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Montag, 2. Januar 2017

Bestenliste: DIE BESTEN PLATTEN 2016!


Lange Monate habe ich diesen Blog hier aus Zeitmangel vernachlässigt - und auch mit meinen Platten des Jahres bin ich nicht nur sehr spät dran (noch nie ist es zuvor vorgekommen, dass ich meine Platten des Jahres erst zum Beginn des neuen Jahres veröffentlichte), sondern fällt diese Liste mit "nur" 15 Platzierungen  diesmal auch so kurz aus, wie noch nie zuvor (sonst bewegte es sich je nach Jahr zwischen wenigstens 20 und höchstens 50 Plätzen). Wobei das Musikjahr 2016 ein in meinen Ohren sehr gutes war - doch hab ich leider einfach nicht genügend Zeit und Energie aufbringen können, um mehr als nur meine 15 Alben des Jahres 2016 zusammen zu bekommen. Es musste hier zum Teil auch sehr schnell gehen und normalerweise würde ich jetzt noch ein Weilchen an den Texten herum feilen. Aber das muss jetzt halt funktionieren so wie es ist - weil ich sonst hier noch locker bis Februar beschäftigt wäre. ;) So wirkt die Liste immerhin etwas "knackiger" und übersichtlicher - und bietet somit quasi die für mich persönlich "ultimativen" Platten des Jahres!



15. ALICIA KEYS - "HERE"


In den letzten Jahren, aber ganz speziell in 2016, hat es so manchen eher im Mainstream beheimateten Künstler gegeben, der auf gewisse Weise endgültig künstlerisch erwachsen werden wollte. Einer von ihnen war Alicia Keys - womit aber nicht auf ihre derzeitige No-Make-Up-Attitüde angespielt werden soll. Es ist schon viel darüber diskutiert worden, dass sie sich derzeit im Grunde nur noch ohne Make Up zeigt - was sich auch auf dem Cover ihres diesjährigen Albums "Here" wiederholt. Es ist aber nicht der (durchaus positive) optische Wandel, der hier gemeint ist, sondern der musikalische. Das deutete sie schon im Frühjahr mit der ersten Single "In Common" an: einer getragenen und wunderbar melodischen Perle, die mit Tropical- und Dancehall-Elementen spielt. Auf dem nun zum Ende diesen Jahres endlich nachgereichten Album findet es sich allerdings nur auf der Deluxe-Edition wieder, was aber eine recht gute Entscheidung war, hätte es aus dem Gesamtsound des Albums doch zu sehr heraus geragt. Zwar zeigte es auch eine andere, tatsächlich ein bisschen weniger am typischen Mainstream orientierte Seite von ihr - doch auf der neuen Platte verfolgt sie einen etwas anderen Ansatz. "Here" klingt minimalistischer, klassischer und authentischer, als das meiste, was sie bisher musikalisch so ausgeheckt hat. Vermutlich hat wohl noch kein Album von ihr so in sich geschlossen geklungen, trotz seiner relativen stilistischen Vielfältigkeit. Mal dreht sie in "The Gospel" aus perlenden Pianos, minimalistischen Marschtrommeln und den im Titel angesprochenen Gospel-Chören einen Ohrwurm, dann untermalt sie in "The Pawn" eine leidenschaftliche und groovige Soul-Perle mit einem soft pochenden Beat, oder lässt sich wie im grandiosen und melancholischen "Kill Your Mama" nur von einer akustischen Gitarre begleiten. Auch verstärkt von (akustischen) Gitarren geprägt zeigt sich die wunderbare Single "Blended Family (What You So For Love)", das melodische und stimmungsvoll tänzelnde "Girl Can't Be Herself" oder auch das fantastische und geradezu hymnische "Holy War" (♪♫♪), welches das Album abschließt - und wonach man selbiges gleich wieder von vorne hören will. 





14. WHITNEY - "LIGHT UPON THE LAKE"


Auch wenn bei dem Namen wohl die meisten instinktiv an die 2012 verstorbene Miss Houston denken werden, so hat dies hier mit ihr wohl denkbar wenig zu tun. Denn hinter dem Namen Whitney verbirgt sich eine Newcomer-Indierock-Band aus Chicago, die im Sommer diesen Jahres mit "Light Upon The Lake" ihr Debüt vorlegte, welches von der Kritik mit Begeisterung aufgenommen wurde. Das muss einen auch keineswegs wundern - denn hier hat die Band uns ein so feines musikalisches Süppchen aus Indierock, Folk und Psychedelic Pop zusammen gerührt, dass es ein wahrer Hochgenuss ist. Ganz wunderbar illustriert das schon die Eröffnungsnummer und erste Single "No Woman" (♪♫♪), die aus Indie-Folk-Einflüssen, melodisch sanften Gitarren, schwerelosen Streichern und feierlichen Bläsern einen künftigen Klassiker bastelt. Und dem folgt noch so viel wunderbares - sowas wie das sonnenscheinig melodische "The Falls",   der ausgelassen psychedelisch tänzelnde Ohrfänger "No Matter Where We Go", der warmherzige und von leidenschaftlichen Gitarren und Bläsern untermalte "Dave's Song", oder der wunderbare, traumverloren folkige Titelsong "Light Upon The Lake". Ein zeitloses und zugleich wie aus der Zeit gefallenes Album, von dem man fast schwören könnte, dass es schon lange ein Klassiker wäre, wenn man es denn nicht besser wüsste. 





13. KANYE WEST - "THE LIFE OF PABLO"

Was ist "The Life of Pablo" eigentlich wirklich? Ist die neueste Platte von Kanye West noch ein Album, oder vielleicht doch vielmehr ein wahnwitziger, gewaltiger, atmender und sich stetig wandelnder Koloss? So richtig weiß man keine Worte zu finden. Doch wie leicht ist es schon ein Album zu beschreiben, dass lange Zeit nur in digitaler Form über TIDAL zu hören und ursprünglich als reiner Stream geplant war - und welches von Kanye West immer wieder durch diverse Updates ergänzte wurde!? So wandelten sich Songs und Tracklist immer wieder, und und manchmal stießen auch neue Gastmusiker hinzu. Und am Ende konnte man sich nie so richtig sicher sein, ob die eigenen Lieblingssongs in eine paar Wochen noch immer so klingen würden, wie man sie liebte. Aber dennoch: auch wenn "The Life of Pablo" genau genommen kein perfektes Album ist und durchaus seine Höhen und Tiefen hat, so hat West doch auch hier wieder so manch ein Highlight zu bieten. Ob nun der herrliche, mit Einflüssen aus Rap, R&B, Soul und Gospel spielende Opener "Ultralight Beam", dass in den Versen unterschwellig düster veranlagte und in den Refrains um Gastvocals von Rihanna erweiterte "Famous", der astreine Ohrwurm "Waves", bei dem auch Chris Brown und Kid Cudi mit von der Partie sind, das ziemlich großartig produzierte "FML" mit The Weeknd, das geniale "Wolves" (♪♫♪), in dem auch Sia für eine Passage dazu stößt, das stark housig veranlagte und von diversen prägnanten Gesangs-Samples durchzogene "Fade", oder das melancholische "Saint Pablo" mit dem britischen Sänger Sampha, dass im Sommer diesen Jahres - 4 Monate nach der Veröffentlichung des Albums - als (bisher) letzter Song seinen Weg auf das Album fand. Und auch wenn man sich immer noch nicht so richtig sicher sein mag, ob Kanye West dem Album nicht noch ein paar weitere Metamorphosen verordnet, so ist "The Life of Pablo" bis dato ein zwar einerseits irgendwie zerrissenes und unstetes, aber gleichzeitig auch faszinierendes, lebendiges und unberechenbares Album. 






12. PJ HARVEY - "THE HOPE SIX DEMOLITION PROJECT"

Das die britische Musikerin PJ Harvey immer und immer wieder für ganz hervorragende Musik gut ist, wissen viele wohl nicht erst seit ihrem letzten Album "Let England Shake", auch wenn es vermutlich ihr bisheriges Meisterwerk darstellt. Das ihr neues Album "The Hope Six Demolition Project" dies nicht toppen kann, hat aber ganz und gar nichts negatives zu bedeuten. Denn trotzdem ist ihr hier ein verdammt feines Album gelungen, dass man wie eine Art Reisetagebuch betrachten kann. So liefern die Songs der Platte diverse Beobachtungen, die sie auf ihren Reisen durch Washington, Afghanistan oder den Kosovo machte. Doch es sind nicht einfach harmonische Bilder, die sie hier verarbeitet und in den Köpfen der Hörer herauf beschwört. Mal sind es beklemmende Bilder, wie die nahezu apokalyptischen Szenen aus Afghanistan, die sie in "The Ministry of Defence" (♪♫♪) verarbeitet, und mal sind es die alltäglichen Beobachtungen, wie sie sie etwa in "Near The Memorials Of Vietnam And Lincoln" schildert. Manchmal irgendwie auch ein wenig von beidem, wie etwa in "The Wheel", welches ihre Eindrücke auf ihrer Reise in den Kosovo beschreibt.  Das sie all das dann auch noch in ganz hervorragende Musik gießt, die von Alternative-Rock über Folk bis hin zu Psychedelic- und Jazz-Einflüssen reicht, ist bei PJ Harvey kaum eine Überraschung. 





11. NICK CAVE & THE BAD SEEDS - "SKELETON TREE"


Wie ja nicht gerade untypisch für Nick Cave, war auch sein diesjähriges Album "Skeleton Tree" ein außerordentlich düsteres und schwermütiges Album. Themen wie Tod und Sterblichkeit sind hier allgegenwärtig, so das man fast schon denken könnte, dass diese 8 neuen Stücke seine Reaktion auf den Tod seines 15jährigen Sohnes seien, der vor wenigen Monaten tragisch verunglückte. Doch die meisten Songs entstanden bereits vor seinem tragischen Unfall - was dieses Album in gewisser Weise aber manchmal auch fast schon prophetisch erscheinen lässt. Auch wenn die unfassbar traurigen Ereignisse um Nick Cave mit der Entstehung der Songs als solches nichts zu tun haben, so wird dem Hörer in Anbetracht seines persönlichen Schicksalsschlags beim Genuss dieser Platte noch ein wenig mehr Gänsehaut beschert. Denn schon ganz für sich betrachtet, ist ihm und seiner Band hier ein fantastisches, beklemmendes und eindringlich emotionales Album gelungen. Als hervorragendes Beispiel dient gleich der Opener "Jesus Alone" (♪♫♪): ein kleines, dunkles Meisterstück, dass sich auf fast ambient-artige Weise auf düster brummenden Synthesizern treiben lässt. Und je weiter Nick Cave und seine Bad Seeds auf der neuen Platte voran schreiten, durchstreifen sie dabei die verschiedensten Facetten düsterer Klangwelten. "Rings of Saturn" etwa zeigt sich dabei sehr melodisch und überwiegend von gesprochenen Passagen geprägt (und weckt zumindest bei mir immer wieder Erinnerungen an R.E.M.'s "E-Bow The Letter"), das schwermütige "Girl In Amber" wird von einer getragenen Atmosphäre, sanften Pianos und geisterhaften Chören untermalt, "I Need You" fügt dem sogar (wenn man es ein wenig böse ausdrücken will) eine leicht kitschige Note hinzu, im Duett mit der dänischen Sopranistin Else Torp schwebt "Distant Sky" mit einem traurigen und zugleich fast versöhnlichen Charakter auf sanften Orgelklängen daher, und der melancholische Titelsong "Skeleton Tree" entwickelt zum Ende der Platte gar schon fast popige Qualitäten. Auch wenn manch einer vielleicht ein wenig Geduld aufbringen muss, sich ganz in die dunkle und schattige, aber auch ergreifende Welt von "Skeleton Tree" hinein zu hören - diese Geduld ist es allemal wert.





10. BEYONCÉ - "LEMONADE"

Es war streng genommen nicht ihr diesjähriges Album "Lemonade", dass die kleine Revolution und den hörbaren Kurswechsel in Beyoncé's Karriere markierte. Das tat sie bereits mit dessen 2013er Vorgänger "Beyoncé". Die Zeiten der vorangegangenen 10 Jahre, in denen sie insgesamt 4 Studioalben veröffentlichte, die immer demselben und ernüchternden Grundrezept folgten, ein paar handfeste Ohrwürmer mit äußerst beliebigem Füllmaterial auf Albumlänge zu strecken, waren auf einmal wie hinfort gefegt. Plötzlich ergab ein komplettes Album von Miss Knowles einen Sinn - und zum ersten mal schien sie die Gesamtwirkung einer Platte über einzelne Hits zu stellen. Und da wo sie bei "Beoyncé" aufhörte, machte sie in diesem Jahr auf "Lemonade" weiter. Auch ihre neue Platte war wieder ein "visual album", dass hochwertig produzierte Musikvideos zu allen Albumtracks automatisch mitlieferte - und auch die künstlerische und kreative Herangehensweise war eine ähnliche. Und doch ist "Lemonade" anders: es ist wohl Beyoncé's stilistisch bislang mit Abstand vielseitigstes Album, dass aber trotzdem auch in seiner Gesamtheit durchweg zu überzeugen weiß. Und auf "Lemonade" kann es mitunter schon ziemlich bunt zugehen: so fußt etwa der fabelhafte Ohrwurm "Hold Up" (♪♫♪) auf einem prägnanten Sample eines Easy-Listening-Klassikers von Andy Williams, "Don't Hurt Yourself" hört man mit seiner kratzbürstig-rockigen Ausrichtung deutlich die Kollaboration mit Jack White an, "Sorry" kann sich hervorragend als elektronisch veredelter R&B sehen lassen, das sehr atmosphärisch produzierte "6inch" bietet feinsten Alternativ-R&B in Zusammenarbeit mit The Weeknd, mit dem auf ihre Südstaaten-Wurzeln hinweisenden "Daddy Lessons" hat sie sogar einen unglaublich guten Conutry-Song ausgeheckt, die geniale Hymne "Freedom" mit Kendrick Lamar kann mit Einflüssen aus Soul, Blues, Rock, Gospel und HipHop dienen und das in meinen Augen wahrhaft fantastische "All Night" (♪♫♪) offenbart sich als R&B-Perle, die auf einem OutKast-Sample reitet und in einem himmlisch schönen Refrain mündet. Doch so bunt zusammen gewürfelt all das "auf dem Papier" auch klingen mag, so fügt sich all das zu einem durchweg gelungenen Album zusammen.  Mit "Lemonade" ist Beyoncé in der Tat gleich noch ein verdammt hervorragendes Album gelungen, dass sehr nah dran ist, am Prädikat "Meisterwerk". Unter den weiblichen Größen im aktuellen US-R&B, kann ihr aktuell auch künstlerisch fast nur noch ihre kleine Schwester ernsthaft gefährlich werden. Aber das ist eine andere Geschichte...





9. BLOOD ORANGE - "FREETOWN SOUND"

In irgendeiner Form werden die meisten da draußen wohl schon mal dem amerikanisch-britischen Musiker Dev Hynes begegnet sein - ob bewusst oder unbewusst. So etwa als Songwriter und Produzent, wodurch er bereits Solange Knowles, Kylie Minogue, Tinashe oder Jessie Ware betreute, oder in Form seiner Projekte Lightspeed Champion oder Blood Orange. In letzterer musikalischer Inkarnation hat er in diesem Jahr das 3. Album "Freetown Sound" veröffentlicht, welches sich zurecht als eines der besten seines Jahrgangs bezeichnen darf. Denn hier hat Dev Hynes sogar das seltene Kunststück geschafft, aus vielen verschiedenen Sounds, Einflüssen und Stimmen ein rundes und harmonisches Album zu kreieren, dass in seiner Gesamtheit nahezu wie aus einem Guss erscheint, aber doch aus den unterschiedlichsten Zutaten besteht. Und auch die verschiedensten Gastsänger geben sich förmlich die Klinke in die Hand. U.a. kommt ihm auf dem funky stampfenden "E.V.P." die Blondie-Sängerin Debbie Harry zur Hilfe, die traumhaft schöne und melancholisch getragene Perle "Hardon Collider" (♪♫♪) wird durch Vocals von Nelly Furtado veredelt, im irgendwie herrlich karibisch geflavourten "Best To You" bekommt er Unterstützung der US-Musikerin Lorely Rodriguez alias Empress Of, und im famosen "Better Than Me" steht ihm Carly Rae Jepsen zur Seite. Was aber nicht bedeuten soll, dass es unter den weitestgehend von Hynes allein interpretierten Stücken nicht auch schon genügend Highlights gäbe - muss man diesbezüglich doch etwa ganz deutlich auf Stücke wie die ganz wunderbare Single "Augustine" (♪♫♪), die romantische und warme R&B-Perle "But You", das 80s-inspirierte "Hands Up", oder das atmosphärisch getragene, mit verspielten Saxofonen und einer Art oldschooligen HipHop-Groove garnierte "Squash Squash" hinweisen. Und dann fällt das Album mit seinen 17 Stücken auch noch nicht einmal zu lang aus, sondern entwickelt gar mit jedem Hören eine noch stärkere Suchtwirkung. So famos wie auf "Freetown Sound" hat in 2016 wohl kaum ein Zweiter Alternative-R&B, Synthpop, Funk und zig andere Elemente und Einflüsse zu einem schlüssigen Album vereint - was es zurecht zu einem der herausragenden Platten seines Jahrgangs macht. 





8. PET SHOP BOYS - "SUPER"

Nach gut 30 aktiven Jahren im Musikbusiness, muss man als Musiker nicht immer innovativ sein und darf auch ruhig mal etwas schwächeln. Doch auf die Pet Shop Boys trifft beides nicht zu. Denn innovativ waren sie streng genommen ja nie wirklich. Vielmehr waren sie zumeist die Garanten für seichte Pop-Musik - aber eben ihre ganz eigene, wunderbare, melodische, mitreißende und catchy Art von seichter Pop-Musik. Und schwächeln wollen Neil Tennant und Chris Lowe definitiv auch nicht - was sie in diesem Jahr einmal mehr mit ihrem mittlerweile 13. Studioalbum "Super" eindrucksvoll demonstrierten. Ähnlich dem 2013er Vorgänger "Electric", erforschten die Pet Shop Boys in diesem Jahr auch auf "Super" die verschiedenen Sphären der (stark von den 90ern beeinflussten) Dance-Musik. Nur war es diesmal kein so gezielt auf den Dancefloor zugeschnittenes Album, wie es "Electric" war. Denn auf "Super" vereinten die Pet Shop Boys auch wieder all die anderen Attribute, die das Duo stets ausgemacht haben. Allen voran wären das wohl die unwiderstehlichen Ohrwürmer und potenziellen Hits. Und die fliegen einem hier nur so um die Ohren. Angefangen mit der ersten Single "The Pop Kids" (♪♫♪), auf dem sie die Dance-Ära der frühen 90er abfeiern, gefolgt von der verdammt catchy zweiten Single "Twenty-something" (♪♫♪) (so cheesy sie auch sein mag: allein diese Hookline ist Gold wert!), oder solch unwiderstehlich ohrwurmigen , kleinen Dance-Pop-Juwelen wie "Say It To Me" oder "Burn". Und ebenso stellen sie hier ihre über die Jahrzehnte immer wieder kräftig aufblitzende "Clubtauglichkeit" unter Beweis, was man etwa "Happiness" oder "Inner Sanctum" deutlich anhört. Und zum Glück zeigen sie auch mal wieder ihre durchaus tiefgründigeren Momente, die sie nicht selten mit Ironie würzen. Das großartige und melancholisch-dancige "The Dictator Decides" ist dafür ein wunderbares Beispiel, welches von einem müden und einsamen Diktator kündet, der sich insgeheim nichts sehnlicher als seine eigene Absetzung wünscht. Oder aber auch die Synthpop-Ballade "Sad Robot World", die sich der Ambivalenz des technologischen Fortschritts widmet. Mit "Super" haben die Pet Shop Boys in meinen Augen ihr bestes Album seit "Very" (1993) und "Yes" (2009) gezaubert und klingen dabei, als seien sie seit den frühen 90ern keinen Tag älter geworden.




7. FRANK OCEAN - "BLONDE"

Als im Jahr 2012 das Debütalbum "Channel Orange" des jungen US-Musikers Frank Ocean erschien, war nicht nur bei mir persönlich die Begeisterung groß - denn da hatte Ocean damals als Erstling ein geradezu fantastisches Album vorgelegt, mit dessen Hilfe er neben Musikern wie FKA twigs, Janelle Monaé oder The Weeknd mit zur Speerspitze des PBR&B oder auch Alternative-R&B gehörte: das sich in den letzten Jahren immer stärker heraus kristallisierte Subgenre aus jungen R&B-Musikern, die sich zusehends von den typischen Regeln des zeitgenössischen R&B lossagten und kunstvoller, kreativer und experimentierfreudiger zu Werke gingen. Auf seinem diesjährigen Zweitwerk "Blonde" ging Ocean den einst eingeschlagenen Weg noch konsequenter weiter, als er ihn begonnen hatte - zeigte er sich und seine Musik auf den 17 Stücken von "Blonde" doch noch experimenteller, intimer, abstrakter und unkonventioneller als zuvor. Die erste und bislang einzige Single "Nikes" machte das schon recht gut vor - als fast schon chillig und ambient-artig getragene R&B-Nummer, die mit hoch gepitchten Vocals beginnt, ehe ab der zweiten Hälfte seine Stimme wieder normale Höhen anschlägt. Doch was sonst noch so auf dem Album passiert, raubt einem mitunter den Atem, bleibt es doch fast stets minimalistisch, aber stets wandel- und unvorhersehbar. Das fabelhafte und melancholische "Ivy" wird etwa von nahezu psychedelisch umwehten Gitarren eingerahmt, die wunderbare und von James Blake produzierte Soulballade "Solo" wird von sanften und getragenen Orgelklängen begleitet,  das von aus der Ferne herüber hallenden Gitarren und hypnotischen Synthies untermalte "Skyline To" entwickelt fast schon psychedelische Wirkungen, das wunderbare "Self Control" (♪♫♪) beginnt als auf sanften Gitarrenakkorden gebettete Ballade, in die sich bald hoch gepitchte Vocals mischen - und das gen Ende unter Beihilfe von Streichern zur schwebenden und fast schon andächtigen Hymne anwächst. Das genial produzierte und mehrere verschiedene Phasen durchlaufende "Nights" hätte in einer besseren Welt ein Hit sein können und das großartige "White Ferarri" (♪♫♪) erweist sich als intime und minimalistische Ballade, die sich an Auszügen aus "Here, There And Everywhere" der Beatles bedient. Mit seinem lang erwarteten Zweitwerk hat Frank Ocean in diesem Jahr gezeigt, dass er sich in genau in die richtige Richtung weiterentwickelt. Er lässt sich nicht vom Mainstream anstecken und zu radiofreundlichen Instant-Hits hinreißen, sondern folgt vor allem seiner eigenen Vision. Und genau das ist es, was "Blonde" so herausragend im Pop-Jahr 2016 machte.





6. BON IVER - "22, A MILLION"

Justin Vernon alias Bon Iver einen sagenhaften Musiker zu nennen, dürfte für Kenner des Amerikaners auch nach nur zwei Alben schon zu einer Art Selbstverständlichkeit geworden sein. Denn Vernon ist ein Musiker, bei dem irgendwie alles richtig läuft. So ist er ein Künstler, der sich kontinuierlich und merkbar weiterentwickelt, ohne seinen eigenen persönlichen Charakter zu opfern. So war sein erstes Album "For Emma, Forever Ago" noch eine minimalistische Folkplatte, die er in einer Jagdhütte aufnahm, während sein zweites Werk "Bon Iver, Bon Iver" in seinem Gesamtbild dagegen deutlich hymnischer und barocker wirkte - wenngleich es mit dem wundervollen "Beth/Rest" gar einen der besten 80s-Songs enthielt, die nicht in den 80s entstanden sind. Bei alledem biederte er sich nie kommerziellen Erwartungen an und hat trotzdem auch bereits den Sprung in den Mainstream geschafft - wie etwa durch wiederholte Zusammenarbeit mit Kanye West. Allzu vielen Leuten da draußen ist er aber wohl dennoch nicht bekannt - und so hat er sich fast schon klammheimlich zu einem der besten Musiker unserer Zeit gemausert. Und diesem Ruf kann er auch auf seinem neuen und dritten Studioalbum "22, A Million" mehr als gerecht werden. Auch hier führt er seine bisherige Tradition fort, sich als Künstler beständig weiterzuentwickeln - was schlussendlich in seiner bisher wohl mit Abstand experimentierfreudigsten Platte mündete! Ob seine Zusammenarbeit der letzten Jahre mit James Blake oder Kanye West dazu geführt haben mag, kann ich nicht sagen, aber auf seiner neuesten Platte entfernt sich Vernon so weit von seinen folkigen Wurzeln, wie noch nie zuvor - und setzt seine gewohnt großartige Kunst verstärkt mit modernen Mitteln um: Vocoder, elektronische Spielereien, Synthesizer, Samples, Störgeräusche...alles mit dabei. Das mündet mal in wunderschöne, getragene und oft minimalistische Stücke wie das  von (Vocal-)Samples durchdrungene "22 (Over Soon)", das großartige und atmosphärisch produzierte "33"God"" (♪♫♪), sowie in solch melodisch schönen Stücken wie "#29 Strafford Apts" und "8 (Circle)", die eine kleine Ahnung davon vermitteln, wie Coldplay in einer besseren Welt klingen könnten - oder aber auch mal  in so einer stark von abstrakten Rhythmen geprägten Nummer, wie das fabelhafte "10 (Deathbreast)" (♪♫♪). Wie auch wohl kaum anders zu erwarten war, ist ihm mit "22, A Million" wieder einmal etwas ganz großes geglückt.




5. JAMES BLAKE - "THE COLOUR IN ANYTHING"

James Blake sollte ja mittlerweile eigentlich für die meisten kein allzu großer Geheimtipp mehr sein: dieses britische Elektropop-/Post-Dubstep-Wunderkind mit dem zerbrechlichen Soul in der Stimme, der es irgendwie wie kein zweiter schafft, solch eine emotionale und teils schwermütige Atmosphäre mit verschachtelter, durchdachter und abstrakter Elektronik zu paaren, wie er dies bereits auf seinen bisherigen zwei Alben "James Blake" (2011) und "Overgrown" (2013) zelebrierte. Und seine kreativen Quellen sprudelten auch in diesem Jahr kräftig weiter, hat er doch im Frühjahr mit seinem 3. Album "The Colour In Anything" so etwas wie seinen persönlichen Epos vorgelegt, der sich über 17 Stücke und eine Spieldauer von über 70 Minuten erstreckt. Und dabei bietet er einen quasi perfekten Querschnitt all dessen, was ihn als Künstler und Musiker so besonders und einzigartig macht. Da wären etwa wieder diese ganz wunderbaren, teils fragilen und intime Piano-Balladen, wie der Titelsong "The Colour In Anything" oder das wunderbare "f.o.r.e.v.e.r.". Oder aber auch in atmosphärisch elektronisch verzierter Variante, wie es das atmosphärische "Radio Silence" (♪♫♪) oder das nahezu herzwringende "Love Me In a Whatever Way" vormachen. Aber auch seine stark beatigen und beinahe schon tanzbaren Momente kommen hier etwa mit dem famosen "I Hope My Life (1-800 Mix)" hervorragend zur Geltung, sowie auch seine fast schon folkig anmutende Seite beleuchtet wird, wie mit der genialen Kooperation mit Bon Iver in "I Need a Forest Fire" (♪♫♪). So kann man hier aber auch  immer wieder Bezüge zu R&B und Soul erkennen, wie im gemeinsam mit Frank Ocean komponierten "My Willing Heart", sowie auch ein wenig in "Always", in welchem er eben jenen Song von Frank Ocean's diesjährigem Album "Blonde" sampelte, an dem er selbst mitgewirkt hat ("Godspeed"). Seien wir aber ehrlich: "The Colour In Anything" ist nicht unbedingt ein leichtes Album...schon gar nicht auf den ersten Versuch. Doch hat man sich erst einmal durch diesen Koloss von einem Album hindurch gearbeitet, bleibt einem mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht viel anderes übrig, als sich hoffnungslos zu verlieben.




4. ANOHNI - "HOPELESSNESS"

Anohni hat ja bereits eine sehr bewegte und gleichsam fruchtbare musikalische Karriere hinter sich. Bisher unter dem bürgerlichen Namen Antony Hegarty als Kopf der Band Antony & The Johnsons bekannt, ist die heute offen transsexuelle Musikerin auch vielfach in Zusammenarbeit mit diversen Musikern in Erscheinung getreten, zu denen u.a. Björk, Lou Reed, Coco Rosie oder Rufus Wainwright zählen. Und in diesem Jahr ließ sich Anohni dann auch zu ihrem ersten Solo-Album hinreißen - das Fans ihrer bisherigen Musik doch durchaus auf eine harte Probe stellen konnte. Denn anstelle einer emotionalen Mischung aus Baroque-Pop und Kammermusik, ist ihr erster Alleingang "Hopelessness" von experimentellen und atmosphärischen Electronica- und Dance-Klängen geprägt. Doch ebenso auffällig bei ihrem neuen Werk ist die inhaltliche Thematik - denn es lässt sich unmöglich umschreiben, ohne dabei reflexartig die Bezeichnung "Protest-Album" zu benutzen. Eines wie man es in dieser Ausprägung schon lange nicht mehr erlebt hat. Davon konnte man bereits in den vorab veröffentlichten Singles einen deutlichen Eindruck bekommen. Allen voran die erste Single "4 Degrees" (♪♫♪): ein nahezu eingängiger und von episch stampfenden und trommelnden Beats, flirrenden Synthies, dramatischen Bläsern und leidenschaftlichen Streichern begleiteter Ohrwurm, der sich mit deutlich anklagenden Worten dem Klimawandel widmet. Und auch die zweite Single "Drone Bomb Me" (♪♫♪) steht dem in nichts nach, eher im Gegenteil: noch eindringlicher und fesselnder geht Anohni auf dieser atmosphärischen Elektropop-Perle zu Werke, die aus der Sicht eines afghanischen Mädchens erzählt, deren Eltern bei einem Drohnenangriff getötet wurden - und die nun selbst auf den Tod wartet, womit die Künstlerin auf eindrucksvolle und bedrückende Weise Amerikas Drohnenkrieg ins Visier nimmt. Diesen Kurs setzte sie dann auch auf dem gesamten Album fort und arbeitet sich dabei durch diverse Themengebiete. So adressiert sie "Watch Me" an NSA und die US-Regierung, indem sie zu fast romantisch harmonischen Klängen und einer wunderbaren Melodie, die permanente digitale Überwachung in Form von sarkastischer Unterwürfigkeit anprangert. Später erweist sich dann "Obama" als enorm düstere und minimalistisch elektronische Kritik an dem scheidenden US-Präsidenten, in der Synth-Pop-Perle "Execution" übt sie im Kontrast zu seiner warmen und melodischen Atmosphäre Kritik an der Todesstrafe, und im Titelsong "Hopelessness" verewigt sie so etwas wie die große Hymne an den Misanthropen in uns allen - wenn sie uns Menschen zu epischen und schillernden Elektro-Pop-Klängen sehr treffend mit einem Virus vergleicht. Auf gewisse Weise ist Anohni somit auch eine Art Soundtrack des Jahres 2016 gelungen - denn wir sind uns wohl alle darin einig, dass die Welt uns gerade in 2016 wieder viele seiner Probleme vor Augen geführt hat. Und mit "Hopelessness" ist ein wütendes, trauriges, kunstvolles und zugleich melodisch eingängiges Album gelungen, das viele dieser Probleme in den Fokus rückt.   



3. RADIOHEAD - "A MOON SHAPED POOL" 


Manchmal könnte man ja schon auf die Idee kommen, sich die Frage zu stellen, wann Radiohead wohl je mit ihrer gewohnten Manier, mit ihrer nun schon so lange währenden Tradition brechen werden. Doch damit ist eher ihr Geschick gemeint, immer wieder auf's neue großartige Platten zu erschaffen - nicht die stilistische Ausrichtung ihrer Musik. Zugegeben: einen so gewaltigen Bruch wie einst mit ihrem 2000er Werk "Kid A" (diesem Wunderwerk aus Free-Jazz und experimenteller Elektronik) und dessen 2001er Nachfolger "Amnesiac" (welches in denselben Sessions entstand und dabei ähnlich experimentierfreudig ausfiel), hat die Band so nie wiederholt. Und doch hatte auch jedes andere Album danach seinen ganz eigenen Charakter und seine unverwechselbaren Eigenheiten. So war "Hail To The Thief" im Jahr 2003 ihr wohl rockigstes und "erdigstes" Album seit langem, "In Rainbows" entwickelte mit seinen unwiderstehlich popigen Melodien eine nahezu schillernde Atmosphäre, während ihr bislang letztes Werk "The King of Limbs" deutlich von (zum Teil abstrakten) Rhythmen geprägt war. Ihr neues und neuntes Werk "A Moon Shaped Pool" hingegen ist vor allem durch seinen minimalistischen und melancholischen Sound, sowie oft von getragener Atmosphäre und nicht selten auch von Streichern geprägt. Doch wie man es nun auch definieren mag: mit ihrer bereits angesprochenen Traditionen brechen sie auch diesmal wieder nicht - sondern es ist ihnen stattdessen wieder einmal ein ganz wunderbares Album gelungen, aus dem sich mit mehrmaligem Hören immer mehr Perlen und potenzielle Lieblingslieder heraus kristallisieren. Die durchaus verdiente erste Single "Burn The Witch" (♪♫♪) kann man in Radiohead's Kosmos schon mal geflissentlich einen Hit nennen, während sich mit nur ein klein wenig Geduld auch aus der ambient-artigen zweiten Single "Daydream" ein kleines Wunderwerk heraus schält. Und auch das restliche Album hat noch einiges zu bieten. Wie etwa die melancholische und teils "geisterhaft" schwebende Art-Rock-Perle "Decks Dark", die von Akustikgitarre begleitete Ballade "Desert Island Disk", das düster getragene und in seinem Intro nahezu ein wenig an Joy Division gemahnende "Ful Stop", oder das von einem soften Groove und im Mittelteil von einsamen, aber genialen Synthie-Klängen begleitete Meisterstück "Indetikit" (♪♫♪). Manche Momente ihrer diesjährigen Platte mögen an "OK Computer" erinnern, andere wiederum  an "Amnsiac" oder auch "In Rainbows" - und der letzte Track "True Love Waits" ist gar ein Live-Standard der Band seit 1995, der hier erstmals als Studioversion veröffentlicht wurde. Und trotzdem ist "A Moon Shaped Pool" bei all dem ein eigenständiges, ein in sich schlüssiges und vor allem ein großartiges Album, mit dem die Band ihren Ruf als einer der wichtigsten Bands unserer Zeit auch weiterhin spielend verteidigen kann. 




2. SOLANGE - "A SEAT AT THE TABLE"

Wer schon mit dem bisherigen Schaffen von der heute 30-jährigen Sängerin und Songwriterin Solange vertraut ist, der weiß was für ein gewaltiges Talent in ihr steckt. Ihr als Teenager aufgenommenes Debüt, auf dem ihr noch der typische Mainstream-R&B-Sound seiner Zeit übergestülpt wurde, kann man dabei getrost ignorieren. 6 Jahre später, auf ihrem zweiten Album "Sol-Angel & The Headly St. Dreams" (2008) legte sie richtig los, auf dem sie sich deutlich von Bands á la The Supremes beeinflussen ließ. Dem folgte die grandiose 2012er EP "True", auf der sie sich deutlich in Richtung 80's-Soul- und New Wave bewegte - und die den heimlichen Überhit "Losing You" beinhaltete. Und in 2016 schob sie dann 8 Jahre nach ihrem letzten Album endlich ihr drittes Werk "A Seat At The Table" nach - und erlangte endlich eine so breite Aufmerksamkeit, wie wohl noch nie zuvor. Vollkommen zurecht, schuf sie hier doch ein feinsinniges, zeitloses und kunstvolles Neo-Soul-Meisterwerk, dass man hoffentlich noch in vielen Jahren als Soul-Klassiker unserer Tage in Erinnerung behalten wird. Und dafür benötigt es nicht einmal offensichtliche Hits, die einem auf Anhieb ins Gesicht springen. "A Seat At The Table" ist viel eher ein Gesamtkunstwerk, dass seinen Zauber weniger durch einzelne Stücke, als vielmehr durch seine Gesamtheit definiert - wenngleich sich hier auch dennoch zahlreiche Juwelen auftun, die ganz für sich allein überzeugen können. Angefangen beim minimalistischen und wunderbaren Opener "Rise" (♪♫♪) oder der stimmungsvoll von sanft pochenden Beats, zärtlich schwebenden Streichern und perlenden Pianos untermalten Single "Cranes In The Sky" (♪♫♪), über die traumhafte und von soften Beats begleitete R&B-Perle "Don't You Wait" oder das fast schon spartanisch, aber ungemein atmosphärisch arrangierte "F.U.B.U.", bis hin zum relaxt groovigen und unaufgeregt ohrwurmigen "Boderline" oder dem getragenen und auf gewisse Weise fast schon hypnotische Wirkung entfaltenden "Don't Wish Me Well". Und doch ist das Ganze hier trotzdem mehr, als nur die Summe seiner Teile. Solange ist mit ihrem 3. Werk ein so wunderbares, unwiderstehliches und schlicht großartiges Album gelungen, dass der sonst stets schnell herunter gebetete Fakt, dass sie die kleine Schwester von Beoyncé ist, schnell zur unwichtigen Fußnote wird. Denn künstlerisch war sie ihrer großen Schwester schon etwas länger um einiges voraus - und hat sie nun mit "A Seat At The Table" (trotz aller herausragender Qualitäten von Beoyncé's eigenem diesjährigen Albums "Lemonade") endgültig weit hinter sich gelassen. 





1. DAVID BOWIE - "BLACKSTAR"


Das David Bowie eine der sehr seltenen und kostbaren Lichtgestalten in der Geschichte des Pop war, muss man wohl kaum noch jemandem erzählen, der wenigstens das kleine 1x1 der populären Musik verinnerlicht hat. Er war einer der wenigen, die nahezu alle Jahrzehnte des Pop maßgeblich durch ihre Kunst mit beeinflusst und ganze Generationen von Musikliebhabern und Musikern gleichermaßen geprägt haben. Von seinen Anfängen in den 60ern mit "Space Oditty" und seine spektakulär kreative Phase in den 70ern, die u.a. Meisterwerke wie "Hunky Dory", "Ziggy Stardust", "Low" oder "Heroes" hervor brachte, über seinen großen Chart-Erfolg mit "Let's Dance" und den kurz darauf folgenden künstlerischen wie kommerziellen Absturz mit "Tonight" und "Never Let Me Down" in den 80ern, seine kreative Renaissance in den 90ern mit "Outside" oder "Earthling", oder den teils gereifteren Klängen auf "Heathen" oder "Reality" in den 2000ern, bis hin zu seinem unerwarteten und famosen Comback mit "The Next Day" in den frühen 2010ern. Aber es sollte schlussendlich sein letztes Album sein, dass diese große und schillernde, von diversen Höhen und auch ein paar Tiefen begleitete Karriere würdig krönen, und dem Künstler David Bowie ein in dieser Form wohl nahezu einzigartiges Denkmal setzen sollte. Schon allein aus rein musikalischer Perspektive. Denn trotzdem er sich schon zuletzt auf seinem Comeback-Album wieder in künstlerischer Höchstform präsentierte, sollte er erst mit "Blackstar" wieder mit einer derartigen Inspiration und künstlerischen Relevanz zu Werke gehen, wie er dies zuletzt in den 70er Jahren fertig brachte: und so wurde daraus ein düsteres, experimentelles und vor Kreativität nur so (dunkle) Funken sprühendes Mosaik aus Jazz-, Art-Rock- und Elektronik-Elementen. 



Der Titelsong und Opener "Blackstar" (♪♫♪) macht dies als 10-minütiger, atmosphärischer und nahezu hypnotischer Epos ebenso deutlich, wie auch das kryptische "Girl Loves Me" (♪♫♪): ein düster getragenes Meisterstück, dessen Text sich zu weiten Teilen aus der Fantasiesprache Nadsat aus Anthony Burgess' Roman "A Clockwork Orange", sowie dem (ausgestorbenen) Slang Polari zusammensetzt, der in den Londoner Gay-Clubs der 70er und 80er Jahre Verwendung fand. Doch die wichtigste Botschaft des Albums blieb den meisten zunächst noch verborgen - seine stark düster geprägte Atmosphäre, sowie seine zahlreichen Anspielungen auf Tod und Sterblichkeit waren zwar schon ganz zu Anbeginn deutlich spürbar. Doch als David Bowie nur 2 Tage nach dem Release für die Weltöffentlichkeit vollkommen überraschend nach einer (geheim gehaltenen) 1 1/2jährigen Erkrankung verstarb, dämmerte einem langsam die wahre Bedeutung seines letzten Werks, welche Produzent Toni Visconti kurz darauf offenbarte: denn Bowie selbst wusste nur zu gut, dass er sterben würde - und plante so "Blackstar" als seinen Schwanengesang, seinen Abschied von der Welt, im Bewusstsein seines nahenden Todes. Und plötzlich sah man vieles hier mit anderen Augen. Allen voran wohl die zweite Single "Lazarus" - hörte man nun diese schwermütig wunderbare Art-Jazz-Pop-Perle, spürte man förmlich einen Stich im Herzen, wenn er zu Beginn singt: "Look up here, I'm in heaven / I've got scars that can't be seen / I've got drama can't be stolen / Everybody knows me now." Oder gar wenn er gen Ende immer wieder fast schon beschwörend wiederholt: "Oh, I'll be free / Just like a bluebird / Oh, I'll be free." Und auch viele andere Songs offenbarten plötzlich ihre wahre, traurige Botschaft - so wie etwa im bereits erwähnten Titelsong ("Something happened on the day he died / Spirit rose a metre and stepped aside / Somebody else took his place, and bravely cried / I'm a Blackstar"), oder etwa das melancholische und melodisch einnehmende "Dollar Days" ("I'm dying to push their back against the grain / And fool them all again and again / I'm trying to"), welches sich zunehmend zu einer schwermütigen Art-Rock-Hymne aufbaut und lyrisch sowohl seine Vergangenheit, als auch seinen baldigen Tod zu behandeln scheint. 

David Bowie war nun einmal ein lebendes, schillerndes und facettenreiches Gesamtkunstwerk mit tausend Gesichtern - der Mann der vom Himmel fiel, um dem Pop den Sternenstaub zu bringen. Daher eigentlich kein Wunder, dass er mit "Blackstar" auch seinen eigenen Tod zum Kunstwerk machte.