♪♫♪ ...music makes the people come together... ♪♫♪

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Sonntag, 29. Juli 2012

Besprochen: 2:54 - "2:54"

2:54 ist ein durchweg solides Debüt gelungen - und ein Album, für das Garbage ein Mord begehen würden.

Hinter dem etwas ungewöhnlichen Bandnamen 2:54 verstecken sich die beiden Schwester Colette und Hannah Thurlow, die einst in Bistrol das Licht der Welt erblickten. Ihr selbstbetiteltes Debütalbum "2:54" steht auch soeben in den Läden - man hörte ja bereits des öfteren Assoziationen mit Kollegen wie The XX oder Warpaint, was gar nicht so weit her geholt ist, aber es dennoch nicht ganz auf den Punkt trifft. Und auch der Vergleich mit Garbage, der in Bezug auf den Sound der Band ebenfalls schon laut wurde, ist definitiv nicht von der Hand zu weisen. Was vor allem die genannten Beispiele gemein haben: sie sind vorwiegend düster, dunkel und schwermütig. Aber das Debüt der Damen ist ebenso gespickt mit wunderbaren Melodien, und einer wie aus der Zeit gefallenen Produktion, die sich deutlich auf die Vergangenheit bezieht, und dennoch hervorragend in den Zeitgeist passt. Exemplarisch für das Album war bereits die vorab manch einem vielleicht schon ins Ohr gedrungene Single "Scarlet" - angeführt von einer an die frühen 90er gemahnenden Gitarren-Melodie, die alsbald von schrammeligen Riffs Gesellschaft bekommt, und sich schließlich in einen großartigen Refrain steigert.  Eine Hymne. Und wo die her kommt, da warten noch mehr. 


So schon gleich "Revolving", der düster schwebende und zugleich nahezu epische, und von beinah treibendem Bass-Groove unterlegte Opener der Platte. "You're Early" (♪♫♪), die erste Single der Band, bietet düster rockende Shoegaze-Momente, "Easy Undercover" (♪♫♪) rauscht dann straight Richtung 80er Jahre und legt sich mit einem Hauch mehr Optimismus ins Zeug, "Circuitry" (♪♫♪) gibt sich als düster psychedelischer und potentieller Klassiker, und "Creeping" (♪♫♪) setzt mit einem weiteren düster eindringlichen Epos ein famoses Schlusslicht.  Einziger Kritikpunkt wäre hier, dass sich zwischendurch dann doch immer mal wieder ein klein wenig Gleichklang einstellt, und das die Band es vielleicht nicht immer schafft einen vollkommen eigenen Sound zu finden, mit dem sie sich auf Dauer von den genannten Vergleichen emanzipieren würde. Aber doch ist ihnen mit "2:54" ein mehr als solides Debüt geglückt - und ein Album, für das Garbage womöglich ein Mord begehen würden.


Besprochen: THE FLAMING LIPS - "THE FLAMING LIPS AND HEADY FWENDS"

Nach fast 30jähriger Karriere, verstören The Flaming Lips auch im Jahr 2012 weiterhin - zum Glück, kann man nur sagen!

The Flaming Lips waren in der Vergangenheit ja schon für manch Überraschung gut. Zuletzt etwa bezirzten sie uns auf ganz und gar wunderbar verstörende Weise mit ihrem letzten Meisterstück "Embryonic", nur um kurz darauf mit Stardeath And The White Dwarfs und tatkräftiger Beihilfe von Peaches und Henry Rollins, ein komplettes Remake von Pink Floyds "Dark Side Of The Moon" einzuspielen. Mal ganz abgesehen von solch herrlichen Kuriositäten wie "Gummy Song Skull" und "Gummy Song Fetus" aus dem letzten Jahr: 2 EP's auf USB-Sticks, die jeweils in einem Totenschädel und einem Fötus aus Weingummi versteckt waren.  Und mit ihrem neuesten Projekt, welches den Namen "The Flaming Lips And Heady Fwends" trägt, hat sich die Band keineswegs dazu hinreißen lassen, einfach nur ein neues Studioalbum aufzunehmen. Vielmehr scharen sie hier ein wild zusammen gewürfelt erscheinendes Sammelsurium an verschiedensten Gastvokalisten um sich, mit denen sie uns so manch unerhörtes und wunderbares Songmaterial um die Ohren klatschen. Das Album startet schon mit einem skurrilen, aber dennoch genialen Auftakt: mit dem Opener "2012 (You Must Be Upgraded)" (♪♫♪) lassen sie uns experimentellen und verstörenden Art-Psych-Rock angedeihen, auf dem sie tatsächlich von der eigentlich ziemlich unerträglichen Mainstreampop-Mieze Kesha begleitet werden. Doch hier macht sich das zu unserer Überraschung ganz hervorragend! Besonders großartig wird es dann, wenn sie mit Bon Iver gemeinsame Sache machen, der nach famosen Kollaborationen mit Kanye West und James Blake, auch hier im melancholischen und bedrogt schwebenden "Ashes In The Air" ein fabelhafte Figur macht.



Und hier begegnen einem noch so manche magische bis skurril-geniale Momente. So etwa das zärtliche und soft elektronisch verzerrte, lieblich melancholische "Helping The Retarted To Know God" (♪♫♪), dass sie mit Hilfe von Edward Sharpe & The Magnetic Zeros zum Besten geben. Und noch andere, oft gar illustre Gäste verfeinern ihre Songs. Mit Tame Impala heben sie die großartige Psychedelic-Pop-Perle "Children Of The Moon" (♪♫♪) aus der Taufe, "You, Man? Human???" (♪♫♪) zusammen mit Nick Cave kommt einem massiven (aber geilen) musikalischen Hirnfick gleich, Neon Indian unterstützt tatkräftig auf der düster schwebenden Hymne "Is David Bowie Dying?" (♪♫♪), mit Erykah Badu katapultieren sie den Klassiker "The First Time I Ever Saw Your Face" (♪♫♪) in grandios psychedelische Sphären, und Chris Martin von Coldplay versüßt die himmlische Ballade "I Don't Want You To Die" (♪♫♪)! Man muss es sagen wie es ist: "The Flaming Lips & Heady Fwends" ist ein Album geworden, dass es seinem Hörer nicht gerade einfach macht, und von manch einem sicherlich eine Menge Geduld einfordert. Doch die Geduldigen werden mit einem nahezu großartigen Album belohnt, dass auch in den Jahresbestenlisten mit Sicherheit eine Rolle spielen wird. Absolut deluxe! 


Dienstag, 17. Juli 2012

Schrottplatz: MICHAEL JACKSON - "INVINCIBLE"

Willkommen auf dem Schrottplatz - einer neuen Kategorie dieses Blogs! Hier dreht es sich um Alben die kein Mensch braucht, oder die einfach besser niemals erschienen wären. Die erste Episode ist wohl leider auch ein Paradebeispiel dafür: Michael Jackson's letztes Album "Invincible".


Eines sei gleich vorweg klar gestellt: Michael Jackson war zurecht der King of Pop. Ein großartiger und höchst talentierter Musiker, Songwriter, Produzent, Sänger, Tänzer und Entertainer, der den Pop so nachhaltig geprägt hat, wie kein anderer seiner Art. Ein popmusikalisches Genie sondergleichen. Doch was war nur auf "Invincible", seinem 10. und letzten Studioalbum, mit ihm los? Nun gut - schon in den 90ern wurden seine Alben von manch einem Kritiker verrissen. Was aber nicht erst rückblickend betrachtet ziemlich schwer nachvollziehbar ist. Doch was auch immer manch ein Kritiker an dem Meisterwerk "Dangerous" (1991) oder dem famosen "HIStory" (1995) zu mäkeln hatte, die Verrisse bei seinem 2001er Album "Invincible" waren mehr als gerecht. Denn zu dieser Zeit war es noch gar nicht so schlecht bestellt um den King of Pop - erst 2 Jahre später sollte seine wohl größte Lebenskrise seinen Lauf nehmen, aus der er tragischerweise als gebrochener Mann hervorgehen sollte. Doch seine kreative Krise war schon 2001 auf einem traurigen Höhepunkt angekommen. Schauen wir einmal kurz zurück: selbst auf dem Vorgänger-Album "HIStory", dass oft gemischte Gefühle bei Kritikern auslöste, brachte er wohl ewige Klassiker und Hits wie "They Don't Care About Us", "Stranger In Moscow", "Earth Song", "You Are Not Alone" oder "Scream" unter. Und das 1997 folgende Remixalbum "Blood On The Dancefloor - HIStory In The Mix" brachte neben dem Hit-Remix von "History" noch neue Kracher wie "Blood On The Dancefloor" oder "Ghost" hervor. Auf "Invincible" aber folgte eine kreative Flaute, die man noch nie zuvor bei Michael Jackson erlebt hatte. Doch seien wir gnädig: der Jacko wie man ihn kannte und liebte, war auch hier noch nicht vollkommen verschwunden. Zumindest in groben Umrissen scheint er immer wieder hindurch. So etwa auf der Vorab-Single "You Rock My World", der sich immerhin als grundsolider, wenn auch recht spannungsarmer Jacko-Standard empfehlen konnte. 


Michael Jackson - You Rock My World von hushhush112

Und auch in anderen Stücken erkennt man ab und an einen Silberstreifen am Horizont. So etwa beim Opener "Unbreakable" (♪♫♪) das einen typischen Jacko-Groove mitbringt, einem aber auch nicht viel neues zu erzählen hat. Oft ist auch nicht mal Michael Jackson selber Schuld, wenn es hier immer mal wieder in die Hose geht. So verstecken sich in "Heartbreaker" (♪♫♪) oder dem Titelsong "Invincible" (♪♫♪) durchweg gute Songs, hätte Produzent Rodney Jerkins sie nicht gnadenlos mit elektronischen Sounds nieder gewalzt. Am besten wird es hier, wenn selbiger die Finger von den Knöpfen lässt und anderen das Ruder überlässt. So schaffte etwa Teddy Riley (mit dem Michael Jackson bereits auf seinem "Dangerous"-Album arbeitete) aus "Whatever Happens" (♪♫♪) einen absolut passablen Song zu formen. Der Rest geht dann aber gnadenlos in ödem und eintönigen RnB wie auf "Heaven Can Wait" (♪♫♪), unfassbar schmierigen Balladen á la "You Are My Life" (♪♫♪) oder "Don't Walk Away" (♪♫♪), oder blutleeren und uninspirierten Selbstzitaten wie "Privacy" unter.  Und nicht arm an Ironie ist der Umstand, dass die grässliche Ballade "Speechless" (♪♫♪) - wohl einer der schlimmsten Jacko-Songs aller Zeiten - im Alleingang von Jackson selbst geschrieben und produziert wurde! Doch auch ein Genie darf sich mal einen Totalausfall leisten. Schade nur, das hier eigentlich das gesamte Album ein Totalausfall ist. Denn auch die positiven Elemente - die es hier durchaus zu finden gibt - können das gesamte Album nicht mal ansatzweise retten. Zu sehr verhedderte Jacko sich hier in schnarchigen Klischees, die schon vor 11 Jahren ziemlich ausgelutscht waren. Ein Album, dass dem Genie eines Michael Jackson nicht mal im Ansatz gerecht werden konnte und zudem auch das wohl langweiligste Cover-Artwork mitbrachte, dass man je von Jacko erlebt hatte. Und sogar sein posthum fertig gestelltes Album "Michael" aus dem Jahr 2010 hatte mehr gute Songs zu bieten - und das lässt leider tief blicken. Lange hatte man gehofft, dass Michael noch einmal mit einem neuem Album zeigen würde, was immer noch musikalisch in ihm steckte. Doch sollte ihm leider nicht mehr genug Zeit dafür bleiben. So wird "Invincible" leider als das letzte Album des King Of Pop in die Musikgeschichte eingehen - und als ein Album, dass wohl besser niemals erschienen wäre.



Sonntag, 15. Juli 2012

Besprochen: TWIN SHADOW - "CONFESS"

Mit seinem zweiten Album erschafft Twin Shadow einen jungen New-Wave-Meilenstein, und gibt dem 80s-Revival endlich wieder einen Sinn.

Schon das 2010er Debütalbum "Forget" des amerikanischen Musikers George Lewis Jr. alias Twin Shadow, war ein kleine Sensation - und eines der besten Alben besagten Jahres! Der Eindruck dieser Pop-Perle sitzt noch tief, wenn uns der Herr nun mit seinem zweiten Album beglückt. "Confess" heißt der Nachfolger, auf den man naturgemäß äußerst gespannt war - und das zurecht, wie schon der erste Hördurchlauf der Platte unmissverständlich demonstriert.Wieder einmal, oder vielleicht gar noch deutlicher, kann man beobachten, wie er den Pop der 80er auf den neuesten Stand bringt und dabei in wunderbarste Formen gießt. Doch dieser Vergleich wirkt fast schon etwas plump, angesichts der herrlichen Melodien und der vortrefflichen Produktion die man hier vorfindet. Und auch gegenüber der Tatsache, dass Twin Shadow scheinbar gar nicht im speziellen die 80er Jahre im Sinn hatte. Das eben jene Dekade allerdings sein Zweitwerk allzu deutlich geprägt hat, sollte jedem klar sein, der Ohren besitzt. Doch 80s-Hater seien beruhigt: jenes Jahrzehnt bestanden ja glücklicherweise aus mehr als Modern Talking und CC Catch. So bedient er sich eben jener Sounds dieser Zeit, die man heute beinah schmerzlich vermissen würde, wären sie nicht in aller Regelmäßigkeit von diversen Musikern neu aufbereitet worden. Doch auch einem aktuellen Trend biedert der junge Mann sich nicht an. Viel zu natürlich und nahezu selbstverständlich wirkt das, was er hier ausheckt.  Denn wenn Twin Shadow derlei bewusste (oder vielleicht auch unterbewusste) Einflüsse durch seine kreative Maschinerie laufen lässt, kann eh nur noch wundervolles dabei heruas kommen, will man meinen. Und das ist auch so. Das erfährt der Hörer schon zum Einstieg, wenn er mit dem Albumopener "Golden Light" (♪♫♪) einen erhabenen Pop-Schmachter vom Stapel lässt, der vom ersten Genuss an nicht mehr los lässt. Auch in die Single "Five Seconds", in der er uns eine von catchy Gitarren und einer grandiosen Melodie ausgeschmückte Synthpop-Hymne angedeihen lässt, möchte - nein MUSS - man sich auf Anhieb verknallen. 



Und auch bei all dem was dann noch folgt, kriegt man die Herzchen nicht mehr aus den Augen. Denn es warten noch große Momente darauf entdeckt und lieben gelernt zu werden. Etwa zum Beispiel das eingängige, aber dennoch eindringliche "You Call Me On"  (♪♫♪), welches - etwa 25 Jahre älter - heute ein Klassiker sein könnte. "Run My Heart" (♪♫♪) reiht sich da nahtlos als famoser New-Wave-Ohrwurm ein, "Beg For The Night" (♪♫♪) hätte auch einst mit einem 3er aus Talk Talk, den Pet Shop Boys und Tears For Fears nicht besser klingen können (und tatsächlich hört man mit mehr oder weniger Fantasie zu allen von ihnen Ähnlichkeiten heraus), der extrem tolle Ohrwurm "Patient" (♪♫♪) überrascht gar mit Michael-Jackson-Gitarren, "When The Movies Over" (♪♫♪) offenbart eine grandiose, von weiblichem Background-Chor begleitete (Synth-)Pop-Perle, "I Don't Care" (♪♫♪) geht melancholische und zugleich liebliche Wege, und bringt auf meisterliche Weise perlendes Piano, stampfende und clappende Beats und eine nahezu perfekte Melodie zusammen, und das unweigerlich verliebenswerte "Be Mine Tonight" (♪♫♪) lässt als atmosphärische New-Wave-Ballade kein Herz unberührt. Hier ist eigentlich jeder Song zum Hit bestimmt - aber in Anbetracht der recht vorhersehbaren Masse, wird wohl dennoch keiner dabei heraus kommen. Schade, den hier ist Twin Shadow ein Meisterstück gelungen, dass den Geist der schönsten Seiten der 80er Jahre auf so authentische Weise aufleben lässt, dass es einen geradezu in Staunen versetzt. Sicherlich, in der Masse von 80s-Revival-Trittbrettfahrern - von denen so einige gar keine schlechte, und oft auch gar sehr gut, Arbeit machen - beschreitet "Confess" wahrlich kein Neuland. Doch wer einfach mal hin hört, der merkt den gewaltigen Unterschied. Man könnte sagen: "Confess" versucht offenbar gar nicht erst wie die 80er zu klingen, und es hätte dennoch wohl niemals anders klingen können. Denn selbst wenn es den Sound der 80er Jahre nie gegeben hätte, so wäre "Confess" wohl  dennoch dasselbe was es heute ist: ein New-Wave-Meilenstein! Großartig! 

Besprochen: AZEALIA BANKS - "FANTASEA"

Schon mit ihrem ersten Mixtape greift Azealia Banks nach dem HipHop-Thron...und entlarvt Nicki Minaj endgültig als albernen Hofnarr.

Schon im vergangenen Jahr war so manch einer bereits angefixt von der amerikanischen Newcomer-Rapperin Azealia Banks. Ihr Hit "212" (♪♫♪) sollte sich unwiderruflich in die Hirnwindungen seiner Hörer fräsen - und auch die im Mai diesen Jahres nachgelegte EP "1991" erwies sich als Kracher höchster Güte. Lange hoffte man ja auch auf ihr Debütalbum - doch das ist auch nicht "Fantasea" geworden, die brandneue Platte mit der uns die Dame aus Harlem jetzt beglückt. Nein, es ist ein Mixtape geworden - laut der Künstlerin selbst eine Art Testlauf, in dem sie alles verarbeitete was für sie progressiv hielt. Das sie sich nicht dem lupenreinen US-HipHop verpflichtet fühlt, hat sie ja bereits zur Genüge unter Beweis gestellt. Doch wie äußert sich dies nun auf diesem Mixtape (dass quasi als Einstimmung auf ihr Debüt "Broke With Expensive Taste" gewertet werden kann, welches im Herbst folgt)? Ja, auch hier ist dies in jeder Ecke und jedem Winkel deutlich spür- und hörbar! Sie erschafft quasi eine Melange aus Rap, Dance, Electronica, House und Pop, die besoffen machen kann vor Glück. So ganz unkonventionell klingt das, was die junge Dame sich hier zurecht geschustert hat - und es klingt von vorne bis hinten spannend und nicht selten gar enorm catchy. Schon zum Einstieg gibts eine schicke Überraschung: im Opener "Out Of Space" (♪♫♪) bedient sie sich selbigen Songs der britischen Big-Beat-Rabauken The Prodigy, und denkt ihn auf ihre eigene Weise um. Und das sie das hervorragend macht, muss in diesem Kontext wohl nicht extra erwähnt werden. Und auch was sie sonst hier so alles buntes treibt, lässt einen streckenweise aus dem Staunen gar nicht mehr heraus kommen. Man nehme etwa "Neptune": aus verschiedensten Zutaten rührt sie uns hier einen unwiderstehlichen Ohrfänger zusammen, der in einer besseren Welt einen Hit abgeben würde.



Und es kann einem fast schwindelig werden, bei dem was da noch alles wartet: so verzückt der Titelsong "Fantasea" (♪♫♪) mit durch den Raum flirrenden Sytnhies, fabelhaft flowenden Raps, House-Anleihen und Gesangs-Samples; "Nathan" (♪♫♪) bringt oldschoolig spröden Rap mit schonungslos acid-geschwängerter Elektronik auf einen Nenner; "Jumanji" (♪♫♪) klingt mit einer Art Buschtrommel-Beats und allerlei bunten und exotisch anmutenden Klängen in etwa so, wie es heißt; "Running" (♪♫♪) kombiniert klassischen HipHop, hochmelodische Pop-Passagen und eine Produktion zum niederknien zu einem veritablen Hit; "US" (♪♫♪) geht ebenfalls mit schicker Melodie und hohem Hitpotential an den Start; "Luxury" (♪♫♪) kredenzt uns köstlichen, mit House- und Dance-Einflüssen geflavourten HipPop-Konfekt; oder das grandiose "Esta Noche" (♪♫♪), in dem sie unter anderem aus einem Sample von Montell Jordans "Get It On Tonight" und fies-genialen Acid-Synthesizern eine Granate von einem Song schmiedet. Und auch die Produzenten können sich sehen lassen, geben ich doch hier etwa Diplo, Machinedrum, Drums of Death oder Ikonika die Klinke in die Hand. Und das all diese mehrheitlich im Electronica beheimatet sind, macht eben die erfrischende Note aus, welche die Musik von Azealia Banks mitbringt. Vergesst solche uninspirierten Hupfdohlen wie  Nicki Minaj  - Azealia Banks ist die neue Frau der Stunde im HipHop!  

 

Samstag, 14. Juli 2012

Besprochen: FRANK OCEAN - "CHANNEL ORANGE"

Frank Ocean macht mit seinem Debüt den RnB wieder interessant - und lässt weite Teile der Konkurrenz mit Leichtigkeit hinter sich.

Schon im vergangenen Jahr gab es einen Menge Aufregung um den jungen Newcomer Frank Ocean. Der amerikanische Sänger und Songwriter ist quasi der Bro von Tyler, The Creator, arbeitete bereits mit Größen wie Kanye West, und veröffentlichte 2011 mit "Nostalgia, Ultra" ein großartiges Mixtape zum Nulltarif, dass etwa das famose "Swim Good" enthielt und von Kritikern zurecht umjubelt wurde. Nun schickt er endlich sein lang erwartetes Debütalbum "Channel Orange" hinterher. Und damit zeigt er sich ähnlich vielseitig, wie dies schon sein letztjähriges Mixtape vormachte. Zwar ist Ocean deutlich im modernen RnB und Neo-Soul verwurzelt, was ja immer HipHop-Aspekte mit sich bringt - aber auch andere Elemente bringt der junge Mann hier spielend unter, wenn auch vielleicht nicht so offenkundig, wie dies bisher der Fall war. Als Endresultat klingt "Channel Orange" vielseitig und wie aus einem Guss zugleich. So  offenbart er uns gar jene entscheidenden Faktoren, die den zeitgenössischen RnB wieder so spannend machen, dass man sich von seinen Konkurrenten angewidert abwenden, und stattdessen nur noch dem lauschen will, was Ocean alles zu sagen hat. Und das ist eine ganze Menge, wenn man sich "Channel Orange" aufmerksam anhört. Schon die Vorboten sollten verdeutlichen, was einem auf seinem Erstlingswerk so alles blühen würde. Angefangen mit der ersten Single "Thinking About You", eine auf atmosphärischen Streichern, verchillten Soundschwaden und sanft puckernden Beats schwebende RnB-Ballade, die trotz ihrer Unaufgeregtheit beinah alles in den Schatten stellt, was dieses Genre in diesem Jahr sonst so hervorbrachte.
 

Doch die zweite Single "Pyramids" (♪♫♪) will noch viel mehr: ein 10-minütiges, Funken sprühendes Epos aus zart schmelzendem RnB, grandiosem Pop-Appeal, starken 90-Einschlägen, saftig elektronischen Elementen - die etwa in einer fabelhaften Synthie-Hookline ihren Höhepunkt erreichen - und Frank Oceans wunderbarer Stimme, die all dem erst richtiges Leben einhaucht. Ein Haken schlagendes, und doch in sich vollkommen schlüssiges Songjuwel, dass der NME bereits mit Prince' Klassiker "Purple Rain" in Verbindung brachte. Doch das waren erst jene Songs, die von dem kündeten, was bald noch alles folgen könnte. Und er enttäuscht auch auf Albumlänge in keinster Weise. Man beachte etwa das ganz und gar bezaubernde "Sierra Leone" (♪♫♪), gefolgt von der entspannten und zugleich leidenschaftlichen, sommerabendliche Vibes ausstrahlenden Soul-Pop-Perle "Sweet Life" (♪♫♪). Als weitere Highlights empfehlen sich das getragen melodische "Lost" (♪♫♪), der charmante und mit lässigem Flow gesegnete Ohrwurm "Super Rich Kids" (♪♫♪), die von bedächtigen Orgeln untermalte Ballade "Bad Religion" (♪♫♪), die wie in Zeitlupe daher gleitende, nachdenkliche RnB-HipHop-Perle "Pink Matter" (♪♫♪), die neben Raps von Andre 3000 auch wunderbar funky Gitarren zu bieten hat, das melodisch leichtfüßige und von Tyler, The Creator unterstützte "Golden Girl" (♪♫♪), welches nur auf dem physischen Album enthalten ist, oder eben das federleichte und warme "Forrest Gump" (♪♫♪).
So ist das Album zwar gerade erst frisch auf dem Markt, aber die Presse bedenkt es bereits mit frenetischem Jubel, und versieht es mit reihenweise Höchstwertungen. Ein Wunder ist das nicht, denn was Ocean hier abliefert, ist wahrhaft erstaunlich - gerade für einen so jungen Künstler, und erst recht im zeitgenössischen RnB. Aber damit es auch hier für die Höchstwertung gereicht hätte, hätte man sich bei "Channel Orange" ab und an dann doch ein paar größere Überraschungen gewünscht. So kann sein Debütalbum zwar nur knapp an die Vielseitigkeit seines letztjährigen Mixtapes anknüpfen, aber dafür das er hier auf weitaus weniger prägnante Samples zurück griff (so wie er zuletzt noch weite Teile von Songs von Coldplay oder den Eagles verwendete), kann sich das alles verdammt gut sehen lassen. Und vor allem mit der hohen Qualität mit er all das hier umsetzt, mit Songs die nach mehrmaligem Genuss immer weiter wachsen, kann er am Ende dennoch auf ganzer Linie  überzeugen. So macht Frank Ocean mit seinem Debüt den US-amerikanischen RnB endlich wieder spannend - und das soll ihm dieser Tage erst mal einer nachmachen.

Nachtrag vom 07.September 2012: Wie das Schicksal es so will, ist das Album in den vergangenen Wochen tatsächlich noch einmal so gewachsen, dass ich nun den restlichen halben Stern dazu legen, und somit nun doch die Höchstwertung geben muss. Und das hat dieses Album auch verdammt nochmal verdient.



Freitag, 13. Juli 2012

Besprochen: NENEH CHERRY & THE THING - "THE CHERRY THING"

Trotz Cover-Album und mit Hilfe wilder Jazz- Allüren, gelingt Neneh Cherry womöglich DAS Comeback des Jahres!

Jaja.....Cover-Alben sind eine schwierige Angelegenheit. Denn in den meisten Fällen kommen eben zwei verschiedene Dinge dabei heraus: entweder werden meist Klassiker der Pop-Geschichte recht platt und inspirationsbefreit nach gespielt, oder in ein orchestrales Gewand umgedeutet - was den Originalen auch nur in äußerst seltenen Fällen etwas hinzuzufügen hat. Das man von Neneh Cherry keines von beiden zu erwarten hatte, sollte schon ein Blick auf ihr bisheriges Schaffen deutlich machen. In den 80ern und 90ern machte sie mit 3 Soloplatten auf sich aufmerksam die sich grob zwischen Pop, RnB, TripHop und HipHop bewegten. In den 00ern hat sie dann wiederum künstlerisch höchst fruchtbar an 2 Alben mit der kreativen Truppe CirKus gearbeitet, und sich im Bereich TripHop, Electronica und Alternative ausgetobt. Das sie sich 16 Jahre nach ihrem letzten Soloalbum für ein Comeback nun eine Cover-Platte ausgesucht hat, mag auf den ersten Blick leider ziemlich einfallslos anmuten. Doch: der Schein trügt!!! Hier tat sie sich mit dem schwedisch/norwegischen Jazz-Trio The Thing zusammen. Und im Jazz-Metier ist Neneh Cherry alles andere als fremd - so gilt ihr Vater Don Cherry als legendärer und innovativer Jazzmusiker, nach dessen Song "The Thing" sich das skandinavische Trio benannt hatte. Und gemeinsam mit ihnen nahm Neneh Cherry nun das Album "The Cherry Thing" auf, in dessen Verlauf sie Songs der unterschiedlichsten Genres in atemlosen, rauchigen und leidenschaftlichen Jazz überführt - doch immer wieder mit Pop- oder TripHop-Ideen im Hinterkopf. Das Album startet aber mit einer selbst komponierten Nummer, die von einem einsam vor sich hin groovenden Kontrabass eingeführt wird: doch in seinem weiteren Verlauf wird aus "Cashback" (♪♫♪) ein verwinkelter und wunderschön verschrobener, sanft vor sich hin rumpelnder Free-Jazz-Kracher, der grandios in die 8 Songs starke Scheibe einleitet - inklusive kreischender Saxofone, die einem den Staub ewig gleich wirkender zeitgemäßer Standardproduktionen der Formatradio-Beschallung, aufs angenehmste aus den Ohren pusten. Und als eine erste wahrhafte Cover-Offenbarung, zeigt sich ihre Neuinterpretation des Suicide-Klassikers "Dream Baby Dream" (♪♫♪): aus der schwülen Synthpop-Nummer wird hier eine  Jazz-Granate, die sich Anfangs hübsch einschmeichelnd in die Gehörgänge kuschelt und sich im Zuge seiner fast 9-minütigen Spiellänge mit immer mehr ausfransenden Widerhaken endgültig im Trommelfell fest beißt - und schlussendlich sein Original im Regen stehen lässt. Besonders interessant wird es auch, wenn es Madvillain's "Accordion" an den Kragen geht - denn hier macht sie aus einem guten HipHop-Track einen grandiosen und modernen Jazz-Klassiker, den sie seines namensgebenden Akkordeons beraubt und (zumindest in der Albumversion) auf das mehr als 3-fache seiner ursprünglichen Länge streckt. Ein Epos, nicht weniger. 


Marina Topley-Bird's "Too Tough To Die" (♪♫♪) präsentiert Neneh Cherry als ein aus Jazz-Mitteln erdachtes TripHop-Meisterstück, welches das Original seinem vergleichsweise fast engen Klangkorsett entreißt und in eine spürbar wohltuende Freiheit entlässt, die den Song über sich selbst hinaus wachsen lässt. "Golden Heart" (♪♫♪) präsentiert sich mit künstlerisch gespaltener Persönlichkeit: zu einer tadellos jazzigen Untermalung, weht Neneh's Gesang auf geisterhafte Weise durch den Song hindurch - und haucht ihm damit einen ganz eigenen Klangcharakter ein. Auch "Dirt" (♪♫♪) von The Stooges begegnet sie mit dem nötigen Respekt, und dreht in Eigenregie eine widerborstig spröde, genussvoll stampfende und verschwitzt jazzige Version daraus, die sich vor dem Original keineswegs verstecken muss. Und Ornette Coleman's "What Reason Could I Give" (♪♫♪) (ein legendäres Quartett in der auch ihr Vater einige Zeit Mitglied war), selbst ein Jazz-Klassiker der frühen 70er Jahre, verleiht sie ihre ganz eigene kreative Note und lässt ihm ein paar mehr Ecken und Kanten angedeihen - ohne das Original dabei aber zu entstellen.  Ein faszinierendes, mitreißendes und eindrucksvolles Werk, dass einen vor dem inneren Auge in eine verrauchte Jazz-Bar katapultiert, und gleichzeitig wieder verdammt Lust auf Radiohead's "Kid A" weckt. Und eben das ist es was "The Cherry Thing" am Ende so verdammt großartig macht.