♪♫♪ ...music makes the people come together... ♪♫♪

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Donnerstag, 28. April 2016

Besprochen: PET SHOP BOYS - "SUPER"

Die Pet Shop Boys sind einfach nicht totzukriegen - das beweisen sie zum wiederholten male auf ihrem neuen und nunmehr 13. Studioalbum "Super", dass so knackig und zwingend in die Gehörgänge schießt, als wären die 90er nie zu Ende gegangen.

Vor ziemlich genau 30 Jahren entschieden sich die beiden Briten Neil Tannent und Chris Lowe, fortan unter dem Namen Pet Shop Boys die Pop-Musik um ihre ganz eigenen Kreationen zu bereichern, als Ende März 1986 ihr Debütalbum "Please" erschien. Was dem folgte, ist Geschichte - aber eine, die man gerne immer mal wieder erzählt. So sollten sie sich alsbald nicht nur zu einem der erfolgreichsten Pop-Duos der 1980er Jahre mausern, auch weit darüber hinaus pflasterten sie ihren Weg mit Hits und einer beinahe nicht enden wollenden Reihe solider bis hervorragender Alben. Dabei entwickelte sich die Band stetig weiter, ohne dabei aber jemals ihren ganz ureigenen Sound zu verlieren. Ihren seit jeher enormen Hang zu zartschmelzenden Melodien und mitreißenden Hooks würzten sie immer mal wieder mit anderen Einflüssen. So gingen sie mal klassisch popige Wege, arbeiteten viel mit Dance-, aber zwischendurch auch mal mit Latino-Einflüssen, oder versuchten sich an "erdigeren" und handgemachteren Klängen. Schon in Anbetracht dessen, was sie allein in den letzten Jahren dem Hörer so kredenzten, konnte einem mitunter ein wenig schwindelig werden. Mit ihrem 2009er Dance-Pop-Meisterwerk "Yes" fanden sie etwa zur großen Form eines "Very" (1993) zurück, schlugen daraufhin auf ihrem 2012er "Elysium" wieder deutlich ruhigere Töne an, um dann nur ein Jahr später mit "Electric" quasi die Clubs und Dancefloors zu stürmen. Und diesen zuletzt eingeschlagenen Weg geht das Duo nun auch auf seinem neuen und 13. Studioalbum "Super" konsequent weiter. Wiederholt verpflichteten sie Stuart Price (Madonna, The Killers) als Produzenten, mit dessen Hilfe sie sich erneut auf dem Spielplatz der 90er-Dance-Music austoben. Davon konnte man bereits in den vergangenen Wochen durch das vorab veröffentlichte Material einen guten Eindruck gewinnen. Zunächst durch die Promo-Single "Inner Sanctum", die durch seinen elektronischen und tanzbaren, aber dennoch melodischen und atmosphärischen Sound ein klein wenig wie die PSB-Version einer Faithless-Nummer anmutet. Und dann natürlich durch die offizielle erste Single "The Pop Kids": einem unwiderstehlichen Dance-Pop-Ohrwurm, der musikalisch wie auch inhaltlich die Dance-Ära der frühen 90er Jahre wiederaufleben lässt.  


The Pop Kids - Pet Shop Boys from: Super 4/1/16 from gb0 on Vimeo.

Aber "Super" ist keine reine Nostalgie-Platte, die die guten alten Zeiten zurück zu holen versucht. Es gibt sie ja durchaus zur Genüge, diese Sorte altgedienter Musiker, die immer wieder versuchen, ihre eigenen großen Tage zu kopieren - nur um regelmäßig und kläglich an diesem Vorhaben zu scheitern. Aber nicht die Pet Shop Boys. Man könnte sagen, dass sie eher einen langen Blick zurück auf die Vergangenheit werfen, während sie weiter unbeirrt in Richtung Zukunft schreiten. So mag man zwar immer mal wieder gewisse Parallelen zu früheren Werken wie "Introspective", "Very" oder "Yes" entdecken, aber dennoch klingt "Super" wie keines ihrer Alben zuvor. Selbst von seinem 3 Jahre älteren Bruder "Electric" kann es sich in vielen Punkten abheben. Auch wenn es einer ähnlichen Grundstruktur und einem ebenfalls eher Club-orientierten Gesamtsound folgt, so besitzt "Super" doch einige zusätzliche Attribute, die es sogar zu einem noch besseren Album machen. Zum einen kann es den eh schon hohen Hit-Faktor seines Vorgängers noch übertreffen, fällt es einem doch partout unheimlich schwer, welchen der vielen potentiellen Hits der Platte man nun eigentlich am besten finden soll. Vielleicht den fabelhaften und catchy Ohrwurm "Twenty - something" (♪♫♪), dessen hervorragende Synthie-Hookline sich auf Anhieb in die Hirnwindungen einnistet? Oder wie wäre es mit der einnehmenden Dance-Pop-Hymne "Burn", die theoretisch einer ihres größten Charterfolge seit langem werden könnte? Vielleicht aber doch der ein wenig nach einem jungen PSB-Classic schmeckende Ohrfänger "Undertow" (♪♫♪)? Oder darf es vielleicht eher so ein leicht housig veranlagter Dance-Pop-Kracher wie "Say It To Me" sein? 



Doch auch andere Momente kommen hier wieder zum Vorschein, die auf dem Vorgänger in dieser Form nahezu vollständig ausgespart wurden - wodurch "Super" immer wieder mit dessen durchgängigen Club-Charakter bricht: die nachdenklichen bis romantischen, aber gleichzeitig sarkastischen Momente, die auch allzu typisch für die Pet Shop Boys sind. Als Beispiel drängt sich da gleich das großartige "The Dictator Decides" (♪♫♪) auf. Nach einem leicht dark-wavig anmutenden Intro entwickelt sich der Song zu einem melancholisch getragenen Dance-Pop-Meisterstück, das von einem müden und traurigen Diktator kündet, der sich insgeheim nichts sehnlicher als die eigene Absetzung wünscht: "Can someone please say the impossible? / Crowds should be out on the street / I've lost any will to threaten and kill / I'll be easy for you to defeat / And at any resistance I meet / I'll beat a retreat", heißt es da etwa. Und auch die wunderbare, verträumt-traurige Synthpop-Ballade "Sad Robot World" (♪♫♪), welche gewissermaßen die Ambivalenz des technologischen Fortschritts behandelt, macht sich ebenso hervorragend. 

Trotzdem "Super" in vielen Punkten augenscheinliche Ähnlichkeiten zu seinem Vorgänger aufweist, treten die Pet Shop Boys keineswegs auf der Stelle. Selbst wenn das meiste natürlich ganz typisch nach ihnen selbst klingt, muss es dennoch nicht immer nach denselben Regeln funktionieren. Sogar der obligatorische Querverweis auf ihren großen 1993er Hit "Go West" fehlt hier gänzlich, den sie seit damals in irgendeiner Form auf fast jedem Album versteckten - siehe "Red Letter Day" (1996), "New York City Boy" (1999), "The Sodom & Gomorrah Show" (2006), "Pandemonium" (2009) oder zuletzt "Love Is a Bourgeois Construct" (2013). Stattdessen gelingt ihnen hier auf äußerst hervorragende Weise eine zugleich nostalgische, als auch zeitgemäße Dance-Platte, die so zwingend und knackig aus den Lautsprechern perlt, als stünden die beiden Herren (die mittlerweile auch schon Mitte 50 bzw. Anfang 60 sind) noch immer mitten im Saft ihrer Jugend.