♪♫♪ ...music makes the people come together... ♪♫♪

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Freitag, 22. März 2013

Besprochen: DEPECHE MODE - "DELTA MACHINE"

 Depeche Mode haben ein neues Album gemacht - und es gar nicht mal so gut geworden.

Alle paar Jahre passiert es dann doch immer wieder, und Depeche Mode beehren uns mit einem weiteren Album. Nicht das dies unbedingt noch Not tun würde - aber seien wir fair: wirklich schlecht waren Depeche Mode nie. Auch nach ihren unbestrittenen Glanzzeiten der 80er Jahre, schafften sie ein famosen Sprung in die 90er Jahre, und blieben auch bis in die 00er hinein meist auf einem durchaus beschaulichen Niveau. So war ihr 2005er "Playing The Angel" eine weitaus besseres Album, als die meisten es in Erinnerung zu haben scheinen. Ein klassisches DM-Album, möchte man gar sagen. Und doch - wirklich zwingend waren sie nun auch nicht mehr. Das machten sie dann auch umgehend auf ihrem bisher letzten Studioalbum "Sounds of the Universe" (2009) deutlich, das trotz famoser erster Single auf Albumlänge vollkommen unterging. Es war noch nicht einmal schlecht...nur irgendwie verdammt...öde! Mit gemischten Gefühlen wurde dann auch die erste Single ihres neuen Albums "Delta Machine" aufgenommen, kam sie doch hier in einem vollkommen anderen Gewand daher, als man bislang gewohnt war. Denn "Heaven" ist kein Elektro- oder Synthie-Pop, sondern eher etwas was man eine soft elektronisch betupfte 70s-Pop-Rock-Ballade nennen könnte. 


Manch einer empfand dies als lahmes und missglücktes Experiment, andere hingegen - zu denen sich auch der Verfasser dieser Zeilen zählt - sahen darin eine gelungene Abwechslung, sowie die Hoffnung, dass Depeche Mode nach dem sehr mauen Vorgänger, eine gewisse Weiterentwicklung anstreben würden. Aber Depeche Mode klingen auch auf der neuen Platte im Grunde so, wie man sie schon immer kannte...der große Rest bleibt nach wie vor elektronisch. Vielleicht letzten Endes doch die bessere Idee - wobei es noch besser gewesen wäre, wenn sie wieder mal ein wirklich gutes Album vorgelegt hätten. Dabei hat "Delta Machine" auch immer mal wieder seine gelungenen oder heraus stechenden Momente. So etwa in "My Little Universe" (♪♫♪), das minimalistisch und düster, aber mit prägnanten Elektro-Synthesizern daher kommt. Auch "Welcome To My World" (♪♫♪) ist ein weiterer Hingucker, der trotz unterkühlter Elektronik, eine Menge Seele zu bieten hat. "Broken" (♪♫♪) kann sich dann auch hören lassen, und geht immerhin als so etwas wie eine harmlosere Version einstiger Hits durch. Doch vieles entpuppt sich auf kurz oder lang dann doch als eine Menge Show mit nur wenig Substanz. Die großen Melodien, die echten Einfälle, und vor allem die zündenden Songs, findet man auf "Delta Machine" nur sehr selten.

Genau genommen haben Depeche Mode auf ihrem neuen Album ja nichts wirklich verkehrt gemacht, und vor allem nichts wesentlich anderes, als die Mehrheit von ihnen erwartet haben dürfte. Aber sie haben im Grunde eben auch  nur ein weiteres DM-Album gemacht. Nicht mehr und nicht weniger.

Besprochen: THE STROKES - "COMEDOWN MACHINE"

 Mit Album No.5 haben The Strokes mal wieder alles richtig gemacht - eine Platte, die mit jedem Mal besser wird!

Die Geschichte der Strokes ist ja schon sehr interessant: 2001 kam diese Truppe junger, verlottert drein schauender Garage-Rock-Wuschelköpfe daher, um hübsch nölenden und schnörkellosen 70s-Rock wieder salonfähig, und Röhrenjeans wieder modern zu machen. Obwohl das eigentlich viel zu bescheiden ausgedrückt ist. Man könnte eher sagen, dass sie 10 Jahre nach Nirvana erneut den Rock retteten. Zwar nicht mit solch einer Wucht und Nachhaltigkeit, wie dies einst dem Trio um Ikone Kurt Cobain gelang, aber im frühen neuen Jahrtausend, als alle Welt glaubte, dass Linkin Park und Limp Bizkit das Nonplusultra des zeitgenössischen Rock wären, öffneten die Strokes den Menschen mit ihrem famosen Debüt "Is This It" (2001) endgültig Augen und Ohren. Ihr Zweitwerk "Room On Fire" (2003) gelang ziemlich ähnlich, wenn auch vor allem ähnlich großartig, ehe ihr 3. Album "First Impressions of Earth" (2005/2006) dann ein wenig schwächelte - es war in der Tat nicht übel, wirkte aber insgesamt doch zu verkrampft in dem Versuch, nach den doch recht homogenen Vorgängern, eine gewisse Wandlungsfähigkeit und Experimentierfreude zu demonstrieren. Das darauf folgende Solodet "Phrazes For The Young" (2009) ihres Frontmannes Julian Casablancas, braucht man dann im Grunde gar nicht mehr zu erwähnen...weil es dafür irgendwie doch zu egal war. Unter diesen denkbar schlechten Voraussetzungen, lieferten die Jungs vor 2 Jahren mit "Angles" ein unerwartet famoses Comeback-Album ab, das mit zu den besten Rock-Platten seines Jahrgangs zählte. Und nun legen sie endlich nach: ihr 5. Studioalbum "Comedown Machine" steht in den Startlöchern. Und trotzdem es einen ähnlichen Weg geht wie auch sein Vorgänger, so ganz einfach macht es einem das Album trotzdem nicht - zumindest nicht auf Anhieb. Vielleicht haben die 2 durchweg starken Songs, die das Album ankündigten, die Erwartungen zu hoch geschraubt? Zuerst war da das nur zur Promotion veröffentlichte "One Way Trigger" (♪♫♪) - und überraschte als catchy mitreißender Synth-Ohrwurm, der deutliche Erinnerungen an A-ha herauf beschwört. Ziemlich ungewohnt? Aber sicher doch - und gerade deshalb so geil. Als offizielle Lead-Single gab es aber etwas sehr gewohntes auf Ohren: den hübsch unprätentiosen und einnehmenden Indierock-Hit "All The Time", der jedem Liebhaber der Band auf Anhieb den Mund wässerig macht.

The Strokes - All The Time from valtina on Vimeo.

Aber nein - man kann schon bald volle Entwarnung geben. Zwar mag "Comedown Machine" auf den ersten Eindruck für manchen etwas ernüchternd erscheinen, aber lasst es euch gesagt sein: das bleibt nicht lange so! Denn spätestens nach ein paar Durchläufen sitzt die neue Platte wie angegossen. Nach und nach schälen sich die Highlights der neuen Scheibe immer weiter heraus - und auch die stilistische Vielfältigkeit tritt wesentlich deutlicher zutage. So ist man mittlerweile nahezu entzückt darüber, wie herrlich schon der Opener "Tap Out" in die Irre führt: so eröffnen sie den Song mit schrill gniedelnden Gitarren, und lassen einen hübsch nach vorn gehenden Rocker vermuten. Doch nicht hier: denn bald schon verwandelt er sich in einen lässigen und melodischen, soft funky Indie-Pop-Ohrwurm, der nicht ohne Grund schon in die Nähe von Michael Jackson gerückt wurde. Hat man ihm erstmal eine Chance gegeben, offenbart sich auch "Welcome To Japan" als astreiner Hit, den man nicht mehr aus dem Schädel kriegt, hat er sich erst einmal fest eingenistet. "50/50" ruft wieder einmal allzu schöne Erinnerungen an die frühen Tage der Band auf den Plan, indem es als kleiner widerborstiger Rocker des Weges schreitet. "Slow Animals" sollte man nicht anhand seiner Anfangs scheinbar unscheinbaren Gestalt beurteilen, denn es braucht nicht lange, und schon gibt es sich als gnadenlos tolle Indie-Poprock-Hymne zu erkennen. Mit "Chances" schieben sie eine Art emotionale und dennoch zuckersüße 80s-Ballade hinterher, die für besagte Dekade allerdings fast schon zu schade gewesen wäre. Und zum Finale schenken sie uns dann mit "Call It Fate, Call It Karma" eine großartige und herzwringende Perle, die wie ein psychedelischer Chanson aus den 30er/40er-Jahren anmutet...oder so ähnlich. Auf jeden Fall: großartig. (Das gesamte Album könnt ihr hier im Stream hören!)

Und so haben The Strokes am Ende doch wieder alles richtig gemacht. Zwar ist "Comedown Machine" nicht das offenkundige Hit-Album geworden, das "Angles" vor 2 Jahren war - aber vielleicht sind sich die Strokes mit dem neuen Album wieder selbst etwas näher gekommen. Denn trotz der stilistischen Vielfältigkeit, die hier aus allen Ritzen dringt, ist ihnen ein homogenes und in sich geschlossenes Album gelungen, das mit jedem Versuch besser und besser wird. Sie wirken dieser Tage gar noch authentischer und minimalistischer als zuletzt, auch wenn sie wohl nie zuvor spannender und experimentierfreudiger klangen. Und so kann man nur jedem raten, den der erste Versuch ähnlich ratlos hinterließ wie mich: gebt dem Album etwas Zeit...und schon bald wird sich die Geduld doppelt auszahlen. 

 

Dienstag, 19. März 2013

Besprochen: WOODKID - "THE GOLDEN AGE"

Nach eigentlich viel zu langer Wartezeit, hat uns Woodkid mit seinem Debüt nun endlich ein cineastisches und episches Kunststück kreiert, das im zeitgenössischen Pop seinesgleichen sucht.

Die Namen Yoann Lemoine und Woodkid sollte man sich unbedingt merken - auch wenn ein und dieselbe Person dahinter steht. Unter seinem bürgerlichen Namen ist der Franzose  Yoann Lemoine  vor allem als Regisseur von Musikvideos bekannt - und kann diesbezüglich mit Moby ("Mistake"), Katy Perry ("Teenage Dream"), Taylor Swift ("Back To December"), Drake & Rihanna ("Take Care"), oder Lana Del Rey ("Born To Die", "Blue Jeans") auf eine Liste illustrer Klienten verweisen - und auf eine Reihe wirklich fabelhafter Musikvideos ja sowieso, wie diese Liste eindrucksvoll unter Beweis stellt. Unter dem Namen Woodkid kennt man ihn wiederum als Musiker - und das auch nicht erst seit gestern, hat der Herr doch schon im Jahr 2011 seine erste Single veröffentlicht. Und diese sollte auch den Ton angeben für seinen ganz eigenen Sound, mit dem er in der aktuellen Popszene wohl konkurrenzlos da steht. "Iron" hieß eben jene Nummer, die wohl auch durch seine einstige Verwendung im Trailer zum Game "Assassin's Creed: Revelations" einige Beachtung fand - und es sollte eine wahrhafte Hymne werden! Ein düsterer und erhabener, von majestätischen Bläsern und verspielten Flöten, sowie tribalen Beats und Handclaps voran getriebener Epos, den Lemoine mit seinem warmen, aber eindringlichen und emotionalen Gesang garniert, der im allgemeinen schon nicht selten an den von Antony Hegarty gemahnt.

Woodkid - Iron from WOODKID on Vimeo.      

Danach folgte dann erst mal eine Weile nichts...und man stand schon ein wenig ratlos da, wann und ob etwas neues von diesem Fundstück zu erwarten sein würde. Doch 2012 beglückte er uns dann endlich mit seiner 2. Single "Run Boy Run" (♫♪) - ein im gleichen Genre wie sein Vorgänger angesiedeltes Prachtstück von einem Song, das einem mit seiner mitreißenden Atmosphäre, dunklen Glocken, treibendem Rhythmus, und brachialem Donnern und Stampfen, pure Gänsehaut über den Körper jagte. Nun, da man schon maximal gespannt war, zeichnete sich am Horizont schon vage das erste Album ab. Als letzter Vorbote daraus erschien dann in diesem Jahr noch die 3. Single "I Love You" (♪♫♪), die sich hier als weiterer ganz und gar großartiger, von Streichern, Glocken, Orgeln, Bläsern und famosen Beats geprägter, aber auch durchaus etwas sanfterer und romantischerer Song einreihte. Nach fast schon endlos scheinender Geduld, hält man nun auch endlich sein heiß ersehntes Debütalbum "The Golden Age" in den Händen - und es kann die Erwartungen vielleicht nicht übertreffen, aber es scheitert auch in keinem Moment an ihnen. Mit dem Wörtchen "cineastisch" (ein Attribut, das auch fabelhaft zu den visuellen Werken Lemoine's passt) brachte es ein Kritiker kürzlich wohl perfekt auf den Punkt. Es ist ein erwartbar pompöses, majestätisches und episches Album geworden, das dabei aber niemals dem billigen Bombast verfällt - so stehen die hymnisch anschwellenden Momente, in denen theatralische Bläser und dramatische Streicher zur vollen Leidenschaft aufflammen, auch immer ruhigen, melancholischen und schwermütigen Momenten gegenüber. Und seine Kunst ist: er paart all das mit einem musikalischen Stil, den wohl im Moment kein Zweiter in der Popszene bedient (interessant ist dabei auch, dass er mit Lana Del Rey als Regisseur und Remixer arbeitete, trifft letzteres doch auch auf sie sehr gut zu)! 
Und ob nun im grandiosen und strahlenden Opener und Titelsong "The Golden Age" (♪♫♪), dem Anfangs hochromantischen, aber dann bald äußerst stimmungsvollen und feierlichen "The Great Escape" (♪♫♪), dem getragen hymnischen und wunderbaren "Ghost Lights" (♪♫♪), dem nahezu sakralen, von bombastischen und apokalyptisch-düsteren Chören begleiteten "Stabat Mater" (♪♫♪), oder in der grandiosen, und trotz seiner barock (?) geflavourten Ästhetik fast psychedelischen Hymne "Conquest of Spaces" (♪♫♪) - der Herr versteht sein Handwerk auch auf Albumlänge außerordentlich gut!

Der Sound von "The Golden Age" wird zwar beileibe nicht jedermanns Sache sein, aber darum geht es ihm auch offenbar nicht. Vielmehr hat er es als Woodkid geschafft, ein Fenster zu einer neuen Seite im Pop zu öffnen. Und so ist sein Debütalbum nicht einfach "nur" ein wirklich hervorragendes, ja nahezu verliebenswertes und meisterliches geworden, sondern eben auch eines, das stilistisch im derzeitigen Pop seinesgleichen sucht.

Montag, 18. März 2013

Besprochen: JUSTIN TIMBERLAKE - "THE 20 / 20 EXPERIENCE"

 Der König ist tot, es lebe der König:
Nach 7 Jahren Pause kehrt Justin Timberlake mit einem musikalischen Teufelswerk zurück, mit dem er als rechtmäßiger Erbe den Thron des King of Pop einfordert.

Irgendwie hatte man ja schon fast nicht mehr damit gerechnet - 7 Jahre sind ins Land gezogen, seit Justin Timberlake sein letztes Album veröffentlichte, und sich in den Jahren darauf vermehrt auf seine Schauspiel-Karriere ("The Social Network") konzentrierte. Aber musikalisch wurde es nahezu vollkommen still um den jungen Mann, der vielen spätestens nach seinem letzten Meisterstreich als einziger legitimer Thronfolger des King of Pop galt. Und, hey: auch in puncto Veröffentlichungsrhythmus nehmen sich die beiden nicht viel. So schauen wir bei der Gelegenheit noch einmal kurz zurück! Nach seinem musikalischen Karrierestart mit 'N Sync, brachte er 2002 sein Solodebüt "Justified" heraus, das auf erstaunlich offene Ohren stieß. Justin untermauerte seinen Start als Solokünstler mit einem durchweg soliden Album, das sich von dem uniformierten RnB-Einheitsbrei seiner Tage deutlich absetzte, und ein paar waschechte Hits/Klassiker zu bieten hatte ("Cry Me a River", "Rock Your Body"), die man sich so oder so ähnlich von Michael Jackson gewünscht hätte. Danach zogen 4 Jahre ins Land, bis er uns 2006 dann endlich mit seinem Zweitwerk "Futuresex/Lovesounds" beglückte. Und das Album sollte einen quasi aus den Socken hauen. Ein eingängiges, einfallsreiches, mitreißendes und futuristisches Pop-Meisterwerk, das vor potentiellen Hits nur so überquoll. Spätestens ab hier war er endgültig als eigenständiger und ernstzunehmender Sänger, Songwriter und Produzent anerkannt, der über die Jahre vor allem mit Produzent Timbaland einen Seelenverwandten gefunden hatte. So ist es durchaus kein Wunder, dass die beiden auch sein neues und 3. Studioalbum "The 20/20 Experience" wieder gemeinsam ins rechte Licht rückten - in Zeiten, in denen jeder zweite mit David Guetta rummacht oder die allgegenwärtige Nicki Minaj featured, ist so eine Konstanz fast schon erfrischend. Doch gerechnet hat so plötzlich kaum jemand mit einem neuen Album - vor wenigen Wochen kündigte er die neue Platte völlig überraschend an, als er (nach einem ominösen Countdown auf seiner Website) seinen ersten neuen Song "Suit & Tie" veröffentlichte. Und es erstaunte einen dann doch, dass einen der Song selbst auf Anhieb irgendwie wenig erstaunte. Doch spätestens im Albumkontext wird klar, dass er hier einen lässigen und funky RnB-Kracher aus dem Ärmel schüttelt, der besonders in seiner Langzeitwirkung hervorragend funktioniert.

 
Justin Timberlake -- Suit & Tie featuring JAY Z - MyVideo


Doch nur wenige Wochen später legte er auch schon die 2. Single nach, die dann deutlich stärkere Erinnerungen an sein letztes Album weckte: das schon ziemlich geile "Mirrors" (♫♪), das mit einer Spieldauer von gut 8 Minuten protzt - doch wir wissen ja bereits von besagtem letztem Album, dass Timberlake so eine lange Spieldauer durchaus geschickt zu füllen vermag. Und auch wenn hier eine recht deutliche Verwandtschaft zu Songs wie "Summer Love" oder "What Goes Around...Comes Around" zu vernehmen ist, hilft es dennoch alles nichts: auch dieser Song krabbelt einem unweigerlich in die Synapsen. 

Insgesamt betrachtet hat er mit "The 20/20 Experience" ein Album vorgelegt, das mit Sicherheit die Geister scheiden wird. Denn bis auf 2 der 10 hier vorliegenden Stücke, spielt sich quasi alles jenseits einer Länge von 7 Minuten ab. Und das begünstigt eine Tatsache, die so einige da draußen ernüchtern wird: die echten Hits springen einem auf Anhieb weniger ins Gesicht, als dies noch zuletzt der Fall war...doch das ist noch nicht mal eine schlechte Nachricht! Denn es begünstigt auch etwas ganz anderes: er lässt den Songs Zeit zum atmen und sich zu entfalten...und sich selbst schafft er Freiraum für kreative Spielereien. Begann sein letztes Album noch mit freshen Beats, flottem Groove und futuristischen Sounds, so beginnt "The 20/20 Experience" denkbar anders: denn der Opener "Pusher Love Girl" (♪♫♪) entsteigt schwelgerischen Streichern und soft funky Akzenten, und schwingt sich zu einem souligen, von Handclaps und schicken Beats ausgemalten Stück auf, das man irgendwo zwischen Prince und Jacko verorten könnte. Auch auf der restlichen Platte setzt er nicht mehr vordergründig auf zukunftsorientierte und frische, neue Sounds, sondern auf Atmosphäre, Qualität und auf Kreativität im Detail. 
Deutlich macht er dies unter anderem in "Don't Hold The Wall" (♪♫♪), das er im Hintergrund einer soft orientalisch (?) geflavourten, und durchweg gelungenen Produktion bestreitet - ein fabelhafter und atmosphärischer Song, der mit jedem Versuch tiefere Wurzeln in die Gehörgänge treibt. "Strawberry Bubblegum" (♪♫♪) kommt minimalistisch und fast unauffällig daher, würde einen diese verdammt schicke Melodie, und die äußerst stilvolle Produktion dann nicht doch kriegen. Und spätestens nach dem etwas mehr vom Funk geküssten Break im letzten Drittel, offenbart sich das Stück als so unwiderstehlich süß wie...tja...Erdbeer-Kaugummi zum Beispiel. Wer genau hinhört, der erkennt schnell, dass sich auch hinter "Tunnel Vision" (♫♪) nichts anderes als ein astreiner Klassiker verbirgt - mit getragener Atmosphäre, famosen Beats und einer Melodie zum niederknien, schwillt dieses Meisterstück mit jedem Mal zu einer eindringlicheren Hymne an. "Spaceship Coupe" (♪♫♪) verdingt sich als unwiderstehlich cremige RnB-Sahnschnitte, garniert mit schickem Gitarrensolo á la Prince.  "Let The Groove Get In" (♪♫♪) hätte das Zeug zum unbedingten Überhit, ist es doch nicht nur eine großartige Hommage an Michael Jackson, es kann selbigem sogar auf Augenhöhe begegnen. Und als Schlusslicht verzaubert einen das wunderbare und melancholische "Blue Ocean Floor" (♪♫♪) - vielleicht die erhabendste Ballade, die man bislang von ihm zu hören bekam.

Justin Timberlake weigert sich auch weiterhin solche farblosen Mischungen aus fetten Hits und magerem Restmaterial auf die Welt los zu lassen, wie viele seiner Kollegen dies unablässig tun. Und das wir darüber verdammt froh sein können, dafür ist "The 20/20 Experience" der beste Beweis. Ein geradezu süchtig machendes, auf den Punkt produziertes RnB/Pop-Meisterstück, das sich bereits einen Platz in der Jahresbestenliste 2013 reserviert hat  - und mit dem Justin Timberlake endgültig Anspruch auf den Thron des King of Pop erhebt.



Mittwoch, 6. März 2013

Besprochen: ATOMS FOR PEACE - "AMOK"

 Thom Yorke, Flea & Co. setzen mit ihrem Supergroup-Debüt ein erhabenes Elektro-Artpop-Meisterstück in die Welt, das sich vor den restlichen Arbeiten sämtlicher Beteiligten keinesfalls verstecken muss.

Dem halbwegs fachkundigen Musikhörer sollte ja bereits die Bedeutung des Begriffes "Supergroup" über den Weg gelaufen sein - eine immer noch recht beliebte Spielform in der Popmusik, in der sich vermehrt bekannte oder wichtige Musiker, zu einer neuen gemeinsamen Gruppe bzw. einem Nebenprojekt formieren. Die neueste dieser Sorte  - das wusste man bereits, als man von ihrer ersten Existenz  erfuhr - sollte besonders spannend werden: Thom Yorke (Sänger von Radiohead), Nigel Godrich (Radiohead's Stammproduzent), Flea (Bassist der Red Hot Chili Peppers), Mauro Refosco (der mehrfach bei den Red Hot Chili Peppers aushalf), sowie der Drummer Joey Waronker (der u.a. bereits für Beck, R.E.M. und Elliot Smith arbeite) bilden nun gemeinsam die Atoms For Peace. Das kann sich doch mal hören lassen - sowohl in Wort als auch in Ton, denn in den vergangenen Monaten sorgte bereits die erste Single für Schweißausbrüche: die atmosphärisch schwebende, von zackigen Beats, elektronischen Effekten und flächigen Synthesizern durchzogene Art-Elektro-Pop-Perle "Default", auf der Thom Yorke's gewohnt großartige Vocals thronen. Und wie man es wohl ahnen konnte: auch seiner Stammband Radiohead stünde dies fabelhaft zu Gesicht, erinnert es doch ein wenig an ihre "In Rainbows"-Phase. 

"Default" - Atoms For Peace - XL Recordings (XLT-584) from PrescribedVinyl on Vimeo.

Das die Einflüsse besagter Band auf ihrem gemeinsamen Debüt "Amok" deutlich hörbar sein würden, war ja schon anhand der Besetzung zu erwarten. Und doch wird hier kein potentielles Radiohead-Album konstruiert...auch wenn an anderer Stelle deutliche Einflüsse zu finden sind - so etwa in der zweiten und ebenfalls großartigen Single: dem geisterhaften, auf Handclaps, Gitarrenakkorden, ungeraden Beats und schwerelosen Chören schwebenden "Judge, Jury & Executioner" (♪♫♪), welches deutlich an die "Hail To The Thief"-Phase von Radiohead gemahnt. Doch wenn wir schon Vergleiche heran ziehen, dann ist es zu weiten Teilen auch das großartige 2006er Soloalbum "The Eraser" von Thom Yorke, dessen Nachwirkungen man hier immer wieder herauszuhören wähnt. Nicht umsonst will man meinen, ist doch schon das aufwendige (und in CD-Form weit ausklappbares) Cover-Artwork von "Amok" ein deutlicher Querverweis an sein Solowerk. Und wie es so oft ist, wenn Thom Yorke seine Finger mit im Spiel hat: vieles hier mag einigen sehr vertraut erscheinen, aber es wäre dennoch naiv zu glauben, dass man all dies hier mit dem ersten Versuch durchschauen könnte. Man muss der Platte ein wenig Zeit zum atmen geben...Zeit sich ganz zu entfalten. Und es dauert nicht lange, dann beginnen diese 9 hypnotischen und anmutigen Song-Kostbarkeiten immer tiefere Wurzeln zu schlagen. Wer es bislang versäumt hat, der sollte sich also nun auf die Reise begeben, und das Klanguniversum von "Amok erkunden...denn zu entdecken gibt es hier so manches. So mutet Thom's Gesang im einführenden "Before Your Very Eyes..." (♪♫♪) tief melancholisch, ja fast klagend und traurig an, während er von Gitarrenakkorden, Synthesizern, tuckernden Beats, und allerlei elektronischem Beiwerk durch dieses fabelhafte Stück begleitet wird. Das wunderbare "Ingenue" (♪♫♪), welches zudem die neueste Single darstellt, schwebt auf elektronischen Klangteppichen daher, "Dropped" (♪♫♪) weht als famose Elektro-Pop-Kostbarkeit, durch die sich hektische TripHop-Beats wälzen, des Weges, und im nahezu hymnischen "Unless" (♫♪) wird aus frickelnder Elektronik, wunderbar Radiohead-typischem Geklöppel und hypnotischen Synthies, ein wahrhafter Meisterstreich kreiert.

So viel Mühe man sich auch immer geben mag, all dies als eigenständige künstlerische Leistung zu begreifen, losgelöst vom musikalischen Kosmos der daran beteiligten....es wird einem vermutlich dennoch nicht gelingen. Aber auf eines wird man sich wohl problemlos einigen können: das die Atoms For Peace mit "Amok" wohl das beste Radiohead-Album gemacht haben, das nicht von Radiohead stammt. 

 

Besprochen: HURTS - "EXILE"

 Es ist gekommen, wie es kommen musste: Hurts können mit dem neuen Zweitwerk nicht an die Größe ihres Debüts anknüpfen, und verabschieden sich ins geschmackvolle Mittelmaß - aber nach ein paar mehr Hördurchläufen, reicht es noch nicht mal mehr dafür aus.

Das im Jahr 2010 das britische Synthpop-Duo Hurts mit ihrer Single "Wonderful Life" eine kleine Pop-Sensation auslöste, muss man wohl niemandem mehr erklären, der jenes Jahr nicht gerade auf dem Mond verbracht hat. Ok...oder eben in den USA, wo der Song in der Tat nie ein Hit wurde. Da die geschätzte lfte der Amerikaner allerdings die meiste Zeit sogar HINTER dem Mond zu leben scheint, sollte einen dieser Umstand nicht weiter verwundern. Und auch ihr dazugehöriges Debütalbum "Happiness" wurde von Fans und Kritik mit viel Freude und Lob angenommen, stellte es doch ohne weiteres eines DER Pop-Momente seines Jahrgangs dar. Nun ist es also endlich soweit, und das Duo schiebt sein Zweitwerk nach, das auf den Namen "Exile" hört. Und hier kann man in mehrfacher Hinsicht von einem "schwierigen zweiten Album" sprechen. Zwar ist dies ohnehin ein Phänomen bei fast jedem Künstler, der bereits mit dem Debüt einen beachtlichen künstlerischen und kommerziellen Erfolg hinlegt. Doch Hurts liefen von Anfang an gar Gefahr, zu einem One-Hit-Wonder zu werden. Nicht das es ihnen auf ihrem Debüt an potentiellen Krachern gemangelt hätte. Vielmehr schlug ihr erster Hit "Wonderful Life" mit einer derartigen Wucht ein, dass es fast undenkbar schien, dass sie diesen Erfolg je wiederholen könnten. Oft ist dann bereits zu Beginn die Erwartungshaltung der Masse in so schwindelerregende Höhen geschraubt, dass der Künstler diesem oft nicht standhalten kann. Doch dem konnte das Duo mit Hits wie "Stay", "Sunday" oder "Blood, Tears & Gold" dennoch aus dem Wege gehen, auch wenn keiner davon den umfassenden Erfolg des großen Vorgängers wiederholen konnte. Mittlerweile ist wieder ein wenig Zeit ins Land gezogen, und nun gilt es an die vorangegangenen Erfolge anzuknüpfen. Den ersten Versuch starten sie dieser Tage mit der Vorabsingle "Miracle": ein melodischer, durchweg catchy, und für das Duo mittlerweile nahezu typisch klingender Synthpop-Ohrfänger, der schnell in Hirn und Beine geht....ob der Song dann allerdings wirklich zum großen Hit werden wird, bleibt abzuwarten - aber durchaus auch zu hoffen, denn verdient hätte es der Song allemal! 

 
HURTS -- Miracle (Aus dem Album Exile) - MyVideo


Ganz so einfach macht es einem das gesamte neue Album dann allerdings nicht - zwar lassen sie uns auch hier einen mit dem Debüt durchaus vergleichbaren, stark 80s-infizierten Synthpop-Sound angedeihen, und oft machen auch die einzelnen Tracks keine allzu üble Figur. So kommt "Exile" (♪♫♪) seinen repräsentativen Pflichten als Titelsong und Albumopener in Gestalt eines hörenswerten Synthpop-Ohrwurms nach, der für einen schicken Einstieg sorgt....aber eben auch für keinerlei Überraschungen. Und auch auf der gesamten Strecke ihres Zweitwerkes, bleiben selbige fast vollkommen aus. So stellt "Sandman"  (♪♫♪) zwar einen grundsoliden Song dar, der aber doch etwas zu spannungsarm gerät - und die zwar nicht thematisch, aber dafür soundästhetisch etwas deplatzierten Kinderchöre, sind dann irgendwie auch ziemlich 2005. "Only You" (♪♫♪) beschwört ein nettes und typisches Hurts-Feeling herauf, bietet aber dennoch nichts was hängen bleiben will. "The Road" (♪♫♪), welches als erster Song aus dem Album zu Promotion-Zwecken veröffentlicht wurde, macht da schon eine wesentlich anständigere Figur, bietet mehr Spannung, einen hymnischen Refrain, und mündet in elektro-rockig ausgefransten Sperenzchen. Das düster-rockige "Cupid" (♫♪) kann man sich auch ohne weiteres anhören, ohne das es allerdings einen tieferen Eindruck zu schinden imstande wäre. "The Crow" (♪♫♪) ist oberflächlich eine durchaus schöne Ballade, die aber bei näherer Betrachtung Chris Isaak zu einer Klage ermuntern könnte....oder höre nur ich die relativ deutliche Ähnlichkeit zu seinem Klassiker "Wicked Game" heraus? "Somebody To Die For" (♪♫♪) ist ein ohne Frage netter Song, auch wenn man durchaus Anstoß am etwas mageren Refrain nehmen könnte. Tja, und der einzige Song, dem man vielleicht noch halbwegs realistische Hitchancen einräumen will, könnte "The Rope" (♪♫♪) sein - was aber wohl eher mehrheitlich den hier präsenter zutage tretenden Synthesizern und wuchtigeren Beats zu verdanken ist, und nicht einer wirklich prägnanten Melodie

Unterm Strich ist "Exile" leider ein in jeglicher Hinsicht archetypisches "schwieriges zweites Album" geworden. Misslungen ist hier zwar nichts wirklich, und nur an der Oberfläche betrachtet scheint das Duo hier genau das vorgelegt zu haben, was die Mehrheit von ihnen erwartet hat. Geht man aber tiefer, dann merkt man schnell, dass das Material dafür leider nicht ausreicht. Die Hits, die einem beim Debüt nahezu hinter jeder Ecke ansprangen, sucht man hier dann doch vergeblich. Handwerklich haben sie zwar eine durchaus solide Leistung vorgelegt, zumal sie erstmals selbst auf den Produzenten-Stühlen saßen. Als Gesamtwerk bleibt "Exile" schlussendlich aber doch hinter dem Mittelmaß zurück. 



P.S.: Wer hier anfangs noch eine Bewertung von 3 Sternen gelesen haben will, der hat damit durchaus recht. Doch nach ein paar zusätzlichen Hördurchläufen, sah ich mich dann doch gezwungen, es um einen Stern herunter zu korrigieren.