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Montag, 16. Juni 2014

Besprochen: LANA DEL REY - "ULTRAVIOLENCE"

Mit ihrem neuen und dritten Album ist Lana Del Rey ein düsteres und schillerndes Vintage-Pop-Meisterstück gelungen, in das man sich buchstäblich verlieben kann. Das könnte eine Herzplatte werden...

Es war ja schon ein recht durchwachsener Start, den ich einst mit der amerikanischen Newcomerin Lana Del Rey erlebte. Die ersten populären Hits wie "Video Games" oder "Blue Jeans" konnten mich zwar auf Anhieb überzeugen, nur das daraufhin folgende 2012er Durchbruchs-Album "Born To Die" machte mir die Sache da schon ein wenig schwerer. Irgendwie war ich hin her gerissen, konnte nicht so recht einordnen wie ich all das finden sollte. Als sie es kurz darauf aber in einer neuen Edition gemeinsam mit der ganz frisch produzierten EP "Paradise" heraus brachte, war ich schlussendlich  dann doch überzeugt. Dieser herrliche Lifestyle eines längst vergangenen Amerikas, diese nostalgische Romantik des gestrigen und das dazu fabelhaft abgestimmte Lolita-hafte Image, mit dem sie stets kokettierte, verfehlte seine Wirkung nicht. Denn hiermit hatte die Dame eine musikalische Nische ausgefüllt, die zuvor vollkommen unbesetzt war. 
Nun hat Lana Del Rey ihr von nicht wenigen mit großer Spannung erwartetes drittes Album "Ultraviolence" nachgereicht. Man hatte eigentlich eine direkte Fortführung des erfolgreichen Vorgängers erwartet. Und das Grundrezept bleibt auch hier zumeist dasselbe: auch weiterhin zitiert sich Lana Del Rey munter durch den romantisierten Zeitgeist der 50er und 60er Jahre. Doch die neue Platte zeigt in ihrer Gesamtheit eine junge Musikerin, die zwar ihrem gewohnten Stil treu bleibt, sich dabei aber spür- und hörbar weiterentwickelt hat. Dies spiegelt sich etwa schon in der hervorragenden Wahl des Produzenten wider. Anstatt wie zuletzt auf diverse ihrer Zunft zurück zu greifen, holte sie sich hier fast ausschließlich Dan Auerbach an Bord - der etwa mit an Michael Kiwanuka's tollem Debüt  arbeitete, das ganz fabelhafte letztjährige Album von Hanni El Khatib produzierte und selber der Band The Black Keys vorsteht. Ursprünglich war zwar nur eine kurze Zusammenarbeit für wenige Songs gedacht, doch im Studio entwickelte sich dies dann zu fast einem  gesamten Album (nur 3 Songs wurden nicht von ihm bearbeitet), über dessen Entstehung  der Produzent in einem Interview so schön sagte: "She impressed me every day. There were moments when she was fighting me. I could sense that maybe she didn't want to have anybody think she wasn't in control, because I'm sure it's really hard to be a woman in the music business. So we bumped heads a little bit, but at the end of the day we were dancing to the songs." 

Und das Ergebnis verleitet auch den Hörer zum Tanzen, zumeist verträumt oder in bittersüßer Melancholie versunken. Denn irgendwie ist das alles noch dunkler, noch faszinierender, noch durchdachter - und nicht so sehr auf den Dauereinsatz im Format-Radio zugeschnitten. Auf gewisse Weise könnte man es fast "unkommerzieller" nennen. Schon die erste Single offenbarte sich dabei als Volltreffer: mit herrlich wirbelnden Drums und einer minimalistischen, aber klaren Gitarren-Hookline, bestreitet sie schon die fantastischen Verse von "West Coast" - ehe zum atmosphärischen und famos daher gesäuselten Refrain wieder die psychedelisch im Raum hängenden Western-Gitarren auspackt werden. Und gen Ende kommt dann sogar ein einsamer und genial gesetzter Synthesizer mit ins Spiel, der sich langsam und bedächtig in die Hirnwindungen des Hörers schmeichelt. Zusammen genommen ein kleines Pop-Wunderwerk - das Dank des typischen Hörverhaltens der Deutschen, auf einem peinlichen 50. Platz der hiesigen Charts versumpfte. Welch eine Schande...



Doch auch wenn man es vielleicht nicht erwartet hat: hier ist vor allem das Gesamtwerk von Bedeutung. Auf "Ultraviolence" hat man zum ersten Mal bei Lana Del Rey das Gefühl, es mit einer ernstzunehmenden Künstlerin zu tun zu haben, welche uns mit voller Inspiration wunderbare Klänge in die Ohren gießt, die ohne Probleme süchtig machen können. Schon der Start vermag hellauf zu begeistern, wenn sie uns mit dem 6 1/2-minütigen "Cruel World" (♪♫♪) eine melancholisch-schöne und verträumt schwebende Hymne ans Herz legt, die man sehr schnell in selbiges schließen wird. Die zweite Single "Shades of Cool" (♪♫♪) macht auch eine außerordentlich gute Figur - als ein in schattigen und zugleich glamurösen Farben gemaltes und verführerisches Schmuckstück, das sich zum Ende in einem herrlichen Gitarrensolo verliert. "Sad Girl" (♪♫♪) gibt sich als leidenschaftliche, atmosphärische und von einer wunderbaren Melodie beseelte Ballade und "Brooklyn Baby" (♪♫♪) bietet ein psychedelisch veranlagtes, melodieverliebtes und fast schon hypnotisierendes kleines Song-Juwel. Das tieftraurige "Pretty When You Cry" (♪♫♪) reitet ebenso schwerelos wie schwermütig mit minimalistischen Gitarren des Weges und "Money Power Glory" (♪♫♪)  tapst auf verführerisch samtigen Versen daher, um sich im Refrain zu voller majestätischer Pracht zu erheben - während die grandiose und erhabene Ballade "Old Money" (♪♫♪) mit Piano, Streichern und einer wundervollen Melodie verzaubert. Und zum krönenden Abschluss gibt sie auch noch eine Coverversion eines Klassikers zum Besten, der bereits von Nina Simone oder Jeff Buckley besungen wurde: die wunderbare Jazz-Perle "The Other Woman" (♪♫♪).

Nachdem der Vorgänger "Born To Die" vor allem von seinen großen und erfolgreichen Singles lebte, abseits dessen aber immer recht durchwachsen blieb, folgt "Ultraviolence" nun einem anderen Konzept. Es soll offenkundig kein Album sein, das vor allem sichere Welthits abwirft. Es soll ganz einfach nur das wunderbare, verliebenswerte und in sich geschlossen klingende Vintage-Pop-Meisterstück sein, welches es in meinen Ohren auch geworden ist. Ein irgendwie zeitloses Werk, das einen gehörig zu fesseln vermag, mit all seiner düsteren Anmut und seinen bittersüßen Melodien.
Eigentlich möchte man einfach nur schwelgen, sehnen, weinen und träumen zu diesem Stück Musik. Man möchte es ganz fest an sein Herz drücken und mit einer Träne im Auge hinaus in die Nacht tanzen - und am liebsten gar nicht mehr aufhören.