♪♫♪ ...music makes the people come together... ♪♫♪

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Montag, 17. Juni 2013

Besprochen: KANYE WEST - "YEEZUS"

Kann man das Elektro-Industrial-HipHop nennen? Wie auch immer: 
das neue Album von Kanye West kommt nicht nur optisch sehr schlicht daher, sondern auch musikalisch. Schlicht großartig, um genau zu sein!

Ein neues Album von Kanye West ist ohne Frage ein Ereignis. Schon vor dem Erscheinen seines eigenen Debütalbums, zählte Mr. West zu den neuen Größen im US-HipHop. Und seit seinem 2004er Debüt machte er sich dann auch eigenhändig daran, den zeitgenössischen HipHop zu retten, der seinerzeit in einer schweren Identitätskrise steckte - zählten einst doch etwa so Lachnummern wie 50 Cent zu seinen erfolgreichsten Vertretern. Doch Kanye West brachte wieder frischen Wind in das verfallende Genre, und verhalf ihm endgültig zu neuem Glanz. Denn: das was er seitdem beständig musikalisch in die Welt setzte, war auch HipHop für Leute, die bis dahin mit HipHop nichts anfangen konnten. Kanye West sprengt immer wieder die engen Grenzen des HipHop, und experimentiert in nahezu alle Richtungen - ob er sich nun an Bond-Songs bedient, sich Daft Punk einverleibt, oder eine Elektro-Pop-Oper mit Vocodergesang kreiert: was der Herr anfasst, scheint zwangsläufig in ganz großer Kunst münden zu müssen. Den vorläufigen Höhepunkt erreichte er dabei mit seinem letzten Soloalbum "My Beautiful Dark Twisted Fantasy" (2010), welches meines Erachtens zu den besten HipHop-Alben aller Zeiten zu zählen ist. Ein dunkles, eindringliches und berauschendes Meisterwerk, das einem noch heute in den Knochen sitzt. Seitdem war er bekanntlich nicht untätig, schuf er schon 2011 das ebenfalls großartige Kollabo-Album "Watch The Throne" mit Jay-Z , und war letztes Jahr Teil der hervorragenden Compilation "Cruel Summer" seines GOOD Music-Labels. Und jetzt steht auch endlich sein neues und sechstes Soloalbum "Yeezus" an - was gefühlt ziemlich plötzlich kam, wurde es weder durch aufwendige Promotion, oder auch nur durch eine Vorab-Single angekündigt. So gab es vorab kaum viel mehr Informationen, als die öffentliche Premiere eines Song der neuen Platte - und das mit einer Promotion-Aktion, die äußerst massenwirksam war, aber dennoch hervorragend ins eher unkommerzielle Konzept des neuen Albums passt: "New Slaves" - ein düsterer, deutlich elektronisch veranlagter Kracher, der nach einem plötzlichen Break gen Ende mit einem unwiderstehlich melodischen Part, und Gastvocals von Frank Ocean aufwartet - wurde in 66 verschiedenen Städten als Video auf Wände von Häusern, Gefängnissen u.ä. projiziert, und so der Öffentlichkeit vorgestellt. 



Des weiteren gibt es zu "Yeezus" ja noch nicht einmal ein Cover oder ein Booklet! Hier soll es ganz einfach um die pure Musik gehen - ohne irgendeinen anderen Schnickschnack! Durchaus eine respektable (weil nicht unmutige) Handlungsweise, die den Liebhaber vom "Gesamtkunstwerk Album" aber auch ein wenig ernüchtern kann. Zu dieser Sorte zähle ich auch mich selber - und diese doch nicht unbedingt sehr ansehnliche Aufmachung, hat  mich dementsprechend kräftig verwirrt. Aber: man soll ein Buch ja nicht nach seinem Einband beurteilen - und so hat auch dieser Umstand keinen Einfluss auf meine Bewertung der Musik. Denn das würde sich auch als äußerst schwierig gestalten - könnte doch selbst das mieseste nur denkbare Artwork nicht im geringsten etwas daran ändern, dass ihm mit "Yeezus" erneut ein Meisterwerk gelungen ist. Wieder einmal durchschreitet er mit uns dunkle, tief düstere Sphären, die er spätestens mit "808's & Heartbreak" erstmals betrat, und vor allem mit seinem besagten letzten Album noch weiter auslotete. Auffällig ist aber bei seinem neuen Werk, dass er hier deutlich vermehrt Elektro- und Industrial-Einflüsse mit ins Spiel bringt, was sich auch an der Wahl der Produzenten widerspiegelt. Sind doch etwa Daft Punk als Produzenten mit von der Partie, und auch der ebenfalls französische Techno-Musiker Gesaffelstein hat ein wenig mit an den Knöpfen gedreht (das aus anderen Genres stammende Größen wie Rick Rubin oder RZA ebenfalls zur Produzenten-Liste zählen, soll aber nicht unerwähnt bleiben). Dafür steht schon der Opener "On Sight" (♪♫♪) Pate, in dem wir einen ungestümen und hoch motivierten Kanye West hören, der von elektronischen Sythiesalven, Industrial- und Acid-Elementen voran getrieben wird. Großartig bleibt es dann auch auf dem direkt nachfolgenden "Black Skinhead" (♪♫♪), in dem er noch eine Spur aggressiver zu Werke geht, begleitet von düster verzerrten Chören, treibenden tribalen Beats, und einem gefühlten Jacko-Groove. 

Kanye West - Black Skinhead (SNL) from Giorgi Tevdorashvili on Vimeo.

In tiefe und paranoid-geniale Abgründe reißt er uns dann sogleich mit "I'm a God" (♪♫♪), welches seine giftigen Stacheln tief unter die Haut des Hörers gräbt: anfänglich ein dunkel schwebender und pulsierender Track mit famosem Gesangs-Sample, ehe sich flirrende Syntheziser einmischen, und all das zum Ende hin in verzweifelten, panischen und markerschütternden Schreien gipfelt. "Can't Hold My Liquor" (♪♫♪) schlägt etwas versöhnlichere, zu einem gewissen Teil an "808's & Heartbreak"-Zeiten gemahnende Töne an, die er gemeinsam mit Gastsänger Justin Vernon alias Bon Iver in den schönsten Grautönen ausmalt. Extrem gut kommt dann auch "Blood On The Leaves" (♪♫♪), welches mit leidenschaftlicher und etwas optimistischerer Atmosphäre, Kanye's typischem Vocoder-Gesang, und famosem Samples aus Nina Simone's "Strange Fruit", sowie der Hookline aus TNGHT's "R U Ready" aufwartet. Nach diesem dennoch überwiegend tief düsteren Album, entlässt uns Mr. West dann auf dem Closer "Bound 2" (♪♫♪) mit überraschend positiver Stimmung, die sich in Form eines melodischen, mit hochkarätigen Samples bestückten Ohrwurms ausdrückt.

"Yeezus" ballt mal wieder das typische und unverkennbare Genie von Kanye West zu einem großen Kunstwerk, das bei weitem nicht nur HipHop-Fans begeistern wird. Und doch ist es anders - es ist noch experimenteller, noch finsterer und noch weniger auf den Massenkonsum zugeschnitten, als sein ohne Zweifel fantastischer Vorgänger. Zudem kommt dem Album ebenfalls zugute, dass es (wie im HipHop-Genre doch oft üblich) nicht auf bis auf die maximale CD-Spieldauer ausgereizt wurde. Mit 10 Songs auf insgesamt 40 Minuten, fällt es vergleichsweise kurz und knackig aus - da bleibt gar keine Zeit für schwächere Momente. Abschließend könnte man das Album dann vielleicht mit folgender Gleichung umschreiben: war "My Beautiful Dark Twisted Fantasy" West's "OK Computer", dann ist ihm mit "Yeezus" nun sein persönliches "Kid A" gelungen.

Sonntag, 16. Juni 2013

Besprochen: SIGUR RÓS - "KVEIKUR"

 Sigur Rós haben endlich wieder alles richtig gemacht, und klingen auf Album No.7 so spannend und dynamisch wie schon lange nicht mehr!

Sigur Rós haben sich in den letzten gut 15 Jahren ja um einiges verdient gemacht - doch wem die Band bislang neu sein sollte, dem sei in kurzen Worten gesagt: anfangs hatte die Band eher im Post-Rock ihre Heimat gefunden, ehe sie zunehmend experimenteller wurden, und sich über die Jahre auch mehr Ambient in ihrem Sound breit machte. Doch all das haben sie meist hervorragend umgesetzt, ist ihr Hang zu sphärischen und melancholisch-düsteren Klängen doch unverkennbar. Durch diese beständig hohe Qualität, bei einem nicht unerheblichen Anteil an Eigenwilligkeit, konnte sich die Band den inoffiziellen Titel als isländische Antwort auf Radiohead erspielen. Durchweg zurecht, war auch das Schaffen von Sigur Rós doch immer unkommerzieller Natur - was sich etwa in ihrem 3. Album mit dem unaussprechlichen Titel "( )" wunderbar ausdrückte, welches zudem ausschließlich unbetitelte Songs enthielt, die in der von Sänger Jón "Jónsi" Þór Birgisson selbst erfundenen Fantasiesprache vonlenska (hoffnungsländisch) gesungen wurden (wobei: das die Band sonst im Grunde ausschließlich isländisch singt, macht es natürlich auch nicht kommerzieller). Doch ganz so essentiell waren sie dann nicht auf jedem Album - erst im vergangenen Jahr fing die Band (in meinen Ohren) mit dem letzten Album "Valtari" an zu trudeln. Sicherlich gab es auch hier die eine oder andere Perle zu bestaunen, und daneben ging auch nichts direkt - doch hier schaffte sich der Ambient einfach eine viel zu breite Bühne, was sich vor allem gen Ende des Albums in einem scheinbar unaufhörlichen Rausch an indifferentem Ambient-Geblubber ausdrückte. Kann man schick finden...oder eben einfach tödlich langweilig. Ich entschied mich für letzteres. Verständlich erscheint einem nun bestimmt meine Freude, als die Band vor einigen Monaten damit heraus rückte, dass ein neues Album kommt. Doch nicht nur der Umstand, dass nach nur einem Jahre bereits ein neues Album der Jungs erscheinen würde, entlockte mir diese Freude. Nein, auch das Statement der Band, dass sie hier einen neuen Sound anstreben, weckte in mir Hoffnungen. Es sollte aggressiver werden, als alles was man bisher von der Band gehört habe. Und als erste Kostprobe wurde auch schon bald die erste Single "Brennisteinn" voraus geschickt. Und diese (man muss sie so nennen:) Hymne setzte erfreuliche Zeichen! Nach den eher einschläfernden Tönen, die sie zuletzt anschlugen, hauen sie uns hier zwar natürlich keinen straighten Rocker um die Ohre. Vieles ist wie bisher: ein experimentelles, aber dennoch melodisches, von Stil- und Stimmungswechseln durchzogenes Stück, das zwar durchaus seine ruhigen Momente hat, der aber ebenso eine gewisse neue "Härte" innewohnt, die man sich zuletzt schon von ihnen gewünscht hätte.

sigur rós - brennisteinn from sigur rós on Vimeo.

Und auch auf seiner gesamten Strecke gibt es beim neuen Album "Kveikur" nicht plötzlich ordentlich auf die 12. Wer dem typischen Stil der Band verfallen ist, wird auf diesen auch bei ihrem nun siebten Album nicht verzichten müssen. Auch hier warten wieder so wundervolle und dunkel-strahlende Melodien, eingebettet von so erhabenen Klangkunstwerken, dass einmal mehr vollkommen egal ist, dass man von alledem kein einziges Wort versteht. Doch wie man an dem vorhin angerissenen Beispiel des Album "( )" erkennt, war es bei Sigur Rós seit eh und je eher die Atmosphäre als die Aussage, die ihre Kunst ausmachte. Diese hat sich auf dem neuen Werk der Band gar nicht mal so gravierend geändert - nur das sie hier (mal mehr und mal weniger) mit roheren Momenten, und mit etwas deutlicheren Ecken und Kanten versehen ist. Was ihrem Sound nur zugute kommt. Denn im Gegensatz zum Vorgänger kann die Band hier wieder deutlich mehr Spannung aufbauen, und zeigt sich damit auch so dynamisch wie schon lange nicht mehr. Die Beispiele hierfür sind zahlreich vertreten. Nehmen wir etwa "Hrafntinna" (♪♫♪), eine sanfte und hypnotische Perle, die von Bläsern und einem bunten Sammelsurium von Instrumenten begleitet wird. Weitere erhabene Momente kann man in himmlischen und in den schönsten Farben schillernden "Isjaki" (♪♫♪), im düster-melodischen, und mit am meisten vom neuen, härteren Sound beeinflussten Titelsong "Kveikur" (♪♫♪), oder im atmosphärischen und epischen, tief unter die Haut gehenden Meisterstück "Bláþráður" (♪♫♪) ausmachen. Wobei im Grunde unter den hier 9 vertretenen Songs kein einziger schlechter oder uninteressanter zu finden ist.   

Im allgemeinen haben Sigur Rós hier den erschlagenden Ambient-Anteil des Vorgängers kräftig herunter geschraubt, dabei eine Platte mit wesentlich mehr Substanz geschaffen, und zudem wohl ihre besten Songs seit "Takk..." (2005) geschrieben. Kurz: sie haben wieder mal alles richtig gemacht.





Mittwoch, 5. Juni 2013

Besprochen: PORTUGAL.THE MAN - "EVIL FRIENDS"

 Music for the masses...oder so ähnlich: 
Mit ihrem 7. Album haben Portugal.The Man zusammen mit Produzent Danger Mouse ein weiteres Meisterstück geschaffen, das es wert ist auch endlich von der Masse entdeckt und geliebt zu werden.

Warum hat es für Portugal.The Man eigentlich noch nicht zum ganz großen und durchschlagenden Erfolg gereicht? An der Qualität ihrer bisherigen Arbeiten kann es nun garantiert nicht liegen. So hat die Band eine ganze Reihe famoser Alben zu verantworten, die sich stets zwischen Psychedelia, Progressive Rock und Pop bewegten - und vor allem auf ihrem letzten Werk "In The Mountain In The Cloud" (2011) schrieben sie letzteres in fetten Großbuchstaben. Doch einen deutlichen Hang zu großen Pop-Melodien hatte das Quintett aus Portland, Oregon ja schon immer. Das hat sich bis dato nicht im geringsten geändert - was sie uns jetzt auch umgehend auf ihrem nunmehr 7. Studioalbum "Evil Friends" beweisen. Und viel Überzeugungsarbeit wird die Band dafür nicht leisten müssen. Denn was sie hier mal wieder ausgeheckt haben, ist einmal mehr ganz großes Kino. Schon die Wahl des Produzenten könnte besser kaum sein, haben sie mit Brian Burton alias Danger Mouse einen der besten Produzenten/Musiker unserer Zeit (Gorillaz, The Black Keys, Gnarls Barkley, Broken Bells) verpflichtet. Das klingt schon in der Vorstellung nach einem unschlagbaren Gespann - und wie sehr dies auch auf die Realität zutrifft, konnte man in den vergangenen Monaten schon auf der ersten Single nachhhören: dem Titelsong "Evil Friends". Und man merkt: sie rühren wieder etwas mehr an ihren progressiveren Wurzeln, was man als Hörer durchweg begrüßt. So beginnt dieser Vorbote sphärisch und mit einem kräftigen Schuss Melancholie, ehe er sich alsbald zum fabelhaften und mitreißenden Rocker mit hübsch furztrockenen Gitarrenriffs empor schraubt. Ein Hit, nicht weniger.

Portugal.The Man - Evil Friends [Official Music Video] from Portugal The Man on Vimeo.

Davon hat das Album allerdings auch reichlich zu bieten. In der Tat haben sie hier sogar eine Platte hervorgebracht, bei der vor allem der erstmalige Hörer immer und immer wieder aufhorcht, weil ihm stets neue famose Melodien in die Ohren krabbeln - und all das eingerahmt von Danger Mouse' grandiosem Produzenten-Talent, welches sein übriges tut um "Evil Friends" endgültig zu einem weiteren Meisterwerk in der Diskografie der Band anschwellen zu lassen. Beginnen wir gleich am Anfang bzw. mit dem Opener des neuen Werks: denn schon "Plastic Soldier" (♪♫♪) offenbart sich als nahezu perfekter Pop-Song, der vor allem mit zum verlieben schöner Melodie, einnehmender Atmosphäre und einem soften, aber famosen Groove glänzt. Mit "Modern Jesus" (♪♫♪) ist ihnen ein weiterer potentieller und tendenziell todsicherer Hit gelungen, für den manch anderer einen Mord begehen würde - und zudem einen Refrain mitbringt, dessen Aussage sich jeder halbwegs modern denkende Mensch dick hinter die Ohren schreiben sollte: "Don't pray for us, we don't need no modern Jesus to roll with us. The only rule we need is never givin' up, the only faith we have is faith in us." "HipHop Kids" (♪♫♪) ist dann gar nicht so, wie der Titel es suggeriert - zum Glück: denn hier wartet eine mitreißende und popmelodische Indierock-Hymne, von der man nicht genug bekommen kann. Und auch "Atomic Man" (♪♫♪) oder "Creep in a T-Shirt" (♪♫♪) sind weitere unwiderstehlich ohrwurmige Volltreffer, die man auch gut und gerne auf Dauerrotation im Radio vertragen könnte, während sich etwa das wunderbar folkpopige "Sea of Air" (♪♫♪) immer wieder ein wenig in Sphären á la "Sgt. Pepper" vorwagt. "Waves" (♪♫♪) offenbart eine strahlende und atmosphärisch-melodische Psychedelic-Perle mit Tiefenwirkung, und das abschließende "Smile" (♪♫♪) erzeugt mit melancholischer Grundstimmung, Streichern, Bläsern und grandioser Melodie pure Gänsehaut - und weckt wieder einmal sanfte Erinnerungen an die Beatles, wenn man nur genau hinhört.

Man merkt schon: im Grunde erschuf die Band hier aus fast jedem Song ein kleines Meisterstück, ohne sich aber dabei auf Albumlänge zu überheben. Denn in seiner Gesamtheit wirkt alles schlüssig und wie locker aus der Hüfte gespielt. Eigentlich ist es dieser Tage ja fast unglaublich, dass eine Band mit ihrem 7. Album ihr Pulver scheinbar noch lange nicht verschossen hat. Und wenn man dies nicht schon längst tut, ist "Evil Friends" ein weiterer Grund Portugal.The Man endlich kennen und lieben zu lernen. Und selbst als Liebhaber der Band, möchte man ihnen auf Knien für dieses wundervolle Album danken - eines das man mit Sicherheit noch in Jahren mit schmelzender Seele auflegen wird.

Montag, 3. Juni 2013

Besprochen: BEADY EYE - "BE"

Und auch der zweite Bissen liegt schwer im Magen:  
trotz recht solider handwerklicher Umsetzung, bleibt das zweite Album von Beady Eye ebenfalls eine überwiegend uninspirierte Version ihrer guten alten Oasis-Tage

Die Geschichte ist bekannt: nachdem die Gebrüder Gallagher bereits zu gemeinsamen Oasis-Zeiten als astreine Streithähne bekannt waren, kam der (bisher) endgültige Bruch im Jahr 2009, als Noel Gallagher nach einem Streit die Band verließ. Ein herber Verlust für selbige, hatte sie somit doch ihren eigentlichen kreativen Kopf verloren. Jener machte solo unter dem Namen Noel Gallgher's High Flying Birds weiter, und das auch gar nicht mal schlecht, klang sein Debüt doch immerhin eine Ecke inspirierter, als das was er die letzten Jahre mit seiner Band veranstaltete. Genau genommen fing die Musik der einst gemeinsamen Band sogar zu dem Zeitpunkt an zu schwächeln, als Noel das alleinige Songwriting-Monopol aufgab, und auch der Rest der Band - und vor allem sein Bruder Liam - den Stift in die Hand nahm. Nachdem Oasis dann also Geschichte waren, machte der übrig gebliebene Rest der Band bekanntlich auch weiter, nachdem sie sich den (meiner Meinung nach ziemlich dämlichen) neuen Namen Beady Eye gab. Vor 2 Jahren legten sie in dieser Konstellation mit "Different Gear, Still Speeding" ihr Debüt vor, dass zwar nicht so schlecht war wie man es hätte vermuten können, aber dem künstlerischen Geschick des abgängigen Noel Gallgher bei weitem nicht das Wasser reichen konnte - ist doch der einzige Song, der wirklich daraus hängen bleiben konnte, offenkundig von John Lennon's "Instant Karma" abgekupfert. Aber dennoch - einen kleinen Achtungserfolg konnten sie vorübergehend verbuchen, bis dann kurz darauf besagtes Solodebüt von Noel kam, und die Leistung seiner alten Kameraden einfach mal kräftig relativierte. Drum versuchen Beady Eye sich also nun an ihrem Zweitwerk, das den einfachen Titel "BE" trägt. Der erste Eindruck den man sich vorab in den vergangenen Wochen machen konnte, war immerhin kein allzu schlechter. Als erstes war da "Flick of the Finger" (♪♫♪), welches als erster Song des Albums das Licht der Welt erblickte, und immerhin einen soliden Britrocker darstellt, der auch auf einem beliebigen Oasis-Album nicht weiter negativ aufgefallen wäre.  Und als erste offizielle Single diente dann "Second Bite of the Apple", welches dagegen aber schon ein wenig banaler daher kommt, und nicht viel zu bieten hat, was einem lange in den Synapsen kleben bleiben könnte.


Auf der gesamte Spiellänge offenbart das neue Album dann eben jene Schwächen, die schon auf den Oasis-Alben spätestens nach "Be Here Now" das stete Problem waren: musikalische Einflüsse jenseits der Beatles sind Mangelware. Dabei haperte es vor allem immer daran, dass sie allerdings nie die Experimentierfreude oder Vielseitigkeit der Beatles aufgriffen - aber mit dem Songwriting-Talent von Noel wenigstens immer mal wieder ein paar gute Songs hin bekamen, auch wenn sich diese stilistisch kaum voneinander abheben konnten. Das man, je mehr Musik man nun von Beady Eye zu hören bekommt, immer mehr den Eindruck gewinnt, dass selbige nun auch Oasis selbst als Einfluss nehmen, ist daher mehr als logisch - macht die Sache aber natürlich auch nicht besser. Dabei ist es gar nicht mal so, dass die Songs auf "BE" so fürchterlich schlecht wären. Ganz so ungeschickt stellen sie sich nicht an - gerade im Œuvre von Oasis ungeschulte Ohren, können hier ein paar erfreulich anmutende Liedchen ausmachen. Und selbst für den fachkundigen Hörer gibt's ein paar kleine Perlen:  so kann man das von Gitarrist Andy Bell komponierte "Loves Comes Tomorrow" als durchaus nicht üble und solide Oasis-Midtempo-Nummer sehen, "Soul Love" kann dagegen zwar ein wenig blutleer anmuten, aber ebenso durch eine nicht unschöne Melodie und Atmosphäre punkten, und auch "Ballroom Figured" kann als doch recht melodische und warme Ballade, ein paar schicke Erinnerungen an die alten Zeiten wecken.

Das meiste bleibt jedoch (vor allem im Gesamteindruck) ganz okayer Britpop/-rock, der ohne die Vorarbeit als Oasis bestimmt auch hier eine ganze Ecke besser wegkommen würde. Denn als misslungen kann man "BE" durchaus nicht bezeichnen - eine recht uninspirierte Version eines soliden Oasis-Albums, würde es wesentlich besser treffen. Nur das hier eben einmal zu oft quasi die Vergangenheit der eigenen Vergangenheit abgefeiert wird.