♪♫♪ ...music makes the people come together... ♪♫♪

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Donnerstag, 27. März 2014

Besprochen: KAISER CHIEFS - "EDUCATION, EDUCATION, EDUCATION & WAR"

Die Zeiten der Freibierzelt-Hymnen  sind vorbei - und die Kaiser Chiefs scheinen nun auf ihrem 5. Album auch endlich tüchtig daran zu arbeiten, in Zukunft nicht vor allem für Gassenhauer wie "Ruby" berühmt zu sein. Mit reichlich Erfolg, wie man anmerken muss.

Ich kann mir einfach nicht helfen - wenn es um die Kaiser Chiefs geht, kann es bei mir sehr schnell kritisch werden. Versuchen wir das Dilemma kurz zu umreißen. Im Jahr 2005 ging es ja noch frisch und fröhlich los mit den Briten. Damals, im sogenannten "England-Jahr", als alle paar Wochen ein neues Debüt einer spannenden Newcomer-Band von der Insel herüber kullerte, konnten die Kaiser Chiefs mit ihrem gewitzten Erstling "Employment" und Ohrwürmern wie "I Predict a Riot" oder "Oh My God" gehörig punkten - und sich so gar unter die musikalischen Highlights seines Jahrgangs schmuggeln. Mit dem Zweitwerk "Yours Truly, Angry Mob" und vor allem dem dazugehörigen Hit "Ruby", schafften sie dann auch den ganz großen kommerziellen Durchbruch - waren musikalisch aber endgültig in den Freibierzelten angekommen. Spätestens hier war für mich dann irgendwie der Ofen aus, auch wenn so manch ein Kritiker ihr drittes Album "Off With Their Heads" überzeugen konnte - mich lockte es nicht hinterm Ofen hervor.
Ihr bislang letztes Album "The Future Is Medieval" war dann eine ganz eigenartige Nummer: denn ursprünglich standen online 23 Songs zum Angebot - und der Käufer konnte sich davon insgesamt 10 Stücke aussuchen und so zu einer eigenen Version des Albums zusammen stellen. An sich ja in Zeiten von Internet und mp3, in der sich viele nicht mehr für komplette Alben entscheiden, keine so unclevere Idee. Das dann aber kurz darauf doch noch eine offizielle physikalische Version erschien, welche 14 dieser 23 Songs enthielt, führte das ursprüngliche Konzept ad absurdum - und ließ bei manchem wohl den Verdacht der Geldschneiderei aufkommen. Ach - und während in der iTunes-Deluxe-Edition noch einmal das Paket mit allen 23 Songs erschien, machte die US-Veröffentlichung, die etwas später folgte, die Verwirrung komplett: unter dem veränderten Titel "Start The Revolution Without Me", mit zum Teil veränderter Tracklist und einem weiteren komplett neuen Song. Alle Klarheit beseitigt?
So hinterließen einen die Herren mit reichlicher Verwirrung und einen Wust von Songs, von denen man am Ende nicht mal so richtig wusste, was das alles eigentlich soll.

Viele Gedanken habe ich seitdem nicht an die Kasier Chiefs verschwendet - doch da kommt dieser Tage nun ihr neues und 5. Album "Education, Education, Education & War" herein geschneit. Und auch wenn ich mich anfangs selbst ein wenig zum Hören überreden musste, stimmten mich die ersten Klänge dann doch optimistischer als geahnt. Ihre Zeiten als Klassenclowns und Schunkel-Kombo scheinen endgültig vorbei zu sein - und zum ersten Mal (zumindest in meiner Wahrnehmung) scheinen sie auch emsig daran zu arbeiten, in Zukunft nicht mehr länger hauptsächlich für Hymnen aus dem Freibierzelt berühmt zu sein. Die erste Single "Coming Home" macht dies nun noch einmal als anfangs fast ungewohnt sanfte Midtempo-Perle deutlich, die sich zusehends zur hymnischen Rock-Nummer erhebt.  

Kaiser Chiefs - "Coming Home" from Arts & Crafts México on Vimeo.


Und auch auf weiten Teilen des gesamten Albums klingt die Band doch ziemlich motiviert und macht sich selbst eine Menge Feuer unterm Hintern. Mit "The Factory Gates" (♪♫♪) gelingt ihnen etwa ein mehr als solider Start ins neue Album, welches sich als melodisch mitreißender Rock-Ohrwurm erweist, von schweren Orgeln untermalt wird, mal kleine Abstcher in 80s-Sphären unternimmt und zwischenzeitlich gar ein wenig an Maximo Park erinnern kann. "Misery Company" (♪♫♪) zeigt sich als von 60s-typischen Orgeln geschwängerter, druckvoll nach vorn gehender Britrock-Ohrwurm, "Ruffians On Parade" (♪♫♪) äußert sich in Gestalt eines elektrisierend mitreißenden, evtl. zukünftigen Indie-Disco-Hits, mit "One More Last Song" (♪♫♪) stände auch gleich der nächste treibende Indierock-Ohrfänger mit hohem Mitgröl-Faktor bereit und mit "Meanwhile Up In Heaven" (♪♫♪) geben sie eine nachdenkliche und leidenschaftlich zu Werke gehnde Britpop-Hymne zum Besten, die mit zeitweilig soft barocken Ansätzen und majestätischem Refrian aufwartet. 
Es steht der Band jedoch auch durchaus gut zu Gesicht, wenn sie in wenigen Momenten mal das Tempo drosselt - so wie sie dies dann auch beim Closer "Roses" (♪♫♪) zeigt, einer doch eher nachdenklichen Ballade, die nun zum Ende  die Platte gelungen abrundet. 

So muss ich meine Vorurteile in den Wind schlagen und feststellen: "Education, Education, Education & War" ist eine echt prima Sache geworden. Sicherlich kann man das was sie hier veranstalten nicht innovativ, ausgesprochen neu oder einfallsreich nennen. Handfester und grundsolider Indierock ist das, was einen hier erwartet - gespickt mit mitreißenden Melodien, einigen Ohrwürmern und einer scheinbar unbändigen Spielfreude. Somit ist "Education..." das wohl mit Abstand überzeugendste Album seit ihrem Debüt. Und das habe ich nun wahrlich nicht erwartet.

 

Montag, 24. März 2014

Besprochen: SHAKIRA - "SHAKIRA."


 Irgendwie war Shakira ja in ihrer Muttersprache immer am besten - doch mit ihrem neuen und selbstbetitelten Album ist ihr die wohl beste englischsprachige Platte seit "Laundry Service" gelungen.

Shakira ist ja nun auch schon eine gefühlte Ewigkeit im Musikgeschäft unterwegs. Die kolumbianische Sängerin begann ihre Karriere bereits in den frühen 90ern mit ihren ersten spanischen Platten, ehe dann endgültig im Jahr 2001 mit ihrem englischsprachigen Debüt "Laundry Service" der weltweite Erfolg einsetzte. Doch aller Mühe und einigen englisch besungenen, ja mitunter gar hochkarätigen Hits zum Trotz, war Shakira auf Albumlänge eigentlich nur dann wirklich überzeugend, wenn sie in ihrer Muttersprache sang. Denn vor allem ihre letzten beiden englischen Alben "Oral Fixation Vol.2" (2005) und "She Wolf" (2009) waren zum Teil gar äußerst ärgerliche Angelegenheiten und erzeugten vor allem bittere Ernüchterung. Doch nun, 5 Jahre nach dem letzten Exemplar seiner Art, hat sich Shakira nun wieder an ein englisches Soloalbum heran gewagt, das sie ganz schlicht und ergreifend nach sich selber "Shakira." benennt. Aber der allererste Eindruck ließ einen vielleicht zuerst ähnlich überflüssiges befürchten, wie bei den letzten Versuchen: denn die erste Single der Platte stimmte mich anfangs nicht so wahnsinnig optimistisch, konnte aber mit der Zeit deutlich gewinnen. Denn "Can't Remember To Forget You" kann als Ohrfänger mit Raggae-, Dub- und Rock-Anleihen lebendige Erinnerungen an den Sound von No Doubt wecken. Das die in den letzten Jahren etwas zu präsente Rihanna hier als Duett-Partnerin mit von der Partie ist, bleibt dabei eher eine Fußnote.



Führt man sich nun das gesamte neue Album zu Gemüte, noch mit den Erinnerungen an die besagten früheren Werke der Dame, merkt man: hier hat doch mehr Hand und Fuß, als man im Vorfelde hätte vermuten dürfen. Und dabei gibt sie sich auch noch sehr vielseitig - was zwar nicht gerade die Wirkung eines in sich geschlossenen Albums erzeugt, dafür aber für oft gelungene Unterhaltung sorgt. Und dazu war sie bekanntlich noch nicht auf vielen Alben in der Lage. 
Auf der neuen Single "Empire" (♪♫♪) gibt Shakira etwa einen vor allem vom Rock beeinflussten Pop-Song zum Besten, der sich echt sehen resp. hören lassen kann. Sogar ein Hauch echter Authentizität scheint sich hier dem Hörer zu eröffnen. "You Don't Care About Me" (♪♫♪) zeigt sich ebenfalls gelungen und verwundert aufs angenehmste durch seine zeitweilig sehr sparsamen Arrangements. "Cut Me Deep" (♪♫♪), das gemeinsam mit der kanadischen Band MAGIC! entstand, erweist sich als wirklich gelungener, zwischen Rock und Raggae angesiedelter Song, der wieder wohlige Erinnerungen an bereits genannte No Doubt wachruft. "Spotlight" (♪♫♪) kommt als grundsolider Pop-Ohrwurm mit soft elektronischen Beiwerk daher, das zärtliche und durchaus schöne "Broken Record" (♪♫♪) macht schon beinah soft folkloristische Anstalten, "23" (♪♫♪) stellt sich als wunderbare, warme, überwiegend akustische und von soften Beats untermalte Midtempo-Ballade vor, während sie dem Hörer mit "The One Thing" (♪♫♪) einen weiteren ordentlichen Ohrwurm mit Gitarrenpop-Einschlag verschafft.

Man kann sich zwar eh schon denken, dass "Shakria." natürlich kein Meisterwerk oder ähnliches ist. Aber doch schafft es die Dame hier über weite Strecken durchaus zu überzeugen und einige äußerst schmackhafte Songs zusammen zu tragen. Eher anspruchsvollen Gemütern wird das mit Sicherheit dennoch nicht schmecken. Doch da Shakira hiermit wohl ihre beste englischsprachige Platte seit "Laundry Service" gelungen ist, wird dem Pop-Liebaber dabei mit Sicherheit das Wasser im Mund zusammen laufen. Bon appétit.

  



Sonntag, 23. März 2014

25th Anniversary: MADONNA - "LIKE A PRAYER" (1989)

 25 Jahre ist es nun her, als Madonna ihr viertes Studioalbum "Like a Prayer" auf die Welt los ließ - und es sollte sich schnell zu einem Klassiker entwickeln. Eine perfekte Gelegenheit, sich noch einmal ausführlich mit diesem Werk und seiner Bedeutung zu beschäftigen. Und mit der Frage, was bis heute davon geblieben ist.

Madonna ist bis heute eine Institution in der Pop-Musik. Das sie seit Beginn ihrer Karriere bis heute immer eine schimpfende Schar an Nörglern und Meckerern hinter sich her schleifte, ist da genau genommen kein Widerspruch. Oft ist es nicht nur wichtig, wie viele Fans und Bewunderer ein Künstler auf den Plan ruft - auch die Zahl der (wie man sie heute gerne nennt) "hater" ist in Kombination häufig ein recht deutlicher Indikator für die popkulturelle Wichtigkeit. Doch wir (und somit auch Madonna) leben in einer spürbaren Übergangsphase, wie sie quasi jede neue Generation hervor ruft: die Helden von gestern werden nach und nach von dem Nachwuchs verdrängt. Ich selbst (Jahrgang 1980) wuchs meine gesamte Kindheit und Jugend in dem Bewusstsein auf, dass Madonna und Michael Jackson sozusagen das Königspaar des Pop darstellten. Einen Zweifel daran gab es im Grunde nicht - auf weiter Flur gab es niemanden, der ihnen langfristig gefährlich werden konnte. Bei der aktuellen Jugendgeneration ist das nicht mehr ganz so. Michael Jackson ist schon seit fast einem halben Jahrzehnt tot (sein letztes Album hingegen ist sogar fast 3 Mal so lange her) und Madonna stellt nahezu den einzigen noch lebenden Superstar dar. Allerdings einen Superstar, der immer noch extrem erfolgreich ist, dabei jedoch musikalisch in den letzten Jahren etwas ins Trudeln geriet. Auch wenn ich ihre letzten beiden Platten ("Hard Candy", 2008; "MDNA", 2012) schon mag, so muss man doch vor allem im Rückblick feststellen: irgendwie war das dann doch etwas zu uninspiriert und lieblos hin geklatscht, was aber wohl auch an der nicht sehr gut durchdachten Wahl der Produzenten lag. 
Das lud bereits viele dazu ein, Madonna überstürzt die Krone der Queen of Pop zu entreißen und sie prompt Lady Gaga aufzusetzen - ein Vergleich, der stets herauf beschworen wird. Sicherlich: Lady Gaga ist als Pop-Phänomen im allgemeinen wohl am ehesten dazu fähig, einst den Thron von Madonna zu beerben. Ob dies aber in der Tat je geschehen wird, bleibt dennoch zweifelhaft. Denn auch wenn man (wie ja ich selbst) Lady Gaga sehr mag, muss man doch ein wenig mit blutendem Herzen feststellen, dass ihr Stern langsam wieder zu sinken scheint. Und das nach gerade einmal 3 Alben - eine Karrierephase, in der Madonna einst den ersten großen Höhepunkt ihrer Karriere erlebte, Alben und Singles wie geschnitten Brot verkaufte, unzählige Trends setzte und Welthits en masse raus haute. Wo nun bei Lady Gaga's letztem (und durchaus gutem) Album "ARTPOP" nach Monaten bis auf einen Top-10-Hit irgendwie kaum etwas passiert ist und man langsam befürchten muss, dass dieses Album eher als "ARTFLOP" in die Annalen der Pophistorie eingehen wird, war bei Madonna zu dieser Zeit noch lange keine Schwachstelle in Sicht. Im Gegenteil - mit ihrem vierten Album sollte sie erst so RICHTIG aufdrehen und eine Platte kreieren, dass ihr bis dahin reifstes, herausragendstes und zeitlosestes Gesamtwerk darstellte: das legendäre "Like a Prayer".

Und am heutigen Tag, an dem dieser Text hier entsteht (der 21. März 2014), feiert dieses Album seinen 25. Geburtstag. Ein guter Grund, sich das gute Stück noch einmal in aller Ausführlichkeit zu Gemüte zu führen. Quasi um ein Reise zurück in eine Zeit zu unternehmen, als man (etwa bei Madonna) noch wirklich von dem Wort "Superstar" Gebrauch machen konnte. Zurück in eine Pop-Welt, in der selbst eine Lady Gaga vor Neid erblassen würde, angesichts vom Ausmaß des Erfolges einer Figur wie Madonna. Und all das noch vor der Internet-Ära. 
Noch vor Ende der 80er Jahre hatte Madonna bereits eine wahrlich steile Karriere hingelegt. Zahlreiche Erfolge konnte die Dame schon einst vorweisen - allein von ihrem dritten Album "True Blue" (1987) wurden mehr als die Hälfte der Songs Hits. Doch war es vermehrt der urtypische 80s-Pop, der den Sound von Madonna prägte. Dies sollte sie 1989 mit "Like A Prayer" so radikal ändern, wie niemals zuvor. Und das ging dann auch gleich mit einem gewaltigen Knall los: dem Titelsong "Like A Prayer", diesem zeitlosen Stück Gospel-Pop, der bis heute zu den bekanntesten und besten Songs der Dame zählt. Und diese Granate von einem Song wurde dann von einem ebenso legendären Video begleitet, dass ein Echo auslösen sollte, gegen das heute selbst Millionen von Klicks bei Youtube oder meckernde Medien-Sittenwächter amateurhaft wirken: so fühlte sich der Papst höchstpersönlich dazu veranlasst, seinen Unmut über das Video zu äußern, in dem Madonna einen schwarzen Heiligen verführt oder vor brennenden Kruzifixen tanzt. Oder um frei aus dem Gedächtnis Madonna selbst zu zitieren, die diese scharfe Kritik als Kompliment auffasste: Wie viele Musikvideos bekommt ein Papst wohl schon jemals zu sehen? 


Doch das fast noch beste am Album: trotz des großen Erfolges und der bis heute enormen Beliebt- und Bekanntheit dieses Songs, vermochte er dennoch nicht den Rest des Albums zu überstrahlen, welches daneben noch so einige Perlen zu bieten hatte - einige von ihnen wurden ebenfalls Hits, andere nicht. Doch alle sind sie essentiell. So etwa der ebenfalls enorm populäre Hit "Express Yourself": eine stimmungsvolle und melodisch mitreißende, mit softem Latino-Feeling angereicherte Dance-Pop-Nummer, die ein aufsehenerregendes und bis heute viel gelobtes Musikvideo mit sich brachte. Ein weiterer Hit wurde "Cherish" (♪♫♪), dieser unwiderstehlich süße und luftig leichte Sommer-Ohrwurm, der sofort in Ohr und Beine geht. Eine besondere Perle stellt aber auch das wundervolle "Dear Jessie" (♪♫♪) dar: ein federleichtes, sanftes und buntes, soft psychedelisch veranlagtes Kinderlied, das eine größere Aufmerksamkeit im Backkatalog von Madonna verdient hätte. Vielen ist der Song jedoch gar nicht mehr geläufig und wurde bislang auch bei sämtlichen Best-Of's schändlich übergangen - weil diese Single zwar nicht in den USA, aber dafür in vielen europäischen Ländern, sowie Australien und Japan veröffentlicht wurde. Und auch einen moderaten bis großen Erfolg einfuhr ( Irland: Platz 3, UK: Platz 5, Deutschland: Platz 19).



Ein weiterer Klassiker wäre dann mit "Oh Father" (♪♫♪) gefunden, einer melancholischen, gleichzeitig schon beinah hymnischen Ballade, in der Madonna das schwierige Verhältnis zu ihrem Vater reflektierte. Noch direkter, noch persönlicher wird es auf der wunderschönen, fast tieftraurig anmutenden Ballade "Promise To Try" (♪♫♪), auf der Madonna's Gesang fast ausschließlich von sanftem Piano und Streichern begleitet wird - und die bis dahin wohl reifste und persönlichste Ballade von Madonna darstellte. Auf "Keep It Together" (♪♫♪) zieht sie dann wieder das Tempo an und versucht sich mehr als solide an einer tanzbaren Funk-Pop-Nummer, die sie der amerikanischen Funk-Band Sly & The Family Stone widmete. Bis heute ein großer Fan-Liebling (und das sogar zurecht) ist das großartige "Spanish Eyes" (oder auch unter "Pray For Spanish Eyes" bekannt): eine warme, leidenschaftlich romantische Ballade mit deutlichem Latino-Touch, die vor allem ihre gesamte Strahlkraft aus (Obacht!) Madonna's Stimme bezieht. Auch seinerzeit war Madonna ja weniger durch eine herausragende Stimme bekannt, als viel mehr dadurch, dass sie aus ihrer eigenen das bestmögliche machte. Auch hier mutierte sie zwar nicht spontan zu einer Art Aretha Franklin, aber wie sie sich in diesem Song mit leidenschaftlicher Inbrunst in die Zeilen schmeißt und vor allem in den Refrains ihre Stimme hörbar bis an ihre Grenzen bringt....das kann schon unter die Haut gehen.



Insgesamt der erste wirkliche künstlerische Höhepunkt in der Karriere von Madonna - und zudem eines der recht wenigen Pop-Alben, die mit der Zeit sogar noch an Faszination gewonnen statt verloren haben. Ein buntes und vielschichitig klingendes Album, das viele autobiografische Elemente in die Songs einbrachte - und wohl auch deshalb so reif, zeitlos und überzeugend klang, wie nichts was sie zuvor gemacht hatte. Aus einstiger Sicht eine großartige und zeitgeistige Pop-Platte, mit einer Tiefe, wie sie bei Madonna so noch nie zu hören war. Ein Vierteljahrhundert später im Rückblick betrachtet, hat sie hier den spannenden Übergang von den 80ern zu den 90ern in famose Pop-Klänge gebannt und für die Nachwelt konserviert. Und auch wer "Like a Prayer" bisher noch nicht kennen sollte, aber durchaus guten Pop zu schätzen weiß, der kann sich auch heute noch in diese herrliche Platte verlieben. Denn sehr viel näher kann die Kunst dem Pop wohl nicht kommen.






Donnerstag, 20. März 2014

Besprochen: SKRILLEX - "RECESS"

Der König des ADHS-Techno hat endlich sein Debütalbum fertig gekriegt - und hat es damit teilweise gar auf die Gehirnzellen seiner Hörerschaft abgesehen!

Wenn man schon mit großen Schritten auf Mitte 30 zu schreitet, muss man sich hin und wieder von der jüngeren Generation vorwerfen lassen, man könne eben mit zeitgenössischen Trends nicht mehr viel anfangen. Dieser Vorwurf könnte nun auch bei dem Debütalbum des ja derzeit ach so hippen Skrillex laut werden. Wobei dieser durchweg unbegründet wäre. So sehr ich mich auch an vielerlei Musik der vergangenen Jahrzehnte erfreue, so war es vor allem immer die zeitgenössische Musik unterschiedlichster Couleur, die in jeder meiner Lebensphasen dominierte - bis heute. Das heißt aber noch lange nicht, dass einem dann auch alles gefallen muss. Und ich sage es kurz und knapp vorweg: zum Glück muss mir auch das nun brandneu erschienene Debütalbum "Recess" von Skrillex nicht wirklich gefallen. 

All die ihm bereits zuvor verliehenen Lorbeeren gründeten vor allem auf mehreren EPs und Remixen. Eigentlich gar nicht so viel dafür, dass einen so penetrant seine dezente Kellerbräune und seine katastrophale Frisur verfolgten und sein musikalischer Einfluss sogar schon den großen Mainstream verseuchte. Doch nun ist dieses Debütalbum endlich da, das irgendwie wohl nun nachträglich den bisher erfahrenen Erfolg zementieren soll. Wer seine bisherige Musik gut fand, der wird wohl auch diesen Speck hier fressen. Wer sich allerdings nicht zu dieser Randgruppe zählt, der wird hier schwer zu schlucken haben.


Denn das was viele nur allzu gerne als Dubstep anpreisen, lässt sich im Falle von Skrillex wohl wesentlich treffender als ADHS-Techno umschreiben. Seien wir fair...manches hier klingt im Ansatz gar nicht mal unbedingt so übel - nur ballert Skrillex all das regelmäßig mit seinem typischen Sound zu. Und so warten hier auch ein paar unglaublich hektische, nervöse und zeitweilig gar mit aller Emsigkeit nervtötende musikalische Totalschäden. Zusammen gesetzt aus den scheinbar immer gleichen und oft total überdrehten Bestandteilen, wird dem Hörer fast unaufhörlich mit einem Dauerfeuer aus schrillen Synthesizern, hämmernden Beats und Störgeräuschen das Trommelfell bestrichen. Nur einige wenige lichte Momente lassen einen dann zwischenzeitlich aufatmen. 
Etwa wenn er auf "Doompy Pomp" (♪♫♪) das Tempo drastisch drosselt, die nervigen Störeffekte in der Kiste, und sogar eine schillernde Synthie-Hookline vom Stapel lässt. Und "Coast is Clear" (♪♫♪) kommt eher im TripHop-Gewand daher und bietet ganz nette Gastbeiträge von Chance The Rapper und The Social Experiment. Doch man sollte sich ja nicht von "Ease My Mind" (♪♫♪) lumpen lassen - dessen Anfang auf den ungeübten Hörer durchaus schön klingen mag. Denn hierbei handelt es sich um nichts anderes, als eine Verunstaltung von Niki & The Dove's "DJ, Ease My Mind" aus dem Jahr 2012. Aber immerhin entlässt er uns dann sehr gnädig aus dem Album: auf "Fire Away" (♪♫♪) fällt vor allem der recht fabelhafte Gesang des britischen Musikers Kid Harpoon auf, doch auch Skrillex gibt sich allerhand Mühe, das Teil nicht gegen die Wand zu fahren. Das Tempo geht runter, über lange Strecken geht es sogar wahrhaft chillig und triphopig zu - einen Café-Del-Mar-Beitrag könnte man ohne weiteres draus machen.

Aber eigentlich egal was man sonst so hier nimmt -  den von den Ragga Twins begleiteten Opener "All Is Fair In Love And Brostep" (♪♫♪), das in einigen Phasen relativ geglückte, aber dann mit typischen Skrillex-Methoden zusammen gedroschene Titelstück "Recess" (♪♫♪), den mit nettem Gesang, aber enervierenden und monotonen Acid-Sytnhesizern ausgestatteten "Stranger" (♪♫♪), die Skrilley-typische, hyperaktive und recht zügig an den Nerven sägende Vorabsingle "Try It Out (Neon Mix)", oder das nahezu im direkten Wortsinne ätzende "Ragga Bomb" (♪♫♪) - so hilft es am Ende alles nichts: zwar gibt es immer wieder einzelne kleine Lichtblicke, aber ansonsten ist seine Art von Musik entweder nervtötend, stessig oder eben einfach ziemlich egal.

Besprochen: BROKEN BELLS - "AFTER THE DISCO"

Auf ihrem Zweitwerk zaubern die Broken Bells noch fettere Hooks und noch geschmeidigere Melodien aus der Kiste - und ziehen damit den Pop noch stärker auf ihre Seite. Auch wenn sie damit nicht ganz an den brillanten Vorgänger anknüpfen können.

Das neue (Musik-) Jahr steht ja noch ganz am Anfang und doch kann man dies hier bereits als eine seiner heiß ersehnten Platten bezeichnen: das neue und zweite Studioalbum "After The Disco" von den Broken Bells! Zum ersten Mal fand sich dieses grandiose Duo im Jahr 2010 für ihr selbstbetiteltes Debütalbum zusammen - doch ursprünglich kannte man die beiden Herren von ganz anderen Ufern. Denn hinter dem Duo versteckt sich James Mercer, der Sänger der fabelhaften US-Indie-Band The Shins, sowie der Allround-Musiker Danger Mouse, welcher sich bereits als Produzent (Gorillaz, The Black Keys, Norah Jones, Beck), als Remixer (am legendärsten: das Beatles/Jay-Z-Mash-Up "The Grey Album") oder als aktiver Soundtüftler (neben den Broken Bells etwa auch Gnarls Barkley) hervor tat. Nachdem sie bereits zuvor für das Album "Dark Night Of The Soul" von Danger Mouse & Sparklehorse zusammen arbeiteten, legten sie bald ihren gemeinsamen Erstling vor, der zweifellos zu den besten Platten seines Jahrgangs zählte. 

So richtig hatte man noch gar nicht mit einem Nachfolger gerechnet, nachdem beide wieder ihren eigentlichen Arbeiten nachgingen - doch da schneite Ende 2013 plötzlich ihre neue Single herein, die den ersten Vorboten des neuen Albums darstellte: "Holding On For Life", eine grandiose, mitreißende und nahezu epische Indie-Disco-Offenbarung, dessen Refrain eine offenkundige Hommage an die Bee Gees darstellt.  


Broken Bells - Holding On for Life on MUZU.TV

Das ist aber nicht der einzige Lichtblick auf der neuen Platte, die noch mehr Pop ist, als es das Duo bisher eh schon war. Wenn der Opener "Perfect World" (♪♫♪) los legt, wähnt man sich erstmal in einem dunkel angehauchten Stück Ambient, bis sich dann griffige und etwas flottere Beats heraus schälen und der Song letztendlich als strahlende und schillernde Indie-Synthpop-Perle in höhere Sphären entschwebt. Der Titelsong und zweite Single "After The Disco" (♪♫♪) erweist sich als soft funkiger und auf Anhieb überzeugender Ohrwurm, der unterschwellig ein wenig nach Daft Punk schmeckt. Die neueste Single "Leave it Alone" (♪♫♪) kommt ein wenig folkiger daher und wird von sanften Gitarren und Streichern, sowie einer wunderbaren Melodie zusammen gehalten, "Lazy Wonderland" (♪♫♪) bietet einen relaxten, soft psychedelischen Indie-Pop-Song mit wundervollem Refrain und "The Angel And The Fool" (♪♫♪) offenbart eine melancholische, von akustischen Gitarren und Streichern begleitete, atmosphärische Ballade.

Wenn man aber auch ganz ehrlich und sehr kritisch ist, dann muss man schon gestehen, dass ihr Zweitwerk nicht die enorme Strahlkraft des Debüts wiederholen kann - und in seiner Gesamtheit auch ein paar mehr kleine Hänger vorweist. Doch der Wandel hin zu noch fetteren Hooks, zu noch süßeren Melodien und noch popigerem Ambiente, wirkt hier durchaus bewusst gewählt und konsequent umgesetzt - ohne sich dabei aber bedingungslos dem Mainstream in die Arme zu werfen. Viel eher versuchen Broken Bells hier scheinbar, den Pop mit allen Verführungskünsten ganz auf ihre Seite zu ziehen - und nicht anders herum. 





Dienstag, 18. März 2014

Besprochen: KYLIE MINOGUE - "KISS ME ONCE"

Der Pop-Fluch geht in die nächste Runde: 
Auch mit ihrer nun 12. Platte ist der Australierin bis heute kein einziges gutes Album gelungen. Austauschbare und modern aufgepimpte Gebrauchsmusik, welche das "Malen nach Zahlen"-Prinzip im Pop perfekt auf den Punkt bringt.

Eines ist klar: ein Kylie-Minogue-Fan werde ich wohl niemals werden. Wobei es eine Zeit gar nicht so schlecht stand um mich und die australische Sängerin. Nachdem ich in den 80ern ja noch ein Kind war und zeitgenössische Musik bis auf wenige Ausnahmen nur am Rande wahrnahm, blieb ich seinerzeit zum Glück von ihrer fürchterlichen Stock/Aitken/Waterman-Phase verschont. In den 90ern, meinen Teenager-Jahren, fiel dann auch nur wenig von ihr auf, was sich etwa auf das schicke "Confide in Me" oder ihr Duett "Where The Wild Roses Grow" mit Nick Cave beschränkte. Doch mit dem neuen Jahrtausend kam sie auch bei mir an. "Light Years" (2000) fand ich damals richtig klasse, im Jahr darauf stand ich sehr auf "Fever", ebenso wie ich auch "Body Language" (2003) irgendwie noch mochte. Und immerhin die Single "In My Arms" veranlasste mich sogar noch zum Kauf von "X" (2007). Fand ich damals alles toll. Genau: DAMALS! Aber ein langes Verfallsdatum hatten nur sehr wenige ihrer Songs - von Alben gar nicht erst zu sprechen! Denn: bisher ist ihr noch kein Album gelungen, dass ich als "durchweg gut" bewerten würde. Irgendwie bleiben ihre Platten nie mehr als eine lose Ansammlung von Songs. Das hat sie zwar durchaus mit einer langen Liste illustrer Musikerkollegen gemein, nur fehlen bei Kylie meist einfach die wirklich guten Songs, die prägnanten Hits. Bei Kylie ist auf Albumlänge irgendwie alles zu flach, harmlos, gefällig, zweitklassig! 

Allzu hohe Erwartungen konnten dann auch nicht geweckt werden, als sich in den vergangenen Wochen der Release ihres neuen und 12. Studioalbums "Kiss Me Once" immer mehr näherte. Denn "Into The Blue", die erste Single daraus, kann ich nun auch wahrlich nicht als Hit identifizieren. Allerdings auch durchaus nicht als Totalausfall oder ähnliches. Ein netter, ganz okay produzierter, mit recht feiner Melodie ausgestatteter Elektro-Pop, den man ohne weiteres auch "einfach nur wow" finden kann, wenn man denn will. Aber dafür ist mir dieser Song unterm Strich dann doch zu egal.


Aber was hat dagegen denn nun das neue Album zu bieten? In der Theorie hat sie zumindest eine erwartbare Riege verschiedenster Produzenten und Songwriter verpflichtet, die ihr diese 11 neuen Songs auf den Leib schneiderten. Und was hat sie also nun an Songmaterial zu bieten? "Million Miles" (♪♫♪) etwa: ganz in Ordnung gehender Dance-Pop, der von Cutfather produziert wurde - aber im Grunde wie eine beliebige Durchschnitts-Pop-Nummer ihrer vorangegangenen Alben klingt. Genau das gleiche kann man aber später auch vom ziemlich austauschbaren Gebrauchs-Disco-Pop "Sexy Love" (♪♫♪) sagen, das fast wie ein Zwilling von "Million Miles" klingt. Wenig überraschend zu erwähnen, dass beide Songs von demselben Team kreiert wurden. 
Auf "Sexercize" (♪♫♪) hat mal wieder die derzeit unvermeidliche Sia Furler mit herum komponiert, The Monsters & Strangerz haben es dann zu einem zeitgemäßen Elektro-RnB-Teil aufgebläht, zu der das Lolita-Gehabe von Kylie allerdings nicht so recht zünden will. "Les Sex" (♪♫♪) offenbart eine zweit- bis drittklassige, käsige Dance-Pop-Nummer mit etwas groteskem Unterton, und der erneut von Sia Furler komponierte Titelsong "Kiss Me Once" (♪♫♪) macht in den Versen noch etwas Hoffnung, entlädt dann in den Refrains aber die volle Ladung mädchenhaften Kitches, der durch Kylie's Gesang nur noch gesteigert wird. Ach...und ihr Duett mit Enrique Iglesias...tja, ich glaube wir tun ganz gut daran, wenn wir uns das an dieser Stelle alle ersparen.

Ohne dem momentan eh schon etwas zu arg grassierenden Pharrell-Hype noch zusätzlich Nahrung bieten zu wollen (da der Autor dieser Zeilen vom langjährigen Stehaufmännchen-Effekt des Amerikaners etwas genervt ist), muss man aber dennoch erwähnen, dass das von Mr. Williams komponierte und produzierte "I Was Gonna Cancel" (♪♫♪) in seiner Produktion deutlich punkten kann (die zudem deutlich zeigt, wie viel er von Daft Punk gelernt hat)  und zum einzigen kleinen Aha-Moment des Albums wird - auch wenn der positive Einfluss von Kylie selbst doch recht überschaubar bleibt. 

Der Rest ist dann irgendwie nur der Rest. Ist die letzte Sekunde des Albums verklungen, ist von den Songs schon kaum noch etwas im Kopf hängen geblieben. Also im Grunde der klassische und erwartbare Kylie-Effekt: irgendwie immer zu flach, harmlos, gefällig, zweitklassig. 
Es muss ein Fluch sein...






Freitag, 7. März 2014

Besprochen: BECK - "MORNING PHASE"

Nach 6 grauenhaft langen Jahren Plattenpause, meldet sich Beck mit einem schlichten, zeitlosen und ganz wunderbaren Album zurück, das jetzt schon ein Klassiker sein will.

20 Jahre ist es nun her, als der amerikanische Musiker Beck Hansen als "Loser" erstmals in das Zentrum der kollektiven Wahrnehmung rückte. Eben diesem wie aus der Zeit gefallen scheinenden Nerd, der da einst auf MTV durch ein verwackeltes Video schlurfte und hüpfte, sollte damit eine der großen und bleibenden Hymnen der 90er Jahre gelingen. Und der Herr blieb fleißig - zwar auch im Gespräch der Boulevard-Medien, was vor allem seine Mitgliedschaft bei Scientology beflügelte, aber vor allem musikalisch. So veröffentlichte er fleißig Alben, die zumeist sowohl von Hörern als auch Kritikern hoch geschätzt wurden - auch wenn sein letztes richtiges Werk nun auch schon fast 6 Jahre zurück liegt. Tatenlos war er aber auch in dieser Zeit nicht, veröffentlichte er mit "Song Reader" Ende 2012 doch sogar ein komplettes neues Album - aber eben leider nur die Noten und Texte dazu, keine eigenen Aufnahmen. Aber nun hat sich der gute Mann endlich wieder darauf besonnen, die lechzende Hörerschaft erneut mit einem Album zu versorgen. 
"Morning Phase" stellt sein mittlerweile 12. Studioalbum dar - und rückt stilistisch komplett vom Konzept seines von Danger Mouse produzierten Vorgängers "Modern Guilt" ab. Er orientiert sich hier ausdrücklich stärker an seinem 2002er Werk "Sea Change", reduziert seine Songs auf das nötigste und schafft so eine akustische, traurige, aber dennoch warme und wunderschöne Atmosphäre, in der die herrlichen Melodien dieser 13 Songs ein Eigenleben entwickeln. 

Gleich zu Beginn des Albums lässt er mit "Morning" (♪♫♪) schon mal die Sonne aufgehen - ein warmer und samtiger Song, der vor allem in den wunderbaren Refrains zu seiner wahren Bestimmung findet. Das in geschmeidigem, unaufgeregtem Tempo daher galoppierende "Heart Is a Drum" (♪♫♪) entwickelt dann fast klammheimlich Klassiker-Qualitäten, während "Blue Moon" als atmosphärische Folk-Pop-Perle gen Himmel strebt.



"Wave" (♪♫♪) gleitet tief melancholisch und nahezu spukig auf bedächtig klingenden Streichern daher, "Blackbird Chain" (♪♫♪) offenbart sich als leichtes, aber zugleich nachdenkliches und soft psychedelisch umwehtes Songjuwel, "Turn Away" (♪♫♪) bezirzt als entrückte und einnehmende Folk-Ballade, die tief unter die Epidermis krabbelt, in "Country Down" (♪♫♪) können wir uns an einer von zeitloser Melodie und wundervoller Atmosphäre gesegneten Perle ergötzen, die deutlich in Country-Gefilden wurzeln schlägt, und "Waking Light" (♪♫♪) - die aktuelle Single - vermag als erhabene Indiepop-Kostbarkeit zu verzaubern.

Auch wenn der 43jährige auf "Morning Phase" durchaus unterschiedliche stilistische Einflüsse abklappert, ist ihm hier ein dennoch höchst homogenes Werk geglückt, das seine Kraft ganz aus der Ruhe schöpft. Experimentelle Klangspielereien oder widerborstige Einwürfe - die man bei dem Herren ja durchaus schon kennt - sucht man hier vergebens. Stattdessen setzt Beck auf Melodien und Harmonien zum niederknien, gehüllt in schlichte, aber wunderbare Folk-, Country- und Pop-Gewänder - und erschafft so ein zeitloses Album, welches mühelos den Sprung zum Klassiker schaffen sollte. Ein Hochgenuss.



  


Dienstag, 4. März 2014

Besprochen: NENEH CHERRY - "BLANK PROJECT"

Fernab jeglicher Erwartungshaltungen, hat uns die Schwedin Neneh Cherry ihre jüngste künstlerische Metamorphose in minimalistische, experimentelle und ganz und gar wunderbare Klänge gegossen. Dafür hat sich sogar die Wartezeit von 18 Jahren gelohnt. 

Die schwedische Musikerin Neneh Cherry gehört zweifellos zu den ganz großen - auch wenn sie nicht gerade zu den Künstlern zählt, die stets in Fokus der Öffentlichkeit stehen. Dabei war sie dennoch nie wirklich weg und ging immer ihren eigenen Weg. Nachdem sie in Schweden, den USA und letztendlich in England lebte, in einer Punk-Band namens The Cherries spielte und ihre ersten Solo-Versuche mit einem Protest-Song gegen den Falklandkrieg machte, erlebte sie mit ihrem 1989er Debütalbum "Raw Like Sushi", dem Welthit "Buffalo Stance" und einer musikalischen Mischung aus HipHop, Funk und Dance-Pop einen Senkrechtstart. Doch ihr Werdegang sollte noch einige Wendungen nehmen. 

So half sie die einstigen Bristroler Newcomer Massive Attack in ihren Anfangstagen mit zu finanzieren, wandelte mit ihrem 1992er Zweitwerk "Homebrew" verstärkt auf TripHop-Pfaden, schuf 2 Jahre später im Duett mit Youssou N'Dour den unsterblichen Klassiker "7 Seconds" und entwickelte sich 1996 auf ihrem dritten Solo-Album "Man" weiter zu einer Mischung aus (Mainstream-)Pop, Rock und World Music. Und das sollte wohlgemerkt ihr bisher letztes Soloalbum sein! Was die Dame aber dennoch nicht davon abhielt, weiterhin aktiv zu bleiben: seit den 2000ern veröffentlichte sie 2 Studioalben mit ihrem Nebenprojekt CirKus, lieh den Gorillaz ("Kids With Guns") oder Kleerup ("Forever") ihre Stimme und veröffentlichte 2012 gemeinsam mit dem experimentellen Jazz-Trio The Thing das famos kratzbürstige Jazz-Meisterwerk "The Cherry Thing".

Und nun war wohl endgültig die Zeit reif, dass Neneh Cherry nach 18 Jahren (!) endlich ihr viertes Soloalbum zur Welt bringt. Und nach so langer Zeit, schien sie es dann doch eilig zu haben: innerhalb von nur 5 Tagen wurde "Blank Project" aufgenommen und gemischt. Was sie hier gemeinsam mit dem britischen Elektro-Musiker Four Tet (der etwa schon Remixe für Radiohead, Bloc Party, Sia oder The xx anfertigte) als Produzent erschuf, ist ein deutlich minimalistisches und experimentelles, an vielen Stellen düsteres Werk, auf dem elektronische Effekte, Beats, Drums und Synthesizer das Grundgerüst bilden, welches von Neneh's Gesang zusammen gehalten wird. Der Einstieg in die neue Platte macht das ganz besonders deutlich, wenn Cherry auf dem Opener "Across The Water" von nichts anderem als schleppenden Beats und hier und da ein klein wenig Gerassel begleitet wird. Doch all dem schöpferischen Minimalismus  zum Trotz, durchwandert die Dame hier erstaunlich vielschichtige Soundsphären, die nicht immer so extrem bis auf die Knochen herunter geschält wurden. Und das ließ sich ja bereits auf dem vorab bekannt gegebenen Titelsong "Blank Project" erkennen: ein atmosphärisches, unterkühltes und maschinell treibendes Stück Elektro-Art-Pop, das irgendwo in die Reviere von Björk oder Portishead hinein zu schielen scheint.



Grandios geht es auch sogleich weiter, denn "Naked" (♪♫♪) erweist sich als sphärisch anmutende, von Neneh's hypnotischem Gesang begleitete Hymne, die mit wenig Aufwand, aber einer enormen Wirkung in Szene gesetzt wird. "422" (♪♫♪) wandelt auf sehr melancholischen Pfaden, die bis zu den tiefsten Winkeln der Seele zu reichen scheinen, wenn man sie denn nur lässt. "Out of The Black" (♪♫♪) erweist sich als grandioses Duett mit Robyn, dass sich in Form eines melodischen, 80s-inifizerten Elektro-Pop-Meisterstücks zeigt, dem dennoch seine kleinen charakteristischen Ecken und Kanten gelassen werden. "Weightless" (♪♫♪) spielt mit Industrial-Elementen, Kuhglocken und soften House-Anleihen, das famose "Dossier" (♪♫♪) zieht das Tempo spürbar an (und uns auf die Tanzfläche) und "Everything" geistert einem als düster schillernder Epos von ca. 7 1/2 Minuten Länge durch die Hirnwindungen.   



Mit den schon deutlich radiofreundlicheren Klängen ihres letzten Solo-Werkes "Man" von 1996 hat "Blank Project" freilich gar nichts mehr zu tun. Eigentlich hat es im Geiste eine engere Verwandtschaft zum dem bereits erwähnten Jazz-Album "The Cherry Thing" mit The Thing. Denn hier ist sie so experimentell und minimalistisch wie noch auf keinem ihrer Soloalben zuvor - und vor allem anderen: noch nie war sie derart großartig! Neneh zeigt sich erneut von einer vollkommen anderen Seite, die aber bei einer Vollblut-Künstlerin wie ihr nicht wirklich überraschend erscheint. Fernab von Marketingstrategien, Erwartungshaltungen oder Ambitionen zur Massentauglichkeit, hat Neneh Cherry hier einfach ihre jüngste künstlerische Metamorphose in Klänge gegossen. Und man möchte eigentlich gar nicht mehr aufhören, ihr dabei wie hypnotisiert zu lauschen.  



 

Sonntag, 2. März 2014

Besprochen: PHARRELL WILLIAMS - "G I R L"

Auch wen "Happy" nicht vom Hocker haut, der kann am neuen Album von Pharrell Williams durchaus Freude haben - denn immerhin hat er auf seinem zweiten Soloalbum aus den Fehlern seines Debüts gelernt.

Es ist eine gewisse Hassliebe, die mich mit Pharrell Williams verbindet. Ohne Frage hat der Amerikaner einige Talente, die er ja auch schon oft genug unter Beweis stellte - ob allein oder zusammen mit Chad Hugo als The Neptunes. Dazu zählten ja bereits Arbeiten mit großen Namen wie Madonna, Mariah Carey, Britney Spears, Beyoncé, Justin Timberlake, Frank Ocean, Gwen Stefani oder Jay-Z. Es gibt aber auch die andere Seite. Etwa die Arbeiten seiner Band N*E*R*D, die bis auf wenige Ausnahmen eher mau ausfielen (eine der großen Ausnahmen: "Hypnotize U", produziert von Daft Punk). Selbiges galt dann auch für das 2006er Solo-Debüt von Pharrell: nachdem "In My Mind" erst im November 2005 erscheinen sollte, zog Pharrell das Album zurück, um es noch einmal zu überarbeiten. Ganze 8 Monate später erschien das Album dann tatsächlich - und enttäuschte. Irgendwie. So recht wollte einen da kaum etwas aus den Socken hauen - und wenn ich mir nochmal so die Tracklist betrachte: es ist bis heute irgendwie nichts hängen geblieben. Und zu allem Überfluss ist Pharrell dann auch noch für meinen Hass-Song des vergangenen Jahres verantwortlich: "Blurred Lines" von Robin Thicke. Auf der anderen Seite tat er sich aber wiederum auch sehr positiv bei Daft Punks letztjährigem Welthit "Get Lucky" als Gastsänger hervor. 

Momentan geht ja seine aktuelle Single "Happy" durch die Decke, die sich auf der Pole Position der Charts festgesetzt hat und scheinbar riesige Bevölkerungsgruppen zum massenhaften Nachahmen ihres Musikvideos animiert. Sogar eine Bekannte von mir, die sonst doch überwiegend Klassik zu hören pflegt, konnte sich hier eines der seltenen Male für Pop-Musik begeistern. Während quasi der lange Zug der Jubilierenden an mir vorüber zieht, kann ich mich nur ratlos am Kopf kratzen. Denn so recht dahinter gekommen bin ich noch nicht, was genau diesen Hype nährt. Gut, auch bei mir ist der Song etwas gewachsen - aber nachdem ich ihn anfangs gar ziemlich langweilig bis nervig fand, kann ich auch nun nicht mehr als ein "ganz netter Ohrwurm" vergeben. 

Dieser Song war nun erster Vorbote seines zweiten Solowerks, das den Namen "GIRL" trägt. Und ich war vor dem ersten Hören nach all den Erfahrungen mit Pharrell gespannt und verängstigt zugleich. Hat er aus den Fehlern seines Debüts gelernt, oder fährt er die zweite Platte wieder gegen die Wand? Besinnt er sich auf seine wahren Talente, oder muss man nun eine Art "Blurred Lines"-Terror auf Albumlänge befürchten? Die Versprechungen im Vorfeld waren ja schon mal nicht klein: nachdem Williams bei dem Label Columbia Records unterzeichnete, ließen selbige Ende letzten Jahres verlauten, dass es, nachdem Pharrell mit "Blurred Lines" und "Get Lucky" den Pop des Jahres 2013 definiert habe, an der Zeit sei, ihn zum globalen Superstar zu machen - "Happy" sei nur der Anfang! Doch kann das neue Album dieses Versprechen auch einlösen? Naja - vielleicht teilweise. 
Das neue Album fühlt sich nicht mehr nach einem Flickenteppich an, wie dies ja noch sein Vorgänger tat. Und Pharrell mutet hier dem Hörer auch nicht mehr wie zuletzt eine so erschlagende Masse von 16 Songs zu - sondern beschränkt sich auf 10 Stücke. Er startet dabei auch gleich durchweg solide mit dem Opener "Marylin Monroe" (♪♫♪) in die neue Platte: zuerst geht es überraschend mit einem leidenschaftlichen Streicherarrangement los, ehe es sich Pharrell in einem groovy das Tanzbein schwingenden Funk-Pop-Ohrwurm gemütlich macht, der deutliche Erinnerungen an Michael Jackson wach ruft. Auch das minimalistisch produzierte, irgendwie echt hübsch oldschoolig anmutende "Hunter" (♪♫♪) oder die schick funky RnB-Perle "Gush" (♪♫♪) gehen gut durch. 
Ein paar feine Kollaborationen mit anderen Musikern gibt es hier auch zu bestaunen. Die Zusammenarbeit mit Justin Timberlake in "Brand New" (♪♫♪) ist diesbezüglich sehr hörenswert, auch wenn dieser Ohrwurm hinter den beiden großen Perlen der Platte zurück stehen muss: die tatkräftige Unterstützung die ihm Daft Punk auf "Gust of Wind" (♪♫♪) zukommen lassen, mündet in einem catchy tanzbaren, mit Roboter-Gesang angereicherten Disco-Funk-Pop-Schmuckstück, während das von einer Art Raggae-Groove untermalte "Know Who You Are" (♪♫♪) mit Alicia Keys ebenfalls zu einem Highlight der Platte anwächst. Die eher mauen Momente des Albums (zu denen etwa das Duett "Come Get It Bae" mit Miley Cyrus zählen) fallen dabei gar nicht so negativ auf, wie vermutet.

So ergibt das Endprodukt eine erstaunlich runde Platte, die nach mehrmaligem Hören auch noch ein paar potentielle Hits bereit hält. Pharrell Williams hat hier zu meiner Freude die wirklichen Totalausfälle in der Kiste gelassen und ein äußerst geschmackvolles und feines Album zusammen gestellt, das nicht dieselben Fehler wie zuletzt begeht. Was alles aber nichts daran ändert, dass "Happy" für mich auch weiterhin Mittelmaß bleibt.