♪♫♪ ...music makes the people come together... ♪♫♪

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Sonntag, 30. September 2012

Besprochen: FLYING LOTUS - "UNTIL THE QUIET COMES"

 Mit "Until The Quiet Comes" lässt Flying Lotus Ruhe einkehren, in das  junge, von ihm eigens erschaffene Universum - und haucht ihm vielfältiges und ganz und gar wundervolles Leben ein.

Wer das letzte Album "Cosmogramma" von Steven Ellison alias Flying Lotus kennt, bei dem wird selbiges wohl einen bis heute nachwirkenden Eindruck hinterlassen haben. Es war nichts geringeres als ein Meisterwerk was er dort 2010 auf die Welt los ließ - so verstörend wie auch schlicht und ergreifend wunderbar. Eine Art "kosmische Oper", mit der er das Universum musikalisch neu erschuf. Und sein junges Universum war ein gnadenloses und unberechenbares: die unterschiedlichsten Elemente und Bausteine, Stile und Einflüsse, Samples, Sounds und Stimmfetzen kreisten umeinander, stießen sich ab und strebten auseinander, oder zogen sich gegenseitig an, kollidierten und verschmolzen zu stetig neuen Klang-Galaxien. Es offenbarte die bizarre Schönheit der Abstraktion, und die Erhabenheit im geordneten Chaos. Ein Brocken von einem Album, der sich einem unmöglich beim ersten Versuch in seiner ganzen Größe erschließt. Nun 2 Jahre später kommt das neue Album des jungen Mannes aus Los Angeles daher. Und schon der Titel "Until The Quiet Comes" deutet folgerichtig an, dass nun Ruhe in das neue Universum des Flying Lotus eingekehrt ist. Alles verläuft auf seinen vorbestimmten Bahnen, und offenbart dem Hörer nun ganz neue Facetten der Schönheit. Zwar vermischt er wieder einmal instrumentalen HipHop mit experimenteller Elektronik, doch hier kommen weit ruhigere Töne auf den Hörer zu, die aber nicht weniger faszinierend sind, als dies der große Vorgänger vormachte. Wieder einmal ist es auch hier relativ schwer, auf einzelne herausragende Songs hinzuweisen - geschweige denn auf so etwas, was der Pop-Konsument gemeinhin als "Hit" bezeichnen würde. Die "Songs" sind hier vielmehr Fragmente, die sich gemeinsam zu dem atemberaubenden Album zusammen setzten, das "Until The Quiet Comes" geworden ist. Zumal sie auch den typischen Regeln des Kosmos von Flying Lotus unterliegen: das Album bietet mit 18 Stücken recht viele Songs, die aber selbst selten die 3-Minuten-Grenze überschreiten, und oft gar mit weniger als 2 Minuten auskommen. Doch was in ihnen alles passiert, lässt einen aus dem Staunen kaum heraus kommen - quasi Haken schlagender, atmosphärischer und experimenteller Elektro-Art-HipHop, mit doppeltem Boden. Nie ahnt man, was im nächsten Moment passieren wird. Zudem ist auch wieder der Mörderanteil Instrumental - und das, trotzdem hier mehr Gesangsbeiträge zu hören sind, als auf jedem anderen Album des Künstlers. So etwa "Getting There" (♪♫♪), auf dem bezaubernd glöckelnde Sounds und klare, aber ungerade HipHop-Beats, auf den schwerelos durch den Raum schwebenden, nahezu hypnotischen Gesang von Gastvokalistin Niki Randa treffen.



Thom Yorke, der auch schon beim Vorgänger-Album mit von der Partie war, ist auch hier erneut an Bord: "Electric Candyman" heißt der Song, den der Radiohead-Frontmann diesmal mit seinen Vocals zum formvollendeten Elektro-Art-Pop-Kunststück adelt. Und auch sein Bandkollege, der Gitarrist Johnny Greenwood, ist indirekt hier vertreten, welcher das von psychedelisch-mystischen Klängen geprägte Meisterstück "Hunger" (♪♫♪) komponierte - und auf dem es zudem ein Wiederhören mit Gastsängerin Niki Randa gibt. Zudem wäre da auch noch das temperamentvolle und zugleich getragen bluesig-jazzige "See Thru To U" (♪♫♪), das niemand geringeres als die famose Erykah Badu mit ihrer Stimme veredelt. Und Laura Darlington, die bislang auf jedem seiner Alben zu hören war, besorgt ihren Gastauftritt im sphärisch schwebenden und schillernden "Phantasm". Somit finden sich hier ohne Frage auch einzelne  Songs, die ganz allein für sich durchweg zu überzeugen wissen. Und doch sollte hier das Album als Ganzes für sich sprechen - so wie man auch keine einzelnen Kapitel aus einem Buch heraus reißt, so sollte man auch hier die ganze Geschichte erfahren. Denn mit "Until The Quiet Comes" haucht Flying Lotus seinem jungen Universum ein so vielfältiges, und ganz und gar wundervolles Leben ein, dass es einen ganz benommen machen kann vor Freude und Faszination. Ein Gesamtkunstwerk, das in dieser Form derzeit wohl keinem zweiten gelingen würde. 






HIER könnt ihr das komplette Album im Stream hören!

Freitag, 28. September 2012

Besprochen: GRIZZLY BEAR - "SHIELDS"

Überraschungen bieten Grizzly Bear auf ihrem neuen Album nur wenige - dafür aber wieder einmal brillanten Folk-Pop in Tüten!

Wenn Grizzly Bear in den vergangenen Jahren für etwas bekannt waren, dann war dies hinreißender Folk-Pop mit langem Haltbarkeitsdatum. Wer das nicht bereits bei ihrem 2006er Zweitwerk "Yellow House" merkte, der kapierte den Witz wohl spätestens mit ihrem letzten Album "Veckatimest" - und nicht nur weil es den unsterblichen Hit "Two Weeks" mit an Bord hatte, der recht massenwirksam auch bereits bei der Sitcom "How I Met Your Mother" zum Einsatz kam. Wer an der Band bislang dennoch  vorbei geschlittert ist, der hat nun mit ihrem 4. Album die Gelegenheit, sich in das Brooklyner Quartett zu verknallen. Und dazu hat der Hörer auch hier wieder allen Grund. Zwar bleiben auf "Shields" die großen  Überraschungen nahezu gänzlich aus, aber dennoch kann die Band immer wieder mit einem trumpfen: großen Melodien, verpackt in zeitlos schönen Folk-Pop. Ein perfektes Beispiel dafür ist der Albumopener "Sleeping Ute" (♪♫♪), der ja bereits in den letzten Monaten durch die Landen geisterte, und als großartige, psychedelisch veranlagte Folkrock-Perle auftrumpfen konnte. Den Hang zu scheinbar formvollendetem Folk-Pop macht auch der folgende Song deutlich, der auf den Namen "Speak In Rounds" (♪♫♪) hört - ein fabelhafter und getragener Song, der mit einer enorm zeitlosen Ausstrahlung gesegnet ist. Und jetzt heißt es: anschnallen! Denn mit "Yet Again" gibt es dann den wohl stärksten Song der neuen Platte, der sich wie eine strahlende Kathedrale hoch hinauf in den Folk-Himmel bohrt. 



Mit "Gun-Shy" (♪♫♪) segelt die Band vor dem inneren Auge in einen melancholisch-schönen Sonnenuntergang, während sanfte Synthesizer am Horizont tanzen. Und "Half Gate" (♪♫♪), das vergleichsweise sanft und verträumt beginnt, schwingt sich zur erhabenen Hymne empor. "Shields" ist ein Album geworden, das es einem anfangs vielleicht nicht immer allzu leicht macht. Das soll die letztendlich oft phänomenalen Qualitäten des Albums nicht herunter spielen - es ist nur vielmehr so, dass hier bei genauem Hinhören wahrlich wunderschöne Schätze zu finden sind, die sich gemeinschaftlich dem Hörer als ein herausragendes Album ergießen. Doch es braucht schon zu Beginn viel Zuwendung - im falschen Moment ein wenig unaufmerksam, und plötzlich rauschen viele Songs nahezu unbemerkt ein einem vorüber. Doch es wäre zu schade, all das zu verpassen, was die Band hier anzubieten hat. Was beim beiläufigen Hören unterging, eröffnet einem bei genauerer Betrachtung ungeahnte Schönheiten. Mit jedem Mal schälen sich mehr Highlights heraus, bis die Lieblingssongs sich mit jedem Genuss abwechseln. Wer neu im Kosmos von Grizzly Bear ist, den wird "Shields" wohl ohne Wenn und Aber sofort liebevoll unter die klatschen. Ausgerechnet Kenner und Liebhaber der Band, müssen hier wohl hingegen manchmal ein wenig aufmerksamer hinhören. Und das macht man als solcher wohl nur allzu gerne - denn wenn sich das nicht bei einer Band wie Grizzly Bear lohnt, bei welcher dann?


Donnerstag, 27. September 2012

Besprochen: JESSIE WARE - "DEVOTION"

The Groove Is In Her Heart: Jessie Ware schließt mit ihrem Debüt die Lücke zwischen Adele, Sade und SBTRKT - und legt damit ein massives Fundament für eine große Zukunft.

Man muss sich ja immer wieder fragen, ob in England irgend etwas besonderes im Trinkwasser ist, spuckt das Vereinte Königreich doch immer wieder neue fesselnde Künstler aus, die weit mehr schaffen, als reine Musik für den Moment. Vielmehr rieseln in diesem Land seit den Beatles scheinbar unaufhörlich neue Musiker aus allen Ritzen, die das Zeug für mehr haben. Wesentlich mehr. Dieser Trend bleibt auch in der Gegenwart unverändert, und bedient dabei nahezu alle Stilrichtungen. Eine neue Sensation aus Great Britain vereint verschiedene Stile, und stellt dabei eine Art Missing Link, irgendwo zwischen Adele, SBTRKT  und Sade dar: von Jessie Ware ist die Rede, einer jungen Singer/Songwriterin, die nun mit "Devotion" ihr Debütalbum vorlegt. Es ist eine leidenschaftliche, eine verträumte, eine eindringliche und sinnliche Platte geworden - und eine großartige noch dazu. Doch das dies für manche keine allzu große Überraschung darstellte, erklären bereits die 3 vorab veröffentlichten Singles. Zuerst einmal war da "Running" (♪♫♪), die erste Single des Albums, die Anfang diesen Jahres erschien - und als getragene und doch groovige, sanft elektronisch gefärbte R&B-Perle verzauberte, welche schon die sinnliche Ausstrahlung von Sade zitierte, die uns in ihrer Musik noch öfter begegnen wird. Danach folgte "110%" (♪♫♪), ein wunderbares und auf atmosphärischer Elektronik schwebendes Pop-Kunststück,  welches bereits fleißig durch die Blogosphäre gepeitscht wurde. Wem bis hierher noch nicht der Schalter rausflog, bei dem wird dies mit Sicherheit die 3. und aktuelle Single "Wildest Moments" besorgt haben: eine grandiose und einnehmende Ballade, die zentimeterdicke Gänsehaut herauf beschwört, und  die erhabene Größe eines zukünftigen Klassikers besitzt.



Spätestens von hier an konnte man nicht mehr genug bekommen von der 26jährigen Britin - und diesen Hunger stillt sie nun mit ihrem Debütalbum "Devotion", das einen aber gleichzeitig nach immer mehr betteln lässt. Wie aus einem Guss, und dennoch so facettenreich klingt das, was sie uns hier gezaubert hat. Auf "Still Love Me" (♪♫♪) vereint sie warmen und groovigen Soul mit minimalistischer und hypnotischer Elektronik, der Titelsong (und Album-Opener) "Devotion" (♪♫♪) gibt ein erotisches und gleichzeitig romantisch warmes Highlight zum besten, die kommende Single "Night Light" (♪♫♪) offenbart einen fabelhaft in Szene gesetzten und leidenschaftlichen Pop-Hit, und mit "Taking The Water" setzt sie dann noch eine gefühlvolle und erhabene, vom Synthpop geküsste Hymne oben drauf. Jessie Ware hat mit ihrem Debüt eines dieser seltenen Alben vollbracht, das nicht einfach nur ein weiteres neues Album, eines weiteren Newcomers darstellt. Das hier ist mehr - "Devotion" ist so etwas wie eine sinnliche Revolution, ein zärtlicher Epos, und ein massives Fundament für eine große Zukunft.



Dienstag, 25. September 2012

Besprochen: PLAN B - "ILL MANORS"

Auf seinem neuen Album kehrt Plan B dem Soul verstärkt den Rücken, und umso deutlicher zu seinen Rap-Wurzeln zurück - und bleibt dabei genauso unverzichtbar.

Was war doch "The Defamation of Strickland Banks", das 2. und bislang letzte Album von Plan B aus dem Jahr 2009, für eine Sensation. Der von seinem Debüt "Who Needs Action When You Got Words" eher im spröden "weißen" HipHop-Stil à la Eminem bekannte Engländer, warf die alten Gewohnheiten über Bord, und sich selbst ganz dem Neo-Soul in die Arme, der ihm so wunderbar zu Gesicht stand, dass man sich in dieses Konzept-Album, welches das fiktive Schicksal eines unschuldig wegen Mordes verurteilten und inhaftierten Mannes erzählt,  einfach verlieben MUSSTE. Aber eingefleischte Fans der Vorgängers, könnten nun in ihren Erwartungen vielleicht ein wenig enttäuscht werden: denn ließ das offene Ende seines letzten Werkes auf eine Fortsetzung von Stil und Story schließen, kehrt Ben Drew alias Plan B auf seinem neuen Album "Ill Manors" zu seinen Rap-Wurzeln zurück. Doch das Album ist noch viel mehr. Es wird als eine Art "HipHop-Musical für das 21. Jahrhundert" beschrieben, das auch den Soundtrack des gleichnamigen Filmes darstellt, zu dem der Künstler nicht nur das Drehbuch schrieb, sondern auch gleich selber Regie führte. Ein gewaltiges Gesamtkunstwerk also, dessen akustische Hälfte schon durchweg zu überzeugen und begeistern weiß. Denn wenn sie zumindest keine vollständige Abneigung gegenüber diversen Spielarten des HipHop haben, wird hier nicht einmal den eingefleischten Fans der letzten Platte ein Grund zur Enttäuschung geboten. Denn trotz seiner Rückkehr zum HipHop zeigt sich Plan B hier von einer enorm kreativen Seite - und auch die Melodiösität kommt nie zu kurz. Die erste Single und Titelnummer "Ill Manors" zeugt bereits davon, bei der sich vor allem deutschsprachige Hörer verwundert die Ohren reiben werden. Denn, ja: es basiert in der Tat auf einem Sample aus "Alles neu" von Peter Fox, der aber seinerseits bereits die 7. Sinfonie von Shostakovich zitierte.
Plan B - ill Manors. from Rokkit on Vimeo.

Und was auf seinem neuen Meisterstreich sonst noch so auf uns wartet, hält die Spannungskurve - ähnlich wie bei dem erfolgreichen Vorläufer - konstant hoch.  So zeigt er auf "I Am The Narrator" (♪♫♪) wie atmosphärisch und authentisch HipHop sein kann, was er daraufhin im noch melodischeren "Drug Dealer" (♪♫♪) erneut unter Beweis stellt. "Playing With Fire" (♪♫♪), das in den Versen auf einsamen Akustikgitarren balanciert, und im Refrain zu seiner vollen und hymnischen Größe empor steigt, birgt enorme Hitqualitäten, und wird bereits als kommende (dritte) Single gehandelt. Bis dahin ergötzen wir uns aber noch an der aktuellen und zweiten Single "Deepest Shame" (♪♫♪), einem großartigen Song-Meisterwerk, das wieder verstärkt auf Soul-Elemente setzt - und einen schier aus den Schuhen fegt. "Lost My Way" (♪♫♪) zeigt sich ordentlich aufgedreht, aber mindestens ebenso facettenreich und enorm spannend. "Great Day For a Murder" (♪♫♪) ist ein weiteres Highlight der Platte, das spröde Raps, Rock-Elemente und einen höchst melodischen Refrain, zu einem todsicheren Hit vereint. Und im famosen "Falling Down" (♪♫♪) kommen ein düsteres Piano und atmosphärische Gitarrenakkorde zum Einsatz, ehe es von TripHop-Beats, dunklen Synthies und sich in immer weitere Höhen schraubendem Gesang erobert wird. Und so hat Plan B - trotz der überdimensionalen Erwartungen nach dem fantastischen Vorgänger - wieder einmal alles richtig gemacht.

 

Montag, 24. September 2012

Besprochen: MUSE - "THE 2ND LAW"

Auch auf Album No.6 sitzen bei Muse wieder einmal Pomp und Pathos verdammt locker. Nur die guten Songs dazu, sind ihnen leider nicht eingefallen.

Muse stellen mich von Album zu Album vor mehr Schwierigkeiten. Bis zu ihrem 3. Album "Absolution" im Jahr 2003, lief noch alles glatt, aber mit dem 2006er Album "Black Holes & Revelations" war es dann schon etwas schwieriger. Anfangs konnte das Album zwar durchaus überzeugen, aber der Zahn der Zeit ließ nicht viel übrig von dem Album, bis auf gepflegte Langeweile mit 1 oder 2 memorablen Perlen. Und ihr letztes Album "The Resistance" war dann ein noch größerer Reinfall, von dem bei mir rein gar nichts hängen geblieben ist - bis auf das Wissen um dessen enormen Erfolg, der im Vergleich dazu aber höchst ironisch wirkte. Der Wirbel, der nun im Vorfeld bereits um ihr neues Album "The 2nd Law" gemacht wurde, machte einen schon zu Anbeginn skeptisch - die vorab veröffentlichte Musik daraus, aber mindestens ebenso. Man nehme etwa "Survival" - quasi erste Single des neuen Albums und zudem der offizielle Song der oylmpischen Spiele diesen Sommer in London. Also mächtig wichtig und so - und sehr wichtig scheint sich die Band auch in dem Song selbst zu fühlen. Doch wer nicht Queen ist, der sollte auch nicht versuchen so zu klingen - denn sonst kommt eben so ein bis weit über die Schmerzgrenze hinaus zugekleisterter Klumpen aus Glam-Rock dabei heraus, wie hier wunderbar zu hören ist:  


Und auch die zweite Single "Madness" (♪♫♪) kam als recht schnarchige Angelegenheit des Weges, die zumindest zum Ende hin ein wenig Fahrt aufnimmt - was den Song selbst aber auch nicht wesentlich interessanter macht. Doch die Singles sagen oft nur wenig über ihre zugehörigen Alben aus. Bei "The 2nd Law" fällt auf, dass die Band deutlich versucht, in den verschiedensten Richtungen zu experimentieren, was einen deutlich positiven Effekt haben könnte. Wenn man seine Songs dann allerdings immer mit allem verfügbaren Pomp und Pathos voll stopft, wirkt das ganze am Ende dann doch ziemlich aufgesetzt. Und das ist wohl auch das Problem, welches das neue Album von Muse hat. Schon zum Auftakt begrüßt uns die Band etwa via "Supremacy" mit einem Kitschbrocken, der klingt wie ein überambitionierter und verunglückter 007-Song. "Panic Station" weckt dann zeitweilig den Verdacht, als würde die Band sich auf recht unbeholfene Weise, am eh ziemlich uninteressanten Bowie der 80er Jahre versuchen. "Follow Me" macht Anfangs gar keine schlechte Figur, ehe sie die Nummer mit stressigen Techno-Attacken á la Skrillex, übertrieben donnernden Gitarren-Gewittern, und letztendlich etwas zu klebrigen Synthies, mit voller Wucht gegen die Wand fahren. Und beim (instrumentalen) Titel-Zweiteiler "The 2nd Law" wird es dann ganz gefährlich: bei der ersten Hälfte "Unsustainable" (♪♫♪), sieht man wieder einmal James Bond vorm inneren Auge seine Posen schmeißen, nur das es sich so anhört, als hätte Skrillex das ganze am Ende nochmal durch seine ADHS-Techno-Maschinerie laufen lassen. Und die zweite Hälfte "Isolated System" (♪♫♪), schiebt dann eine eher ruhige Kugel - nicht unschön, aber eben auch nicht wirklich essentiell. Ein paar seltene Momente zum aufatmen gibt es hier aber dennoch: das zurückgenommene und von Pathos fast gänzlich befreite "Save Me", kann sich durchaus sehen lassen, und ohne seine übertriebenen Hard-Rock-Riffs, wäre auch "Liquid State" nicht von schlechten Eltern. Fans werden natürlich wieder feiern, als wäre "The 2nd Law" das größte Album der Welt. Sollen sie - mich hingegen lässt die Band ein weiteres Mal ziemlich kalt. Und man kann nicht behaupten, dass ich etwas anderes erwartet hätte.


Sonntag, 23. September 2012

Besprochen: MIKA - "THE ORIGIN OF LOVE"

Mika läuft zu seiner persönlichen Höchstform auf, und zeigt sich auf Album No.3 so gut wie nie zuvor!

Wer den Verfasser dieser Zeilen ein wenig näher kennt, der weiß, dass der britische Sänger Mika nie zu seinen ausgesprochenen Favoriten zählte - um es besonders nett auszudrücken. Sein Debüt "Life In Cartoon Motion" (2007) war so etwas wie gnadenlos überzuckerter Bubblegum- Pop, der zwar kurzzeitig bespaßen konnte, einem aber sehr bald gehörig auf den Zeiger ging. Und der Nachfolger "The Boy Who Knew Too Much" (2009) konnte mich dann nur mit seiner Vorabsingle "We Are Golden" hinterm Ofen hervor locken - der Rest war dann eher ein Fall für die Tonne. Seitdem war es ruhiger um dem Herren, der nun aber mit seinem 3. Studioalbum  "The Origin Of Love" zurück kehrt. Eingeläutet wurde es gleich von 2 Songs. Zum einen war da die erste Single "Elle Me Dit" (♪♫♪), die ausschließlich für den französischsprachigen Markt gedacht ist - und auf der internationalen Version in seiner englischen Fassung "Emily" (♪♫♪) enthalten ist. Trotzdem ein gar nicht so übler Dance-Pop-Ohrfänger, der in der englischen Version schon ein wenig mehr gewinnt. Zum anderen war da die erste Single für den Rest der Welt: "Celebrate" nennt sich das gute Stück - wobei "gut" leicht übertrieben ist, und besser mit dem Wort "nett" umschrieben werden kann. Hoffnungen, dass sein neues Album besser werden könnte als seine bisherigen musikalischen Ergüsse, weckt dies freilich nicht unbedingt.

MIKA - Celebrate ft. Pharrell from Celestine on Vimeo.

Auch wenn mir diese Erkenntnis schon beinah bitter aufstößt: mit "The Origin of Love" ist Mika sein bislang mit Abstand bestes Album gelungen. Aber auch hier muss man differenzieren: solche schnarchigen Beiträge wie "Lola" (♪♫♪), welches ausgerechnet die nächst Single werden soll, können einem keine Begeisterungsstürme entlocken. Eine eigentümliche Wahl, könnte das Album doch weitaus famosere Singles abwerfen. Und damit kommen wir zu den starken Momenten des Albums, die häufiger vorkommen als erwartert. So etwa der unaufgeregte, aber fabelhaft gelungene Opener und Titelsong "The Origin of Love" (♪♫♪), oder der  mitreißende Dance-Pop-Kracher "Stardust" (♪♫♪): ein eindringlicher und melodisch tanzbarer Floorfiller, der trotz des unvermeidlichen Benni Benassi auf dem Produzenten-Stuhl, einen wirklich starken Hit abgeben könnte. "Underwater" (♪♫♪) offenbart uns eine getragene und melancholisch verträumte Pop-Perle, die sich vor allem im Refrain zu ihrer vollen Pracht entfaltet. "Overrated" (♪♫♪) stürmt erneut den Dancefloor, und macht dort eine so ausgesprochen gute Figur, dass es sogar seine Standard-Synthie-Beschallung aufwertet. Die warme, von Streichern untermalte Synthpop-Ballade "Make You Happy" (♪♫♪), weckt Erinnerungen an die Pet Shop Boys, "Kids" (♪♫♪) bezirzt als warmer und sanfter Ohrwurm,  und "Heroes" (♪♫♪) verdingt sich als wunderschöne und schwebende Ballade, die  vom ersten Mal an verzaubert. 
Tja - wer hätte für möglich gehalten, dass Mika mich tatsächlich noch mal eines Tages überzeugen würde. Und dazu braucht es eigentlich gar nicht viel: nur gute Musik. Und davon hat er auf "The Origin Of Love" einiges zu bieten. 

Besprochen: MUMFORD & SONS - "BABEL"

Manche nennen es "Stillstand", andere "Beständigkeit" - Mumford & Sons haben es auf ihrem 2. Album ganz einfach zur Kunst gemacht.

Veränderung und Weiterentwicklung ist enorm wichtig - denn ohne sie gibt es keinen Fortschritt, ob in der Gesellschaft, der Wissenschaft oder auch in der Kunst. Doch auch die Beständigkeit ist manchmal durchaus nicht zu verachten - den Beweis dafür treten nun Mumford & Sons an, diese bodenständige und auf ihre eigene sympathische Weise altmodische Folkband aus England. Nachdem sich ihr 2009 erschienenes Debüt "Sigh No More" zum Dauerbrenner entwickelte, und dem Quartett nicht unerheblichen Ruhm einbrachte, bleiben sie seinen hymnischen und einnehmenden Folk-Klängen auch auf ihrem neuen Album "Babel" treu. Es hat sich in der Tat kaum etwas verändert - Marcus Mumford singt sich wieder einmal voller Leidenschaft die Seele aus dem Leib, wir hören dieselben von Banjos und Mandolinen angereicherten Arrangements, und erneut diese erhabenen Melodien, die einem sofort in die Seele kriechen. Zum Auftakt machen sie mit dem Titeltrack "Babel" (♪♫♪), einer eindringlichen Folk-Hymne die unter die Haut geht, deutlich, dass der von ihnen beschrittene Weg genau der richtige ist. Da ist sie wieder, die Magie die einen scohn beim Vorgänger so fesselte. Nachdem sie gleich darauf mit dem mitreißenden Western-Folk-Ohrwurm "Whispers in the Dark" daher galoppieren, sind wir auch schon bei der ersten Single angekommen: der erhebenden Folk-Hymne "I Will Wait" (♪♫♪), die schon in den vergangenen Wochen hungrig auf das neue Werk machte.



Und was danach folgt, ist zwar nichts wirklich neues - aber fast ausnahmslos ganz wunderbares. So wie die traurige und anmutige Ballade "Ghosts That We Knew" (♪♫♪), die einem ohne Umstände das Wasser in die Augen treibt. Mit "Lover of the Light" ist ihnen eine nachdenklich verträumte, und zugleich hell strahlende Perle gelungen, "Hopeless Wanderer" (♪♫♪) erhebt sich zur großartigen, sich stetig steigerndern Hymne, und angefangen als zärtliche Ballade, wächst "Below My Feet" zum emotional fesselnden Folk-Epos heran, das einem keine Ruhe mehr lässt. Ebenso wie das Album - zum Glück, muss man sagen.  Man will bei "Babel" auch einfach gar keine Vergleiche mit dem Debüt anstellen - auch wenn diese durchaus angebracht wären. Nein, man will einfach mit schmelzender Seele diese herrlichen Offenbarungen genießen, welche die Band hier ohne Unterlass auf einen niedergehen lässt. Ein Album das unaufhörlich wächst und wächst - und ohne weiteres zu einem der (Folk-)Highlights des Jahres mutiert. 


Samstag, 22. September 2012

Besprochen: GREEN DAY - "¡UNO!"

"¡Uno! ¡Dos! ¡Tré"-Trilogie, Episode 1:
  Auf der Suche nach den alten Stärken ihrer Vergangenheit, müssen sich Green Day erst einmal durch das Mittelmaß kämpfen. Fortsetzung folgt...

Die amerikanische Punk-Pop-Band Green Day scheint auch nicht aus der Mode zu kommen. Schon Mitte der 90er begeisterten sie die einstige Generation von Jugendlichen mit Hits wie "Basket Case" und "When I Come Around", während auch das dazugehörige Album "Dookie" bei selbigen heiß lief. Das es dann ein wenig still um sie geworden war, sollte sich als nicht weiter schlimm heraus stellen - denn wir alle erinnern uns mit Sicherheit noch zu gut daran, als 2004 ihr Album "American Idiot" einschlug wie eine Bombe. Es wurde ein Konzeptwerk, welches das Amerika der einstigen Bush-Ära an den Pranger stellte, und polit- sowie sozialkritisch für einen wahren Flächenbrand sorgte. Mit dem ebenfalls durchaus erfolgreichen "21st Century Breakdown", folgten sie 5 Jahre später dem Rockoper-Konzept des Vorgängers - wirkten im Gegensatz zu diesem aber etwas verkrampfter. Von diesem Abschnitt ihrer Karriere wollte die Band sich auf ihrer neuen Platte lösen - sie wollten zurück finden zu weniger ernsten Themen und Klängen, und zum einfach gestrickten Punk-Pop ihrer frühen Tage zurück kehren. Nachdem die Band beim vergangenen Album Butch Vig, Mastermind der Band Garbage und Produzent des legendären Nirvana-Albums "Nevermind", als Produzent verpflichten, reanimierten sie für die neuen Aufnahmen ihren langjährigen Stammproduzenten Rob Cavallo. Dabei ist dann nicht nur ein neues Album heraus gekommen, sondern gleich drei. Die erste Episode dieser Trilogie trägt den Titel "¡Uno!", welches soeben erschienen ist - bis Januar 2013 folgen dann noch die Alben "¡Dos!" und "¡Tré!". Schon der erste Eindruck vom Auftakt dieses flotten Dreiers macht klar, dass ihnen die Rückkehr zum altbewährten Bandsound in der Tat gelungen ist. Das ist aber weder Grund zu überschwänglicher Freude, noch zur bitteren Enttäuschung. Denn wer die 3 vorab erschienenen Singles kennt, hat schon eine gute Ahnung von dem, was auf der neuen Platte so los ist. Wobei vor allem die 2. Single "Kill The DJ" äußerst positiv auffällt, und als melodischer und famos tanzbarer Punk-Pop-Ohrwurm begeistert.


Hier macht die Spannungskurve des Albums einen kurzen aber deutlichen Ausschlag nach oben, während sie auf dem Rest des Albums mal leicht steigt und mal abfällt....sich im Durchschnitt aber eher im gemäßigten Mittelfeld einpendelt. Was nicht bedeuten soll, dass es hier keine anderen netten Ohrfänger zu finden gäbe. So kann man mit Nummern wie "Stay The Night", "Fell For You" (♪♫♪), "Sweet 16" (♪♫♪) oder der ersten Single "Oh Love" (♪♫♪), im Grunde genommen nicht viel verkehrt machen. Aber auch der Rest fällt ebenso weder allzu positiv, noch ausgesprochen negativ auf: nett zu hören, kein Grund sich zu ärgern, und nichts was zum hastigen weiter zappen veranlasst. 
In seiner Gesamterscheinung ist "¡Uno!" solider und melodischer, einfach aufgebauter Punk-Pop, an den sich in ein paar Jahren aber wohl kaum noch jemand erinnern wird. Doch man sagt ja so schön: Aller guter Dinge sind drei. Und vielleicht findet die Band auf den beiden noch kommenden Episoden den Weg zu ihren alten Stärken zurück, nachdem sie sich zum Auftakt erst einmal durch das Mittelmaß gekämpft haben. 


Freitag, 21. September 2012

Besprochen: NO DOUBT : "PUSH AND SHOVE"

Masterbänder vertauscht? Das Comeback von No Doubt klingt beinah wie ein wirklich gutes neues Soloalbum ihrer Frontfrau Gwen Stefani. Hervorragender Pop, ohne Frage. Ein neues Album ihrer Band, hat man sich dann aber irgendwie doch ein wenig anders vorgestellt.

Immer und überall, wenn ein einigermaßen bekannter Musiker mit einem neuen Album daher kommt, ist die Presse schnell mit dem Wort "Comeback" bei der Hand. Auf No Doubt trifft dies ausnahmsweise auch wirklich zu. Ganze 11 Jahre mussten Fans der Band auf ein neues Album warten. Wobei ja all die Jahre nicht einmal sicher schien, ob es überhaupt ein neues Album des Quartetts geben würde. Das letzte (und hervorragende) Album "Rock Steady" erschien im Jahr 2001, und mit ihrem Talk Talk-Cover "It's My Life" und der dazugehörigen Best-Of "The Singles 1992 - 2003", verabschiedete sich die Band im Jahr 2003 dann vorerst endgültig. Was danach kam, dürfte manch einen Fan der früheren Tage dann doch etwas irritiert haben. Frontfrau Gwen Stefani begann mit den (erstaunlich guten) Alben "Love. Angel. Music. Baby" (2004) und "The Sweet Escape" (2006) eine höchst erfolgreiche Solo-Karriere, die sich vor allem in handfestem Dance- und Synthie-Pop abspielte, und entwickelte sich des weiteren  zur umfeierten und umschwärmten Mode- und Stil-Ikone. Doch das durfte man ihr keineswegs übel nehmen. Auch wenn No Doubt immer stark im Ska und Alternative-Rock verwurzelt waren, so warfen sie sich spätestens auf ihrem bereits erwähnten letzten Album endgültig dem Pop in die Arme. Deswegen erwarten einen auf ihrem lang ersehnten, und nun endlich Realität gewordenen neuen Album "Push And Shove", auch keine astreinen Alternative-Rock-Stücke. Anfangs kommt der Verdacht auf, dass No Doubt hier dort ansetzten, wo sie einst aufgehört hatten. Das bestärkten sie auch gleich mit der ersten Single "Settle Down": ein Kracher von einem Song, der sich irgendwo zwischen Pop, New Wave und Ska bewegt. Warum dieser nicht weltweit mindestens in den Top 5 der Charts Wurzeln schlug, ist einem allerdings noch immer unbegreiflich. 

No Doubt - Settle Down von universalmusicdeutschland

Eine Rückkehr zu den rockigeren Klängen, wie sie auf der Mehrzahl der Alben der Band zu hören waren, wird auch hier nicht vollzogen. Das was man mit dem typischen Sound der Band assoziiert, findet man hier eher in den Details wieder. So wie dies etwa in der fabelhaften neuen Single, und gleichzeitig dem Titelsong "Push And Shove" (♪♫♪) zu hören ist. Auch im angerockten Synth-Pop-Ohrwurm "Looking Hot" (♪♫♪) kommt dies hübsch zur Geltung - vor allem wenn sie in der Bridge mit Einflüssen aus Raggae und Ska auftrumpfen. Ebenso auch in Nuancen des hübsch melodieverliebten Pop-Ohrfängers "One More Summer" (♪♫♪), der fabelhaften Raggae-Ska-Pop-Nummer "Sparkle" (♪♫♪)  oder dem vom Country geküssten Tearjerker "Undone" (♪♫♪) zu hören. Der Großteil des neuen Albums, klingt dann aber fast mehr nach einer neuen Soloplatte von Gwen Stefani, denn nach einem Bandalbum. Und schuld sind mal wieder die bösen Erwartungen: war die Band zwar schon unlängst beim beinah lupenreinen Pop angekommen, bewahrte sie sich doch immer wieder eine gewisse Eigenwilligkeit, die noch auf "Rock Steady" durch alle Ritzen drang. Doch auf "Push And Shove" hat sich die Band überwiegend einen geschmackvollen und kuscheligen Wohlfühl-Sound verordnet, der auf Songs wie den wunderbar schunkelnden Ohrwürmchen "Easy" (♪♫♪) oder "Gravity" (♪♫♪), dem schicken Synthpop-Song "Undercover" (♪♫♪), oder dem warmen und melodischen Albumcloser "Dreaming The Same Dream" (♪♫♪) gut zur Geltung kommen.
Sicherlich sind ihnen hier ein paar wirklich tolle und unterhaltsame, manchmal gar schmachtende Pop-Songs gelungen, die auch von Totalausfällen gänzlich verschont bleiben. Die jüngeren Fans, die erst bei Gwen Stefani's Solokarriere eingestiegen sind, können und dürfen sich hier freudig die Hände reiben. Als Fan der früheren Tage, wird sich beim neuen Album aber eine gewisse Ernüchterung breit machen. Man muss hier nicht nur oft förmlich nach Gitarren suchen, auch die Eigenwilligkeit und kleinen schrägen Aussetzer, die quasi zum Alltag der Band gehörten, und entscheidend zu ihrem Klangcharakter beitrugen, sind auf der neuen Platte oft beinah verschwunden. Ja, man wird zudem den Verdacht nicht los, dass sogar die erwähnten Solowerke mehr kleine Skurrilitäten zu bieten hatten. Aber wiederum auch keine besseren Songs. So kann man auf "Push And Shove" ohne Frage seinen Spaß haben - wer guten Pop mag, wird hier mit Sicherheit voll auf seine Kosten kommen. Doch ein neues Album von No Doubt, hat man sich dann irgendwie doch ein wenig anders vorgestellt. 





Donnerstag, 20. September 2012

25th Anniversary: MICHAEL JACKSON - "BAD 25"

 Zum 25. Geburtstag alles Gute: im Zuge der lukrativen Verwaltung vom Nachlass des King of Pop, entstand eine Jubiläums-Ausgabe zum "Bad"-Album, die fast durchweg Sinn macht.

Welch ein enormer Erfolgs- und Leistungsdruck auf Michael Jackson getastet haben muss, als er an dem Nachfolger seines Meilensteins "Thriller" aus dem Jahr 1983 arbeitete, kann man sich wohl kaum vorstellen. Bis heute als das wohl  erste perfekte Pop-Album bekannt, welches zudem mit über 100 Millionen verkauften Exemplaren, das mit Abstand meistverkaufte Album aller Zeiten darstellt. Doch diesen offenkundigen Druck, hörte man seinem Nachfolger "Bad", welches im Jahr 1987 erschien, in keiner Sekunde an. 25 Jahre ist dies nun her - ein viertel Jahrundert! Und zu diesem Ehrentag erscheint nun eine entsprechend aufgemotzte Special-Edition unter dem Titel "Bad 25", die das Fan-Herz wohl vor Freude hüpfen lassen wird. Die Hauptrolle spielt natürlich das Original-Album, das in frisch remasterter Fassung aus den Boxen perlt. Und ob digital entstaubt oder nicht: das siebte Album von Michael Jackson war, ist und bleibt ein Meisterwerk, das seinem Vorgänger in kaum etwas nachsteht, und eine Tracklist voll von Klassikern zu bieten hat. Man nehme nur den energiegeladenen und funky tanzbaren Titeltrack "Bad" (♪♫♪), die groovige vom R&B beeinflusste Pop-Perle "The Way You Make Me Feel" (♪♫♪), oder den rockig veranlagten Kracher "Speed Demon" (♪♫♪).  Oder gar den unsterblich grandiosen Pop-Evergreen "Antoher Part Of Me" (♪♫♪), die wunderschöne und zeitlose Ballade "Liberian Girl" (♪♫♪), die bis heute ungebrochen großartige und berührende Weltverbesserungs-Hymne "Man In The Mirror" (♪♫♪), oder solch unerhört genialen Überhits für die Ewigkeit, wie "Dirty Diana" (♪♫♪) und "Smooth Criminal".



Das Album konnte natürlich den extremen Erfolg des Vorgängers nicht ganz wiederholen, ging aber dennoch über 45 Millionen Mal über die Ladentheke und rangiert in den Top 5 der erfolgreichsten Alben aller Zeiten. Und das vollkommen zurecht, stellt es nach "Thriller" ein weiteres Album des King of Pop dar, das sich - gespickt von unzähligen Hits - beinah anhört wie eine Best-of!  Als Bonus-Material haben sich die Verantwortlichen auch ein fettes Paket ausgedacht, das aus dem bisherigen posthum veröffentlichten Material des 2009 auf tragische Weise verstorbenen Sängers, angenehm positiv heraus ragt. Auf der zweiten CD finden sich diverse unveröffentlichte Raritäten, wie Demos aus der "Bad"-Phase, die es nicht auf das Album geschafft haben. Die 1986er Demo-Version von "Don't Be Messin Round" (♪♫♪), welches als Promotion für "Bad 25" als B-Seite zum Re-Release seiner Single "I Just Can't Stop Loving You" veröffentlicht wurde, führt in die zweite Disc ein. Doch seine Highlights finden sich an anderer Stelle. So stellen das melodische und nachdenkliche "Price of Fame" (♪♫♪), das funky mitreißende und enorm hitverdächtige "Al Capone" (♪♫♪), oder die warme Ballade "Fly Away" (♪♫♪), welche bereits auf der 2001er Special Edition des Albums veröffentlicht wurde, die Herzstücke der Disc dar. Die restlichen Demos bleiben harmlos, aber nicht störend - nur die spanische und französische Version von "I Just Can't Stop Loving You", oder die Afrojack- und Nero-Remixe von "Bad" und "Speed Demon", braucht wohl dann doch kein Mensch. Deshalb sei dem Käufer in jedem Fall der Erwerb der Deluxe Edition empfohlen, die zusätzlich eine Live-CD und DVD von seinem legendären Auftritt im Wembley-Stadion 1988 enthält, welches häufig als eines seiner besten Auftritte bezeichnet wird, und nun erstmals veröffentlicht wurde. So stellt diese Edition in der lukrativen Verwaltung des Nachlasses von Michael Jackson, eine positiv sinnvolle Ausnahme dar, die man ohne schlechtes Gewissen kaufen darf. Doch wer das Album "Bad" noch gar nicht besitzt, dem sei der Kauf gar dringend angeraten - denn er wird hier sein blaues Wunder erleben.

Original-Album:



Bonus-Material (Deluxe-Edition):


Sonntag, 16. September 2012

Besprochen: NELLY FURTADO - "THE SPIRIT INDESTRUCTIBLE"

Nach anfänglich großen Hoffnungen, und dann langsam aufkeimenden Zweifeln, wird aus Nelly Furtado's 5. Album doch noch eine respektable Pop-Platte.

Die Geschichte um Nelly Furtado ist eine allseits bekannte. Ursprünglich gestartet in folkig poppigen Sphären, schaffte sie im Jahr 2006 mit ihrem dritten Album "Loose" - und der tatkräftigen Mithilfe von Produzent Timbaland - ihren großen Durchbruch, der stilistisch vor allem von RnB, Dance und HipHop-Elementen geprägt war. Eben der typische Timbaland-Sound, der hier aber sehr gut durch ging, nahm seinerzeit der enorme Timbaland-Hype  erst seinen Anfang. Ihr 3 Jahre darauf erschienenes viertes Album "Mi Plan" war dann ein komplett spanisches, und wieder immer (folk-)poppigen Genre angesiedelt. Kurzweilig war das nett, wirkte aber doch eher wie ein Lückenfüller. Seitdem sind auch schon wieder 3 Jahre ins Land gezogen, aber da steigt die Dame wieder aus der Versenkung und hat dazu ihr neues und 5. Studioalbum "The Spirit Indestructible" im Gepäck. Das dieses wieder in eine ganz neue Richtung zu driften schien, war schon unschwer an den beiden Vorab-Singles abzulesen. Zuerst war da "Big Hoops (The Bigger The Better)", ein famoser, von HipHop und Synthpop beeinflusster Ohrwurm, der gen Ende in einer wilden Drum'n'Bass-Einlage gipfelt.


Und dann folgte der großartige Titeltrack "Spirit Indestructible" (♪♫♪) - anfangs eine von Piano begleitete Ballade, ehe sich rhythmische Drumbeats einschalten, und den Song endgültig zum Hit erheben. Wirkliche Hits wurden nur bislang beide Singles nicht, und verreckten in den Charts meist irgendwo in dem Top 50 - was wohl weniger an der Qualität der Songs, als vielmehr an den Erwartungen der Hörer liegt. So beschreibt auch die Sängerin selbst ihr neues Album als "a friendly punch in the face", was in der Tat manchmal zutreffen könnte. Verstehen wir uns richtig: auch ihr neues Album ist pop as pop can be. Und doch sind es manche Mittel die sie wählte, die im Kosmos der Nelly Furtado so wohl weniger zu erwarten waren. Aber ein paar weitere potentielle Hits hat "The Spirit Indestructible" dann doch noch zu bieten, die durchaus auf Gegenliebe stoßen können. Nehmen wir etwa die 2. US-Single "Parking Lot" (♪♫♪), ein durchweg stimmungsvoller und minimalistischer Elektro-Pop-Ohrwurm mit HipHop-Beats, dessen Refrain nicht mehr als ein paar nanana's und ley,ley's benötigt, um wunderbar zu funktionieren. Den vielleicht besten Song des Albums stellt dann "Bucket List" dar: ein beatiger und einnehmender, von akustischen Gitarren untermalter Pop-Ohrwurm, der weniger durch eine aufregende Produktion, als vielmehr durch eine fabelhafte Melodie besticht. Ja, und auch "Waiting For The Night" (♪♫♪) kann sich als gelungener Latino-Dance-Pop schlagen, der mit Sicherheit das Zeug zum Hit hätte. Damit zeigt sich Produzent Rodney "Darkchild" Jerkins von seiner besten Seite, der den Großteil des neuen Albums verantwortet. Doch was ist hier ausgerechnet mit dem sonst so stilsicheren Salaam Remi los? Zwei seiner drei Beiträge - das etwas eintönige "Something", und das langweilige "The Most Beautiful Thing" - sind ziemliche Rohrkrepierer, während aber immerhin sein letzter Beitrag "Enemy" bei genauerer Betrachtung zünden kann. Das Album beendet sie dann wiederum mit einer kleinen Perle: "Believers (Arab Spring)", offenkundig eine Art Hymne auf den arabischen Frühling, aber auch ein wirklich gelungener Pop-Song. Es wäre allerdings wünschenswert gewesen, dass sie den auf den Singles eingeschlagenen, deutlich unkonventionelleren Weg, auch auf der gesamten Platte konsequenter weiter gegangen wäre. Aber am Ende ist ihr mit "The Spirit Indestructible" dennoch eine respektable Pop-Platte gelungen, die vor allem nach mehrmaligem Genuss durchaus sein Geld wert ist.



Besprochen: P!NK - "THE TRUTH ABOUT LOVE"

Auf dem neuen Album von Pink gibt es vieles - nur Überraschungen zählen nicht dazu.

Für manch einen mag es ja noch immer etwas verwunderlich sein, wie Pink es geschafft hat, auch nach mehr als 10 Jahren noch immer einen gewissen Sonderstatus unter den Mainstream-Sängerinnen für sich zu beanspruchen. Zugegeben: so manch ein Ohrwurm ist ihr dann immer mal wieder gelungen - und sogar unerwartet großartiges, wie einst bei "Dear Mr. President". Songs dieser Liga waren aber dann doch äußerst selten bei ihr zu finden. Kein Beinbruch, denn das was sie bisher so alles verzapft hat, funktionierte an den Ladentheken immer ganz hervorragend. Zuletzt stellte sie dies vor 4 Jahren mit dem (durchwachsenen) Album "Funhouse" unter Beweis, dem 2 Jahre später dann der erste Karriererückblick in Form einer Best-of folgte. Das erinnerte einen wieder einmal daran, dass die Dame doch so einige Hits vorzuweisen hat. Dem werden mit Sicherheit nun noch mehr folgen, denn nun steht auch  ihr 6. Studioalbum "The Truth About Love" in den Läden. Dessen erste Single stürmt ja gerade massiv die weltweiten Charts - auch wenn es sich bei "Blow Me (One Last Kiss)" eher um einen recht netten Pink-Standard handelt, der keine Überraschungen, aber immerhin eine eingängige Melodie zu bieten hat.


Innovation geht anders. Aber dafür war Pink ja eh noch nie bekannt. Es ging ihr eher um soliden und melodisch ohrwurmigen  Pop - mal versetzt mit Elementen aus Rock, Dance und RnB. Und etwas anderes kann und sollt man auch auf der neuen Platte nicht erwarten. Ein paar weitere potentielle Hits sind aber dennoch auszumachen. Da wäre etwa die zweite und brandneue Single "Try" (♪♫♪), die sich als durchaus gelungene Pop-Rock-Ballade darstellt, welche der ersten Single in jedem Fall vorzuziehen ist. Oder etwa "Beam Me Up", welches sich als sanfte und folkig veranlagte Ballade präsentiert. Der Opener "Are We All We Are" macht als dancig-rockiger Uptempo-Ohrfänger auch keine schlechte Figur, dass ziemlich gut gelaunte "True Love" bietet sonnig strahlenden Pop im Duett mit Lilly Allen, und "Where Did The Beat Go?" (♪♫♪) sorgt wieder für einen temporeicheren, aber dennoch nachdenklichen Moment, und bringt gutes Hitpotential mit. Totalausfälle gibt es hier zwar nicht zu bestaunen, und die meisten Ausflüge die sie macht, können sich zurecht als solide schimpfen. Liebhaber von radiofreundlichem Pop-Rock dürfen sich hier durchweg unterhalten fühlen, aber bei Licht betrachtet ist "The Truth About Love" dann doch nur Mittelmaß.


Dienstag, 11. September 2012

Besprochen: THE KILLERS - "BATTLE BORN"

Mit "Battle Born" haben The Killers wohl das Album gemacht, das man von ihnen erwarten konnte - nicht unbedingt viel mehr, aber eben auch nicht weniger.

Die Killers haben es einem in der Vergangenheit ja nicht gerade einfach gemacht. So war ihr Debüt "Hot Fuss" (2004) anfangs noch recht schmissiger und tanzbarer Pop-Rock, der aber keine allzu lange Euphorie zu wecken im Stande war. Der Nachfolger "Sam's Town" (2006) hatte dann zwar mit "When You Were Young" den vielleicht bislang besten Killers-Song im Gepäck, verging sich aber sonst weitestgehend an einer Art Pathos-Rock, den Meat Loaf schon fast 30 Jahre zuvor besser hin bekam. Und mit ihrem letzten Album "Day & Age" (2008) war die Katastrophe dann perfekt - und versumpfte trotz der Hit-Single "Human", als ziemlich grässliche 80s-Synthpop-Schandtat. Und nach dem eher für gelangweilte Hausfrauen interessanten Solo-Album "Flamingo" (2010) von Frontmann Brandon Flowers, steht nun das brandneue und vierte Studioalbum seiner Band in den Startlöchern. Von selbigem kündete in den vergangenen Wochen bereits die erste Single "Runaways" - ein 80s-infizierter Pop-Rock-Ohrwurm, der immerhin deutlich bessere Voraussetzungen mitbrachte, als das was man zuletzt von der Band aus Las Vegas zu hören bekam.


Einer gewissen Skepsis kann man sich aber auch bei dem neuen Album "Battle Born" nicht erwehren. Neben den eher leidlichen Erfahrungen die man mit Alben der Band bislang gemacht hatte, fällt hier vor allem die Masse an Produzenten auf, die an dem neuen Album gewerkelt haben. Hatte sich die Band bislang auf Albumlänge auf maximal 1 oder 2 Produzenten beschränkt, hatten hier mindestens 6 davon ihre Hände im Spiel. Man kann aber nicht unbedingt behaupten, dass sich dies am Gesamtsound der Platte bemerkbar machen würde, der trotzdem nahezu wie aus einem Guss klingt. Dieser bleibt zwar überwiegend in den 80er Jahren hängen, macht aber eine durchaus stolzere Figur, als der recht missratene Vorgänger. Der Synthpop ist verschwunden, und stattdessen zeigen sie wieder deutlichere Nähe zum Heartland Rock, der zwar ein wenig nach "Sam's Town" schmeckt, aber im Schnitt wesentlich überzeugender daher kommt. So hat die Band sich hier wieder so manch ansprechende Melodie ausgedacht, was man besonders im hymnischen Titelsong "Battle Born", dem durchaus farbenfrohen Opener "Flesh & Bone", dem herrlichen und kitschig-schönen "The Way It Was", dem  hervorragenden "Deadlines & Commitments", in der fast herzerweichenden Ballade "Be Still", oder dem äußerst gelungenen Ohrfänger "Miss Atomic Bomb" zu spüren bekommt. Fans der Band werden sich mit Sicherheit ein zweites Loch in den Arsch freuen, was man ihnen wohl auch in keinster Weise verdenken kann, wo die Band hier doch wieder weitaus erfreulichere Wege eingeschlagen hat. Und auch wenn ich mich allein für diesen Umstand genötigt sehe, den sonst von mir eher verschmähten Killers einen halben Bonus-Stern zu schenken (was dem Album immerhin zum gnädigen Prädikat "gut" verhilft), werden sich bislang noch nicht bekehrte, aber auch hier wohl nicht immer restlos von der Band überzeugen lassen. Denn mit "Battle Born" haben The Killers wohl eben das Album gemacht, das man von ihnen erwarten konnte - wenn man es gut mit ihnen meinte. Nicht unbedingt viel mehr, aber eben auch nicht weniger. Das es aber dennoch vielleicht ihr bislang bestes Album darstellt, ist eine Ironie mit der man durchaus leben kann.


Sonntag, 9. September 2012

Besprochen: BILLY TALENT - "DEAD SILENCE"

Auf ihrem neuen Album haben Billy Talent die angedrohte Totenstille leider nicht in die Tat umgesetzt.

Nachdem die kanadische Rockband Billy Talent in ihrer bisherigen Karriere nicht gerade um kreative Albumtitel besorgt war, wie die bisherigen Alben "Billy Talent", "Billiy Talent II" und "Billy Talent III" zeigen, hätte man nach Bekanntwerden eines neuen und vierten Albums doch beinah ein "Billy Talent IV" erwartet. Doch Pustekuchen: "Dead Silence" heißt das neue Stück. Doch  wenn man das neue Album so hört, wünscht man sich beinah, dass sie den angedrohten Worten der Totenstille, auch Taten hätten folgen lassen. Zumindest wenn man gehässig sein wollte. Oder realistisch - kann man halten wie man will. Denn nach dem Geistesblitz eines Albumtitels, scheint die kreative Quelle der Band vollends versiegt zu sein. Denn auch hier bedient sich die Band erneut ihrem recht gleichförmigen Hard-Rock mit sattem Pop-Einschlag. Wunderbar haben sie das auch auf der ersten Single "Viking Death March" unter Beweis gestellt - ein Song den man beinah schon vergessen hat, wenn seine letzten Töne verklungen sind. 


Doch gehen wir mit diesem einzelnen Song nicht zu hart ins Gericht, und sagen es so wie es ist: man könnte auch jeden anderen Song des Album an seine Stelle setzen. Denn große Unterschiede zwischen ihnen, kann man hier kaum ausmachen. Mal ziehen die das Tempo an, mal kurbeln sie es herunter - aber am Ende scheint sich hier alles um dieselben 2 oder 3 Melodie(che)n zu drehen, von der aber keine lange (oder überhaupt) hängen bleiben will. Selbst wenn man sich alle Mühe gibt, so rauscht nahezu das ganze Album eindruckslos an einem vorüber. So stapeln sie die Klischees zu gewaltigen Türmen, rocken sich mal wieder ziemlich uninspiriert den Wolf, und Sänger Benjamin Kowalewicz bleibt auch weiterhin ein meist quäkend keifender Quälgeist. So möchte ich mir das Erwähnen von weiteren Songs hier getrost sparen. Nicht weil sie so unsagbar schlecht wären. Doch da sie hier gefühlt ein und denselben Song in diversen mehr oder minder verschiedenen Versionen aufgenommen haben, erübrigt sich diese Mühe. 


Samstag, 8. September 2012

Bepsrochen: PET SHOP BOYS - "ELYSIUM"

Auch wenn sie auf ihrem neuen Album das Tempo deutlich drosseln, geht den Pet Shop Boys noch lange nicht der Atem aus.

Die Pet Shop Boys haben bereits eine eindrucksvolle Karriere hinter sich, die schon mehr als ein Vierteljahrhundert umspannt: angefangen als das wohl erfolgreichste (Synth-)Pop-Duo der 80er Jahre, die in den frühen 90ern mit "Very" ihr vorläufiges Meisterwerk vorlegten und sich als beständige und feste (Dance-)Pop-Instanz etablierten, in den frühen 00ern handgemachtere Areale erkundeten, sich nebenbei an Eminem rächten, und zuletzt vor 3 Jahren ganz zum Dance zurück fanden, und mit "Yes" ein weiteres Meisterstück kreierten. Die eigentliche Kunst des britischen Duos bestand stets darin, sich immer ihren eigenen, unverkennbaren Stil zu bewahren, aber doch auf einem neuen Album nie so zu klingen, wie auf dem davor. Das zeigen sie auch deutlich auf ihrem nun brandneuen 11. Studioalbum "Elysium", das sich mehr oder minder deutlich von seinem Vorgänger "Yes" abhebt. Das machte auch in den letzten Wochen bereits die erste Single "Winner" unmissverständlich klar, die scheinbar leider bei manch einem Hörer auf gemischte Gefühle gestoßen ist. Eine sanfte, warme Nummer, die vielen vielleicht auf den ersten Eindruck zu soft, zu seicht oder gar zu kitschig klang. In Wirklichkeit ist es aber nicht weniger als eine wunderbare und erhebende Pop-Perle, die sich perfekt in den Hintergrund der 2012er olympischen Spiele in London einfügte.


Wer aber anhand dieses Songs auf das restliche Album schließen will, der hat schon verloren. Denn exemplarisch dafür ist er nicht, auch wenn der Grundton von "Elysium" überwiegend ein ruhiger ist. So mögen sie das Tempo auf der neuen Platte zwar deutlich gedrosselt haben, ihnen geht deshalb aber noch lange nicht der Atem aus. Sie gehen ihren eigenen Weg beständig weiter, nehmen aber immer mal wieder eine neue Abzweigung. So entfernen sie sich auf "Elysium" vom Dance-Stil des Vorgängers, und finden mehr zum Synthpop zurück, den sie in typisch herrlichen Melodien zelebrieren. So wie dies etwa der samtige und soft beatige Opener "Leaving" (♪♫♪), oder das atmosphärisch schwebende, und nach mehrmaligem hören absolut wunderbare "Invisible" (♪♫♪) vormachen.   Auf dem einnehmenden und temporeichen "A Face Like That" (♪♫♪), scheinen sie dann ihre größten Stärken der 80er und 90er, zu einem potentiellen Hit für die Gegenwart zu bündeln. Auch "Ego Music" (♪♫♪) tut sich positiv hervor, imdem es zum ersten Mal nach einer gefühlten Ewigkeit wieder Spoken-Word-Passagen von Neil Tannent bietet, und des weiteren mit einer einfallsreichen Produktion aufwartet. "Breathing Space" (♪♫♪) gibt eine kuschelig-melancholische Ballade ab, die Fans des Duos warm ums Herz werden lassen kann, das fantastische "Memories of the Future" (♪♫♪) erinnert auf's angenehmste an die späten 90er Jahre der Pet Shop Boys, und auch "Everything Means Something" (♪♫♪) kann sich als durchweg gelungener Synthpop mit nachdenklichem Charakter behaupten. Nun gut - zumindest das deutlich zu musical-haft geratene "Hold On", hätten sie sich ruhig verkneifen können. Was der Freude an der neuen Scheibe aber keinen großen Abbruch tut. Man wird vielleicht sowieso mehr als einmal in den Genuss des neuen Albums kommen müssen, um sich seiner Qualitäten voll und ganz bewusst zu werden. Sicher ist allerdings auch, dass es dennoch nicht an die überragenden Qualitäten des Vorgängers "Yes" anknüpfen kann. Wenn dann aber trotzdem so ein fabelhaftes Album wie "Elysium" dabei heraus kommt, hat man keinen Grund zu meckern.