♪♫♪ ...music makes the people come together... ♪♫♪

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Mittwoch, 30. Januar 2013

Besprochen: HEINO - "MIT FREUNDLICHEN GRÜSSEN"

 Heino covert sich auf seinem neuen Album durch die mehrheitlich jüngere deutsche Pop- und Rockgeschichte - ein als großer Spaß verkaufter, und ziemlich unsinniger Comeback-Versuch, der einem beinah wie  ein Dschungelcamp zum Hören vorkommt.

Dieser Tage bedarf es bekanntlich nicht viel, um einen deftigen Medienhype auszulösen, für den sich aber auch wirklich kein Medium zu schade ist. Aber was will man von einer Generation erwarten, in der die Menschen zu zig Millionen vor den Fernsehgeräten versauern, um albgehalfterten C-Promis beim Insekten fressen in einem australischen Dschungel zuzuschauen, oder sich an asozialen Familienverhältnissen in pseudo-dokumentarischen RTL-Freakshows zu ergötzen? Talent oder Originalität sind heutzutage eben nicht mehr up to date - in so einer Welt kann dann sogar ein Coveralbum eines höchstens als veritable Witzfigur dienenden Volksmusik-Opas für höchstes Medieninteresse sorgen. Wie wohl kaum einem da draußen entgangen sein wird: Heino hat ein neues Album gemacht. "Mit freundlichen Grüßen" heißt das Teil, welches sogleich von "Skandalmeldungen" der Bild begleitet wurde - angeblich hätten sich ja diverse hier gecoverte deutsche Künstler wie Die Ärzte oder Rammstein massiv beschwert, ja sogar mit Klagen gedroht. Alles natürlich nur Unsinn, wie sich dann schnell heraus stellte. Das die Platte dann noch mit einem Banner mit dem Text "Das verbotene Album!!!" versehen ist, passt da natürlich super rein. Heino covert also Pop- und Rocksongs deutscher Künstler...und das soll dann "verboten" oder "skandalös" sein? Tja...wenn man diesen Blödsinn oft genug wiederholt, glauben es die Leute vielleicht sogar. Eine recht breite Popularität genoss bisher vor allem seine Version des Ärzte-Hits "Junge", der als erster Beitrag des Albums im Internet verbreitet wurde. 



Und hier hört man in etwa das, was man erwarten konnte: Heinos typisch knödelnder Gesang, mit dem schön altbacken gerrrrrollten "R", und ganz vielen Bläser. Und dieses Konzept wird dann auf nahezu alle restlichen Beiträge angewandt. Das ganze hätte zwar soundtechnisch in einigen Fällen deutlich schlimmer ausgehen können, aber das ist nun auch nichts, was man als eine besondere Leistung anerkennen dürfte. Im Laufe dieser 12 Tracks vergeht sich Heino dann etwa an Nena's Klassiker "Leuchtturm" (♪♫♪), oder es wird Clueso's wundervolles "Gewinner" (♪♫♪) durch den Schlager-Dreck gezerrt. Seine Interpretation von "Augen auf!" (♪♫♪) steht der Fürchterlichkeit des Originals von Oomph! in kaum etwas nach, Stephan Remmler's eh schon gruseliges Original von "Vogel der Nacht" (♪♫♪) wird sogar noch unterboten, "Haus am See" (♪♫♪) von Peter Fox jagt einem ebenso einen eiskalten Schauer über den Rücken, und "MfG" (♪♫♪) von den Fanta 4, fällt hier hingegen wenigstens schon mal nicht allzu negativ auf. 
Wer unbedingt will, der darf das alles ja voll witzig finden, und die geschmacklich ganz fehlgeleiteten können meinetwegen auch von angeblicher Originalität lamentieren. Andere wiederum mögen vielleicht auch loben, dass dies alles gar nicht so übel klingen mag, wie sie es naturgemäß angenommen hatten. Aber wie ich es bereits in der Vergangenheit schon einmal ausdrückte: Gar nicht so scheiße wie erwartet, macht noch lange kein gelungenes Album. Im Fall von Heino wirkt das alles dann gar wie ein ziemlich alberner Comeback-Versuch, der fast wie ein Dschungelcamp zum Hören anmutet. Fazit: ganz großer Unsinn!


Dienstag, 29. Januar 2013

Besprochen: TOCOTRONIC - "WIE WIR LEBEN WOLLEN"

Mit ihrem 10. Studioalbum gelingt Tocotronic in etwa ein ebenso famoser Meisterstreich, wie er von der Hamburger Band nicht anders zu erwarten war - und einen dennoch erbarmungslos aus den Socken haut. 

Das Tocotronic eine feste Institution in der deutschsprachigen Musik der letzten 20 Jahre darstellen, muss man wohl kaum noch jemanden erklären. Die Band um Dirk von Lowtzow, Jan Müller, Arne Zank und Rick McPhail, hat sich als eine von eben der Sorte erwiesen, die über die Jahre nie schlechter wurde - viel mehr haben sie sich kontinuierlich weiterentwickelt, nachdem sie ab 1993 mit einer doch etwas ungeschliffenen, aber auch dabei niemals schlecht umgesetzten Mixtur aus Grunge, Garage-Rock und Punk los legten. Doch hier sprechen wir von echten und geistreichen Musikern, die am Ende immer wieder intelligenten, aber niemals zu verkopften deutschen (Indie-)Rock erschufen, dabei mit den Jahren immer höhere Qualität ablieferten, und sich so zusehends mühelos von all ihren hiesigen Mitstreitern abheben konnten. Spätestens mit dem Ende der 90er Jahre und ihrem 5. Studioalbum "K.O.O.K." veränderte sich der Sound der Band, so dass selbst die erst in den letzten Jahren dazu gekommenen Hörer, ganz hervorragendes von der Band erleben konnten: Wer ihre letzten beiden Alben "Kapitulation" (2007) und "Schall & Wahn" (2010) nicht zuhause im Plattenregal stehen hat, der kann mit Fug und Recht behaupten, zwei der besten deutschen Platten der vergangenen Jahre verpasst zu haben. Und damit dies eben jenen nicht noch einmal passiert, sollten sie sich schleunigst mit ihrem neusten Werk "Wie wir Leben wollen" vertraut machen. Denn eben jenes kann mindestens an die Klasse seiner Vorgänger anknüpfen - wenn es diese nicht gar zu übertrumpfen vermag. Auch wenn diese Frage eigentlich die Langzeitwirkung besser beantworten kann, so reicht schon vollkommen aus, was die neue Platte auf Anhieb mit einem anstellt.  Das die Band auch in ihren mittleren Jahren noch immer in Höchstform ist, davon konnte man sich bereits anhand der ersten Single ihrer neuen Platte überzeugen - oder was ist "Auf dem Pfad der Dämmerung" sonst, als ein großartiges Stück deutscher Indierock, an dem man sich irgendwie so gar nicht satt hören kann oder will ?



Und auch beim großen Rest ihres nunmehr 10. Studioalbums besticht die Band erneut mit dem, was sie schon seit den mindestens letzten 10 - 15 Jahren ausmachte: intelligente, zum Teil abstrakte, und zu ausgiebigen Interpretationen einladende Texte, eingebettet in fabelhafte Melodien, die selbst nach 20 Bandjahren noch die Konkurrenz alt aussehen lassen - und eben jene Lügen strafen, die Silbermond und Konsorten für Paradebeispiele guter zeitgenössischer Popmusik made in Germany halten. Wobei man schon eine Menge Ironie besitzen muss, um diesen Vergleich auch nur im Scherz anzustellen. Statt auf blasses Deutschrock-Geplänkel, wie es die große Masse zeitgenössischer hiesiger Bands tut, setzen Tocotronic auf "Wie wir leben wollen" auf Musik von echter Relevanz - eben solcher, die auch in Jahren nichts von ihrer Bedeutung verlieren wird. Dafür sind vielleicht ein paar Hördurchläufe nötig, ehe man dem endgültig auf die Schliche kommt - doch dann kann man sich vor Kostbarkeiten kaum noch retten. Nehmen wir etwa das zurückgenommene, nahezu melancholische "Abschaffen", welches den Hörer schon beim ersten Versuch unweigerlich in seinen Bann zieht. Noch dunkler und theatralischer gelingt dann das famose "Vulgäre Verse", und "Die Verbesserung der Erde" beginnt als getragene und abgedunkelte Ballade, die sich zusehends zur Indie-Rock-Hymne aufrichtet. "Warm und Grau" offenbart eine grandios gespenstische Hymne, die in atmosphärischen Gitarrengewittern mündet, und der Titelsong "Wie wir leben wollen" gibt eine nachdenkliche Rockballade ab, dessen Lyrics verdammt nochmal unter die Haut gehen. Doch eine durchgängig düstere Atmosphäre ist es nicht, was ihr neues Album ausmacht - ausgelassenere Klänge erwarten einen im fast schon blumigen Ohrwurm "Neutrum", beim eingängigen und relaxt daher gespielten "Warte auf mich auf dem Grund des Swimmingpools", und "Exil" versteht sich als stimmungsvoller potentieller Hit, bei dem vor allem die schicke Textzeile "Sieh mich an, ich bin ein bleicher Mann der tanzt" begeistert - während sie dann in "Höllenfahrt am Nachmittag" zu angezogenem Tempo, mit einem kleinen und rumpelnden Hit daher rocken.

Ich muss ja zugeben: trotz der stetig hohen musikalischen Qualität der letzten Platten, hatte ich mich insgeheim fast schon auf ein Scheitern der Band vorbereitet. Denn wenn man realistisch ist, passiert dies den meisten Musikern irgendwann. Viele wissen eben leider nicht, wann besser Schluss sein sollte. Doch Tocotronic weigern sich weiterhin vehement, auch nur einen Deut schlechter zu werden. Man kann nur hoffen, dass uns diese Band noch lange erhalten bleiben wird - denn ohne Bands wie Tocotronic, würde die deutsche Musikszene endgültig dem dunklen Abgrund entgegen taumeln.

 

 

Montag, 28. Januar 2013

Besprochen: DESTINY'S CHILD - "LOVE SONGS" (Compilation)

Lange nach ihrem Ende, sind sich die drei Damen von Destiny's Child auch für ein Pseudo-Comeback nicht zu schade -
  und reichen eine seelenlose Aneinanderreihung alter Balladen nach, die am Ende dann doch kein Mensch braucht. 

Destiny's Child, der musikalische Dreier aus Beyoncé Knowles, Michelle Williams und Kelly Rowland, der Ende der 90er bis Mitte der 00er für eine Reihe von Hits sorgte, ist natürlich schon etwas länger Geschichte. Der rasante Aufstieg Beyoncé's zur weltweit extrem erfolgreichen Solokünstlerin im Jahr 2003, dürfte dabei wohl eine tragende Rolle gespielt haben - der Erfolg, der den Soloversuchen ihrer einstigen Mitstreiterinnen bislang beschieden war, konnte weder an den ihrer einstigen Bandleaderin, noch an den der Band selbst anknüpfen. Doch nun gibt es wohl so etwas wie eine kleine Reunion - was auch schon großzügig ausgedrückt ist. Das es ein neues Album geben würde, hat wohl niemand erwartet, und solch eines ist "Love Songs" natürlich auch nicht geworden, welches nun druckfrisch in den Regalen steht. Passend zum Titel ist es die nun mittlerweile 4. Compilation der Band, die sich zum ersten mal nicht um eine Aneinanderreihung ihrer Hits kümmert,  sondern eben ihre Lovesongs besonders heraus stellt. Das sorgt nun gar dafür, dass es hier kaum Singles, und stattdessen fast nur Albummaterial zu hören gibt. Für den an ihren Gassenhauern übersättigten Hörer, ist das dann doch keine so schlechte Nachricht.


Doch diese Compilation führt zu einer überraschenden Feststellung: die hier versammelten Beiträge machen deutlich, wie schwach Destiny's Child in Wirklichkeit doch waren, wenn es um Balladen ging. Und in der Tat: ihre größten und fesselndsten Hits waren eben jene, die sich dem Kuschelkurs verweigerten, und ein wenig mehr Tempo aufs Parkett legten. Die meisten der nun hier vertretenen Songs, mögen als Albumtracks auf ihren ursprünglichen Platten durchaus für ein paar wohlige Momente zum Luft holen und  zum kurzweiligem Träumen gesorgt haben. Doch ob nun das kuschelige "Killing Time" (♪♫♪) aus ihrem '98er Debütalbum, das warme "Now That She's Gone" (♪♫♪) aus ihrem '99er Zweitwerk "The Writings on the Wall", das süßliche "Brown Eyes" (♫♪), welches auf dem dritten Album "Survivor" zu finden war, oder das chronisch spannungsarme "Love" aus dem letzten Album "Destiny Fullfilled" - hier nun zusammen geworfen, wirkt das alles wie eine dickflüssige Sauce aus RnB- und Pop-Schleichern, von denen nur sehr wenig hängen bleibt. Als eine der seltenen Ausnahmen geht "Emotion" (♫♪) durch, was aber schon aufgrund der Tatsache nicht überrascht, dass es eine der hier wenigen bereits als Single (aus "Survivor") veröffentlichten Beiträge darstellt. Ein anderes Beispiel wäre "Cater 2 U" (♪♫♪), was jedoch natürlich die Tatsache relativiert, dass einem dieses Stück als Single (aus dem letzten Album "Destiny Fullfilled) schon immer etwas zu langweilig erschien. Und "Say My Name" kennt auch jeder - wobei hier der vom Tempo deutlich gedrosselte, und in fast allen anderen Belangen ziemliche uninteressante Timbaland-Remix (♪♫♪) gewählt wurde. Und man Höre und Staune: mit "Nuclear" ist hier sogar ein brandneue Single vertreten, die aber selbst zu lahmarschig und ohne erkennbare Melodie daher kommt, als das sie hier irgend etwas raus reißen könnte.

Destiny's Child mögen bei Zeiten durchaus ihre Momente gehabt haben - diese werden hier aber wahrlich nicht feil geboten. Balladen-Compilations leben ja nun in der Regel von den großen und leidenschaftlichen Gefühlen - aber bei Destiny's Child sorgt dies mehrheitlich für gähnende Langeweile. Eine Compilation, um die Musikliebhaber einen großen Bogen machen sollten...   


 

Donnerstag, 24. Januar 2013

Besprochen: EVERYTHING EVERYTHING - "ARC"

Das fängt ja gut an: mit ihrem zweiten Album bereichern Everything Everything das noch sehr junge Musikjahr 2013 um einen weiteren Höhepunkt!

Ein neues Musikjahr hat begonnen, alle Regler stehen wieder auf Null, und die Party kann von vorne los gehen. Und das Jahr 2013 (es ist gerade einmal gute 3 Wochen jung!) legt sich schon gleich mächtig ins Zeug - die bisher auf diesem Blog besprochenen neuen Platten von den Villagers (5 Sterne) und The Irrepressibles (5½ Sterne)  zeugen bereits davon. Und nun gesellt sich auch noch ganz frisch das zweite Album "Arc" der britischen Art-Rocker Everything Everything dazu - und kann sich fast nahtlos in diese kleine aber illustre Liste einreihen. Das "Arc" auch so einiges zu bieten haben würde, versprachen schon die ersten beiden Singles. Als erstes war da "Cough Cough" (♪♫♪), welches sie als famosen Synthie-Indie-Pop-Hit mit treibenden Drumbeats und ekstatisch-dynamischem Gesang in Szene setzen. Doch vor allem die neue und 2. Single könnte der Band endlich zum verdienten Erfolg verhelfen: die melodische und mitreißende, ja nahezu majestätische Hymne "Kemosabe", die einem spätestens beim erhabenen Refrain in Rekordzeit die Schuhe auszieht.
Everything Everything - Kemosabe from phil tidy on Vimeo.

Und auch der Rest der Platte sprudelt quasi über vor potentiellen Hits und waschechten Hymnen - oder wie es ganz exzellent vom Musikexpress in Worte gefasst wurde: "Jeder Song ist ein kleines Königreich für sich." Und besser hätte man das wohl kaum ausdrücken können. Denn wie recht der Autor damit hat, sollte jedem bewusst werden, der dem neuen Werk der Band gelauscht hat. Da wäre etwa das fabelhafte "Duet" (♪♫♪) - eine von Streichern und himmlisch-schöner Melodie dominierte Pop-Perle, die aber dennoch ein paar dezente Ecken und Kanten aufweist...Coldplay werden mit Sicherheit neidisch sein. "Choice Mountain" (♪♫♪) kommt dann auf sanften Pfoten daher getapst, und kriegt einen vor allem mit seiner feinen Melodie und seiner melancholisch-schönen Atmosphäre. "Feet For Hands" (♪♫♪) kommt dann nahezu einer einnehmenden Indiepop-Offenbarung gleich, die zudem das Zeug zum echten Hit hätte....zumindest in einer besseren Welt! Und "Undrowned" (♪♫♪) zeigt sich dann als tief emotionale, fast flehende und dunkle Ballade, die sich zunehmend zur fast epischen Hymne aufrichtet.  
Zudem ist die Band durch Jonathan Higgs mit einem Sänger gesegnet, der eine ordentlich leistungsstarke Stimme mitbringt, die sich wahrlich nicht selten bis hin zum Falsett steigert - und dem Organ des Bloc Party-Sängers Kele Okereke manchmal nicht unähnlich ist. Und mit "Arc" ist ihnen nun ein gutes bis sehr gutes neues Album gelungen, dass ein paar echte Hymnen beherbergt - und damit sollte dem verdienten Durchbruch nun nichts mehr im Wege stehen. 

 

Sonntag, 13. Januar 2013

Besprochen: IAN SKELLY - "CUT FROM A STAR"

 Das man als Drummer in der allgemeinen Wahrnehmung am unteren Ende der Band-Hierarchie verweilt, kümmert Ian Skelly von The Coral nicht im geringsten. Stattdessen legt er uns einfach mal ein kleines Psych-Pop-Meisterstück ans Herz, das es wert ist entdeckt zu werden.

An sich erwartet man ja eigentlich, dass als erstes der Sänger und Frontmann einer Band ein Solowerk auf den Markt wirft. Und wer bei Ian Skelly von der britischen Psych-Pop-Band The Coral, nun an ihren Frontmann denken sollte, der wird sich dann doch stark wundern, wo auf diesem Solodebüt dessen charismatische Stimme abgeblieben ist. Natürlich bei ihm selbst, denn dies ist nicht das Solodebüt von ihrem Sänger JAMES Skelly, sondern das seines jüngeren Bruders IAN, der als Drummer bei The Coral tätig ist. Warum der ältere der Geschwister den großen Part in der Band übernahm, stellt auch diese Platte keineswegs in Frage. Doch man höre und staune: auch sein kleiner Bruder kann sich verdammt nochmal hören lassen. Stimmlich gibt es hier schon mal keinen Grund zum Meckern, macht Ian Skelly doch diesbezüglich eine so gute Figur, dass man sich wundern darf, warum seine Stimme bislang nur in den Backgroundvocals des letzten Albums in Erscheinung getreten ist - wobei aber auch ein paar Lead-Parts für Abwechslung sorgen könnten.  Auch wenn der Sound seines Solodebüts sich nicht maßgeblich von dem Terrain entfernt, welches er die letzten mehr als 10 Jahre zusammen mit seinen Jungs auskundschaftete, so klingt er doch anders, entwickelt sich in verschiedene Richtungen. Und dabei hat er uns ein ziemlich fantastisches Psychedelic-Pop-Album zusammen gerührt, das in der Tat süchtig machen kann. Schon der Opener und Titelsong "Cut From a Star" zeugt eindeutig davon, und verführt als melancholisch melodischer Psychedelic-Pop der tief in den 60er Jahren schwelgt, sich aber dennoch vom Schaffen seiner Band abgrenzt. 


Und so gut und noch besser geht es weiter - etwa mit dem schwebenden "Paper Sky" (♪♫♪), das von 60s-Orgeln eingeleitet, von einer zarten und fabelhaften Melodie begleitet, und von einer einnehmenden und melancholischen Atmosphäre geprägt wird. Ein ebenfalls mustergültiges Beispiel für große musikalische Ergüsse stellt "Firebird" dar: ein in höchstem Maße zeitloser und nicht minder großartiger 60s-Psychedelic-Pop-Song, der offenbar manches von den Beatles gelernt hat. Das an eine Art bedrogte Simon Garfunkel gemahnende "Nickel & Dime", schraubt sich dann genauso ungehindert in die Epidermis, wie die erhabene und eine wohlig-schöne Gänsehaut entfachende Ballade "D.N.A.". "Time" verzaubert uns als  herzerweichend schöne, und fast schon auf wunderbarste Weise nostalgisch anmutende Ballade, "Caterpillar" (♫♪) kommt in Gestalt einer wunderbaren und verwunschenen Psych-Folk-Perle des Weges, und "It's Only Love" (♪♫♪) verkörpert wunderbarsten 60s-Pop zum unaufdringlichen dahin schmelzen. Tatsächlich sind dies nicht die einzigen Highlights der Platte - wollte man sie alle abdecken, wäre eine Track-by-Track-Rezension vonnöten. Denn hier kann sich verdammt nochmal jeder einzelne Song sehen resp. hören lassen. 

Ian Skelly legt hier eine für einen Drummer gänzlich unerwartet großartige Arbeit ab, die sich nicht vor der seiner eigentlichen Band verstecken muss. Vielmehr wird sich vielleicht sogar das nächste The Coral-Album an dieser famosen Psych-Pop-Wundertüte messen lassen müssen. Doch bleibt zu befürchten, dass "Cut from a Star" dafür womöglich nicht genügend Aufmerksamkeit einer breiteren Masse erfahren wird - was allerdings wahrlich einer Tragödie gleich käme...  




Besprochen: THE IRREPRESSIBLES - "NUDE"

Mit dem zweiten Streich legt das 10-köpfige Künstlerkollektiv aus London wieder einmal ein erhabenes Gesamtkunstwerk vor, das es mit dem großen Vorgänger durchaus aufnehmen kann.  

Sicherlich nicht allzu wenige erinnern sich noch an das mehr als vorzügliche 2010er Debütalbum "Mirror Mirror" von The Irrepressibles - diesem 10-köpfigen Künstler-/Orchester-Kollektiv aus London, das sich um den Frontmann, Sänger, Gitarristen und Komponisten Jamie McDermott konzentriert. Und vor allem mit der grandiosen und epischen Hymne "In This Shirt", sind sie so manch einem dort draußen mit Sicherheit im Gedächtnis haften geblieben. Erinnerungen an Antony & The Johnsons wurden unwideruflich wach, aber ebenso auch deutliche Bezüge zu Kate Bush, David Bowie oder Joanna Newsom - vielleicht mit einer Spur mehr barocker Theatralik, der dem Kollektiv so wunderbar zu Gesicht steht, dass es selbst weltweite Kritiker in Verzückung versetzte. Nach einer als Liebhaber des Kollektivs fast schon zu langen Wartezeit, war da im vergangenen Sommer plötzlich ein brandneuer Song, der bereits als erste Single von dem nahenden Zweitwerk der Briten kündete:  das gänzlich wundervolle "Arrow": zutiefst Emotional verführerischer und (man kann es nicht anders nennen) fantastischer Orchester-Pop, der mit famosen, aber nie übertriebenen elektronischen Einflüssen spielt, und in hypnotischen Synthie-Klängen mündet. Und in dem dazugehörigen Video spielt das Kollektiv wieder einmal mit deutlich homoerotischer Symbolik....was nicht das erste, und auch nicht das letzte Mal sein soll.  



Nicht nur das die beiden jungen, nackten Männer aus dem Mussikvideo, auch das Coverartwork ihres neuen Albums zieren. Da wäre etwa noch das wunderbare "Two Men In Love" (♫♪) - nichts geringeres als eine unsterblich schöne, mehrere Phasen durchlaufende, und fast 7-minütige Hymne an die gleichgeschlechtliche Liebe. Und wenn McDermot dann immer wieder feierlich und voll leidenschaftlicher Inbrunst singt: "I'm in love! I'm in love! I'm In love...", muss auch dem verbohrtesten Spießer klar werden, dass dies wahre Liebe sein muss. Und auch der Albumtitel "Nude" scheint alles andere als zufällig gewählt - neben eben erwähntem Video und Albumcover, ist dies auch beim grandiosen "Pale Sweet Healing" (♪♫♪) Thema No.1: "Take off your clothes, I want to see you naked / And give me your hands to touch, I know you've longed to be here", heißt es gleich zum Einstieg in diese wundervolle und hymnisch-theatralische Perle. Doch hier geht es natürlich noch um mehr, als ausschließlich um nackte Körper - denn vor allem geht es um die ganz großen Gefühle. Diese strahlen dann auch durch jede Sekunde der grandiosen 2. Single "New World" (♪♫♪), die als anmutige und höchst gefühlvolle Ballade seinen Anfang nimmt, und sich beständig immer weiter zur strahlenden Hymne erhebt. Ja, man kann sagen das ihnen erneut ein Gesamtkunstwerk gelungen ist, welches vor allem in seiner Gesamtheit besticht...das mehr ist, als nur die Summe seiner Teile - auch wenn allein dessen Ausmaße bereits beträchtlich sind. So beachte man etwa das fantastische "Tears" (♪♫♪), welches als schillernde und erhabene, sanft elektronisch verzierte Hymne dieser Songsammlung entsteigt, nachdem es an früherer Stelle durch das gleichnamige und nahezu tieftraurige "Prelude" (♪♫♪) angekündigt wurde. Und spätestens wenn die Truppe gen Ende zum euphorisierenden und feierlichen, von glitzernden Synthesizern untermalten "Ship" (♪♫♪) anstimmt, ist man ihrem neuen Werk wohl endgültig verfallen. 

Auch wenn es mir als Atheist bitter aufstoßen mag, so ist es Emotional ein nahezu sakrales, ein fast religiöses Erlebnis, welches "Nude" herauf beschwört...nur eben eines, das nicht nur von dramatischen Gesten und großen Gefühlen kündet, sondern in diesem Fall gar untrennbar mit Nacktheit, Verlangen, und gleichgeschlechtlicher Liebe verbunden ist - und damit am Ende dann doch jeder Religion dieser Welt eine Absage erteilt. Ein Meisterwerk.   

Besprochen: VILLAGERS - "{AWAYLAND}"

Mit ihrem Zweitwerk legen die Villagers aus Irland den perfekten Grundstein, um die doch recht überschaubare Liste von Musikgrößen ihrer Heimat zu erweitern.

Auch wenn die Villagers in ihrer Heimat Irland wahrlich kein unbeschriebenes Blatt mehr sind, und bereits mit ihrem 2010er Debütalbum "Becoming a Jackal" die Pole Position ihrer heimischen Albumcharts erreichen konnten, wird die Band wohl manchen Lesern noch unbekannt sein. Wobei die Betonung ganz eindeutig auf dem Wort "noch" liegt. Denn die Band um ihr Mastermind mit dem herrlich irischen Namen Connor O'Brien, steht quasi unmittelbar vor dem großen Durchbruch. Denn den wird mit Sicherheit ihr brandneues und zweites Studioalbum "{Awayland}" nach sich ziehen, das dieser Tage in den Läden steht. Bereits der erste Vorbote der neuen Platte, ließ einen förmlich mit weit offen stehendem Mund gen Boxen starren, als er zum ersten Mal in den Gehörgängen Einzug hielt: "The Waves" heißt diese Nummer, und kombiniert beinah scheuen, aber vor allem grandiosen Folkpop mit elektronischen Einflüssen, die immer wieder digitale Ecken und Kanten herauf beschwören - aber niemals seine Zeitlosigkeit untergraben.


Wobei durchaus gesagt werden muss, dass man hier nicht auf Albumlänge mit solch digitalen Sperenzchen rechnen sollte, die sie in der ersten Vorab-Single so formvollendet demonstrierten. Dafür geht es hier aber überwiegend ähnlich großartig zu. Schon der sanfte und folkige Opener "My Lighthouse" (♪♫♪) gibt eine Perle zum Besten, die einen zum Einstieg mit einer warmen Umarmung begrüßt, und bis zum Ende dann doch noch eine leidenschaftliche Träne entlockt. Mit "Earthly Pleasure" (♪♫♪) schicken sie dann sogleich einen potentiellen Hit hinterher, der fast den Eindruck vermittelt, als wolle er gar keiner sein - doch die famose Coolness in den sprechgesungenen Versen, und der sich nahezu hymnisch entwickelnde Refrain, lassen dann aber doch keinen anderen Schluss zu. Und spätestens wenn man sich dann zur neuen Single "Nothing Arrived" (♪♫♪) vorgearbeitet hat, wird einen nichts mehr halten können. Denn man wird sich Hals über Kopf in diese fantastische Folkpop-Perle verlieben, die man jetzt schon reinen Gewissens einen Klassiker schimpfen darf. "The Bell" (♪♫♪) verbindet dann auf spielerische Weise tadellosen und inspirierten Folkpop mit blumigen Hippie-Orgeln und softem 007-Flair, "Passing a Message" (♪♫♪) offenbart ein nachdenkliches und atmosphärisch eindringliches Meisterstück, welches sich aber erst mit aufmerksamerem Hören als selbiges zu erkennen gibt, und im "Greatful Song" (♪♫♪) erwartet uns eine wunderbare, mit psychedelischen Einwürfen versehene Folk-Kostbarkeit, die eine prächtigere Magie entfesselt, als der erste Eindruck preiszugeben vermag.

Den Villagers ist mit "{Awayland}" schlussendlich ein wirklich fabelhaftes zweites Album gelungen, das den Folk-Pop zwar nicht neu erfindet, und aufmerksam gehört werden will, um dem Hörer all seinen Zauber zu offenbaren - das die Band aber durchweg verdient zum Erfolg führen wird. Und hier liegt die Betonung ganz eindeutig auf dem Wort "verdient".