♪♫♪ ...music makes the people come together... ♪♫♪

♪♫♪ ...music makes the people come together... ♪♫♪

Sonntag, 28. Februar 2010

Diskografie: PATRICK WOLF

Den mittlerweile 26 Jahre jungen britischen Musiker Patrick Wolf kann man durchaus als ein Ausnahmetalent bezeichnen. Was er auf seinen bislang 4 Alben alles anstellte, nötigt einem gehörigen Respekt ab. Denn soviel künstlerische Eigenständigkeit, gepaart mit dem Hang zum ausufernden und Grenzen auslotenden Experiment, erlebt man in der heutigen Musiklandschaft viel zu selten. Erst recht bei einem solch jungen Künstler. Und deswegen hier nun seine Diskografie, die sich voll und ganz seinem Genie widmet!



"LYCANTHROPY" (2004)
Das visionäre Debütalbum eines jungen und getriebenen Künstlers!

Mit seinem Debütalbum, das in Großbritannien bereits 2003 erschien, lieferte der einst 20 Jahre junge, getriebene Künstler ein düsteres, verstörendes, visionäres und zukunftsweisendes Werk ab, das seinerzeit nicht auf viele offene Ohren gestoßen sein mag. Zu verschroben, zu experimentell und seiner Zeit um Jahre voraus war dieses Album, um das Interesse der breiten Masse auf sich zu ziehen. Hier prägte er eine Mischung aus irischer Folklore und Elektronik von björk'scher Futuristik, die die inhaltliche Thematik um den Mythos des "Wolfsjungen" trägt - die Legende über einen Jungen, der sich in einen Wolf verwandelte. Hier offenbarte sich der junge Mann ebenso als Multitalent und -instrumentalist: Er spielte die meisten der verwendeten Instrumente selber, zudem komponierte, arrangierte und produzierte er das Album. Und es wurde eine genialistischer Meisterstreich, der die volle Kreativität dieses jungen Musikers schon zu Anbeginn unter Beweis stellte. Zum Anfang taucht das Album mit dem "Wolf Song" mitten hinein in klassisch irische Folklore, um dann sofort einen synthetisch-poppigen Gegenentwurf dazu zu liefern - deN beatig treibenden, beinah radiotauglichen und mitreißenden Elektro-Pop-Ohrwurm "Bloodbeat". Und so vieles hier vermag zu fesseln und zu polarisieren: Die getragene, melancholisch atmosphärische Art-Pop-Perle "To The Lighthouse", oder das verstörende, düster beklemmende und extrem emotionale "The Childcatcher", das die Szenerie einer Kindesentführung durch einen pädophilen Triebtäter sowohl aus Sicht des Opfers, als auch der des Täters umschreibt. So auch das filigran schwebende und melancholisch verträumte "Demolition", die wunderbare und beseelte Ballade "London", der experimentelle Elektro-Folklore des Titelsongs "Lycanthropy", der die Loslösung von sexuellen Identitätsnormen durch das verstümmeln des eigenen Geschlechts beschreibt ("I once was a boy, 'till I cut my penis of."), oder "A Boy Like Me", einem eigenwillig eingängigen Ohrwurm, über die Träume eines Noch-nicht-Erwachsenen. Dieses Werk vereint Genie und Wahnsinn mit jugendlicher Überheblichkeit zu einem wahren Meisterwerk, das die Welt erst später verstehen lernen sollte. Ein kleiner Meilenstein im neuen Jahrtausend!

* * * * * *

"WIND IN THE WIRES" (2005)
Der würdige Nachfolger des genialen Debüts!

Mit seinem zweiten Album lieferte der junge Mann aus London einen mehr als würdigen Nachfolger des famosen Debüts von 2003 ab. Auch dies entstand beinah komplett in Eigenregie: außer einer Klarinette und weiblichem Backgroundgesang auf je einem der Stücke, stammen alle musikalischen Beiträge, von der Instrumentalisierung bis zur Produktion, allein von Wolf. Herausgekommen ist ein faszinierendes, eindringliches und spukig düsteres Kunstwerk, auf dem er sich klanglich in Nuancen gar weiterentwickelte. Elektronische Experimente kommen deutlich seltener zum Einsatz und dienen hier eher der Untermalung des Hauptinstruments der Platte: Patrick Wolf's Stimme! Sie begleitet uns durch alle Songs dieses Werkes, dem durch seinen verlagerten klanglichen Schwerpunkt eine neue Eingägigkeit wiederfährt. Das ist vor allem deutlich erkennbar in Kostbarkeiten wie dem eingängigen, galoppierenden Ohrwurm "The Libertine", der intensiven, elektronisch frickelnden Art-Pop-Perle "Teignmouth", der atmosphärisch getragenen Hymne "This Weather", dem famosen Titelsong "Wind In The Wires", dem düster-schwebenden "Jacobs Ladder", der beinah gut gelaunten und beschwingten Ode "Lands End" oder dem treibenden "Tristan", das den wohl "kompromisslosesten" und experimentierfreudigsten Beitrag auf diesem Album darstellt. Eine erneut große künstlerische Leistung.

* * * * *

"THE MAGIC POSITION" (2007)
Das dritte Album von Patrick Wolf brachte den kommerziellen Durch- und künstlerischen Stilbruch!

Schon das Cover-Art-Work, auf dem Patrick auf einem Karussel aus bunten Plastiktieren reitet, deutet den musikalisch radikalen Wandel an, den er hier vollzog. Das Album überraschte vor allem durch eine ungewohnte Heiterkeit, die sich fast vollends von elektronischen Experimenten verabschiedete und sich stattdessen mehr an den Mainstream-Pop annäherte - was auch auf Druck seiner Plattenfirma hin geschah. Das wird vor allem deutlich durch solche, in bunten Farben schillernden Ohrwürmer wie "The Magic Position", "Accident & Emergency" und "Get Lost"! Doch trotz alledem ist sein urtypischer Klangcharakter nicht tot zu kriegen, was vor allem Stücke wie das melancholische "Bluebells", das herzerweichende "Augustine", das tieftraurige "Magpie" (im Duett mit Marianne Faithfull) oder die elektronifizierte Perle "The Stars" unter Beweis stellen. Es wurde sein kommerziell bis jetzt erfolgreichstes Album, da es sich durch seinen angepassteren Sound einer breiteren Masse bekannt und zugänglich machte. Doch trotz des großen kommerziellen Erfolgs, kam es bald darauf zum Bruch zwischen Patrick Wolf und seiner Plattenfirma - woraus eine Rückbesinnung Wolf's zu düstereren und experimentelleren Klängen der Vergangenheit resultierte. Aber das ist eine andere Geschichte...Forsetzung folgt.

* * * *


"THE BACHELOR" (2009)
The Story Continues: Mit Hilfe seiner Fans findet Patrick Wolf auf seinem 4. Album zurück zu alter Stärke!

Nach dem Bruch mit seiner Plattenfirma Loog im Jahr 2007, beschloß Wolf, sein viertes Album mithilfe seiner Fans zu finanzieren: So beteiligten sie sich finaziell an der Realisierung der Platte und erhielten im Gegenzug diverse exklusive Vorrechte. Ursprünglich war es als Doppelalbum mit dem Titel "Battle" geplant, doch entschied sich der Künstler, die beiden Platten getrennt voneinander zu veröffentlichen. So legte er 2009 den ersten Teil mit dem Titel "The Bachelor" vor, auf dem er zu alten Stärken zurück findet. Der massentauglichere Grundcharakter des vorangegangenen Albums weicht wieder düstereren, tiefgründigeren und atmosphärischeren Klängen, deren Schwerpunkt wieder auf Elementen aus Folklore, Pop und Electronica liegt. Die Themen die in den Stücken behandelt werden, sind nach Aussage des Sängers autobiografisch - so setzt er sich hier deutlicher mit seiner Homosexualität auseinander, als er es auf den Alben davor je tat. Und nun kredenzt er uns wieder dunkle Juwelen von Songs: Das eingängige, von Streichern angetriebene "Hard Times", das von psychedelischen Gitarren, treibenden Beats und Violinen untermalte "Oblivion", die großartige, beinah epische Hymne "Damaris", der düstere, von trommelnden Elektro-Beats, Atari-Sounds, Streichern und beschwörenden Chören dominierte Epos "Count Of Casualty", der mitreissend eingängige Dark-Wave-Ohrwurm "Vulture", den Depeche Mode gerne geschrieben hätten, oder die zutiefst melancholische Ballade "The Sun Is Often Out". Hier hat das junge Multitalent endlich wieder ganz zu sich gefunden - und macht verdammt hungrig auf den zweiten Teil "The Conqueror", das in diesem Jahr erscheinen soll.
To Be Continued...


* * * *1/2

Freitag, 26. Februar 2010

Besprochen: JASON DERÜLO - "JASON DERÜLO"

Das Debütalbum des Newcomers Jason Derülo soll die Herzen der RnB-Fans im Sturm erobern - oder bleibt es vielleicht doch nur ein laues Lüftchen?

Der junge US-amerikanische RnB-Sänger aus Florida konnte bereits mit seiner Single "Watcha Say" einen weltweiten Top-10-Hit landen. Nun schiebt er also sein selbstbetiteltes Debütalbum "Jason Derülo" nach, das komplett von J.R. Rotem (Britney Spears, Leona Lewis) produziert wurde. Für ein RnB-Pop-Sternchen fällt es mit nur 9 Songs erstaunlich kurz aus. Prinzipiell gar keine üble Idee: Besser zwei gute Hand voll famoser Songs, als mit weiteren "Füllern" den Gesamteindruck des Albums schmälern. Bei so wenigen Songs, muss allerdings die Qualität stimmen - sonst bekommt der ganze Spaß eine sehr groteske Note! Beim vorliegenden Beispiel könnte man sagen, das Derülo hier wahrlich keinen großen Wurf gelandet hat. Qualitativ ist dies rein auf den Massengeschmack abgezielter RnB-Pop, der sich offenkundig an die weibliche Hörerschaft ca. 14-18 richtet. Es werden keinerlei Experimente eingegangen (was man bei einer solchen Platte allerdings auch nicht erwarten würde) und es wird ausschließlich auf bewährte Rezepturen gesetzt. Er bedient sich aller typischer und erfolgsverheißender RnB- und Pop-Klischee's, etwas wie Eigenständigkeit oder Wiedererkennungwert ist nicht mal im Ansatz zu erkennen. Ein besonders schlimmes Beispiel wäre "The Sky's The Limit" - fieser 80s-Synthie-Quatsch, der schamlos bei Irene Cara's "What A Feeling" klaut und dabei klingen will wie Chris Brown's "Forerver". Das haben selbst in den 90ern die Backstreet Boys besser hingekriegt. "What If" klingt dann gar tatsächlich wie letztere, die Eingängigkeit von "In My Head" kann nicht von seinen stupiden Lyrics ablenken und "Fallen" klingt wie ein Update von Chris Brown's "With You". Einzig "Encore" kann halbwegs durch eingängige Melodie, gezielt gesetzte Beats und erfrischenden Euro-Dance-Elementen überzeugen, was wieder einmal die Rückkehr der 90er Jahre verdeutlicht.
Wer den Werdegang der bisherigen Popmusik krampfhaft ausblendet, der kann hiermit durchaus seinen kurzfristigen Spaß haben. Mehr jedoch gibt diese Sammlung dünner Songs für den Moment nicht her. Wer hier ein wirklich gutes Album erkannt haben will, der sollte nochmal genauer hinhören. Und auch jene werden bald erkennen, das Jason Derülo mit seinem Debüt in derselben Liga wie Flo Rida oder J. Holiday spielt:
Viel Lärm um nichts!

* *

Donnerstag, 25. Februar 2010

Besprochen: JOANNA NEWSOM - "HAVE ONE ON ME"

Das neue Album der Harfen-Frau ist da. Und es ist ein famoses und fettes Paket geworden!

Dem Musikkenner klingt noch immer Joanna Newsom's zweites Album in den Ohren - das fulminante Gesamtkunstwerk "Ys" von 2006. Nur 5 Songs waren darauf zu finden. Diese hatten allerdings eine Spieldauer von je 10-17 Minuten. Welche Kostbarkeiten sie in diesen ausufernden Folk-Epen vereinte, ließ das Album nach und nach immer tiefer in die Hirnwindungen kriechen, bis es aus der persönlichen Playlist nicht mehr wegzudenken war. Nun legt die mittlerweile 28 Jahre junge Dame ihr drittes Album "Have One On Me" vor, das in punkto Quantität den Vorgänger schonmal toppt: Denn hier gibt es ganze 3 CD's, 18 Songs und 120 Minuten Musik! Ein fettes Paket ist das - ein Brocken den man anfangs skeptisch beäugt. Doch sobald die ersten Töne erklingen, sind alle Zweifel wie weggewischt! Weiterhin dominieren die Harfen, es kommen Bläser, Streicher oder Piano zum Einsatz. Mal ergeht sie sich in zartestem Folk ("In California"), lässt es zur Abwechslung auch mal beinah richtig grooven ("Good Intentions Paving Company"), kehrt die innere Kate Bush heraus ("Easy"), oder durchlebt barocke Momente ("Kingfisher")! Dieses stramm geschnürte Folk-Bündel, dessen Songs immerhin noch eine durchschnittliche Länge von 7 Minuten haben, läßt sich sicherlich nach so kurzer Zeit nicht abschließend in seiner Ganzheit bewerten. Die Songs müssen atmen, sich entwickeln - und so manches hier wird mit der Zeit wachsen, das ist Gewiss bei einem solch künstlerischen und kreativen Kraftakt. Doch schon die ersten paar Hördurchläufe lassen erahnen, das auch dieses Album spätestens zum Ende des Jahres seinen wohlverdienten Platz in der Jahres-Hitliste einnehmen wird.

* * * * *

Dienstag, 23. Februar 2010

Special: 1997 - Ein Jahr und seine Musik!

Schon der Titel des aktuellen Musikexpress verspricht es: "Die Rückkehr der 90er!" In diesem Blog habe ich mich bereits in einem ausführlichen Dossier den musikalischen 90er-Jahren gewidmet. Und so ist da doch ein spezielles Jahr in diesem Jahrzehnt, das musikalisch viel großes hervorbrachte. Sicherlich gäbe es in dieser Dekade nicht nur dieses eine Jahr das hervorsticht. Manch einer würde vielleicht zuerst auf 1991 kommen - das Jahr in dem Nirvana's "Nevermind" oder Massive Attack's "Blue Lines" die Musikgeschichte nachhaltig prägten. Oder 1995, als Blur und Oasis den Britpop auf seinen weltweiten Siegeszug schickten. Doch bei Licht betrachtet, hat das Jahr 1997 eine wahre Fülle an großartigen Platten hervorgebracht, wie es schon lange nicht mehr vorgekommen ist. Sicherlich spielt auch meine persönliche und äußerst positive Erinnerung an dieses Jahr dabei eine wichtige Rolle. Doch ganz nüchtern und objektiv betrachtet, war es nun mal ein Jahr voll von berauschend großartiger Musik, die noch heute Wellen von Gänsehaut über den Körper jagen! Beweise? Kein Problem!

Schon zu Beginn des Jahres machten sich die beiden französischen DJ's Thomas Bangalter
und Guy-Manuel de Homem Christo alias Daft Punk auf, um die elektronische Musik mal so richtig zu rocken! Mit ihrem unverschämt griffigen und mitreissenden Debüt "Homework" wirbelten sie quasi über Nacht das Genre "Elektro" kräftig durcheinander und schafften das, was viele vor ihnen nicht schafften: Sie holten die elektronische Musik raus aus den Clubs, hinein ins Wohnzimmer. Aber nicht das wir uns falsch verstehen: auch im Club funktionierten diese wahnwitzigen Hits vortrefflich! Unmöglich zu sagen, wie viele Tanzflächen in ganz Europa Hits wie "Around The World", "Da Funk" oder "Revolution 909" zum explodieren brachten. Auf dem Debüt, das sie in Rekordzeit zu den neuen Elektrogrößen machte und von Kritikern und Hörern mit Begeisterung aufgenommen wurde, destillierten sie das Beste aus House, Funk und Disco und rockten dabei so famos, das elektronische Tanzmusik auch erstmals "Rocker" begeistern konnte.
Das Vorhaben, die verhassten Lager "Rock" und "Techno" zu vereinen und die einst unüberwindbar scheinenden Genre-Grenzen niederzureißen, konnten im selben Jahr dann vor allem The Prodigy perfektionieren. Waren sie bereits 1993 mit dem Album "Music For The Jilted Generation" und veritablen Hits wie "No Good (Start The Dance)", "Voodoo People" oder "Poison" postitiv aufgefallen, setzten sie 1997 mit "The Fat Of The Land" dem ganzen die Krone auf - und schufen ihr Meisterwerk! Mit ihrer radikalen Stilmischung aus Elektro, TripHop, Breakbeat, Jungle, Rock, Acid und HipHop erschufen sie ein aggressiv tobendes und düster verstörendes, aber dennoch eingängiges Album, das es im deutschen Musikexpress gar zur Platte des Jahres brachte. Und nebenbei hauten sie uns noch krasse Hits wie "Firestarter", "Breathe" oder "Smack My Bitch Up" um die Ohren, das uns ganz schwindelig wurde. Für diese Musik prägte sich einst der Name "BigBeat" - und wer heute wissen will was es war, das dieses Genre einst zum heissesten Scheiß überhaupt machte, der findet alle nötigen Argumente auf dieser Platte.
Elektronische Musik konnte im Jahr 1997 allerdings auch ganz anders klingen - wie die exzentrische, isländische Elektro-Pop-Fee Björk mit ihrem Meisterwerk "Homogenic" eindrucksvoll demonstrierte! Zwar vermochten schon die Vorgänger "Debut" (1993) und "Post" (1995) zu begeistern, aber solch ein rundes, in sich schlüssiges, zukunftsweisendes, experimentierfreudiges und gleichzeitig eingängiges, geschmeidiges und strahlendes Album, hatte man von der Dame bislang noch nie gehört. Hier brachte sie ihre Kreativität zur Perfektion und traf mit famosen Hits wie "Hunter", "Jóga", "Bachelorette" oder "All Is Full Of Love" den Nerv der Zeit - und ließ nebenbei mit dem verstörenden Albumtrack "Pluto" die Songs von The Prodigy wie Gute-Nacht-Musik erscheinen!
In ähnlichen musikalischen Sphären bewegte sich auch die britische TripHop-Formation
Portishead. 3 Jahre zuvor gelang ihnen mit ihrem Debütalbum "Dummy" ihr kometenhafter Durchbruch. Nun im Jahr 1997 konnten sie mit dem schlicht "Portishead" betitelten Nachfolger noch einen drauf setzen. Von der ersten Sekunde an zieht einen ein riesiger Strudel hinab in die düsteren Abrgünde der menschlichen Seele. Man schwebt hier durch melancholische und verstörende Klanglandschaften, durchwoben von Beth Gibbons zerbrechlichem, resigniertem und hypnotischem Gesang und fernen Echos von Jazz, HipHop, Krautrock und Avantgarde. Alles hier scheint von Anfang bis Ende einen tieferen Sinn zu ergeben - jeder Song, jeder Vers und jeder Ton scheint um den anderen zu Kreisen und ergibt in seiner Gesamtheit einen Meilenstein im TripHop. Auch wenn die Band selber sich nie mit dieser Genrebezeichnung identifizieren konnte.
Aber auch im Pop tat sich 1997 eine Menge! So etwa bei Janet Jackson! Sicherlich darf man
der Schwester des King Of Pop gut und gerne vorwerfen, fast ausschließlich nette ("Discipline"), halbgare ("Janet") oder völlig nutzlose Platten ("Damita Jo") veröffentlicht zu haben. Doch gerade in dieser Gesellschaft wundert es einen noch mehr, was in diesem gloreichen Jahr der 90er in sie gefahren sein mag, als sie das famose Meisterstück "The Velvet Rope" veröffentlichte. Das Album strotzte nur so vor überschäumender Kreativität und ungebremstem Tatendrang. Die unterschiedlichsten Stile ließ sie hier auf die Hörerschaft los, die in all ihrer Wahnwitzigkeit allerdings ein bestechend rundes Ganzes ergaben. Schon der futuristisch getragene Titelsong "Velvet Rope", den Vanessa Mae zusätzlich mit einem grandios schrägen E-Violinen-Solo aufhübschte, sorgt für einen fulminanten Start in das Album. Und mit welch einer Selbstverständlichkeit und Lässigkeit sie hier ausschließlich Perlen wie "Got Til It's Gone", "My Need", "Free Xone", "Together Again", "What About", oder "Rope Burn" locker aus der Hüfte schießt, das macht auch 13 Jahre später schier sprachlos. Näher als auf diesem Album war Janet Jackson echter Musik noch nie!
1997 war auch das Jahr, in dem Mariah Carey ihren musikalischen Stilwandel vollendete - in
ihrem ersten Meisterwerk "Butterfly" (das 2. sollte 2005 mit "The Emancipation Of Mimi" folgen)! Schon der Vorgänger "Daydream" deutete den Weg fort vom klassischen Balladen-Pop und hin zum urbanen, schwarzen Sound unmissverständlich an - und sie ging ihn mit "Butterfly" konsequent und vorbildlich zuende. Noch immer konnte man klassische Balladen bestaunen, von denen die hier vorliegenden "Butterfly", "My All", "Close My Eyes", "4th Of July" oder "Whenever You Call" zu ihren besten zählen. Doch der Einfluss von modernem Soul, RnB und HipHop war hier allgegenwärtig: Im sonnig mitreissenden RnB-Ohrwurm "Honey" (mit Puff Daddy), der HipPop-Ballade "Breakdown", dem erotisch getragenen "The Roof", der Soulballade "The Beautiful Ones" oder dem beatigen Ohrwurm "Babydoll". Ein herausragendes Album in ihrem Backkatalog, das keinen einzigen überflüssigen Song enthält. Denn hier ist da große Ganze mehr als die Summe seiner Teile!
Im Independent war 1997 auch der Teufel los - hier entstanden ein paar wahre Meilensteine!
Das zeigt etwa eindrucksvoll die britische Band Spiritualized®, die schon mit dem Titel ihres dritten Albums verdeutlichte, auf welchen bewusstseinserweiternden Trip sie einen hier mitnehmen würde: "Ladies & Gentlemen, We Are Floating In Space"! Geprägt vom Herzschmerz über den Verlust seiner Ex-Freundin und -Bandkollegin Katie Radley, die 1995 den Frontmann Richard Ashcroft der "Konkurrenzband" The Verve ehelichte, entsprang dem Genie des Bandkopfes Jason Pierce dieses allgemein als Meisterwerk betrachtete Album aus Aggression und Melancholie. Mit Gospelchören, Bläser- und Streicherorchstern, dem hypnotischen Gesang von Jason Pierce und der speziellen Rhythmik, verliehen sie dem Album seinen charakteristischen Sound aus Spiritualität, Soul und Psychedelia - und wurde sogar 1997 vom NME als "bestes Album des Jahres" gekührt. Und sie stachen damit gar den großen Konkurrenten Richard Ashcroft aus.
Doch auch jener hatte im Jahr 1997 großes geleistet. Mit seiner Band The Verve gelang ihm
, nach Jahren der Respektserfolge, endlich der verdiente Durchbruch - und zwar mit DEM Abum, das ihn am allermeisten verdient hatte: dem grandiosen Meisterstück "Urban Hymns"! Und auch hier ist der Titel Programm - auf ihrem 3. Album vollführte die Band ein Wunderwerk an grandiosen, zeitlosen Hymnen! Angefangen mit der Jahrhundert-Hymne "Bittersweet Symphony", der herzwringenden Ballade "The Drugs Don't Work", der zum Himmel strebenden Offenbarung "Sonnet", dem Psychedelic-Rocker "The Rolling People" bis hin zum zeitlosen Hit "Lucky Man". Es war mehr als nur ein gelungenes Album: Es wurde ein Meilenstein voll altersloser Melodien, so prägnant und eindringlich, das sie sich gleich beim ersten Hören in die Synapsen schmiegten. Und war zudem das letzte kraftvolle Aufbäumen des im sterben liegenden Britpop der 90er Jahre.
Während Oasis mit ihrem '97er Album "Be Here Now" krampfhaft das drohende Ende des Britpop zu ignorieren versuchten und sich damit in die Belanglosigkeit flüchteten, versetzten ihre großen Konkurrenten Blur dem Genre mit ihrem Album "Blur" endgültig den Todesstoß - und konnten sich nun endlich künstlerisch nachhaltig gegen die Gallagher-Brüder behaupten. Ihr 5. Album bestach durch seine große Stilvielfalt und den Hang zum ausufernden Experiment, bildete aber dennoch ein stimmiges Ganzes. So findet man auf diesem oszilierenden Meisterstück etwa das stampfende, treibende und grungige Rock-Rumpelstilzchen "Song 2", das sich zur Hymne eine ganzen Generation aufschwang - wer diesen Song nicht kennt, kann schwer behaupten in den 90ern gelebt zu haben. Dann wären da noch die beatle-eske Hymne "Beetlebum", das zurükgelehnte und beinah freakfolkige "Country Sad Ballad Man", der famose, elektronisch bearbeitete Ohrwurm "On Your Own", die minimalistische Perle "You're So Great", das großartige "Death Of A Party", das in seiner düster schleppenden, atmosphärisch elektronifizierten Atmosphäre fast die Gorillaz vorwegnahm, das ungestüme, wild treibende und rock-rockende "Chinese Bombs", die wunderbare Hymne "Look Inside America" oder das melancholisch getragene und einnehmende "Strange News From Another Star". Spätestens mit diesem Album wurde klar, das ein Leben ohne das musikalische Genie von Mastermind Damon Albarn kaum denkbar wäre.
Der wohl grandioseste Big Bang des Jahrgangs 1997, kam wie gewohnt wieder einmal aus Großbritanien: "OK Computer", das dritte Album von Radiohead, schlug in die Musikgeschichte ein wie ein tonnenschwerer Brocken - es ragt aus selbiger heraus wie ein Monolith und schlägt bis heute hohe Wellen. Es ist ein Gesamtkunstwerk in dem jeder Ton und jede Silbe an der richtigen Stelle sitzt, ein auf allen Bestenlisten weit oben geführtes Opus Magnum, das allgemein als eines der besten Platten aller Zeiten angesehen wird. So wurde sie erst kürzlich etwa vom deutschen Musikexpress zum "besten Album der 90er" gekührt, und wurde in den Jahren schon mehrfach aus den verschiedensten Quellen zur besten Platte aller Zeiten erklärt. In einer Zeit, als die Menschen voller Zuversicht, Optimismus und großer Hoffnungen dem neuen Jahrtausend entgegen sahen, lieferten Radiohead mit diesem Meisterwerk dazu den melancholischen und düsteren Gegenentwurf, der einst nach Meinung mancher Kririker nicht in den damals aktuellen Zeitgeist zu passen schien. Vielmehr war die Platte nahezu visionär, nahm sie doch die Ängste und Befürchtungen der Menschen vorweg, als 9/11 und Irakkrieg das junge neue Jahrtausend erschütterten. "OK Computer" ist ein düsterer, getriebener, exeprimenteller, aber dennoch zugänglicher, epischer und dunkler Geniestreich, auf dem sich Art-Pop, Prog-Rock und elektronische Elemente zu atmosphärischen Klanggemälden vereinen. Man nehme allein die erste Single "Paranoid Android", ein überlanges Spiegelkabinett aus verschiedenen ineinander greifenden und einander dementierenden Songstrukturen, die zusammen ein fesselndes und magisches Ganzes bilden. Oder "Exit Music (For A Film)", diese todtraurige und gifttriefende Ballade, die Baz Luhrmann's visionäre Verfilmung von "William Shakespeares Romeo + Juliet" zierte, das verstörend aggressive "Electioneering", dessen messerscharfe Riffs und düstere Atmosphäre sich tief in die Hirnwindungen schneiden, die beinah verträumte und von Hoffnungsstrahlen erhellte Art-Pop-Perle "No Surprises" oder das grandiose "Lucky", das auf so noch nie gehörte Weise die Schönheit in der Verzweiflung auf den Punkt brachte. Dieses Album fiel aus der düstersten Schnittstelle von Kunst und Pop direkt hinein ein eine Welt, in der manche noch nicht verstehen konnten, welch visionäre Großtat hiermit erschaffen wurde...bis die dunklen Wolken heraufzogen und der große Regen begann - und all dem auf unerklärliche Weise eine tieferen Sinn abrang!

Montag, 22. Februar 2010

Diskografie: MICHAEL JACKSON (Auswahl)


Im vergangenen Jahr nahm die Welt von dem wohl größten Musiker Abschied, den sie je erlebt hatte. Einem beinah übermenschlichen Künstler, der in unseren Köpfen unsterblich war. Noch immer sitzt der Schock in den Knochen - Michael Jackson, der King Of Pop, ist tot. Und es hinterlässt das Gefühl als wären der beste Freund, die Großmutter, der hassgeliebte Klassenclown und der Bundespräsident gleichzeitig gestorben. Jacko vermochte mit seiner Art die Geister zu scheiden - jedoch konnte kaum einer außer ihm in seiner Musik so viele vereinen. Und um nun noch einmal dem Genie des King Of Pop zu huldigen, folgt nun diese Diskografie über seine wichtigsten Solo-Alben.


"OFF THE WALL" (1979)
Dies war das Album, mit dem alles begann. Zum ersten mal arbeitete Michael Jackso mit Produzent Quincy Jones zusammen, mit dem er eine völlig neue musikalische Vision umsetzte! Weg war der rumpelnde Motown-Sound seiner frühen Solo- und Jackson 5-Werke. Der neue Weg führte direkt in die Disco. Gekonnt überträgt Jacko hier Soul und zeitgenössischen RnB in einen funky tanzbaren und frischen Disco-Kontext, wie es bis heute nur sehr wenigen gelungen ist. Und schon hier schoss er Hits und Klassiker locker aus der Hüfte. So etwa den Hit "Don't Stop Til You Get Enough", mit seinem scharfen Funk und Falsettgesang, das von relaxten Disco-Feeling und gezielt eingesetzten Streichern und Bläsern begeisternde "Rock With You", der funky mit RnB versetzte Titelsong "Off The Wall", die himmlische McCartney-Schmonzette "Girlfriend", oder die von Streichern getränkte Ballade "She's Out Of My Life". Ein großer Schritt für Michael und ein noch größerer für die Musikgeschichte: Jackson lieferte hier nicht nur sein erstes Meisterstück, sondern auch gleich die Blaupause für den einstigen RnB. Für viele das beste Jacko-Abum!

* * * * *

"THRILLER" (1982)
"All Killer No Filler" - das war Jackos Schlachtplan für sein 6. Soloalbum! Und die Rechnung ging auf!!! Was ihm hier gelungen ist, ist das erste wirklich perfekte Pop-Album!
Kein einziger schlechter Song ist auf dem Album zu finden.
Und im krassen Gegensatz zu vielem was in den 80ern entstand, klingt hier alles noch immer frisch und funky! Ob das extrem rhytmisierte "Wanna Be Startin' Something", der funky und relaxte Disco-Schleicher "Baby Be Mine", der hoffnungslos romantische Schmachtfetzen "The Girl Is Mine" im Duett mit Ex-Beatle Sir Paul McCartney, der Klassiker und Ohrwurm-Hymne "Thriller", der ewige Überhit "Beat It" (mit dessen Hard-Rock-Gitarren by Eddie Van Halen er auch die Rocker von einst begeistern konnte), der genial beatige Evergreen "Billy Jean", die grandiose, sanfte und memorable Ballade "Human Nature", der unwiderstehliche, funky Disco-Feger "P.Y.T." oder die herrlich kitschig-schöne Schmonzette "The Lady In My Life"!!!
So ein geschmeidiges, rundes, eingängiges und zeitloses Stück Pop, hat man von einem Solo-Künstler bisher selten gehört! Dies unbestrittene Meisterwerk schlug die Brücke zwischen schwarzer Disco-/Soul- und weisser Pop-Musik, und ist mit über 100 Mio. verkauften Einheiten das mit Abstand erfolgreichste Album aller Zeiten!
Ziehen wir also ehrfürchtig den Hut vor einer - richtig - Meisterleistung!

* * * * * *

"BAD" (1987)
Mit dem Nachfolger zu seinem grandiosen "Thriller" ist ihm wieder mal eine ganz großer Wurf gelungen. Auch wenn es der perfektionistischen Radikalität seines Vorgängers nicht ganz die Stirn bieten konnte, so konnte er doch auch hier solch wesentliche Hits und unvergängliche Perlen schaffen, die auch dies zu einem uvergesslichen Pop-Erlebnis machen. So konnte sich sie Titel-Single "Bad" als eine Art "Beat It 2.0" und als unschlagbarer Klassiker durchsetzen. Doch es sollte noch dicker kommen: "The Way You Make Me Feel" besticht durch einen Groove mit hohem Widererkennungswert, mit „Liberian Girl“ gelang Jacko eine seiner schönsten und bezauberndsten Balladen überhaupt, der unwiderstehliche, funky poppige Ohrurm "Another Part Of Me" begeistert noch heute als All-Time-Classic, die großartige, wunderschöne Weltverbesserungs- Ballade "Man In The Mirror" stand Pate für alle noch kommenden Heal-The-World's oder Earth-Songs, die zeitlose Hymne "Dirty Diana" wusste den Pop zu rocken wie nichts anderes seinerszeit, das meisterlich in Szene gesetzte "Smooth Criminal" unterlag einem genialen Groove und Beat, sowie einnehmenden Falsettpassagen, oder der finale Pop-Überhit "Leave Me Alone", auf dem Jacko mit der Presse ins Gericht ging. Wendet man sich erst einmal ab von den fortwährenden Vergleichen mit seinem Meisterwerk "Thriller", erkennt man, das dies eines der schillerndsten Pop-Momente der 80er Jahre war, das auch noch heute in vollem Glanz erstrahlt!

* * * * * *

"DANGEROUS" (1991)
Nach "Off The Wall", "Thriller" und "Bad", sowie einer 4-jährigen Plattenpause, meldete sich der King Of Pop im neuen Jahrzehnt mit seinem 4. Meisterwerk in Folge zurück. Und zudem das erste in dieser Hitreihe, das nicht von Quiny Jones produziert wurde. Dieses mal wurde Teddy Riley engagiert, um Jacko mit neuem, frischem Sound in das neue Jahrzehnt zu führen. Was er auf vortrefflichste Weise umsetze! Zusammen mit ihm schuf Michael Jackson hier eine weiteres nahezu perfektes Album, das zunehmend Elemente aus dem HipHop zitierte, aber vor allem immer eines blieb: POP! Und solche perfekten, meisterlichen Zeitlosigkeiten wie "Black Or White", "In The Closet", "Who Is It?", "Give In To Me", "Why You Wanna Trip On Me?", "Jam", "Remember The Time" oder "Will You Be There" sollten für sich sprechen. Als ein Freund von mir vor einigen Jahren dieses Album zum ersten mal hörte, war er vollkommen überzeugt, es hier mit einer Best-Of zu tun zu haben! Warum? Weil er jeden einzelnen Song kannte, ohne das Album jemals gehört zu haben! Und wieviel Alben können das schon von sich behaupten? Ein grandioses Album, das bis heute begeistert!

* * * * * *

"HISTORY: PAST, PRESENT & FUTURE - BOOK 1" (1995)
Von manch einem Kritiker mußte sich dieses Album so einige Schläge abholen. Doch war dies vielmehr Jackson's künstlerischer Befreiungsschlag, nachdem 1993 die erstmaligen Kindesmissbrauchsvorwürfe gegen ihn erhoben wurden und seine Karriere deutlich angeschagen hatten. Doch musikalisch präsentierte sich der King Of Pop hier auf höhe der Zeit und Kreativität. Und es ist ein Monsterpaket geworden. Sollte es ursprünglich eine reine Best-Of werden, so fand sich doch so viel geeignetes neues Material, das auf der 1. Disc die geplante Best-Of und auf der 2. Disc ein komplett neues Album zu finden waren. Und was er hier an neuem Material zusammentrug, ließ nicht schlecht staunen. So etwa der agressiv-futuristische, treibende Hit "Scream" im Duett mit Schwester Janet, der geniale, nachdenklich getragene, beatige und kämpferische Epos "They Don't Care About Us", das wohl einen der besten Songs der 90er überhaupt darstellt, die wunderbare, allgemein als eine der besten Kompsitionen Jacko's geltende Ballade "Stranger In Moscow", die mitreissende No.1-Hymne "Earth Song", die schamchtende Ballade "You Are Not Alone", das zerbrechliche "Childhood" auf der er seine verlorene Kindheit aufarbeitete, der Uptempo-Kracher "Tabloid Junkie", der die Hetzjagd der Presse auf ihn aufgriff, oder die dramatisch verstörende Ballade "Little Susie", das den Mord an einem kleinen Mädchen thematisiert. Zwar gab es mit dem (bereits 1988 für den Film "Moonwalker" aufgenommenen) Beatles-Cover "Come Together", dem eintönigen "This Time Around" oder dem Höhepunktslosen "2Bad" zwar erstmalig auf einem Jacko-Album auch echte Füller, aber dennoch erstrahlt dieses Album bei jedem hören in voller Pracht. Ein famoses Album, das fast keine Wünsche offen lässt!

* * * * *

"BLOOD ON THE DANCEFLOOR : HISTORY IN THE MIX" (1997)
Oft wurde in den Jahren in diversen Jackson-Diskografien diese Platte als sein am wenigsten erfolgreiches Album abgewatscht. Was aber so tatsächlich nicht stimmt! Es handelt sich hierbei streng genommen um eine Remix-Album, das keinerlei Ersatz für ein reguläres Studioalbum darstellen sollte. Hier wurden verschiedene Remixe seines 2 Jahre zuvor erschienen Albums "History : Past, Present & Future - Book 1" zusammengetragen, die in ihrer Gesamtheit durchaus funktionierten und überzeugten. Manch ein Remix konnte aus den Originalen gar erst so richtig haruaskitzeln, was großes in ihnen steckte. So konnte sich "2Bad" erst hier im Remix der Fugees zu voller Größe entfalten, die Qualitäten von "This Time Around" kamen erst in David Morales Remix richtig zur Geltung und Tony Morans dancige Neuinterpretation von "History" übertraf das Original in derartiger Weise, das es zur Single und zum Hit wurde. Auch die 5 komplett neuen Beiträge wußten hellauf zu begeistern. Der Titelsong "Blood On The Dancefloor" geriet im Frühsommer 1997 zum veritablen Hit, die Single "Ghosts" reihte sich nahtlos in die großen Klassiker Jacko's ein, "Morphine" begeisterte als aggressiv stampfendes Monster, das im Mittelteil von einer traurigen, vom Piano begleiteten Passage zäsiert wurde, und auch "Is It Scary?" oder "Superfly Sister" überragten mit tollen Melodien und Ideen. Naturgemäß spricht eine Sammlung von Remixen ein deutlich geringeres Zielpublikum an. Und dennoch konnten sich ca. 7 Mio. Exemplare verkaufen - und ist somit das erfolgreichste Remix Album aller Zeiten, und nicht sein am wenigsten erfolgreiches Album! Richtig erzählt hört sich die Geschichte halt ganz anders an.

* * * * *

"INVINCIBLE" (2001)
Lange war es still geworden um Michael Jackson....nur gelegentliche Skandalmeldungen und Hexenjagden der Presse gab es zu genüge. Dieses Album sollte 6 Jahre nach seinem letzten Studioalben der Befreiungsschlag werden. Nach seinem bislang fast makellosen Backkatalog erwartete man durchaus viel. Doch leider konnte sein letztes Studioalbum zum ersten mal nicht einmal im Ansatz die größe der Vorgänger erreichen. Ein paar kleine Höhepunkte sind allerdings mit „Unbreakable“, „Heartbreaker“, „Break Of Dawn“, und den Singles „You Rock My World“ und „Cry“ auszumachen! Doch die computergenerierten Beats, Sounds und Syntheziser die auf diesem Album Produzent Rodney Jerkins besorgt, kleistern die Songs dermassen zu, das jeder Anflug einer Melodie in Soundeffekten untergeht, und schnell der Eindruck von Schablonenhaftig- und Eintönigkeit aufkommt. Der King of Pop war mit dem Album an seinem kreativen Tiefpunkt angekommen, das er leider nie wieder mit einer tollen neuen Platte wett machen konnte. Das Album ist nicht gruselig, aber selbiges Attribut trifft wenigstens auf den dort befindlichen Song „Speechless“ zu, das wohl den schlechtesten Jacko-Song ever darstellt. Das Album ist durchaus hörbar, doch fängt es spätestens ab der Hälfte an zu langweilen...und es bleibt so gut wie kein Song hängen. Dies klang nicht mehr nach Jacko, und dokumnetiert auf traurige Weise dem künstlerischen Abstieg eines großartigen Musikers. Doch ein Totalausfall sollte man jedem zugestehen....schade das es ausgerechnet sein letztes zu Lebzeiten erschienenes Album sein sollte, das diesen Titel trägt!

* *

Besprochen: SADE - "SOLDIER OF LOVE"

Comeback gelungen: 10 Jahre nach dem letzten Album kommt Sade zurück und stellt gar Verkaufsrekorde auf.

Seit dem letzten Album der Sängerin und ihrer Band, ist ein geschlagenes Jahrzehnt ins Land gezogen. Doch nun feiern sie mit ihrem neuen Album "Soldier Of Love" ein kommerziell veritables Comeback - über 500.000 mal ging das Album allein in den USA binnen der ersten Woche über den Ladentisch. Doch wie steht es um die Qualität? Zuallererst sei etwas betont, was vermutlich Fans der mittlerweile 51jährigen Dame hofften: an der Rezeption ihrer Musik hat sich nichts verändert. Noch immer steht die hocherotische Stimme der nigerianisch-britischen Sade Adu im Mittelpunkt, begleitet von softigen Melodien, butterzarten Harmonien und feiner Melancholie. Wer im Kosmos von Sade allerdings Experimente oder Stilbrüche erwartet, wird hier nicht nur enttäuscht sein, solch jemand ist leider ziemlich unrealistisch: in all den Jahren haben sich im Klangkosmos der Sängerin doch stets nur Nuancen verändert. Doch das macht einfach mal gar nichts: wie sie es immer wieder schafft, mit ihren weichen Melodien und ihrem gefühlvollen Gesang Gänsehaut zu erzeugen, ist legendär. Dazu braucht es hier nicht einmal einen Überhit à la "Smooth Operator". Nach "Hits" wird man hier vermutlich lange suchen - was nicht bedeutet, das hier alles in einem Guss an einem vorbei rauscht. Für kleine Veränderungen im Deatil ist Sade durchaus zu haben. So sorgen im soften Opener Gitarrenpassagen für veträumte Atmosphäre, der fulminante Titelsong "Soldier Of Love" wird von Marschtrommeln begleitet, perlendes Piano ziert das melancholische "Morning Bird", eine zart sommerliche Leichtigkeit umweht "Babyfather" und "Long Hard Road" verschlägt es ins warme Melancholie!
Eine sehr schöne Platte - Musik die die Seele streichelt!

* * * *

Sonntag, 21. Februar 2010

MUSIC-NEWS 02/10


Stets gibt es Neuigkeiten aus der Musikbranche - auch in diesem Monat gab es schon zu einiges interessantes zu erfahren.

Bei den kürzlich verliehenen Brit-Awards kamen besonders die bekanntlich im vergangenen Jahr aufgelösten Oasis gut weg: Sie erhielten für ihr 1995 erschienenes zweites Album "(What's The Story) Morning Glory" den Award als "Best British Album Of 30 Years"! Weitere Nominierungen gingen etwa an "A Rush Of Blood To The Head" (2002) von Coldplay, "The Man Who" (1999) von Travis, "No Angel" (1999) von Dido oder an "Urban Hymns" (1997) von The Verve. Warum das famose Meisterwerk "OK Computer" (1997) von Radiohead nicht einmal nominiert wurde, ist leider nicht bekannt.


Auch die Shockwaves NME Awards wurden kürzlich in England verliehen. Die Liste der Gewinner ist lang. So nahmen Kasabian den Preis für das beste Album entgegen, die Arctic Monkeys wurden als bester Live-Act geehrt und Jamie T erhielt die Auszeichnung als bester Solokünstler. Doch auch fragwürdige Gewinner gab es in Hülle und Fülle. So konnten sich wunderlicherweise Muse für den Award als beste britische Band gegen andere nominierte wie Oasis oder Arctic Monkeys durchsetzen, Paramore erhielten irrwitzigerweise den Preis als beste internationale Band, wobei sie etwa Kings Of Leon oder Vampire Weekend hinter sich ließen, und als bester Newcomer konnten sich Bombay Bicycle Club gar gegen The XX oder La Roux behaupten. Besonders verwirrend ist das Beispiel von Lady Gaga, die 2 Awards erhielt. Zum einen als am besten gekleidete Künstelerin - und ebenso als am schlechtesten gekleidete Künstlerin. Wo genau der Sinn versteckt sein soll, werden wir wohl nicht erfahren!


Ein neues Album von Coldplay steht in den Startlöchern! In der vergangenen Nacht gab Chris
Martin im brasilianischen Fernsehen bekannt, das an den Arbeiten zum Nachfolger ihres 4. Albums "Viva La Vida or Death And All His Friends" begonnen wurde. Dabei wurden extreme Sicherheitsmaßnahmen ergriffen. "Nur zwei Leute überhaupt wissen, wie man die Record Files der neuen Songs öffnet", sagte Chris Martin. "Sogar wir Bandmitglieder wissen nicht, wie das geht. Selbst wenn wir es wollten, könnten wir also unsere eigene Musik nicht stehlen." Das Album, dessen Titel noch nicht bekannt ist, wird wieder von Brian Eno produziert und soll, wenn alles gut läuft, zu Weihnachten 2010 in den Regalen stehen.


Das Comeback von Sade ist geglückt! "Soldier Of Love", ihr neues und erstes Album seit 10 Jahren, verkauft sich prächtig. Alleine in den USA ging das Album in der ersten Woche 501.000 mal über die Ladentheken - selbst im Jahr 2000, als das letzte Album von Sade erschien und einer Zeit, in der die Plattenindustire noch nicht in der Krise steckte, hätten solche Zahlen als hoch gegolten. Insgesamt konnten sich bislang alle Alben von Sade in den amerikanischen Top-10 platzieren - das ist etwas was neben ihnen bislang nur Led Zeppelin gelungen ist.


In der jüngeren Geschichte hat sich der Musikkonzern EMI nicht sonderlich mit Ruhm bekleckert. So hatten sie in den letzten Jahren nicht nur durch radikale Einsparungen solch Größen wie The Rolling Stones, Paul McCartney, Radiohead oder Mando Diao vergrault. Kürzlich gab der verschuldete Musikriese gar bekannt, die legendären Abbey-Road-Studios veräußern zu wollen, um sich eine Finanzspritze von erhofften 30 Mio. Euro zu verschaffen. Ob das Studio vom neuen Besitzer weiterhin geführt werden sollte, war unklar. Nach weltweiten Protesten, einer Facebook-Kampagne für ihren Erhalt und dem Einsatz von Sir Paul McCartney höchstpersönlich, hat sich EMI, wie nun in einer Pressemitteilung erklärt wurde, entschlossen die Studios zu behalten und sie mit einer weiteren "Interessengruppe" zu revitalisieren. In den Abbey-Road-Studios wurden u.a. (bis auf "Let It Be") alle Beatles-Alben eingespielt, sowie Klassiker von Pink Floyd oder Oasis, als auch die Filmmusik zu "Herr der Ringe" oder "Harry Potter". Berühmt wurde auch die Straße selbst, nach der die Studios benannt sind - oder besser gesagt ein Zebrastreifen. Eben jener, den die Beatles auf dem Cover des ebenfalls gleichnamigen Albums "Abbey Road" überqueren.
NACHTRAG: Wenige Tage später wurde bekannt, das die britische Regierung das Studio in die Liste der schützenswerten Gebäude aufgenommen hat. Demnach müssen sämtlcihe Veränderungen die am Objekt verübt werden sollen, zuerst der britischen Regierung vorgelegt werden.
Kulturministerin Margaret Hodge sagte zur Abbey-Road-Rettung: "Abbey Road zeichnet mit verantwortlich für die beste Musik überhaupt". Hodge sagte, ihr Lieblingssong "If I Fell" von den Beatles, sei 1964 dort aufgenommen worden. "Das Gebäude zu retten ist für mich so aufregend wie diesen Song zum allerersten Mal zu hören." Der Fortbestand des legendären Aufnahmestudios gilt damit als gesichert.


Ein neues Album von The Rapture ist in Arbeit. Wie die Band soeben vermeldete, soll der Nachfolger vom 2006er "All The Pieces We Love" alle Erwartungen übertreffen - und es solle 100 mal besser werden als das iPad! Die New Yorker arbeiten mit Phoenix-Produzent Phillipe Zdar zusammen. "In Paris aufzunehmen", sagte Bandmitglied Gabe Andruzzi, "gibt dem Ganzen eine mystische, magische Note. Es wird eine Art Interface zur Seele herstellen auf eine nie zuvor da gewesene Weise." Wahrlich große Worte - warten wir ab ob sie den Worten tatsächlich Taten fogen lassen. Voraussichtlich soll das neue Album Im Sommer 2010 zu haben sein.


Die Nachricht vom baldigen erscheinen des 2. Albums "Congratulations" des Brooklyner Duo's MGMT ist nicht
ganz so taufrisch - umso frischer allerdings ist die Neuigkeit des Cover-Artworks, das MGMT nun veröffentlicht haben (Abb. rechts). Das Cover zeigt eine surfende Katze, die von einer katzenförmigen Welle überrollt wird. Entworfen hat es der Cartoonist Athony Ausgang, der schon länger zu der Band Kontakt pflegt.

Der Nachfolger ihres umfeierten Debüts "Oracular Spectacular" aus dem Jahr 2008, soll am 12. April 2010 in den Läden stehen.


Ebenfalls im Begriff ein lang erwartetes neues Album vorzulegen, ist die US-Band No Doubt. Zuletzt gab es 2001 das Album "Rocksteady". Die Jahre seitdem nutzte Frontfrau Gwen Stefani für den Aufbau einer Solokarriere und einer Familie. Nun hat die Band sich wieder zusammen gefunden. Laut Stefani lassen sie sich während der Entstehung des Albums vor allem von One-Hit-Wonders der 80er Jahre inspirieren.
Wie das alles am Ende klingen wird, müssen wir noch geduldig abwarten: Das Album soll voraussichtlich erst Ende 2010 erscheinen.


Ebenfalls mit einem neuen Album sind derzeit die Briten von Franz Ferdinand beschäftigt. Kürzlich bestätigte die Band, das sie gemeinsam an Songs für ihr viertes Album arbeiten. Wann genau der Nachfolger des eher mit gemischten Gefühlen aufgenommenen 3. Albums "Tonight...Franz Ferdinand" aus dem vergangenen Jahr erscheinen wird, ist noch nicht bekannt.



Kürzlich noch bemerkte Julian Casablancas von The Strokes in einem
Interview bezüglich seines Solo-Debütalbums, das er momentan nicht wisse wo es mit seiner eigentlichen Band hinführe und wann oder ob sie sich um neues Material bemühen würden. Doch nun ist es raus: die Arbeiten am Nachfolger des 2005 erschienen 3. Albums "First Impressions Of Earth" haben begonnen - auf youtube.com kann man bereits ein Backstage-Video begutachten, das die Band beim Proben neuer Songs zeigt. Das fertige Album soll voraussichtlich im September erscheinen.



Besprochen: MARINA & THE DIAMONDS - "THE FAMILY JEWELS"

Mit ihrem gelungenen Debüt hat die junge Newcomerin alle Karten auf der Hand, um sich den Titel des neuesten Pop-Sterns zu erspielen!

Dieser Tage erscheint das Debütalbum der in London lebenden Marina Labrini Diamandes - vielleicht jenen besser als Marina & The Diamonds bekannt, die sie bereits in ihrem Clip zu "I Am Not A Robot" bewundern durften, in der sie eine Exaltiertheit an den Tag legt, die an Lady Gaga erinnert. Die Sängerin und Songwriterin walisisch-griechischer Abstammung geht musikalisch allerdings deutlich andere Wege - so liegt der Sound ihres Debütalbums "The Family Jewels" eher irgendwo zwischen Lily Allen und Kate Nash. Doch was sie hier in Form von 12 funkelnden Pop-Juwelen darbietet, besitzt eine erstaunliche Vielseitigkeit und fügt sich dennoch mühelos zu einem stimmigen Ganzen zusammen. So startet das Album gleich in den ersten Hit "Are You Satisfied?" - ein unwiderstehlich catchy melodischer, von perlenden Piano's, E-Gitarren und fiedelnden Streichern angereicherter Ohrwurm, der glücklich machen kann. Und dann fliegen einem die Ohrwürmer praktisch nur so um die Ohren: mit "Shampain" liefert sie einen glossy Glam-Disco-Kracher, "I Am Not A Robot" mutiert zum Überhit der selbst Lily Allen vor Neid erblassen lässt, auf "Girls" gibt sie frechen Bubblegum-Punk-Pop, wie ihn sich Katy Perry in ihren wildesten Träumen nicht ausmalen könnte, mit "Mowgli's Road" kredenzt sie melodisch mitreißenden Piano-Pop,
"Hollywood" präsentiert sich mit großartigen Synthezisern untermalt als ultimativ eindringlicher Ohrwurm , der soft 80s-infizierte "The Outsider" ist ein mit unwiderstehlicher Melodie bestechender Ohrfänger, "Hermit The Frog" kommt als gut gelaunter und catchy Kabarett-Pop ", "Oh No" ist extrem eingängiger und höchst hitverdächtiger Uptempo-Pop, "Numb" eine strahlende, hymnische Orchester-Ballade und "Guilty" beschließt dieses famose Debüt als einnehmende, melancholische Pop-Perle! Ein erstaunliches Debütalbum das die junge Dame hier vorlegt, und auf dem sie alle Songs selber geschrieben hat. Hiermit beweist sie, das sie das Zeug hat, der neue Stern am Pop-Himmel zu werden! Ein Album, das man immer und immer und immer wieder hören will! Ein Stück Pop zum niederknien!!!

* * * * *

Mittwoch, 17. Februar 2010

Diskografie: BLOC PARTY

Eine Diskografie die, wie hier bei der britischen Band Bloc Party, bisher nur über 3 reguläre Studioalben verfügt, scheint nicht zwingend notwendig zu sein. Doch wir haben ja bereits aus der Musikgeschichte gelernt, das viele Alben oft nicht nötig waren, um in selbige einzugehen. Man nehme Joy Division, Nirvana, Sex Pistols, The Stone Roses, The Libertines...und die Liste liesse sich endlos weiter führen. Bloc Party's Diskografie wird mit Sicherheit noch weiter wachsen, aber aufgrund ihrer erklärten kreativen Pause, um ohne Druck ein gutes Album abzuliefern, widme ich mich nun ihren bisherigen 3 Alben - die großartiger nicht sein könnten!

"SILENT ALARM" (2005)
Das überragende Debütalbum als Speerspitze der 2005 über Europa hereinbrechenden "England-Welle"!

Was hier Anfang 2005 kam, war nicht irgendein Debüt einer britischen Indierock-Band, sondern DIE Speerspitze der "England-Welle", die über das Jahr hinweg durch Europa tobte. Diese musikalische Urgewalt bracht sie zum rollen! Elektrisierender, mitreissender, dynamischer und energiegeladener New-Wave-Indierock, der mal eben so nebenbei ein wirkliche Message in die Köpfe der Party-Community pflanzte: In ihren knackigen, Funken sprühenden, mitreissend tanzbaren Hits spricht die Band in den Lyrics sozial- und politkritische Themen an und sind voll mit Blair- und Bush-Kritik. Noch ein Grund mehr eine große Sympathie für diese Musik zu hegen. Aber das wichtigste ist ja nun mal die Musik - und die spricht hier deutlich für sich! Sänger Kele Okereke singt, jault, schmachtet, keift, bellt und sehnsüchtelt was seine Stimme hergibt, Gitarrist Russel Lissack schüttelt die dynamischsten und Haken schlagendsten Riffs und Soli aus dem Ärmel, Drummer Matt Tong drischt in die Felle wie ein besessener und ziert die Songs mit präsenten Beats und Bassit und Keyboarder Gordon Moakes besorgte nebenbei noch den Backgroundgesang. Was sie einem hier bieten, lässt einem schonmal die Kinnlade in die Kniekehlen krachen: Der großartige Opener "Like Eating Glass", das minimalistisch treibende, mit wohl DEM Gitarrensolo des Jahres aufwartende "Positive Tension", den ultimativen und catchy Indie-Club-Hit "Banquet", das dynamisch treibende "She's Hearing Voices", das wunderbare und schier zeitlose "This Modern Love", der melacholisch-paranoide Hit "The Pioneers", der mit psychedelischen Elementen spielende Ohrwurm "Price Of Gas", die existenzialistische Ballade "So Here We Are", das treibend-hektische und mitreissende, fast schon hymnische "Luno", und in der (sehr zu empfehlenden) Special Editon noch ihre erste, rare und vergriffene Single "Little Thoughts" oder ihrer damals brandneuen Non-Album-Single "Two More Years". Aber auch ohne diesen Bonus ist dies eine Platte, die einen wichtigen Eindruck in der jüngeren Musikgeschichte hinterlassen hat. Hier gibt es immer wieder einen Haken der geschlagen, eine Überraschung die plötzlich aus der Kiste gezaubert wird. Ihren ureigenen und unvergleichlichen Klangcharakter prägten sie hier, den sie bis heute besitzen. Wenn man grad glaubt alles gehört zu haben, was der Song einem zu sagen hat, macht die Band plötzlich eine Kehrtwende und offenbart ungeahnte Hooklines, Gitarrensoli oder Melodie- und Tempowechsel. Nichts hier ist so wie es zu sein scheint - außer der Tatsache das dies ein mehr als beachtliches Debüt ist.
Der deutsche "Musikexpress" machte sie einst zur Platte des Monats mit Höchstwertung von 6 Sternen und listete sie auf Platz 6 der besten Platten des Jahres 2005. Die 2 größten britischen Musikmagazine "Q" und "NME" adelten sie einstimmig zur besten Platte des Jahres. Der "NME" listet sie zudem in den "100 Greatest British Albums Of All Time" auf Rang 55, "VISIONS" setzte sie in ihre Liste der "150 Platten für die Ewigkeit" auf die 88 und sind bei diversen Bestenlisten der vergangenen Dekade vertreten - so wie "NME" oder "Pitchfork".
Ein famoses Album das immer wieder aufs neue zu begeistern vermag! Ein Meisterwerk!!!

* * * * * *


"A WEEKEND IN THE CITY" (2007)
Das zweite Album der britischen Kritiker-Lieblinge ist kein "Silent Alarm 2.0" geworden - und das ist auch gut so!

Das massiv eingeschlagene Debüt "Silent Alarm" war ein funky tanzbares, stramm geschnürtes Bündel voller Hits - und Bloc Party wurden damit zum polit- und gesellschaftskritischen Gewissen der Party-Crowd! Doch das unter Musikern gefürchtete "schwierige" zweite Album, sollte laut Sänger Kele Okereke auf keinen Fall eine Art "Silent Alarm 2.0" werden. Was sie auf diesem großartigen Album meisterlich umsetzten. Sie entwickelten sich auf "A Weekend In The City" enorm weiter - alles klingt düsterer, experimeteller, elektronischer, epischer und ernster! Erst hier kommt der Hang zum Experiment der Band stark zur Geltung - kein Wunder, nennt die Band doch
die Klangrevolutionäre von Radiohead und den Verwandlungskünstler David Bowie, als maßgebliche Inspiration für den Sound des Albums. Die Lyrics sind noch polit- und gesellschaftskritischer, tiefsinniger und vielschichtiger als auf dem Debüt, was zudem hier auch mit musikalischer Wandelbarkeit einher geht. Im gesamten bringt diese Platte die Ängste, Probleme und das Chaos, aber auch die schönen kleinen Momente der Hoffnung unserer gebeutelten Generation treffsicher auf den Punkt und bannt sie in epische, dunkle Hymnen. Im düster treibenden "Hunting For Witches" verurteilen sie die medial angeheizte Volks-Paranoia nach 9/11, "Waiting For The 7.18" offenbart sich als hoffnungsspendende Hymne die unter die Haut geht, die Vorab-Single "The Prayer" ist ein experimenteller, dunkel-tanzbarer, von düsteren Chorälen, verzerrten Gitarren und flirrenden Synthies untermalter Elektro-Art -Pop-Ohrwurm, im eindringlichen, düsteren Prog-Indierock-Epos "Uniform" beklagen sie die Uniformiertheit der heutigen Jugend, im tiefschwarzen, experimentellen, verstörend grandiosen "Where Is Home?" arbeitet der Sänger Kele den rassistisch motivierten Mord an seinem Cousin auf und prangert die Fremdenfeindlichkeit in England an. Auf dem himmlischen, getragenen "Kreuzberg" thematisieren sie das homosexuelle (Sex-)Leben in Ost-Berlin, die weit in den Himmel strahlende, melodische Perle "I Still Remember" erzählt romantisch und einfühlsam die Geschichte von einer schwulen Schuljungenverliebtheit, "Flux" begeistert als mitreissende, melodische und geniale rockige Aufarbeitung von 90er-Jahre-Eurodance, oder das tief melancholische und atmosphärische "SRXT" (steht für das Antidepressivum Seroxat), dessen Lyrics sich lesen wie der Abschiedsbrief eines Selbstmörders. Eine dunkle und eindringliche Reise die einen ultimativ mitreisst. Ein fantastisches Album!!!

* * * * *1/2


"INTIMACY" (2008)
Spätestens mit ihrem 3. Album outete sich die Band endgültig als eine der größten Neulinge der Dekade und legte ihr 3. Meisterwerk in Folge ab!

In der Musik ist es häufig so: nach einem geglückten Debüt liegt der enorme Druck auf dem "schwierigen" 2. Album, die Erwartungen der Hörerschaft zu erfüllen. Kann auch der Nachfolger überzeugen, liegt eine umso schwerere Last auf dem nun noch schwierigeren 3. Album, das oft darüber entscheidet, ob die kreativen Quellen weiter sprudeln oder in Gefälligkeit versickern. Bloc Party's drittes Album "Intimacy" schäumt wieder einmal über vor Kreativität. Sie vereinen hier sozusagen die Essenzen der ersten beiden Alben und erweitern sie um eine plus an Experimentierfreude. Das zeigt der Start des Albums schon ganz deutlich, mit dem verstörend treibenden, aggressiv eindringlichen Art-Elektro-Rock-Bastard "Ares". Ebenso wie das darauf folgende "Mercury" - ein treibendes, elektronisches, von Beats und Bläsern from hell untermaltes Elektro-Pop-Monster, das viele Fans Anfangs irritierte. Doch sie sollten bald kapieren das "Mercury" ein Hit ist....und sie sollten tanzen. Das dieser Song als Vorab-Single veröffentlicht wurde, sollte deutlich machen, das es Bloc Party nicht auf die Charts abgesehen haben, sondern immer die Kunst im Auge behalten. Ironischerweise konnte dieser sehr experimentelle und schwerer zugängliche Song, ihre bis dato höchste Chartsplatzierung in Deutschland verzeichnen. Die Bandbreite der unterschiedlichsten Einflüsse ist hier so groß wie noch nie bei Bloc Party. Das reicht vom eingängig treibenden Indie-Rock-Ohrwurm "Halo", der getragenen, atmosphärischen Art-Pop-Perle "Biko", dem mit sägend eindringlichen Gitarrenriffs begeisternden, catchy mitreissenden "Trojan Horse", der glöckelnden und hypnotisch wunderbaren Art-Pop-Ballade "Signs", über den dynamischen Indie-Rock-Kracher "One Month Off", die kunstvolle, beatige, experimetierfreudige und düster lauernde Offenbarung "Zephyrus", den düster-melodischen Indie-Rock-Hit "Talons", der melancholisch dunklen, einnehmend atmosphärischen Großtat "Better Than Heaven", bis hin zur großartigen und fulminanten Hymne "Ion Square" oder der im Dancefloor der frühen 90er schwelgende Überhit und massive Ohrwurm "One More Chance", der
von melodischer Synthie-Piano-Hookline angetriebenen wird! Besser hätten es die Jungs von Bloc Party kaum machen können. Ihre Musik bleibt weiterhin relevant und macht verdammt hungrig auf mehr! Bis zum nächsten Meisterwerk!

* * * * *1/2