt. So ist es fast atemberaubend, wie die junge Dame auf ihrem Debüt "Devotion" die Sinnlichkeit von Sade, und die emotionale Durchschlagskraft einer Adele, mit soft elektronischen Sounds unter einen Hut bringt, und daraus ein Gesamtwerk zauberte, dass so geschlossen, stilvoll und ganz einfach wunderbar klingt. Denn schon die Singles hätten allesamt einen separaten Medien-Hype verdient: das sinnliche und herrliche "Running" (♪♫♪), das famose "Night Light" (♪♫♪), welches sogar Florence & The Machine das fürchten lehren könnte, das schwerelose und verführerisch schöne "110%" (♪♫♪), oder die grandiose und hymnische Pop-Ballade "Wildest Moments" (♪♫♪) - welche zudem ohne Zweifel einen DER Songs des Jahres darstellt. Aber auch jenseits dessen findet man nur gelungenes - ob nun das soft elektronische "Still Love Me", das atmosphärische und mit HipHop flirtende "No To Love", das erotische und getragen beatige "Sweet Talk", oder das himmlische "Taking In Water" (♪♫♪). Gesamt betrachtet ist Jessie Ware hier nichts geringeres als ein hervorragendes Debütalbum gelungen, das allen Grund hat in dieser Liste zu stehen.





9. ALT-J (△) - "AN AWESOME WAVE"

Eine der äußerst positiven Überraschungen im Jahr 2012, war die britische Newcomer-Band , oder besser bekannt als Alt-J. Denn diese legten im Frühjahr mit "An Awesome Wave" ein nahezu fantastisches Erstlingswerk vor, das auch prompt mit dem renommierten Mercury Music Prize geadelt wurde. Und warum, das kann man beim Lauschen der Platte nur zu gut verstehen. Eingängig und eigenwillig zugleich, ist da was das Quartett einem hier feilbietet. So manches hier ist zum waschechten Hit geschaffen, ohne sich dabei an vorherrschenden Trends oder abgewetzten Reißbrett-Ideen zu bedienen. Hier zelebriert die junge Band die Art von Hits, die sich langsam durch's Hintertürchen hinein schleichen, und haben sie es erst einmal geschafft, so schnell nicht wieder gehen wollen. Schon Beiträge wie "Tessellate" (♪♫♪) oder "Breezeblocks" (♪♫♪) sind famose Hits, die in ihrer ganz eigenen Liga spielen. "Dissolve Me" (♪♫♪) gerät zur wundervollen Indie-Pop-Perle, "Matilda" (♪♫♪) verführt als zärtliche Ballade mit fabelhatfer Produktion, während "Fitzpleasure" (♪♫♪) das Tempo mit soft schrägem Beiwerk anzieht. Und dann dieses grandiose Finale mit dem erhabenen Indie-Pop-Meisterstück "Taro" (♪♫♪)....ein Song so einnehmend und nahezu magisch, dass es einem die Freudentränen in die Augen treibt (bei mir so passiert!). Ein großartiges Album, das man in diesem Jahr nicht verpasst haben sollte. 





8. ARIEL PINK'S HAUNTED GRAFITTI - "MATURE THEMES"

Schon seit einigen Jahren macht der amerikanische Künstler Ariel Pink eine Menge Musik - die aber immer in Form von Complations mit dem Titel "Ariel Pink's Haunted Grafitti" erschienen. Die Band selbigen Namens - die im Grunde hauptsächlich aus Ariel Pink selbst besteht - gibt es erst seit der letzten Platte so richtig: "Before Today" von 2010, das als erstes vollwertiges Debütalbum der Band anzusehen ist. Famos war schon das was er dort einst anstellte. Doch was der umtriebige Herr in diesem Jahr mit dem Zweitwerk "Mature Themes" nachlegte, kann den Vorgänger locker ausstechen. Allen voran natürlich durch die Single, dem famosen 60s-Pop-Ohrwurm "Only In My Dreams" (♪♫♪). Ohne Zweifel einer der besten Songs des Jahres. Doch auch das restliche Album steht dem in nichts nach, und bietet fantastischen Pschedelic-Pop zum niederknien. Mal, wie im Opener "Kinski Assassin" (♪♫♪), fühlt man sich an David Bowie erinnert,  es gibt zauberhaften Pop zu entdecken, wie etwa beim Titelsong "Mature Themes" (♫♪), ordentlich bedrogte Momente, wie in "Early Birds of Babylon" (♫♪) oder dem herrlich bekloppten "Schnitzel Boogie" (♫♪), wird einem hier ebenfalls geboten, und auch psychedelischen Sytnhpop, wie man wunderbar im prächtigen "Symphony Of Nymph" (♪♫♪), dem nahezu hitverdächtigen "Pink Slime" (♪♫♪), oder dem verliebenswerten "Live It Up" nachhören kann. Ein kunterbuntes, und doch erstaunlich homogenes Werk, das auch ganz ohne Rauschmittel high machen kann.


 

7. JAKE BUGG - "JAKE BUGG"

Die Top 20 meiner Platten des Jahres standen schon nahezu fest, da kommt in den letzten Zügen des Jahres noch ein junger Newcomer daher, um selbige von hinten aufzurollen. Denn was der 19jährige Singer/Songwriter Jake Bugg auf seinem gleichnamigen Debüt so alles zur Schau stellt, lässt einem gar keine andere Wahl. In der Tradition von Großmeistern wie den Beatles, Bob Dylan oder Nick Drake, aber auch Bezügen zu aktuelleren musikalischen Zeitgenossen wie den Arctic Monkeys oder Oasis, schenkt er uns hier eine famose Platte zwischen Singer/Songwriter-Kunst, Folk und Britpop - und trifft dabei genau den Nerv von Fans britischer Musiktradition der letzten 50 Jahre. Und dabei entgleiten ihm so hervorragende Songs, dass man immer wieder laut "Klassiker!" schreien möchte. Ob er nun etwas flotter daher kommt, wie auf dem unverschämt coolen Britpop-Kracher "Lightning Bolt" (♪♫♪), oder dem deutlich an Bob Dylan angelehnten "Trouble Town" (♪♫♪), nachdenklichere Midtempo-Songs wie das zeitlos geniale "Seen It All" (♪♫♪) anstimmt, oder uns mit Balladen wie der bezaubernden Folk-Perle "Simple As This" (♫♪), dem emotionalen und melancholisch-schönen "Slide" (♪♫♪), der erhabenen Gänsehaut-Hymne "Broken" (♪♫♪), oder dem schlicht und ergreifend wundervollen "Someone Told Me" (♪♫♪) Wellen von Gänsehaut über den Körper jagt. Dieser junge Mann beherrscht das Talent für nahezu fantastische Melodien, verpackt in Songs, von denen man gar nicht mehr genug kriegen kann. Schade ist nur, dass "Jake Bugg" im Grunde genommen in die Liste des nächsten Jahres gehören würde: trotzdem das Album in den UK bereits im Oktober diesen Jahres erschien, ist der offizielle Deutschland-Release erst für 2013 geplant. Doch wir pfeifen einfach mal auf diese belämmerte Plattenfirmenpolitik - und erklären es dennoch für eines der besten Platten des Jahres 2012.  





6. CHROMATICS - "KILL FOR LOVE"

Mit ihrem vierten Album "Kill For Love" legte die amrikanische Band Chromatics ein wahres Wunderwerk vor, das sich anfangs gar nicht so leicht erschließen ließ. 16 Songs bei einer Spieldauer von knapp 80 Minuten, ist schon keine Kleinigkeit. Doch umso weiter man sich in diesem wunderbaren Monolithen aus Dreampop, New Wave und Synthpop voran wagt, desto mehr saugen einen seine Energie und sein Zauber ein. Es ist ein Album geworden, das man nicht ignorieren kann. Und selbst wenn man dies wollte, würde es einem nicht gelingen. Ihnen ist etwas gelungen, das sich mit den Worten "Masse meets Klasse" nur sehr unbeholfen ausrücken lässt. Denn man muss die Stimmung selbst spüren, die dieses Meisterwerk erzeugt. Hier treffen erstklassige Songs und großartige Melodien, auf durchdachte und nahezu perfekte Produktion, was "Kill For Love" zu einem wahren Monster von einem Album anschwellen lässt. Wohin man auch greift, man kriegt fast nur Klassiker zu fassen: so etwa gleich der Opener, bei dem sie sich unter dem Titel "Into The Black" (♪♫♪) den Klassiker "Hey Hey My My (Out Of The Blue)" von Neil young vollkommen zu Eigen machen, und selbgiem locker auf Augenhöhe begegnen. Der Titelsong "Kill For Love" (♪♫♪) begeistert nachhaltig als famose Synthpop-Perle, "These Streets Will Never Look The Same" (♪♫♪) erhebt sich zum fast 9-minütigen, schwebenden und von Vocodergesang verzierten New Wave-Epos, "Lady" (♪♫♪) steigt als strahlende, einehemende und doch zärtliche Hymne empor, auf "Candy" (♪♫♪) zeigen sie sich von einer düsteren, aber wunderschönen Seite, und "Birds of Paradise" (♪♫♪) kommt als erhabene und traurige Ballade des Weges. Und das sind nur ein paar wenige Beispiele für das, was einem auf "Kill For Love" alles blüht. Dieses Album nötigt dem Hörer Geduld, Aufmerksamkeit und Zeit ab - doch all das lohnt sich, wird man doch mit einem der definitiven Highlights des Jahrgangs 2012 belohnt.  




5. THE XX - "COEXIST

Weniger ist manchmal mehr. Das dieses Sprichwort immer wieder wahr wird, hat die junge biritsche Band The xx bereits vor 3 Jahren mit ihrem Debütalbum "xx" unter Beweis gestellt. Es wurde eine stille Revolution, und ein Meisterwerk das bis heute nachhallt. Ein schweres Erbe, das sich die Band da zum Einstieg selbst auferlegte. Denn das eh schon "schwierige 2. Album" sollte dadurch noch ein wenig schwieriger werden. Was sollte nach so einem Meilenstein noch kommen? Doch die Band hat es auf "Coexist" genau richtig gemacht. Einerseits bleiben sie ihrem Sound weitestgehend treu, doch anderseits ist da auch eine spürbare Weiterentwicklung zu vernehmen, welche die Band mit demselben Minimalismus zelebriert, der auch den Zauber ihres gesamten Bandsounds ausmacht. Als erstes das wundervolle "Angels" (♪♫♪), welches die erste Single darstellte, und ganz dem Sound des Debüts verschrieben war. Doch hier kann eine Menge mehr passieren, wenn man nur aufmerksam zuhört. Das fantastische "Reuonion" (♪♫♪), welches zuerst von genialen Steel-Drums dominiert wird, und sich ab etwa der Hälfte in eine schwebende Club-Perle wandelt, das famose "Missing" (♪♫♪), das sich aus soft elektronischen Beats und Effekten, Orgeln und ihren typischen Chris-Isaac-Gitarren zusammen setzt, oder etwa das tief melancholische und sanft beatige "Fiction" (♪♫♪), sind nur ein paar wenige Highlights dieses Albums. Und auch wenn ihnen - im Gegensatz zum Vorgänger - auf diesem Blog 2012 die Pole Position in den Platten des Jahres verwehrt bleibt, so haben sie dennoch eines der essentiellesten Werke dieses Jahresganges vorgelegt. 




4. FLYING LOTUS - "UNTIL THE QUIET COMES"

Noch immer klingt einem "Cosmogramma" in den Ohren - das letzte Album von Flying Lotus aus dem Jahr 2010. Ein großartiges Album noch dazu, mit dem er musikalisch das Universum neu erschuf. Und so radikal, unberechenbar, wild und auf abstrakte Weise wunderschön, wie man sich wohl ein junges Universum vorstellt, so klang auch diese Platte. In diesem Jahr legte der Musiker aus L.A. sein neues Album nach - und schon der Titel ist Programm: mit "Until The Quiet Comes" kehrt Ruhe und mehr Kontinuität in sein junges Universum ein - und erfüllt es mit vielfältigem Leben. Das macht seine Klänge aber nicht weniger abstrakt, die weiterhin auf ungeradem Instrumental-HipHop basieren, und mit den unterschiedlichsten Stil- und Sound-Fragmenten jonglieren. Auch wenn hier der Mörderanteil wie gewohnt instrumental daher kommt, so sind hier doch mehr Gesangsbeiträge zu verzeichnen, als je zuvor auf einem seiner Platten. Und doch fügen diese sich perfekt in die Songs ein, ohne sie je zu dominieren. So etwa das fabelhafte, leicht düstere "Electric Candyman" (♪♫♪), dem Radiohead-Sänger Thom Yorke seine Stimme leiht. Und auch "Hunger" (♪♫♪), das von Niki Randa begleitet wird, oder das von der großartigen Erykah Badu besungene "See Thru To U" (♪♫♪), stechen durchweg positiv heraus. Aber man merkt: es ist schwer die richtigen Worte zu finden, um dieses Meisterwerk in kurzen Zeilen zu umschreiben. Wer seine Magie ganz entfesseln will, der muss das Album als geschlossenes, komplettes Werk auf sich wirken lassen. Denn nur in seiner Gesamtheit macht das alles hier Sinn. Hits wird man vergeblich suchen, und das ist auch gut so. Denn "Until The Quiet Comes" ist und bleibt vor allem eines: ganz große Kunst. 

 


3. TWIN SHADOW - "CONFESS"

Es war im vergangenen Jahr, als ich voller entsetzen feststellen musste, dass ich im Jahr 2010 mit dem Debütalbum "Forget" des amerikanischen Musikers George Lewis Jr. alias Twin Shadow, eines der besten Alben selbigen Jahre versäumt hatte. Doch da ahnte ich freilich noch nicht, was er bald darauf mit seinem Zweitwerk "Confess" nechlegen sollte. Schon zuvor spürte man einen deutlichen Hang zu den 80ern in seiner Musik - doch sein zweites Album wurde so etwas wie eine leidenschaftliche Liebeserklärung an diese Dekade. Und wenn man Twin Shadow so zuhört, wie er nur das beste daraus destilliert und die Abgründe dieses umstrittenen Musikjahrzehnts dezent ausspart, könnte man sich fast in die 80er verlieben. Oder besser: in Twin Shadow's 80er! Der Grundton ist vorgegeben - doch was ihm dazu für allerlei fabelhafte Songs und herzwringende Melodien eingefallen sind, konnte man auf kaum einer Pop-Platte des Jahres 2012 in so einer Perfektion genießen: das fabelhafte und fast feierliche "Golden Light" (♫♪), der mit stampfenden Beats versehene New-Wave-Hit "You Call Me On" (♪♫♪), die fabelhafte erste Single "Five Seconds" (♪♫♪), der einnehmende 80s-Pop-Ohrwurm "Run My Heart" (♪♫♪), die wundervolle und melancholische Midtempo-Ballade "I Don't Care" (♪♫♪), oder die grandiose, von Gospelsängerinnen gewürzte Synth-Pop-Hymne "When The Movie's Over" (♫♪), die Erinnerungen an die Pet Shop Boys weckt. Um nur ein paar wenige Songs zu nennen - denn auf "Confess" ist im Grunde jeder Song ein Hit. Wäre dieses Album ca. 25 Jahre früher erschienen, es würde mich nicht wundern, würde es mittlerweile als Klassiker gelten. Doch ein Meisterwerk ist es heute schon.      




2. PERFUME GENIUS - "PUT YOUR BACK N 2 IT"

Die Sexualität von Mike Hadreas alias Perfume Genius dürfte wohl keinem ein großes Geheimnis sein, der nur mal einen Videoclip des jungen Mannes aus New York gesehen hat. Gern spielt er mit typisch androgynen Klischees, auch wenn er diese oft bewusst skurril in Szene setzt. Und auch in seinen Songs ist die Homosexualität des Herrn quasi ein (unterschwelliges) Thema. Kein Wunder, arbeitet er in den Songs seines zweiten Albums "Put Your Back N 2 It" viele Erlebnisse seines jungen, aber nicht gerade leichten Lebens auf, welches ihn von einem Leben als Junkie auf den Straßen New Yorks, bis in die Tiefen der Gay-Community führte. Heute ist Hadreas natürlich clean, und lässt in seiner Kunst seine Erlebnisse einfließen. Seine Songs sind ruhig und häufig von Piano dominiert. Es sind zerbrechliche, emotionale und traurige, manchmal auch düstere Songs, die von Drogen, Sex und Tod handeln. Alles was ihn in seinem alten Leben begleitete. Und damit erschuf er eines der herausragendsten musikalischen Momente des Jahres. Wer sich selbst davon überzeugen will, muss nur den unerhört wundervollen Songs lauschen, die der verdammt talentierte junge Mann hier verewigt hat: so etwa der zärtliche und zugleich tieftraurige "Normal Song" (♪♫♪), das nahezu feierliche und dennoch nachdenkliche "Take Me Home" (♪♫♪), das in zeitlos dunkler Schönheit erstrahlende "Dark Parts" (♪♫♪), das gar phänomenale und emotional einnehmende "All Waters" (♪♫♪), oder das bittersüße und wunderschöne Liebeslied "Hood" (♪♫♪). Doch hier gibt es keinen einzigen Song, und keine einzige Sekunde dieser guten halben Stunde erhabenster Pop-Kunst, die man entbehren wollte. Zu ergreifend, zu fesselnd und zu wunderbar ist das, was Mike Hadreas hier geschaffen hat. Und wenn "Put Your Back N 2 It" in der Zukunft nicht als Klassiker unserer Tage gelten sollte, dann Leben wir in einer verkehrten Welt.



1. FRANK OCEAN - "CHANNEL ORANGE"
Wer hätte gedacht, dass einmal ein RnB-Album auf der Pole Position meiner Platten des Jahres landen würde!? Zugegeben: ich selbst wohl am wenigsten. Aber das was Frank Ocean hier in diesem Jahr als sein Debüt vorlegte, sollte so viel mehr sein, als nur irgendein weiteres RnB-Album. Bereits mit seinem letztjährigen Mixtape "Nostalgia, Ultra" versprach er, dass er zu weit höherem berufen ist, als zu einem weiteren farblosen Fließband-Produkt der US-amerikanischen RnB-Maschinerie. Und dieses große Versprechen konnte er mit seinem Erstling "channel ORANGE" voll und ganz einlösen. Auf der gesamten Albumlänge outet sich Ocean als höchst inspirierter, vor Kreativität und künstlerischem Tatendrang nur so strotzender Musiker, der sich nicht den gängigen Vorstellungen des zeitgenössischen RnB fügen will - Frank Ocean will anders sein, ohne dabei aber die künstlerische Keule schwingend, eine waschechte Revolution lostreten zu wollen. Nichts hier ist bloße Berechnung, oder gar der plumpe Versuch, mit reiner Effekthascherei eine Gegenbewegung zu simulieren. Anders KLINGEN kann jeder, wenn er sich nur die richtigen Leute sucht. Es anders MACHEN, das kann nun mal nicht jeder. Aber Frank Ocean kann es. Er lässt sich nicht von umtriebigen und dem RnB-Genre fernen Produzenten einen gewagten Sound kreieren, um sich von seinen Mitstreitern abzuheben. Er setzt viel mehr auf Inhalt, auf Qualität und Authentizität. Keine einzige Sekunde von "channel ORANGE" klingt so wie sie klingt, weil sie es sollte - sondern weil sie es ganz einfach musste. Hier hören wir einen Musiker, der seine Kunst noch ernst nimmt. Auch wenn solcherlei Vertreter seines Genres akut vom Aussterben bedroht sind. Gut das Ocean noch ganz am Anfang steht - und uns sogleich ein Album kreierte, das nur mit dem Wort "Klassiker" halbwegs umschrieben werden kann. Wer das Genie des 24 Jahre jungen Musikers aus New Orleans in geballter Form erfahren will, der höre nur das grandiose "Pyramids" , welches als zweite Single des Albums erschien: ein grandioser Prog-RnB-Epos der sich über gewaltige, aber keine einzige Sekunde zu lange 10 Minuten erstreckt (Hinweis: die Video-Version ist gegenüber der Albumversion leicht gekürzt), Soul mit RnB, Pop und Club-Music unter einem Dach vereint, und zugleich eine Art modernes "Purple Rain", sowie eine RnB-Antwort auf "Paranoid Android" darstellt. Ohne Frage einer der Songs des Jahres! 

frank ocean [pyramids] from christopher francis ocean on Vimeo.


Am besten funktioniert "channel ORANGE" jedoch als geschlossenes Album - denn mit jedem Hördurchlauf entdeckt man weitere Lieblingssongs, bis irgendwann das Album nur noch aus selbigen zu bestehen scheint. Gleich zu Beginn nimmt einen die großartige RnB-Soul-Ballade und erste Single "Thinkin' Bout You" (♪♫♪) gefangen - ein moderner Klassiker von einem Lovesong, der einen fortan nicht mehr los lassen wird. Ein besonderes Highlight ist auch die unsterbliche, von bedächtigen Kirchenorgeln begleitete Ballade "Bad Religion" (♪♫♪), die musikalisch Gänsehaut bis unter die Schädeldecke kriechen lässt, und textlich durchaus Spielraum für Interpretationen bietet - oberflächlich könnte man eine kritische Haltung zu Religionen ausmachen, die man aber auch als gnadenlose Aufopferung gegenüber einem geliebten Menschen auslegen kann. Oder sind die Dämonen in diesem Song das gleichgeschlechtliche Verlangen, und der Song dreht sich um die unerwiderte Liebe an einen Gott, der nach vorherrschender konservativer Meinung keine Liebe für Homosexuelle kennt? Denn: nur kurz vor Erscheinen seines Debüts, gestand Ocean öffentlich das seine erste Liebe ein Mann war. Doch das nur am Rande. 
Zudem singt er nicht - wie manche seiner weltweiten Kollegen dies unermüdlich tun - über schnelle Autos, schillernde Juwelen und heiße Chicks. Nein, er distanziert sich gar von derartigem. Im lockerflockigen und melodischen "Sweet Life" (♪♫♪) etwa, kritisiert er die Dekadenz im "domesticated paradise" Beverly Hills - und liefert dazu treffende Ironie, wenn er singt: "Why see the world when you got the beach?". "Super Rich Kids" (♪♫♪) zeigt sich musikalisch (wunderbar!) unaufgeregt und solide, und kann inhaltlich besonders punkten, wenn er sich hier deutlich von den reichen Kids und ihren Ausschweifungen abgrenzt, während er selbst nur nach einem sucht: der wahren Liebe. "Pilot Jones" (♪♫♪), eine warme, getragene, und genial produzierte Soul-Pop-Nummer, zeigt sich als eine Art ironische Kifferromanze, während  er auf "Crack Rock" (♪♫♪) weitaus weniger blumig, und in grauen und schattigen, aber klar gezeichneten Bildern von Drogenabhängigkeit erzählt - umrahmt von 70s-infizierten, jazzig anmutenden Klängen. Die neueste und nunmehr 4. Single, der ansteckend melodische Neo-Soul-Ohrwurm "Lost" (♪♫♪), thematisiert erneut Drogenabhängigkeit, und offenbart musikalisch lupenreine Klassiker-Qualitäten. Und eines der weiteren großen Highlights folgt dann mit der atmosphärischen Ballade "Pink Matter" (♪♫♪), welche sich mit nachdenklichen Raps von André 3000, und schwerelos im Raum schwebenden Prince-Gitarren schmückt. Tja, und wenn er einen dann mit der übernatürlich charmanten Quasi-Liebeserklärung an "Forrest Gump" (♪♫♪) nicht endgültig kriegt, dann ist das Ende nah.
"channel ORANGE" ist ein irgendwie klassisches RnB-Album, aber gleichzeitig vollkommen anders. Er bereitet seiner Musik und seinen lyrischen Geschichten hier eine grandiose Bühne - und erschafft dabei fast schon ein modernes RnB-Musical. Vielleicht werden die Menschen einst sagen, dass Frank Ocean im Jahr 2012 mit "channel ORANGE" den RnB verändert hat. Verdient hätte er dies allemal.