♪♫♪ ...music makes the people come together... ♪♫♪

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Dienstag, 27. Juli 2010

Besprochen: ROMAN FISCHER - "ROMAN FISCHER"

Auf seinem dritten Album präsentiert sich das einstige deutsche Indie-Wunderkind so hymnisch wie nie.

Der junge Mann aus Bayern kann schon auf eine beachtliche Künstlerkarriere zurückblicken. Sein Debüt Bigger Than Now" (2004) wurde von der Kritik mit Freude aufgenommen und ein Achtungserfolg - von dem es 2 Songs sogar auf den Soundtrack des Coming-Out-Films "Sommersturm" schafften. Mit seinem Zweitwerk "Personare" (2006) konnte er sich künstlerisch enorm steigern, handelte sich Vergleiche mit Radiohead und Interpol ein und wurde im deutschen Musikexpress mit der Auszeichnung "Platte des Monats" geadelt. Seitdem sind 4 Jahre ins Land gezogen und höchstens der Soundtrack-Beitrag zu "Zweiohrküken" zeugte davon, das Roman Fischer noch irgendwo da draußen war. Doch nun erschien dieser Tage endlich sein lang erwartetes drittes Album - das er klassisch und selbstbewusst "Roman Fischer" nennt. Und dieses Selbstbewusstsein strahlt durch das gesamte neue Album hindurch - hier hören wir das einstige Indie-Wunderkind so hymnisch und zwingend poppig wie noch nie. Dem hochemotionalen, düsteren Piano-Indie-Pop des Vorgängers, wird nun ein völlig generalüberholter Sound entgegengesetzt. Schon zum Auftakt geht es unmittelbar im Opener und der ersten Single "Into Your Head" mit knackigen Beats los, die sich dann mit Disco-Groove und Synthie-Flächen zu einem gewaltigen Synth-Pop-Ohrwurm in den Himmel schrauben. Vollkommen ungewohnte Klänge im Soundkosmos des jungen Musiker. Aber dennoch stellt es eine sehr gelungene Weiterentwicklung dar. Auf "Roman Fischer" zeigt er eindrucksvoll, aber stets auf höchstem Niveau, wieviel Pop in ihm steckt. Dies hier ist Musik die raus will, hinaus auf die Tanzflächen und die großen Bühnen dieser Welt - ohne sich dabei anbiedern zu wollen. Denn ihm gelingt hier der selten gelingenden Spagat zwischen Pop und Kunst. So präsentiert er "We'll Never Meet Again" aus 80s-informierte kleine Hymne und "Not For Everyone" schmiegt sich mit seinem tollen Refrain gleich ins kollektive Langzeitgedächtnis. Das formidable "Lightscapes" - das er vorab auf seiner Homepage verschenkte - wirkt dann wie ein fernes Echo das vom Vorgänger "Personare" herüber weht...doch eben mit einem solch von Grund auf positiven Pathos ausgeschmückt, wie man ihn sich auch von Coldplay wünschen würde. Auf dem polternden und düster dahergaloppierenden "Beware" klingt er in Nuancen wie Placebo in wirklich gut, lässt aber ebenso bereits früher gezogene Vergleiche mit Radiohead zu. Auf "All Night All Day" beweist er, das er auch im rockigeren Kontext mit einem Hauch von Kraftwerk funktioniert - und das ihm auch deutscher Gesang durchaus gut zu Gesicht steht. Mit perlendem Piano und nachdenklich anmutendem Gesang becirct er uns in "Sooner Or Later" und lässt uns dann mit der finalen und wunderbaren, zu Herzen gehenden Ballade "Carpet". Ein wahrhaft gelungenes Album, das zwar nicht nur Volltreffer zu bieten hat, aber eine willkommene Weiterentwicklung zu bieten hat.

Sonntag, 25. Juli 2010

Besprochen: DELOREAN - "SUBIZA"

Spanien sind Fußball-Weltmeister. Doch wie das neue Album von Delorean zeigt, sind sie 2010 auch die Weltmeister des Balearic-Dance-Pop!

Kennt da draußen jemand Delorean? Nein, nicht die Zeitmaschine aus Spielbergs "Zurück in die Zukunft" - hier ist die Rede von der spanischen Alternative-Dance-Band, die nach Remixen für Künstler wie The XX, Cold Cave oder Franz Ferdinand auch in deutschen Medien bereits als spanisches Gegenstück zu The Notwist abgefeiert wird. Kein übler Vergleich, vor allem hinsichtlich der Qualität und Entwicklung der Band, doch wer etwa die Ruby Shins kennt, der weiß noch besser was in etwa auf ihrem dritten Album "Subiza" so los ist. Herzerweichende und weit in den Himmel strahlende Vocalspassagen, sonnige Trance-Atmosphäre, hochgepitchte Background-Stimmen, pumpende House-Beats und Synthie-Flächen, die an die guten alten 90er erinnern - selbige aber mit einem Maximum an künstlerischem Geschick und inhaltlicher Tiefe dargeboten. Schon der Start steht exemplarisch für die 9 Songs der Platte: "Stay Close" wird von sonnigen, nostalgisch schönen Synthies getragen, auf denen Echo's von Stimmen tanzen, ehe der Gesang einsetzt und ihn in ungeahnte Sphären schiesst. Beim nachfolgenden "Real Love" ist der Titel dann Programm: Eine von hochgepitchen "ah-ah"-Gesängen und Synthiepiano untermalte Dance-Perle zum verknallen. Dann wird mit soft pochenden Beats und schwebenden Soundscapes ein "Endless Sunset" in den schillerndtesten Farben gemalt. Und "Infinite Desert" empfiehlt sich als zwingend tanzbare, aber ebenso hypnotische Dance-Hymne. Ein wahrhaft beglückendes, melodieverliebtes Dance-Album, das sowohl Balearic-House und Euro-Dance als auch Italo-Disco zitiert und in ein berauschendes Pop-Gewand kleidet. Ein Album wie geschaffen für den Sommer.

Besprochen: LORN - "NOTHING ELSE"

Das Elektronica-Wunderkind legt ein erstaunliches, düsteres und berückend schönes Debüt vor.
Wem Flying Lotus, der experimentelle Produzent und Musiker aus Kalifornien, ein Begriff ist, der hat schonmal eine gute Ahnung von dem, was Marcos Ortega alias Lorn auf seinem Debüt zu bieten hat - das passenderweise auch gleich auf Flying Lotus' Label Brainfeeder erscheint. Der 23jährige liefert hier einen dunklen, melodischen und hypnotischen Soundtrack, der stets mit allerlei Sounds, Samples und Störeffekten gefüttert wird, die aber seiner Eleganz und Tiefenwirkung keinen Abbruch tun. Im Gegenteil: All die kleinen Bestandteile, aus denen dieses genialistische Electronica-Mosaik zusammengesetzt ist, bilden ein famoses Klangkunstwerk. Wie eine Reise durch die Seele - durch all seine tiefen Winkel und düsteren Abgründe. Und doch liegt in all dem eine undefinierbare Schönheit. Lorn erzeugt Spannung nicht durch Härte und Kraftmeierei (von hier aus einen schönen Gruß an die vollkommen überschätzten Elektro-Machos Crookers), sondern durch Atmosphäre, Leben und Seele. Selbige dringen hier durch jede Ritze und nehmen uns mit auf einen wahrhaft berauschenden Trip. Hypnotische Techno-Elemente, abgedämpfte Acid-Spielereien, pulsierende Beats und minimalistische Arrangements bilden hier den Kern des Geschehens und dringen stets in neue Territorien vor, er experimentiert mit Klängen und Sounds, ohne dabei aber den Blick für das große Ganze zu verlieren. Sicherlich könnte ich nun die schwebenden 80s-Paranoia von "Glas & Silver" lobpreisen, den hektisch triphopigen Beats und der traumverlorenen Atmosphäre von "Cherry Moon" huldigen, oder das von grandiosen Synthesizern und Orgeln in Szene gesetzte "Greatest Silence" als besten Instrumental-Song des Jahres erklären. Aber dies ist nunmal ein Album, das man auch als ebensolches ansehen und genießen sollte. Denn genießen kann man jede Sekunde dieses fantastischen Debüts. Auflegen, zurücklehnen und entführen lassen. Eine kleine Offenbarung!

Besprochen: TIRED PONY - "THE PLACE WE RAN FROM"

Die britisch-amerikanische Supergroup versucht sich auf ihrem Debüt an country-esquem Folk-Rock. Und bleibt dabei überzeugend, aber meistens harmlos.

Supergroups haben eine große Tradition und sind eine beliebte Spielart, vor allem im Bereich der handgemachten Musik, auch andere Stilrichtungen auszuloten. Tired Pony gehören etwa auch zu dieser Gattung. Die Band besteht im einzelnen aus Gary Lightbody (Frontmann von Snow Patrol), Richard Colburn (Drummer von Belle & Sebastian), Peter Buck (Gitarrist von R.E.M.), Scott McCaughey (Kopf von The Young Fresh Fellows und The Minus 5), sowie den Musikern Iain Archer, Troy Stewart und dem Produzenten und Remixer Jancknife Lee (Bloc Party, Editors, U2), der das nun vorliegende Debüt "The Place We Ran From" auch produzierte. Gegründet wurde das Projekt von Lightbody, der auf diesem Wege seiner Vorliebe für country-esque Musik Ausdruck verleihen wollte. Bei dieser illustren Besetzung, hat man durchaus einige Erwartungen - die hier aber nur zum Teil erfüllt werden können. So kann etwa "Get On The Road" im Duett mit Sängerin Zooey Deschanel von She & Him als Folk-Pop-Perle glänzen, die erste Single "Dead American Writers" kann auf Dauer einen Hauch von Klassiker-Qualitäten entwickeln, das von Singer/Songwriter Iain Archer besungene "I Am A Landslide" ganz sich als zärtlich verträume Alt.-Country-Perle etablieren und das vom Editors-Sänger Tom Smith besungene "The Good Book" kann ebenso punkten.
Der Rest ist hier eben der Rest - netter bis gut gemeinter Easy-Listening-Folk-Pop, ohne viele Reibungspunkte. Musik die nicht weh tun, aber eben mehrheitlich auch nicht im Gedächtnis bleiben will.



Samstag, 24. Juli 2010

Besprochen: MILEY CYRUS - "CAN'T BE TAMED"

Da versucht wohl einer erwachsen zu werden: Sich von Hannah Montana und Disney zu emanzipieren, bleibt bei Miley Cyrus allerdings ausschließlich ein Versuch.

Miley Cyrus, lange den meisten besser bekannt als Hannah Montana, versucht offensichtlich dem Dasein als Disney-Klon zu entfliehen. Das einst so schüchtern-spießige Grinsebäckchen, ist auf ihrem dritten Album nun plötzlich zum schmollmündigen, bauchnabelfrei tragenden Vamp mutiert. Sie will nun endlich auch mal die Zähne zeigen - und vor allem Haut. Denn nun hat auch sie hat mittlerweile bemerkt: Sex sells! Musikalisch versucht sie hier, dem vorherrschenden Dance-Trend nachzueifern - was sich dann allerdings in abgegriffenen Song-Strukturen, eklatanten Plattitüden und vorhersehbaren Synthie-Effekten manifestiert. Was hier "hip" und zeitgemäß sein soll, klingt in Wirklichkeit eher belang- , lieb- und seelenlos. Die Synthies und Beats flirren und tuckern vor sich hin...und die Songs rauschen gesichtslos an uns vorüber. All ihre guten Vorsätze nützen hier nur wenig: "Can't Be Tamed" bleibt ideenloser Uptempo-Dance-Pop, das Cover von "Every Rose Has It's Thorn" ist nichts anderes als eine Frechheit, "Permanent December" sorgt höchstens für Stirnrunzeln, "Who Owns My Heart" mit seinen käsigen 08/15-Synthies für ungläubiges Kopfschütteln, und "Two More Lonely People" mit seinen klischeehaften Gitarren-Akkorden hingegen für ausgewachsenes Fremdschämen. Noch weiter in die Tiefe zu gehen lohnt sich nicht, da hier eh alles nur an der Oberfläche schwimmt. Einzig der Opener "Liberty Walk" kann halbwegs überzeugen, führt beim ersten Hören allerdings auf eine falsche Fährte: Schnöde Reissbrett-Melodien, einfallslose Fließbandproduktion und inhaltslose Lyrics dominieren dies Album, das in seiner Ganzheit nichts weiter als ein ein vergessenswertes Stück Plastik-Pop- darstellt. Für 16-jährige ist dies sicherlich ganz "krasse scheiße" - für einen Erwachsenen hingegen allerdings einfach nur "scheiße".

Mittwoch, 21. Juli 2010

Besprochen: RPA & THE UNITED NATIONS OF SOUND - "THE UNITED NATIONS OF SOUND"

Mit seinem neusten Projekt geht Richard Ashcroft dezent neue musikalische Wege - aber hinterlässt uns nicht unbedingt vollkommen befriedigt.

Die letzten 10 Jahre waren nicht die leichtesten für Richard Ashcroft: Nachdem er 1997 mit seiner Band The Verve das Meisterwerk "Urban Hymns" in die Musikhistorie pflanzte und den Britpop der 90er mit einem gebührenden Denkmal zu Grabe trug, wollte der große Anschlusserfolg nie so recht glücken. So veröffentlichte er zwischen 2000 und 2006 drei in Ordnung gehende Soloplatten, deren beste Songs zusammengenommen allerdings ein wahrhaft grandioses Soloalbum hätten abgeben können. Und dann war da noch 2008 das Comeback von The Verve, mit dem schändlich unterschätzen "Fouth", das von der Presse gerne abgewatscht wurde. Nun pfeift er einmal mehr auf The Verve, lässt auch sein Soloschaffen ruhen und gründet nebenbei einfach mal eine neue Band, mit dem überlangen Namen RPA & The United Nations Of Sound - und legt mit ihnen nun das selbstbetitelte Debüt vor. Und auch musikalisch gibt es hier sanfte Veränderungen und Erweiterungen. Die erste Single und Opener "Are Yopu Ready?" darf man da noch als Übergangssong nehmen, der noch immer The-Verve-ähnliche Gitarreneskapaden zu bieten hat. Im allgemeinen sind die Rock-Einflüsse hier nie ganz totzukriegen, jedoch wird hier auch immer stärker den je mit Beats und Synthesizern gearbeitet, sowie RnB und vor allem Pop zitiert. "America" mausert sich etwa zu einer tollen kleinen Hymne, die auch in seinem Solo- oder The-Verve-Schaffen nicht aus dem Raster gefallen wäre. "This Thing Called Life" bietet sich als leicht verdauliche Poprock-Ballade an, deren wahre Qualitäten wohl nur die Langzeitwirkung offenbaren kann. "Beatitude" fängt vielversprechend an, aber sobald die 80s-Gitarrenpassagen einsetzen, fängt sie Fassade massiv zu bröckeln an. Bei der von Streichern gewürzten Midtempo-Nummer "Good Lovin" klaut er dann einfach ganz dreist bei sich selbst ("I Get My Beat"), die county-esken Rock'n'Roll-Anleihen in "How Deep Is Your Man" klingen hochgradig abegnudelt, "Royal Highness" will ein Party-Hit sein, aber verliert sich dabei in zu vorhersehbaren Standards und auf "Life Can Be So Beautiful" schafft er durch RnB- und HipHop-Anleihen die wohl größte musikalische Überraschung der Platte...nur das sie irgendwie beim komponieren den Refrain vergessen haben. Es gibt nicht auf diesem Album, über das man lauthals meckern möchte - er leistet sich keinerlei Fechheiten oder Totalausfälle. Aber das meiste hier plätschert entweder melodiebefreit oder durch einige Platttüden angereichert an einem vorüber, in den seltensten Fällen wird ein memorabler Song greifbar, an den man sich noch länger erinnern könnte. Mr. Ashcroft liefert hier nun einmal mehr ein solides Werk(chen) ab, das einem aber nun wirklich nicht den Schalter raushaut.

Dienstag, 20. Juli 2010

Besprochen: OST & KJEX - "CAJUN LUNCH"

Wer sieht aus wie eine nerdige Version der Pet Shop Boys und klingt, als würden Röykssop es mit Prince auf dem Hinterhof von Hercules & Love Affair treiben? Richtig: OST & Kjex aus Norwegen.

Norwegen hatte man im Kontext von ausfuchsten elektronischen Klängen bislang eher weniger auf dem Schirm - all die A-ha's, Donkeyboy's und Marit Larsen's vernebeln da etwas die Sicht. Einzig Röykssop hat der halbwegs Musikkennende noch im Gedächtnis, die neben all dem Pop-Einheitsbrei mal etwas für die elektronische Szene des Landes tun, und bis über die eigenen Grenzen hinaus tragen konnten. Aber da sie ganz eindeutig auch schon mal spannender waren, dürfen von nun an gerne OST & Kjex übernehmen! Noch hat die Öffentlichkeit keine Notiz von den beiden Herren genommen, die aussehen wie eine nerdige Version der Pet Shop Boys und klingen, als würden es Röykssop mit Prince auf dem Hinterhof von Hercules & Love Affair treiben. Doch das soll nun geändert werden. Bereits ihr 2004er Debüt "Some Cheese But Not All Cheese Comes From The Moon" wurde bei den norwegischen Grammys als bestes Elktro-Album nominiert. In den Jahren danach veröffentlichte das Duo eine Reihe von Singles, 12"Inches, Remixes und EP's, ehe sie nun endlich ihr 2. Album nachlegen. Und schon beim ersten hören, schmiegt sich "Cajun Lunch" auf Anhieb in die Synapsen. Mit einem Stilmix aus House, Disco, Funk, Gospel und einem guten Schuss Pop, kreierten sie hier einen bunten, schillernden und praktisch unwiderstehlichen kleinen Meilenstein, in der jüngeren Electronica-Szene Norwegens. Und trotz ihrer Teils epischen Länge von bis zu 8 Minuten, sind die Songs des Album doch ausnahmslos SONGS. So will man beim von Disco-Groove, perlendem Piano und soften House-Elementen begleiteten Opener "Mosambique Travelplan" auf Anhieb mitträllern - würde man denn den charakteristischen Falsettgesang Tore Gjedrem's hinkriegen. "We Got Ticket To Moon" greift dagegen schon tiefer, aber trotzdem behutsam in die Electro-Kiste, während hier die Vocals traumverloren auf Synthieflächen und glöckelnden Sounds daher schweben. Das geniale "Continental Lover" mit seinen Italo-Disco- und House-Elementen, dem lässigen Funk-Groove und kraftvoll tighten Gospelchor hat das Zeug, einem noch etwas länger im Fell hängen zu bleiben. Im sehr lässig verhangenen "Bluecheeseblues Pt.1" packen sie dann tatsächlich eine Mundharmonika aus, während im "Pt. 2" zu puckernden Elektrobeats softe Akkustikgitarren, Handclaps, sowie gezielt gesetzte Bläser und Synthesizer zum Einsatz kommen. Und "The Yellow Man" badet dann in relaxtem House und wird tatkräftig von Gospel-Damen angefeuert. Für Musikliebhaber gibt es hier ein paar wahre Perlen zu entdecken, die trotz ihres Minimalismus und der langen Speildauer keine Sekunde langweilen. Im Gegenteil - hier kann man tanzen, träumen, schmachten oder eben einfach nur sich fallen lassen und genießen. Und all das zum Preis von einem - das klingt doch mehr als fair.

Montag, 19. Juli 2010

Besprochen: MORCHEEBA - "BLOOD LIKE LEMONADE"

Mit der Rückkehr von Sängerin Skye Edwards finden Morcheeba zur alten Form zurück - wäre da nicht der verflixte künstlerische Stillstand.

Es gab Zeiten da haben Morcheeba, mit ihrem verhangen triphopigen Sound so richtig Spaß gemacht. Sei es bei ihrem 1998er Werk "Big Calm", oder ihrem (womöglichen) Meisterstück "Charango" (2002). Doch im Jahr 2003 kam der Bruch: Skye Edwards, Stimme und Gesicht des Trios aus London, packte ihre 7 Sachen und suchte das Weite. In welche Indentitätskrise das verbliebene Duo nun stolperte, war ihrer Musik als auch ihrer Besetzung anzumerken. Für das ziemlich vergessenswerte 2005er Album "The Antidote" verpflichtete man Daisy Martey als Sängerin, was jedoch nicht von langer Dauer blieb. Mitten während der Promotion-Tour zum Album warf auch sie die Flinte ins Korn. Sie wurde von Jody Sternberg ersetzt, mit deren Hilfe man ausschließlich die ausstehenden Tourdaten wahrnahm. Für das Nachfolge-Album "Dive Deep" machte man sich dann gar nicht erst die Mühe ein neues Gesicht zu finden und arbeitete mit verschiedenen (eher unbekannteren) Gastvokalisten zusammen. Nun 7 Jahre nach ihrem Ausstieg, ist Skye Edwards an ihren alten Platz zurückgekehrt. Und man könnte fast sagen, sie haben zu alter Form zurückgefunden - wäre da nicht der verflixte musikalische wie künstlerische Stillstand. Ja, fast Rückschritt - die experimentelleren und spielerischen Ansätze des letzten gemeinsamen Albums "Charango"werden weitestgehend ignoriert. Stattdessen wird noch weiter zu den Wurzeln des eigenen Sounds zurückgekehrt. Hier fällt keineswegs etwas negativ auf - eben deshalb, weil hier streng genommen gar nichts auffällt. Dieses Album lullt uns ein wie eine warme Decke und streichelt sanft und unaufdringlich die Seele - aber die meisten Songs hier hat man leider schon vergessen ehe sie zu Ende sind. Für die Momente der Entspannung oder als unauffällige Untermalung allerdings, macht sich "Blood Like Lemonade" hervorragend.

Besprochen: MAJOR LAZER & LA ROUX - "LAZERPROOF"

Das Projekt um die Remixer und Producer Diplo & Switch nehmen sich Songs von La Roux zur Brust - und machen daraus ein spannendes Mixtape. Und geschenkt kriegt man's auch noch.

Was machen die beiden DJ's, Produzenten und Remixer Diplo und Switch (die schon Bloc Party, Björk, M.I.A. oder Santigold remixten und gemeinsam als Major Lazer bereits mit dem Clubkracher "Pon de Floor" für Aufsehen sorgten), wenn sie an neuem Material arbeiten und nebenbei noch Langeweile haben? Richtig: Ein Mixtape für das Londoner-Duo La Roux. Warum auch nicht!? Erst recht, wenn es sich so famos anhört, wie ihnen das hier mit "Lazerproof" gelungen ist. Die Originale von La Roux werden geremixt, neu durchgestylt, hier etwas überdreht und da etwas heruntergeschraubt und manchmal Mash-Up-artig mit anderen Songs vermischt und ein paar Dubplates gibts auch noch - und am Ende kommt ein extrem spannendes und mehr als hörenswertes Ergebnis heraus. So wird etwa "Bulletproof" vom Synthie-Pop-Kracher, auf triphopig schleppende Beats und Pianountermalung heruntergefahren. In "Colourless Artibella" wird La Roux's "Colourless Colour" von Ken Boothe's Raggae-Perle "Artibella" untermalt. Dann dürfen La Roux's Vocals aus "I'm Not Your Toy" über den Gucci Mane-Song "Lemoade" gelegt, als "I'm Not Your Lemonade" überzeugen, welches dann nahtlos in den Heroes'n'Villane-Remix des Songs von Gucci Mane übergeht. In "Independent Kill" sprechsingt Candi Redd ihr "Independent Bichtes" zur musikalischen Untermalung von La Roux's "In 4 The Kill". Im Falling-Soldiers-Dub von "Magic" wird La Roux's wunderbares "As If By Magic" mit Demarco's nicht minder tollem "Fallen Soldiers" vermengt. "Growing Pains" von La Roux wird hervorragend mit Drake's "Houstatlantavegas" kombiniert, ihr eigenes "Can't Stop Me Now" lassen Major Lazer im Armor-Love-Remix von "Armour Love" von La Roux untermalen, "Quicksand" macht im zurückgenommeren und von additional lyrics von Amanda Blank versehen Mad-Decent-2010-Rerub eine gute Figur und "Cover My Eyes" ist auch im Costra-Nostra-Edit ein wunderbares Stück Pop.
Und umsonst gibt's das ganze dann auch noch. Im Tausch gegen eine E-Mail-Addresse schenken sie euch den Download. Zu finden hier!

25th Anniversary: FRANKY GOES TO HOLLYWOOD - "WELCOME TO THE PLEASUREDOME - DELUXE EDITION" (1984)

Zum (eigentlich letztjährigen) 25. Jubiläum ihres Debüts, feiert die Band, anhand einer Deluxe-Edition, mit uns die Party ihres Lebens einfach nochmal.

Frankie Goes To Hollywood waren mit Sicherheit eines DER Phänomene der 80er-Dekade: Sie existierten nur über 2 Alben und doch sind sie bis heute jedem bekannt. Und vor allem ist es dieses geniale Debüt, das das Kunststück schaffte, zeitgemäß und zeitlos zugleich zu klingen und sich so ohne Anstrengungen bis ins nun 21. Jahrhundert retten konnte - ohne dabei auch nur Verschleisserscheinungen zu zeigen. Lässt man sich auf diesen 80s-Pop-Brocken ein, haut er einem auch nach (ein wenig mehr als) 25 Jahren den Schalter raus. Nach dem kurzen Intro "The World Is My Oyster", kommen sie zur Begrüßung mit dem Titelsong "Welcome To Pleasuredome" daher - und führen durch einen episches Pop-Meisterstück von über 12 Minuten. Ehe sie dann auch gleich den herrlich anzüglichen und vor allem verdammt catchy Hit "Relax" von der Leine lassen. "War (...And Hide)"beginnt mit einem langen, nicht unexperimentellen Intro und Spoken-Word-Passagen, um dann zur echten, von Chor begleiteten Hymne heranzuwachsen. "Two Tribes", ihr (nach "Relax") zweiter No.1-Hit, ist noch immer der massive, mitreißende und funky Ohrurm, der er schon in den 80ern war. "Fury (Go)" ist eine wunderbar schwebende Pop-Perle, die eine kurze Version des späteren "Ferry Cross The Mersey" darstellt. Bruce Springsteen's "Born To Run" performen sie rockig, aber auf ihre ureigene Art und Weise, "Krisko Kisses" zeigt sich dynamisch, rockig, funky und melodisch und "The Power Of Love" bleibt auf ewig eine der besten Pop-Balladen aller Zeiten.
Als Bonus gibt es noch eine zweite CD mit allerlei feinem Bonusmaterial wie Mixes, B-Seiten und Raritäten, so wie etwa der Fan-Favorit "Disneyland". Damals wie heute ein famoses Album und ein grandioses Vermächtnis im 80s-Pop!

MIXTAPE VOL.10

Ein kleines Jubiläum: Das nun bereits 10. Mixtape das ich hier verfasse (das Mixtape-Special über Michael Jackson nicht mitgezählt). Nun will ich auch nicht lange labern, sondern einfach mal die Musik für sich sprechen lassen!


1. MAJOR LAZER & LA ROUX - "BULLETPROOF (NACEY REMIX feat. Matt Hemerlein)" (2010)

Na, da haben sie sich doch mal was nettes einfallen lassen: Major Lazer, das Projekt der beiden Produzenten, Remixer und DJ's Diplo und Switch, haben ein Major Lazer vs. La Roux-Mixtape am Start. Eingeführt wird es schonmal mit einem extrem geglückten Beitrag: Im Nacey-Remix feat. Matt Hemerlein, lassen sie ihren schrill-geilen 80s-Synth-Pop-Kracher mit soft triphopigen Beats und Pianountermalung neu auferstehen.
Haben wollen? Wenn du ihnen eine E-Mail-Adresse schenkst, schenken sie dir das ganze Mixtape unter: http://tinyurl.com/2g7fjp4


2. THE ROOTS feat. Monsters Of Folk - "DEAR GOD 2.0" (2010)

Als letztes Jahr die amerikanische Supergroup Monsters Of Folk (aus Jim James von My Morning Jackett, Conor Oberst und Mike Mogis von Bright Eyes und M. Ward) ihr gemeinsames Debüt veröffentlichte war schnell klar, das der Opener "Dear God" ein großartiges Stück Ewigkeits-Folkpop war. Nun haben sich The Roots, eine der letzten guten Rap-Schwergewichte, gemeinsam mit den Monsters Of Folk ihren jungen Klassiker erneut vorgenommen - und ihn als "Dear God 2.0" perfekt ins Rap-Genre übersetzt. Zu hören auf dem neuen Album der Roots: "How I Got Over".


3. KATE BUSH - "WUTHERING HEIGHTS" (1986)

Aufmerksame und musikgeschichtlich bewanderte Leser, werden sich über das angegebene Erscheinungsjahr wundern. Und noch aufmerksamere und musikgeschichtlich bewandertere Leser wird es nicht wundern: War das wundervolle "Wuthering Heights" im Original vom Jahr 1978 und der erste No.1-Hit von Kate, so hat sie es jedoch im Jahr 1986 füre ihre Best-Of "The Whole Story" neu eingesungen. Ein Weise Entscheidung: Da sie das Original als Teenager zum ersten mal einsang, kann sich die Neuaufnahme durch eine deutlich gereiftere, ausdrucksstärkere und eindringlichere Stimme behaupten. Großartig!!!


4. ALAN PARSONS PROJECT - "THE CASK OF AMONTILLADO" (1976)

Seinerzeit hat das Debütalbum "Tales Of Mistery And Imagination - Edgar Allan Poe" vom Alan Parsons Project nicht viel Aufmerksamkeit erregt. Eine wahre Schande, haben sie mit dieser Vertonung von Edgar Allan Poe-Gruselgeschichten, eine kleines dunkles Meisterwerk geschaffen, das mit "The Cask Of Amontillado" schonmal mindestens einen Epos für die Ewigkeit zu bieten hat.



5. JAY-Z vs. ALAN PARSONS PROJECT - "THREAT/THE CASK OF AMONTILLADO" (Jahr unbekannt)

Der eben besagte Song von Alan Parsons Project macht auch in dieser kleinen und feinen Rarität ein extrem gute Figur: In einem genialen Mash-Up mit "Threaht" aus Jay-Z's "Black Album" (2003), zeigt der Song wie großartig er im HipHop-Kontext funktioniert. Der Urheber des Mash-Ups ist mir auch nach eingehender Recherche nicht bekannt. Ihr könnt ihn aber hier hören:
http://www.youtube.com/watch?v=oFz0PGQ5a00


6. MARK RONSON & THE BUSINESS INTL - "BANG BANG BANG" feat. Q-Tip + MNDR (2010)

Sowohl auf seinem letzten Album "Versions", als auch bei seinen Produktionen für Amy Winehouse oder Daniel Merriweather, zeigte Mark Ronson eine unverschämte und nach einer Weile kräftige nervende Affinität zu Bläsern. Jeden Winkel beliebte er mit dicken Bläser-Sätzen einzukleistern. Also geht man auch mit einer entsprechenden Angst an die erste Single des neuen Albums, das als Mark Ronson & The Business Intl erscheint, heran - um dann derbst überrascht zu werden: "Bang Bang Bang", das gemeinsam mit Rapper Q-Tip und der Sängerin Amanda Warner vom Elektropop-Projekt MNDR entstand, ist ein unverschämt catchy mitreißender und kräftig in Beine und Synapsen gehender 80s-Synthiepop-Hit!


7. ZPYZ - "WTF" (2010)

Wenn das nicht mal ein vielversprechender Newcomer-Zip sein könnte: In Kürze legt das Berliner Duo ZPYZ sein Debüt vor. Als Vorgeschmack gibts hier schonmal "WTF" - ein famoser Song, in dem sie sich aus Dance, Pop und Indie einen ordentlichen und mitreißenden Kracher bauen. Man darf gespannt sein.




8. THE MAGIC NUMBERS - "THE PULSE" (2010)

Wurde das 2005er Debüt der Magic Numbers noch hoch gefeiert, sind sie überraschenderweise mit ihrem 2. Album sang- und klnglos untergegangen. Das wollen sie nun mit dem neuen Wurf "The Runaway" ändern. Und schon diese kleine aber feine Hörprobe mittels der fantastischen 60s-Pop-Perle "The Pulse" zeigt, das die Briten auch hier wieder alles richtig gemacht haben.




9. DANGERMOUSE & SPARKLEHORSE - "REVENGE" feat. The Flaming Lips (2010)

Endlich: Nach über einem Jahr des Wartens hat sich das Label EMI endlich dazu entschieden, das Meisterwerk "Dark Night Of The Soul" zu veröffentlichen. Auf diesem Wunderwerk haben Danger Mouse, der wohl größte Produzent unserer Tage, und Mark Linkous ( 2010) , Frontmann von Sparklehorse, haben hier der von Kritikern abgenickten Creme de la Creme des Indie Songs auf den Leib geschneidert, die jene gern selber geschrieben hätten, wenn sie denn auf darauf gekommen wären. Jetzt schon einer der größten Anwärter auf die Platte des Jahres. Hier der großartige Opener "Revenge", interpretiert von den Flaming Lips.


10. TAKE THAT - "NEVER FORGET" (1995)

Die Reunion von Take That ist beschlossene Sache: Auf ihrer Band-Website haben Take That bekannt gegeben, das - 15 Jahre nach seinem Ausstieg - Robbie Williams zur Band zurückgekehrt ist. Zumindest für ein Album und eine Tour. Das neue gemeinsame Material soll im Herbst erscheinen - und die Wartezeit versüßen wir uns solange mit dem schwelgen in guten alten Jugenderinnerungen - in Form des letzten mit Robbie Williams erschienen TT-Song: Dem hymnisch-epischen und grandiosen Hit "Never Forget". Ein Song für die Ewigkeit - wer anderes behauptet ist selber Schuld!

Sonntag, 18. Juli 2010

Besprochen: MENOMENA - "MINES"

So Komplex und doch so simpel. Oder: Wie Menomena aus unzähligen Songfragmenten ein berauschend harmonisches Meisterwerk erschaffen.

Menomena, diese 3-köpfige, experimentell wirtschaftende Art-Rock-Band aus Portland, Oregon, war ursprünglich auf den großen Erfolg gar nicht aus. Zu Gründungszeiten im Jahr 2000, war es von Gründer und Bandleader Danny Seim eigentlich nur als Nebenprojekt zu seinen Solo-Arbeiten gedacht. Doch mit der Zeit ist das Trio über sein Soloschaffen hinausgewachsen. Anfangs eierte man noch so rum: Das Debütalbum "I Am The Fun Blame Monster" (2003) wurde durch die Band in einer Auflage von 500 Stück selbst vertrieben, später zwar dann offiziell für den freien Markt wiederveröffentlicht, allerings nur auf Vinyl. Und das Zweitwerk "Under An Hour" (2005) beinhaltete 3 überlange Sountrack-artige Instrumentalstücke. Nichts womit man ein breiteres Publikum fesseln könnte. Doch mit Album No.3 kam die überraschende und radikale Wende - es wurde ein richtiges Album. Und was für eins: "Friend And Foe" (2007) wurde ein berauschendes und großartiges Experimental-Art-Rock-Feuerwerk, das dazu mit dem wohl aufwendigsten, durchdachtesten und besten Cover-Art-Work der vergangenen Dekade aufwartete. Kritiker zeigten sich begeistert - die Masse hat's ignoriert. Das könnte sich mit dem 4. Album "Mines" nun vielleicht und hoffentlich ändern - denn wer es schafft, ohne eine Gefühlsregung an diesem famosen Kunstwerk vorbeizukommen, der trägt kein Herz in seiner Brust. Und was der verträumte und majetätische, aber eben auch verdrehte Opener "Queen Black Acid" verspricht, kann das Album auf voller Länge halten. Das beinah schon ohrwurmig energiegeladene "Taos", klingt wie eine famose Weiterentwicklung von Vampire Weekend mit schräger Bläserverstärkung. "Killemall" überzeugt durch schwebende Atmosphäre und traumverlorene Melodie als wahrlich zauberhafte Indie-Pop-Perle. "Dirty Cartoons" gelingt als entspannt dahingleitender und beseelter Gitarren-Art-Pop, der in einem wunderbar harmonischen Chor gipfelt. "Bote" kommt mit zurückgelehntem Gesang, stolpernden Drums und paranoiden Bläsern daher, die von übersteuerten Gitarrensticheleien sabotiert werden. Und die Single "Five Little Rooms" ist, wenn schon keine Neuerfindung des Rades, dann doch immerhin ein epochales Art-Pop-Juwel. Interessant bei diesem homogenen und in sich schlüssigen Werk, ist die Vorgehensweise bei seiner Entstehung: Laut der Band haben sie das Album aus einem Berg von Jam-Sessions und Hunderten von Loops zusammengepuzzelt, wieder zerstört und von vorne angefangen. So kommt es schon fast einer Sensation gleich, was für ein beseeltes und großartiges Werk dabei entstanden ist - eines das kaum eine Sekunde bietet, die nicht fesselt und mit seiner überirdisch wirkenden Gravität in seinen Bann zieht.

Besprochen: PRINCE - "20TEN"

Der Funk-Zwerg ist unermüdlich und schenkt uns sein mittlerweile 33. Studioalbum - beinah im wahrsten Sinne des Wortes!

Prince
war schon immer ein rastlos kreatives Genie war, ist ein Fakt und braucht nicht weiter unter Beweis gestellt zu werden - allein seine zahlreichen Veröffentlichungen sind dafür Beleg genug. So hatte er allein in der vergangenen Dekade mindestens 12 Veröffentlichungen auf dem Buckel. Mit seinem nun 33. Studioalbum veröffentlicht er sein erstes im neuen Jahrzehnt - und bei der Gelegenheit betitelt er es auch gleich danach: "20Ten"! Wie schon bei dem 2007er Album "Planet Earth" - das etwa in England kostenlos der The Mail On Sunday beilag - suchte er, der sich schon vor Jahren mit der Musikindustrie überworfen hat und sich seitdem selbst um die Vermarktung seiner Kunst kümmert, auch für seinen neuesten Streich eine unkonventionelle Veröffentlichungsmethode. Und perfektioniert dabei diese Strategie: Am 10. Juli wurde das Album als kostenlose Zeitungs-Beilage in England (Daily Mirror), Schottland (Daily Record) und Belgien (Het Nieuwsblad) veröffentlicht und am 22. Juli in Frankreich (Courrier International) - am selben Tag erscheint es auch in Deutschland, als Beilage des Rolling Stone, zu einem unschlagbar günstigen Heft-Aufpreis von nur 1,49 €. Doch wie steht es um die Musik auf dem neuen Album? In dem Wust von Alben, EP's und mp3-Releases mit denen Prince uns in den letzten Jahren überschwemmte, waren erwartungsgemäß nicht nur Volltreffer zu verzeichnen. Sicherlich kann es bei solchen Voraussetzungen leicht dazu führen, das man als Künstler in die Beliebigkeit abdriftet. Vorweg ließe sich zu "20Ten" sagen, das es keine radikalen Weiterentwicklungen gibt - das meiste hier hat man in ähnlicher Form schon in der Vergangenheit vom Funk-Zwerg gehört. Und doch ist das die gewisse Energie, die sich schon beim Opener ausbreitet: "Compassion" legt gleich mit einer zwar leicht angestaubten, aber funky und sonnig stimmungsvollen Synthie-Hookline los - und zitiert damit die 80er, eben die Dekade die ihn groß machte. Auch beim noch gelungeneren "Begging Endlessly" kommt er mit prägnanten Synthies des Weges, tauscht jedoch die Blumigkeit des Vorgängers gegen ein Plus an Coolness. Mit "Future Soul" liefet er wohl eine seiner bezauberndsten Soul-Pop-Balladen seit Jahren ab und "Sticky Like Glue" mimt perfekt inszenierten 80s-LoFi-Funk-Soul mit Oldschool-Rapeinlage und einer Menge Sexappeal. "Walk In Sand" zeigt einen starken Sinn für Romantik und lullt uns in eine warme, süßlich duftende Soul- Decke, "Sea Of Everything" zeigt sich leidenschaftlich und gefühlvoll und das als Schlusslicht des Albums dienende "Ladydown" zeigt mit knackigen Beats, Sprechgesang und Rock-Einflüssen wahre Hitchancen. Das Gesamtergebnis ist - wie zuvor erwähnt - keine Revolution und auch kein zweites "Sign ' The Times". Es hat nicht die ungeahnte Durchschlagskraft eines "3121" und auch nicht den wahnwitzigen Pop-Appeal von "The Gold Expeprience". Und doch ist "20Ten" ein mehr als angenehmer Zeitgenosse, der sich von Hördurchlauf zu Hördruchlauf mehr erschließt. Da es das gute Stück voraussichtlich nicht als Download oder frei käufliche CD zu haben sein wird, solltet ihr euch beeilen und euch die neue Ausgabe des Rolling Stone kaufen - nur solange der Vorrat reicht.

Besprochen: DEVO - "SOMETHING FOR EVERYBODY"

Die etwas andere Kultband wagt nach 20jähriger Abstinenz die Rückkehr - und ist wieder ganz bei sich.

Es sollten 2 extrem gegensätzliche Männer sein, die den künstlerischen Weg dieser Band ebneten, die später nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Musikentwicklung ausübte. Zum einen war dies Ex-Präsident Richard Nixon: Gerald Cassale nahm 1970 an einer der zahlreichen Demonstrationen gegen Nixons Kambodscha-Invasion teil. Diese in Ohio war allerdings die einzige, in der die Nationalgarde gegen die Meinungsfreiheit der demokratischen Studenten von der Schusswaffe gebrauch machte - 4 Menschen starben! Dies brachte Cassale dazu eine Band zu Gründen, für die der Name schon gefunden war, inspiriert von der damaligen gesellschaftlichen Entwicklung: Devo - nach der Theorie der De-Evolution, der menschlichen Rückwärtsentwicklung, die sich in Dummheit, Gewaltbereitschaft und Herdenmentalität ausdrückt. Doch die Band, die sich in gelben Overalls und lustigen Hüten kleidete, erntete hauptsächlich ungläubiges Kopfschütteln, Mitleid oder Verachtung. Und hier kam der zweite wichtige Mann in der Karriere der Band ins Spiel: David Bowie, der so von der Band begeistert war, das er sie an Brian Eno vermittelte - der dann auch gleich ihr Debüt produzierte. Gerade am Anfang ihrer Karriere, nahmen Devo eine Reihe famoser und einflussreicher Platten auf, die sich von anfänglichem Post-Punk und New Wave, immer mehr hin zum Synthie- und Elektro-Pop wandelten. Doch zum Ende der 80er fingen sie künstlerisch an zu trudeln und verabschiedeten sich bis zu ihrem letzten Album im Jahr 1990 immer mehr in die Belanglosigkeit. Soviel zur Geschichte. Und nun wagen sie, 20 Jahre nach ihrem letzten und massiv gefloppten Album, ein Comeback an das keiner mehr geglaubt hätte. Und vor allem hätte man nicht gedacht, das dieser Haufen fast 60jähriger, ihre frischeste, mitreißendste und hitreichste Platte seit - sagen wir - "New Traditionalists" (1981) aufnehmen würde. Den eben dies ist den Herren hier gelungen - die Stimme von Mothersbaugh klingt wie vor 30 Jahren, die hektischen Drums geben einen kontinuierlichen Dance-Charakter vor, sie bleiben sich treu und sind dennoch auf Höhe der Zeit und die sloganhaften Texte und eingängigen Melodien tun ihr übriges. Schon der Opener zeigt unmissverständlich wo der Weg hier hinführt: "Fresh", die aktuelle und zweite Single, ist ein von Santigold hörbar mitproduzierter, catchy mitreißender Dance-Funk-Rock-Kracher, der hemmungslos den Dancefloor stürmt. "What We Do" überzeugt mit knackigen Gitarrenriffs, schicken 80s-Anleihen und funky Synthie-Hookline. Die erste und ebenfalls von Santigold mitproduzierte Single "Don't Shoot (I'm a Man)", gelingt als energiegeladener Ohrwurm aus Rock, Synthiepop und plakativen Lyrics - und natürlich der faszinierenden crazyness der beteiligten Dame. In "Human Rocket" wird vor dem inneren Auge ein famoser 80s-Hit hervorragend in den Elektro-Rock gebeamt; "Later Is Now" begeistert als von catchy Refrain beseelter Ohrwurm; "No Place Like Home" beginnt bedächtig mit Piano-Intro und mausert sich zum kleinen Pop-Epos mit einnehmendem Refrain; und das abschließende "March On" verabschiedet uns in Gestalt einer unwiderstehlichen Dance-Pop-Hymne, aus einem äußerst unterhaltsamen und spannenden Dance-Album. Comeback gelungen!

* * * *1/2

Samstag, 17. Juli 2010

MIXTAPE VOL.9

Und nun schon die neunte Episode meiner Mixtape-Serie. Wie man sieht, habe ich gefallen daran gefunden, auch mal einzelne Songs statt nur Alben zu empfehlen und zu bewerten. Also nun hier wieder mal 10 Song-Tips von mir.

1. BENNY BENASSI feat. Kelis, Apl & Jean-Baptiste - "SPACESHIP" (2010)

Der italienische DJ, Produzent und Remixer Benny Benassi (der unter anderem durch seinen Remix von Madonna's "Celebration" kürzlich die Massen zum ausrasten brachte) hat ein neues Album in den Startlöchern. Und für die erste Singl daraus holte er sich prominente Unterstützung: Gemeinsam mit Kelis, Apl.De.Ap von den Black Eyed Peas und Jean-Baptiste, haut er hier einen Floorfiller sondergleichen raus, der kräftig in die Bein geht. Hervorragend!


2. EMINEM feat. Lil Wayne - "NO LOVE" (2010)

Das neue Album von Eminem ist sicherlich Geschmackssache - doch hat er sich hier dennoch deutlich steigern können, im Vergleich zu seiner Bauchlandung mit dem letzten Album "Relapse". Einer der gelungenen Beiträge der neuen Platte ist eben jener, der nun auch die Rückkehr der 90er - und somit auch die Rückkehr des Euro-Dance - bis in den US-HipHop trägt: Auf "No Love", das er gemeinsam mit Lil Wayne zum Besten gibt, benutzt er doch tatsächlich ein Sample des 1993er Dancefloor-Hits "What Is Love?" von - ja, richtig! - Haddaway. Ob das gut gehen kann? Es IST gut gegangen. Daumen nach oben!


3. FLORENCE & THE MACHINE - "COSMIC LOVE" (2010)

Die Newcomer-Band um Sängerin Florence Welch, hat mit "Lungs" im letzten Jahr ein Debüt veröffentlicht, das einigen Erfolg einfahren konnte. Nun erschien die 6. Single daraus: Die großartige, von tribalen Beats untermalte Hymne "Cosmic Love". Ein fatastischer Epos, der unter die Haut. Und ein weiterer Grund, wieder einmal das nicht minder tolle Album der Band zu hören.



4. GLEE - "ON MY OWN" (2009)

"Glee" ist mit Sicherheit DIE neue Serien-Sensation aus den USA. Diese nicht unlustige Serie rund um einen Gesangsclub an einer amerikanischen Highschool, stellt so etwas wie eine Art "Highschool Musical" in gut dar - und hat eine ganze Menge Musik zu bieten. Von den Beatles bis Rihanna, ist alles dabei was das Herz begehrt. Auch Liebhaber von Musicals werden auf ihre Kosten kommen: Schon in der Pilotfolge gibt Lea Michele (in der Rolle der Rachel Berry) das wunderbare "On My Own" aus dem Musical "Les Miserables" zu besten.


5. GLEE - "TOTAL ECPLIPSE OF THE HEART" (2010)

Und in einer weiteren Episode der ersten Staffel, geben sie unter anderem auch diesen hymnischen Epos zum Besten, den einst Jim Steinman (Meat Loaf, Céline Dion) der Reibeisen-Röhre Bonnie Tyler auf den Leib schneiderte. Doch auch hier sitzt er wie angegossen. Wem das Original mittlerweile zu peinlich ist, aber diese schier grandiose Komposition dennoch zu schätzen weiss, der hat hier einen wunderbaren Ersatz gefunden.



6. ARCADE FIRE - "WE USED TO WAIT" (2010)

Nach dem Meisterwerk und Debüt "Funeral" und dem düster-genialen Nachfolger "Neon Bible", steht nun das 3. Album der wohl wichtigsten kanadischen Band unserer Zeit in den Startlöchern. Als Vorgeschmack gibt es daraus hier nun den Song "We Used To Wait" - eine atemberaubende Indie-Hymne, die extrem hungrig auf das Album macht. Im August ist es endlich soweit, wenn Arcade Fire uns womöglich das erste große Indie-Album der 10er Jahre schenken.


7. LISSIE - "IN SLEEP" (2010)

Lissie wird sich in Kürze mit Sicherheit zur neuen weiblichen Singer/Songerwriter-Sensation aus den USA etablieren - denn mit "Catching A Tiger" hat sie ein äußerst überzeugendes Debütalbum vorgelegt. Und daraus ist dies die erste Single - die fabelhafte Indie-Pop-Rock-Hymne "In Sleep". Ein sehnsuchtsvoller Song, der mit einer schier zeitlosen Melodie und schicken Gitarren-Passagen glänzt.



8. PLAN B - "SHE SAID" (2010)

Mit seinem 2. Album hat Ben Drew alias Plan B wohl die beste Verschmelzung von Retro-Soul und britischem HipHop der letzten Jahre vorgelegt, der selbst Amy Winehouse vor Neid erblassen lässt - und ihre Rückkehr vorerst unwichtig macht. "She Said", die zweite Single daraus, ist bereits ein Fall für die Jahresbestenlisten. Anhören und verknallen!




9. PRINCE - "COMPASSION" (2010)

Das neue und 33. Studioalbum des Funk-Zwergs steht in den Startlöchern und wird als Bonus der neuen Ausgabe des deutschen Rolling Stone beiliegen - und das zu einem unschlagbar günstigen Aufpreis von nur 1,50€. Daraus empfehle ich hier den Opener "Compassion" - ein funky und shiny Ohrwurm mit catchy angestaubten Synthesizern.




10. THE CORAL - "MORE THAN A LOVER" (2010)

Über nun 8 Jahre, 5 reguläre Alben und ein limitiertes Minialbum, hat die Rasselbande aus England noch kein minderwertiges Material abgeliefert. Denn auch ihr nun 5. Album " Butterfly House" ist wieder ein Meisterstreich geworden. Den Titelsong, sowie die erste Single "1000 Years" habe ich auf diesem Blog bereits vorgestellt - nun folgt de Opener der neuen Platte: Das getragene psychedelische und melancholisch verträumte "More Than A Lover", welches das Lebensgefühl der Ära der Blumenkinder so grandios aufleben lässt, wie es heute nur noch The Coral können.

Besprochen: PLAN B - "THE DEFAMATION OF STRICKLAND BANKS"

Mit diesem Konzeptwerk liefert Plan B die eleganteste und formidabelste Verschmelzung aus Grime und Soul der letzten Jahre!

Nachdem Ben Drew alias Plan B vor 4 Jahren mit seinem Debüt "Who Needs Action When You Got Words" als eine Art britische Antwort auf Eminem Achtungserfolge feierte, bietet sein Zweitwerk nun eine herbe Überraschung: Er entdeckt den Soul für sich und zeigt überwiegend seine Sangestalente, die er zeitweilig mit spannenden Grime-Passagen füttert. Doch "The Defamation Of Strickland Banks" bietet noch mehr als das. Es ist ein Konzeptwerk, auf dem Drew in die Rolle des fiktiven Soulsängers Strickland Banks schlüpft, welcher unschuldig im Gefängnis landet. Hier erzählt er seine Geschichte in Form von famosen Soul-Kompositionen, die Mark Ronson zeigen wie man es richtig macht. Denn selbst Amy Winehouse' umfeiertes (und definitiv überbewertetes) "Back To Black", verblasst gegen diese perfekte Verschmelzung aus Retro-Soul und Grime-HipHop. So großartig die Songs für sich eh schon sind, um so besonderer werden sie noch, wenn man die Geschichte verfolgt, die sie erzählen. Sie beginnt mit den Balladen "Love Goes Down" und "Writings On The Wall" (muss hier noch jemand ganz dringend an Charles & Eddy denken?) - zwei wunderbare Liebeslieder, die sein Alter-Ego Banks auf einem Konzert für seine Freundin singt. Im dann folgenden Soul-Grime-Rock-Bastard "Stay Too Long" feiert er mit seiner Entourage den Erfolg des Konzertes, was darin gipfelt, das er einen One-Night-Stand mit einer fremden Frau erlebt. Im fantastischen "She Said" lernen wir, das diese Frau von Banks' Musik besessen, und in dem fanatischen Glauben ist, ihn abgöttisch zu lieben. Als er sie abweist rächt sie sich und beschuldigt ihn, sie vergewaltigt zu haben, was zu seiner Verhaftung führt. Während er dann im von Gospelchor untermalten, wunderbaren und nachdenklichen "Welcome To Hell" nach einem Gerichtsprozess unschuldig im Gefängnis landet. Im Verlauf der warmen, emotionalen Soulperle "Hard Times" und dem von flotten Streichern angetriebenen Soul-HipPop-Ohrwurm "The Recluse" erleben wir, wie Strickland immer isolierter und unsicherer wird in seinem Bestreben, mit dem Leben im Gefängnis zurecht zu kommen, was in Übergriffen anderer Häftlinge auf ihn endet. Resultierend daraus, beschafft er sich dann im warm schwungvollen Soul-Gospel-Song "Traded In My Cigarette" ein Messer. In der meisterlich inszenierten neuen Single "Prayin'" wird er von einem anderen Gefangenen angegriffen, den er unter Hilfe eines Mithäftlings in Notwehr tötet und dessen Schuld sein Helfer allein auf sich nimmt - und diese Schuld die nun auf Strickland Banks lastet, wird in der anschließenden Soul-HipHop-Offenbarung "The Darkest Place" thematisiert. Im shiny Retro-Soul-Ohrfänger "Free" und der wunderbar zärtlichen und melodisch-melancholischen Perle "I Know A Song", schildert er seinen anfänglichen Groll und seine spätere Akzeptanz, gegenüber dem Leben hinter Gittern. Der krönende Abschluss folgt dann mit dem potentiellen Hit "What You Gonna Do", in dessen Verlaufe Banks' Verfahren aufgrund neuer Beweise wieder aufgerollt wird - allerdings mit einem offenen Ende, das den Hörer nicht erfahren lässt ob Strickland Banks nun freigesprochen, oder erneut hinter Gitter geschickt wird. Dieses spannende Konzept, die intelligente Ausarbeitung und die mehr als großartige Umsetzung machen "The Defamation Of Strickland Banks" zu wohl der Besten Essenz aus Soul und Grime seit Jahren. Hut ab vor einem nahezu perfekten Album. Oder wie der Musikexpress es ausdrückt:
"So macht Plan B die Rückkehr von Amy Winehouse unnötig. Soll die sich lieber endlich in den Griff bekommen. Ben Drew wird währenddessen nach England auch in Deutschland Millionen Platten verkaufen!"
Dem ist nicht hinzuzufügen - ein Fall für die Jahresbestenliste.

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Dienstag, 13. Juli 2010

Besprochen: THE CORAL - "BUTTERFLY HOUSE"

Erneut lassen The Coral den Zeitgeist der späten 60er Jahre mit einem fabel- und zauberhaften Album aufleben - ganz und gar entzückend!

Seit nun fast 10 Jahren gehört die britische Band zu den wenigen auserwählten Musikern, denen es scheinbar mit einer atemberaubenden Leichtigkeit gelingt, von Album zu Album stets ein sehr hohes künstlerisches Level zu halten. Erstaunlich dabei ist allerdings, das die breitere Masse die schier atemberaubend schöne Musik der Jungs noch immer nicht auf dem Plan hat. So bleibt nun die Hoffnung, das sich dieser Umstand nun vielleicht mit ihrem 5. Album ändert - das Zeug dazu hat "Butterfly House" allemal. Wieder einmal entführen sie uns auf einen wunderbaren, bunten, schillernden und traumverlorenen Trip, zurück in die Zeit der Blumenkinder. Dies steht wieder einmal Pate für ihre stilistische Bodenständigkeit, aber auch für den Fakt, das The Coral eine der wenigen Bands im aktuellen musikalischen Geschehen sind, die den Sound der Hippie-Ära so authentisch und faszinierend zu interpretieren vermögen, wie kaum ein anderer. Und wie bei ihren 4 Vorgängeralben - sowie dem limitierten Minialbum "Nightfreak & The Sons Of Becker" - stimmt auch hier wieder so gut wie alles. Die hier versammelten 12 Songs (plus 5 weitere Bonustracks auf der limitierten Edition) haben sie diesmal gemeinsam mit John Leckie ausgearbeitet, der bereits The Stone Roses, The Verve oder Radiohead produzierte. Und dennoch vermag auch seine Beteiligung praktisch nichts am Klangkosmos der Band zu ändern. Und auch der Umstand das die Band durch den Weggang von Bill Ryder-Jones zum Quintett geschrumpft ist, kann ihnen hörbar nicht anhaben. Denn auch hier perlen wieder einmal wunderbare Kleinode und potentielle Klassiker aus den Lautsprechern, als gäbe es nicht natürlicheres. Das fängt mit dem melodischen und wunderbar verträumten Opener "More Than A Lover" an, zieht sich durch das beinah majestätische "Butterfly House", das leidenschaftliche "Green Is The Colour", das beschwingt ohrwurmige "Two Faces", die famose erste Single "1000 Years" und endet im harmonisch-melancholischen und sanft psychedelischen "Coney Island".
Zwar kann es mit dem atemberaubenden 2003er Meisterwerk "Magic & Medicine" und man muss hier auch die rotzigeren Anklänge von "The Invisible Invasion" (2005) entbehren, aber trotzdem zeigen sich die Jungs hier wieder in großartiger Form und bescheren uns ein weiteres kleines Meisterwerk.

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Mittwoch, 7. Juli 2010

Besprochen: M.I.A. - "/\/\ /\ Y /\"

M.I.A. bleibt sich selber treu und feiert auch auf Longplayer No.3 ein wahres Fest der Abstraktionen und Eigenwilligkeiten.

Das die aus Sri Lanka stammende und derzeit in den USA beheimatete Wahlengländerin M.I.A. noch nie den Weg des leichtesten Wiederstandes gegangen ist, sollte jenen allzu gut bekannt sein, die ihren ersten beiden Alben "Arular" und "Kala" lauschen durften. War auf ihrem Zweitwerk zwar ein leichter Trend in eine melodischere, gar popigere (aber immer noch mit zahlreichen Widerhaken versehene) Richtung zu bemerken, geht sie auf "/\/\/\Y/\" ("Maya") stellenweise in solch verstörender Weise vor, wie man es selbst von ihr noch nicht zu hören bekam. Zu ihren bekannten Zutaten aus Electronica, Alternative-HipHop und Experimental, mischt sie zum ersten mal etwa starke Industrial-Einflüsse und rotzt uns ein brodelndes, giftiges und wiederborstiges Album vor die Füsse - aber auch ein nicht minder spannendes und erlebnisreiches, als ihre bisherigen musikalischen Ergüsse es bereits vormachten. Denn sie schafft es wieder einmal auf's neue, all dem verstörenden Elementen eine kunstvolle Note zu verleihen - eine Art Ordnung im Chaos. So zeigt sie schon zum Auftakt ordentlich die Zähne: Mit kreischenden und heulenden Sägengeräuschen führt sie in den Opener "Steppin Up" ein, der sich zu einer beinah funky anmutenden musikalischen Apokalypse aufschwingt, der neben Elektro- auch Rock-Einflüsse nicht auslässt. Dieser Trend zur Bedingungslosig- und Gnadenlosigkeit, setzt sich hier an vielen Stellen fort. "Teqkilla" kommt zwar beinah funky hip-popmelodisch daher, wird aber stets aus dem Hinterhalt genial von überdrehten Acid-Synthesizern sabotiert. Mit dem verstörenden Elektro-Rock-Brecher "Born Free" - und seinem skandalösen Video - streift sie alle Hemmungen ab und kotzt auf die Welt. Und mit dem fiesen Bastard "Meds & Feds", lässt sie ein tobendes Monster
aus Hardcore-Beats, Acid-Synthezisern, Industrial-Gewittern und schmerzhaft verzerrten Punk-Riffs von der Leine, das aber einen beinah catchy Flow entwickeln kann. Zudem setzt sie all dem auch immer noch eine zeitweilig popige Note entgegen, die einem immer wieder willkommene Atempausen beschehrt. So kommt die erste offizielle Single "XXXO" als der wohl bislang "kommerziellste" Beitrag der Künstlerin daher, der in seiner Funktion allerdings ein charmant verzerrtes Bild von dem abgibt, was das Album wirklich zu bieten hat - und dabei noch hohe Hitchancen aufweisen kann. "Lovalot" kommt sehr minimalistisch, aber mit einem genialen Flow des Weges. Im Spectral Display-Cover "It Takes A Muscle" wagt sie sich sehr gekonnt in entspannt verzerrte Raggae-Gefielde. Mit "It Iz What It Iz" kredenzt sie wunderbar schwebenden, experimentellen Elektro-Pop mit Tiefgang und "Tell Me Why" gereicht zum grandiosen, von Marschbeats unterfüttertern, einnehmend melodischen Pop-Ohrwurm. Das sie dabei hervorragend die Balance hält und alles in einem erstaunlich schlüssigem Gesamtkontext zu konzentrieren vermag, war von der rastlosen Kreativität der Dame fast nicht anders zu erwarten. Und so hat M.I.A. - man höre und staune - ihr kompromisslosestes und zugleich ihr womöglich zugänglichstes Werk geschaffen. Und so darf einem bei dieser Naturgewalt auch gerne mal die Kinnlade in die Knie krachen.

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