♪♫♪ ...music makes the people come together... ♪♫♪

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Freitag, 8. November 2013

Besprochen: CELINE DION - "LOVED ME BACK TO LIFE"

 Irgendwie peinlich, aber trotzdem wahr:
Wer den Gefilden des sogenannten "Adult Contemporary Pop" nicht gänzlich abgeneigt sein sollte, der könnte mit "Loved Me Back To Life" nach langem wieder ein Album von Celine Dion entdecken, das man in der Tat gut finden kann!

Ob man sie nun mag oder nicht: an der kanadischen Sängerin Celine Dion ist wohl bislang niemand herum gekommen. Angefangen als Siegerin des Grand Prix Eurovision de la Chanson (heute: Eurovision Song Contest) im Jahr 1988 für die Schweiz, wurde sie vor allem im Verlaufe der 90er Jahre zu einem Superstar, der mit Hits wie "Think Twice", "Beauty and the Beast" (zum gleichnamigen Disney-Film), "Because You Loved Me", "It's All Coming Back To Me Now", dem Titanic-Titelsong "My Heart Will Go On", oder "That's The Way It Is" förmlich um sich warf. Und auch noch Anfang der 2000er konnte sie vor allem mit "A New Day Has Come" oder "Alive" ein paar Hits abwerfen. Doch dann war es auch bald eher ruhig um sie. Zwar blieb sie stets aktiv, absolvierte eine mehrjährige Show in Las Vegas, veröffentlichte Compilations, einige französische Alben, und 2007 dann ihr bislang letztes englisches Studioalbum "Taking Chances", das zwar schon ein wenig Aufmerksamkeit errang, welche aber keinesfalls an die alten Tage anknüpfen konnte - weder künstlerisch noch kommerziell. Die Sache ist ja auch die bei Celine Dion, dass sie nie die unbedingte Albumkünstlerin war. Eine ausführliche Best-of wird wohl mit Abstand das beste Album von ihr darstellen, gab es doch kein Album das man als ultimativ essentiell bezeichnen könnte - ein Album, das man gehört haben muss. Aber durchaus brachte sie manche Alben zustande, die man ohne weiteres als gut bezeichnen kann. Zu den französischen Alben, die in der Masse schon immer die vielseitigeren und persönlicheren zu sein schienen, zählen da etwa "Deux" (1995) und "S'il suffisait demair" (1998). Und bei den englischen Platten wären da wohl vor allem "Falling Into You" (1996) und "Let's Talk About Love" (1997) zu nennen. Vorausgesetzt natürlich, man hat ein offenes Ohr für den typischen Stil der Dame, den man gut als Adult Contemporary Pop bezeichnen könnte: quasi seichte und melodische Pop-Musik, die niemandem weh tut...und die man trotzdem gut finden kann. 6 Jahre ist ihr letztes englisches Album also nun bereits her - und just kommt Celine Dion mit ihrem neuen Album "Loved Me Back To Life" zurück, und vermutlich könnte sie hier wieder verstärkte Aufmerksamkeit erhalten. Für die könnte nämlich schon die Vorabsingle selbigen Namens sorgen: eine fabelhafte Pop-Nummer mit mitreißendem Refrain, die von niemand anderem als Sia Furler komponiert wurde! Celine Dion's wohl bester Song seit...mehr als 10 Jahren!

Und hört man sich dann auch das neue Album an, merkt man: die Frau hat sich auch hier nicht dumm angestellt! Verstehen wir uns nicht falsch...ich bin wohl der letzte der mit so etwas gerechnet hätte. Aber sie versucht durchaus ein wenig mit der Zeit zu gehen, ohne sich dabei aber zu weit von dem zu entfernen, was der Fan gemeinhin von ihr erwartet hat. Dabei wird die Musik aber wieder ein klein wenig jünger und...tja, man muss es so sagen: unpeinlicher! Als Beleg dafür dient etwa das ziemlich tolle "Somebody Loves Somebody" (♪♫♪): ein nicht gänzlich unkitschiger, aber eingängiger, mitreißender und beatiger Pop-Song, der ihr ohne weiteres einen neuen Hit bescheren könnte. Ebenfalls sehr gelungen ist "Incredible" (♪♫♪), ein warmes, melodisches und ganz wunderbares Pop-Duett mit Ne-Yo, oder auch das von selbigem komponierte und produzierte "Thank You" (♪♫♪)! Aber auch das vom Titel sehr ähnliche "Thankful" (♪♫♪) macht als leidenschaftliche Midtempo-Ballade eine sehr gute Figur. Ein paar Coverversionen hat sie hier zudem auch im Gepäck - die aber durchweg gut ausgewählt sind: mal ergeht sie sich äußerst solide an Daniel Merryweather's "Water on a Flame" (♪♫♪), macht sich auf enorm hörenswerte Weise Ivy Quainoo's "Breakaway" (♪♫♪) zu eigen (welches im übrigen von demselben schwedischen Songwriter-Team komponiert wurde, wie das auch hier enthaltene "Somebody Loves Somebody"), und Stevie Wonders "Overjoyed" (♪♫♪) hat sie dann kurzerhand mit selbigem im Duett neu eingespielt. 

Man darf mir jetzt gerne einen Hang zum Kitsch unterstellen, oder mich der zeitweiligen Geschmacksverirrung schuldig sprechen. Alles geschenkt! Aber nachdem ich als Teenie in den 90ern mal ein großer Fan der Frau war, und mit den 2000ern zunehmend bis fast vollständig den Bezug zu ihrer Musik verloren hatte, freue ich mich nun beinah schon, dass ich nach über 10 Jahren endlich mal wieder ein Album von Celine Dion gut finden kann. Natürlich ist "Loved Me Back To Life" nicht der ultimative Wurf geworden - auch dies ist kein Meisterwerk, das man unbedingt gehört haben muss. Aber es ist eine durchweg schöne Pop-Platte, die zwar auch nur eine Ansammlung unterschiedlicher Songs darstelltm aber immerhin sind es überwiegend gute Songs geworden! Und das ist bei Celine Dion ja bekanntlich alles andere als selbstverständlich. 








Donnerstag, 7. November 2013

Besprochen: LADY GAGA - "ARTPOP"

Mit "ARTPOP" wollte Lady Gaga den Gegenentwurf zu Andy Warhol's "Popart" kreieren - und ihr ist ein schillerndes und berauschendes Pop-Erlebnis gelungen, das seinen Namen zurecht trägt.

Ob man es nun wahrhaben will oder nicht, eines jedoch ist so sicher wie das Amen in der Kirche: Lady Gaga ist ein Pop-Phänomen, wie es die Musikwelt nur sehr selten erlebt. Denn auch der Zeitpunkt, in dem sie die Bühne betrat um die Welt zu erobern, war nahezu perfekt abgestimmt. In einer Zeit, als die bisher amtierenden Größen im Pop an ihren eigenen Krisen scheiterten und auf tragische Weise weg starben (Michael Jackson, Whitney Houston), ihnen sogar bereits der erste vielversprechende Nachwuchs folgte (Amy Winehouse), etablierte Größen allmählich anfingen auf der Stelle zu treten (leider: Madonna), und zeitgenössische Kollegen auf dem Markt vorherrschten, die aber trotz ihrer Qualitäten alle nicht so ganz das Zeug zum universellen Pop-Superhelden hatten (Britney Spears, Katy Perry, Rihanna) - und mittendrin trat die junge Frau Stefani Germanotta aus New York auf den Plan, und durchlebte die Metamorphose zum Kunstobjekt Lady Gaga! Doch wer hinter diesem "Phänomen Gaga" nur rein kommerzielle Überlegungen der Plattenindustrie witterte, sollte (hoffentlich) bis heute eines besseren belehrt worden sein. Denn mit ihren bisherigen hervorragenden Alben "The Fame/The Fame Monster" (2008/2009) und "Born This Way" (2011), und natürlich mit viel Eigenwilligkeit, Engagement, Talent und Hits, mutierte die einst unscheinbare junge Frau zu Lady Gaga: diesem kunstvollen Zwitterwesen aus Andy Warhol, David Bowie und Madonna. Und so machte sie sehr schnell unmissverständlich klar, dass eben die Schnittlinie zwischen Kunst und Pop, zwischen Stil und Trash ihre bevorzugte Heimat ist! Dieser Symbolik gibt sie sich insbesondere auf ihrem neuen und schon lange mit äußerster Spannung erwarteten, dritten Studioalbum hin: und nennt es kurzerhand "ARTPOP"! Und auch das Cover-Artwork drückt den Bezug auf deutlich Weise aus, welches vom amerikanischen Künstler Jeff Koons entworfen wurde: fast wie echt, hockt da die Skulptur einer nackten Lady Gaga, mit einer großen blauen Kugel zwischen ihren Beinen, während im Hintergrund Sandro Botticellis Gemälde "Die Geburt der Venus" (ca. 1486) zu explodieren und zersplittern scheint. Das ist ist ebenso Trash, Kitsch und Zumutung, wie auch Kreativität, Kunst und vor allem: Pop! Und auch den ersten musikalischen Vorgeschmack gab sie uns  längst mit der ersten Single "Applause" - ein großartiger und mitreißender Ohrwurm, der sich deutlich an Elementen des Eurodance bedient, gesanglich gar Brücken zu Annie Lennox und David Bowie schlägt, und zu den erfreulichsten Mainstream-Hits des bisherigen Jahres zählt.

Applause Official Video - LADY GAGA from Oguzhan Can on Vimeo.

Und so gibt dieser Song auf gewisse Weise auch den Weg des ganzen Albums vor: Gaga bleibt ihren Dance-Wurzeln treu, lässt sie aber weitere Verzweigungen in die verschiedensten Richtungen treiben. So nehme man etwa den Opener "Aura" (♪♫♪), der als Promotion-Beitrag zum Film "Machete Kills" ja bereits bekannt ist: anfangs geben noch psychedelisch anmutende Akustik- und Western-Gitarren den Ton an, ehe sich selbige in einem Strudel aus elektronischen Klängen und Techno-Elementen wiederfinden, die ein wenig an das Wirken von Justice oder Daft Punk erinnern, und ihrerseits in einen genialen Refrain münden. Und gleich darauf haut sie uns mit "Venus", welches ursprünglich als zweite Single gedacht war, einen derart mitreißenden Dancefloor-Kracher um die Ohren, dass es fast besoffen macht vor Freude. Mit "G.U.Y." (♪♫♪) - was herrlich pikanter Weise für "Girl Under You" steht - legt sie sogleich einen discoiden Elektro-Pop-Kracher nach, der auf Anhieb in die Glieder fährt.  Äußerst stark fällt auch "Sexxx Dreams" (♪♫♪) aus - kein Wunder, stand es doch neben "Applause" als erste Single zur Debatte, und sollte wenigstens mit einem späteren Release geadelt werden: ein genialer, zwischen fast mystisch wirkenden Versen, und blumig synthiepopigen Refrains pendelnder Vollblut-Ohrwurm. "Swine" (♪♫♪) ist dann vielleicht so etwas wie das neue "Scheiße", auf welchem sie glitzernde Synthesizer und melodischen Gesang mit acid-artiger Elektronik sabotiert, und auch selbst gesanglich mal kräftig aus der Haut fährt. Mit "Gypsy" (♪♫♪) lässt sie eine mitreißende Dance-Hymne vom Stapel, die sich als potentieller Hit und Floorfiller empfiehlt, und "Mary Jane Holland" (♪♫♪) schreitet als stolzer Dance-Pop mit 90s-Anleihen des Weges, während sie mit dem funky und soft housigen Titelsong "Artpop" (♪♫♪) fast schon bedächtig, aber mit Beat im Blut durch die Disco schwebt.



Lady Gaga schlägt zwischendurch aber auch andere Töne an, was diese bunte Songsammlung zu einer wahren Pop-Wundertüte anwachsen lässt. So ist "Jewels & Drugs" (♪♫♪) unter Mithilfe von T.I., Too Short und Twista stark dem HipHop-Gefilde zugeneigt. Doch die Herren legen hier eine respektable Leistung vor, werden von radikalen Elektro-Sounds begleitet - und immer wieder von Gaga's Einsätzen in Dance-Pop-Gefilde zurück gezerrt. Die zweite und aktuelle Single "Do What U Want" (♪♫♪) ist ja bereits als ganz fabelhafte, von R.Kelly im Duett begleitete RnB-Synthpop-Perle bekannt, in der Gaga stellenweise fast wie Christina Aguilera klingt. Und ein besonders heraus stechendes Highlight bietet die von Rick Rubin produzierte Ballade "Dope" (♪♫♪), welche nicht mehr als ein Piano, Gaga's Stimme und ein klein wenig softer Elektronik benötigt, um vollends zu überzeugen. 
  
Auch Gaga's jüngste künstlerische Kopfgeburt ist Pop as Pop can be, und steht seinen älteren Geschwistern in dieser Hinsicht in nichts nach. Und doch hat es sich seinen Titel verdient: denn trotz allem Zeitgeist, trotz aller Melodik und Eingängigkeit, lotet Gaga hier ein weiteres Mal ihre Grenzen im Pop aus, und zeigt stellenweise noch etwas mehr Mut zu Experiment und Eklektizismus. Das dies alles dabei stets den Massengeschmack anspricht, liegt bei einer Musikerin wie Lady Gaga jedoch auf der Hand - und erst recht bei einem angestrebten Konzept, wie bei "ARTPOP": es soll gar den Gegenentwurf zu Andy Warhol's "Popart" darstellen, und die Kunst ganz dem Pop ausliefern. Aber ist ihr das denn nun tatsächlich gelungen? Für die einen wird es moderne Pop-Kunst sein, für die anderen hingegen wird es immer Trash bleiben. Aber das ist doch gut so, denn auch das Pop-Phänomen Lady Gaga selbst, könnte weder ohne das eine, noch ohne das andere existieren. Und so ist ihr neues Album auch zu 100% Gaga: es ist künstlich und kunstvoll zugleich; es ist bunt, schrill, laut und gefühlvoll; es ist innovativ, zeitgemäß und radiotauglich - und recycelt sich dabei immer wieder quer durch die Musik- und auch Kunstgeschichte. Kurz: "ARTPOP"!