♪♫♪ ...music makes the people come together... ♪♫♪

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Sonntag, 29. Mai 2011

Besprochen: PATRICK WOLF - "LUPERCALIA"

Düster und Experimentell war gestern. Heute tupft uns Patrick Wolf ein in Pastellfarben gemaltes Album über die Liebe. Noch nie wurde bei ihm so viel geknutscht wie hier.

Patrick Wolf war schon immer ein Ausnahmetalent. 2003, im zarten Alter von 20 Jahren, legte der Multiinstrumentalist sein fast im Alleingang geschaffenes Debüt "Lycantrophy" vor, das in seiner Mischung aus irischer Folklore und Elektronik von Björk'scher Futuristik, seiner Zeit um Jahre voraus war. Der Nachfolger "Wind In The Wires" (2005) führte dieses Klangkonzept kongenial weiter - ehe er dann mit seinem dritten und ungewohnt poppigen Werk "The Magic Position" (2007) den kommerziellen Durchbruch schaffte, aber künstlerisch nicht mehr ganz so zu überzeugen vermochte. Doch nach diesem Zugeständnis an seine Plattenfirma, trennte er sich von selbiger und ging auf seinem 4. Album "The Bachelor" (2009) wieder zu seinen düsteren Wurzeln zurück. Letzteres war wiederum ursprünglich als Doppelalbum mit dem Titel "Battle" geplant, sollte dann aber doch getrennt voneinander erscheinen. Doch den Titel des geplanten 2. Teils "The Conquerer" verwarf Wolf bald wieder. Aber in wenigen Tagen steht nun das von einigen mit Spannung und Hoffnung erwartete 5. Album mit dem neuen Titel "Lupercalia" des exzentrischen Briten in den Läden. Und hier hat er zu unserer Überraschung den Pop für sich wiederentdeckt. Wie in Pastellfarben gemalte Liebeslieder werden hier offenbart, die für Verehrer seiner frühen Werke sicherlich ordentlich gewöhnungsbedürftig sein werden. Kannte man aus früheren Tagen noch verstörende Elektro-Elemente und Wolf's Stimme, die sich bisweilen auch in schmerzverzerrten Schreien oder düsterem Raunen ausdrückte, kommen diese hier auch in wesentlich optimistischeren und fluffigeren Tönen daher. Auch die Lyrics sind nicht mehr so kryptisch wie bislang, alles hier ist laut Sänger direkt aus dem Leben gegriffen. Davon zeugten in den vergangenen Wochen und Monaten bereits die Vorab-Singles: "Time Of My Life" (♪♫♪), der erste Vorgeschmack auf "Lupercalia", präsentierte sich als beherzte, von Streichern fulminant begleitete kleine Hymne auf die Liebe, "The City" (♪♫♪) kam mit Saxofon als waschechter Ohrwurm und mit reichlich guter Laune des Weges, und die neue Single "House" (♪♫♪) reiht sich hier als romantische und sehnsüchtige Pop-Perle ein. Und damit wäre der grundlegende Klangcharakter seines neuen Werkes auch perfekt umrissen. Verehrer seiner frühen Tage werden hier auf exeprimentelle Soundsperenzchen und düstere Klänge vergeblich warten - werden aber mit so manch herrlichen und schwelgenden Pop-Spielereien entlohnt, die durchaus Laune und Lust auf mehr machen können. "The Future" (♪♫♪) gibt sich ganz euphorisch, "Armistice" (♪♫♪) fällt mit Piano und Chor etwas melancholischer und balladesker aus, "Slow Motion" hält zarte Anspielungen auf Kraftwerk bereit, und "Together" bringt einen willkommen soften Dance-Groove und eine wunderbare Melodie mit ins Spiel.
Neben all diesen durchaus positiv zu wertenden Attributen, wird eines doch zur Gewissheit: Das all dies hier herzlich wenig mit dem zu tun hat, was einem Patrick Wolf einst so an genialen Skurrilitäten um die Ohren schleuderte. Keine Experimente - aber die wollte Wolf hier auch gar nicht haben. Er wollte weg vom Industrial-Sound des Vorgängers und stattdessen ein weniger provokatives und klareres Album schaffen. Bei "Lupercalia" werden sich jedoch die Geister mit Sicherheit scheiden: Für die einen mag das ganze oft brav, seltener auch mal kitschig und mehrheitlich sehr massenkompatibel anmuten. Und die anderen werden sehnsüchtig zu seinen in butterweichen Melodien getupften neuen Songs kuscheln und knutschen, und sie mit schmelzender Seele in ihr Pop-Herz schließen. Und am Ende haben dann doch beide Recht.



Donnerstag, 26. Mai 2011

Besprochen: KATE BUSH - "DIRECTOR'S CUT"

Die wohl größte Dame in der britischen Pop-Geschichte kommt mit einem Album voller Neuaufnahmen daher - und haucht dem alten Konzept ein wenig neues Leben ein.

Die Idee, ein Album mit Neuaufnahmen eigener Songs zu machen, ist wahrlich nicht neu. Die Liste der Täter ist lang, die Resultate oft schwankender als die derzeitige politische Ausrichtung der CDU. Suzanne Vega konnte sich so wenigstens halbherzig von den Toten zurückmelden, Nena konnte sich einen zweiten Karrierefrühling erschleichen und Kim Wild hat wohl krampfhaft versucht dem Schicksal zu entgehen, mit ihren käsigen Alt-Hits bald nur noch durch die Provinzdörfer zu tingeln. Wahrlich gelungenes ließ sich eher selten blicken. Doch für Popkunst hoher Qualität, war Kate Bush - die wohl größte Dame im britischen Pop - schon immer zu haben. Und ihr neues Album "Director's Cut" macht in diesem Konzept ausnahmsweise durchaus Sinn. 11 Neuaufnahmen von Songs ihrer Alben "The Sensual World" (1989) und "The Red Shoes" (1993) sind hier vereint. Kate Bush ließ verlauten, das sie sich nie mit dem "harten" Klang der einst digitalen Aufnahmen der beiden Alben anfreunden konnte, und schon lange den Wunsch hegte, einige Songs erneut zu interpretieren. Den hat sie sich nun mit "Director's Cut" erfüllt. Eine ganz besondere Berechtigung zeigt schon der Opener "Flower Of The Mountain" (♪♫♪) - das eine Neuaufnahme des Songs "The Sensual World" darstellt. Konnte Bush den Song seinerzeit nicht mit dem ursprünglichen Konzept verwirklichen, Textzeilen aus James Joyce' Song "Ulysses" zu verwenden, weil ihr dies auf Anfrage untersagt wurde, so bekam sie für die Neuaufnahmen doch überraschend die nachträgliche Erlaubnis. Weshalb er nun zum ersten mal in seiner ursprünglich erdachten Version das Licht der Welt erblickt. Und so hat hier vieles einen neuen Anstrich bekommen. Neben der gereifteren Stimme Kate Bush's, hört man in vielen Songs die Veränderungen, ohne aber dabei die Originale zu sabotieren. Der Gesamteindruck wirkt streckenweise persönlicher, privater, emotionaler. Vor allem dem Gesang hört man dies an, den sie des öfteren gegenüber den Originalen ein paar Töne tiefer ansetzt - dabei aber manchem Song andere Dimensionen eröffnet. So etwa in "The Song Of Solomon" (♪♫♪) zu hören, in dem sie die Oktaven ein wenig herunter schraubt und so eine gelungene Alternative zu trotzdem herausragenden Original bietet. Das fantastische "Moments Of Pleasure" (♪♫♪) wird hier noch wärmer, zurückgenommener und reifer dargeboten. Und fast am deutlichsten wird es in ihrer Neuinterpretation des eh schon großartigen "This Woman's Work" (♪♫♪), das sowohl in Arrangement als auch Darbietung deutlich sanftere, noch ruhigere Töne anschlägt. Und nach wie vor ultimativ verzaubert.
Man will und kann freilich nicht behaupten, das diese Versionen besser sind als die Originale - dafür haben sich selbige einfach schon zu nah am Rande der Perfektion bewegt. Aber mit "Director's Cut" haucht sie diesen - zum Teil eher unbekannteren - Songs ihres Backkatalogs neues Leben ein. Und seien wir mal ehrlich: solch großartige Songs haben einen zweiten Frühling doch mehr als verdient. Und an alle die doch noch was zu meckern haben, oder ihr gar Einfallslosigkeit vorwerfen möchten: Ein neues Album mit ausschließlich neuem Material soll fast fertig sein. Und bis dahin schwärmen wir mit "Director's Cut" noch einmal genüsslich in der Vergangenheit.



Freitag, 20. Mai 2011

Besprochen: MOBY - "DESTROYED"

Auch auf Album No. 10 führt uns der einstige Techno-Zwerg erneut ins Land der anspruchsvollen Langeweile!

Wer erst in den letzten Jahren auf aktuelle Ergüsse von Richard Melville Hall alias Moby gestoßen ist, den mag überraschen zu hören, dass der kurz geratene Herr im Punk seine Wurzeln hatte - ehe er sich entschloss, sich grundlegend in der Techno- und House-Bewegung der frühen 90er Jahre verdient zu machen. Mit dem Album "Play" hatte er dann im Jahr 1999 der kreativen Gipfel seines Schaffens erreicht - mit nicht weniger als einem modernen Elektropop-Meisterwerk. Daraus schaffte er dann 3 Jahre später noch recht erfolgreich das Album "18" zu destillieren - doch von da an stand es nicht immer gerade gut um ihn. Immer mehr driftete der Herr in den gepflegten Wohlklang ab, was er auch mit der gut gemeinten, aber doch nur sehr halbherzigen Disco-Platte "Last Night" nicht retten konnte. Nun steht das mittlerweile bereits 10. Studioalbum des einstigen Techno-Zwergs in den Regalen - und muss sich Mühe geben, dass es dort nicht auch liegen bleibt. Aber man will ja keine bösen Worte fallen lassen. Zu viel Mühe und vor allem schlaflose Nächte, stecken in dem was der an Schlaflosigkeit leidende Herr hier für uns bereit hält. Das äußert sich in teilweise sogar besseren musikalischen Ansätzen als noch zuletzt. "The Day" (♪♫♪) gibt sich als erste Single hörbar Mühe, Eindruck beim Hörer zu schinden - offenbart aber dennoch zum wiederholten male, dass das Singen nicht zu Moby's erklärten Talenten zählt. Wenn er dies anderen überlässt, die mit einem kräftigeren Organ gesegnet sind, kommt auch etwas mehr Substanz in die Songs. So gehört bei "The Low Hum" (♪♫♪), dass tatsächlich gut zu bezirzen weiss, ehe es zum Ende hin dann auch ein wenig in die Belanglosigkeit hinein dämmert. "Lie Down In Darkness" (♪♫♪) verleitet als nächstes zum Aufhorchen, bleibt bei all seinen Reizen aber doch nur ein Remake dessen, was auf "18" schon vor fast 10 Jahren so los war. In "After" (♪♫♪) sorgen flottere Beats und präsentere Synthesizer für mehr Aufmerksamkeit - aber auch hier meldet sich wieder Moby persönlich zu Wort, was dem ganzen einen kleinen Dämpfer gibt. Desweiteren verpflichtet sich Moby auch hier weiter der anspruchsvollen Langeweile. Das kann hier und da durchaus seine Momente haben, ist unterm Strich aber nicht viel mehr als das, was man von Moby in den letzten Jahren schon im Überfluss zu hören bekam.
Eines ist ganz klar: Moby meint es auf "Destroyed" wirklich gut mit uns. Aber würde er es in erster Linie gut mit sich selber meinen, würde er etwas mehr Schlaf und damit vielleicht auch seine Energie wieder finden.



Besprochen: ARCTIC MONKEYS - "SUCK IT AND SEE"

Mit ihrem vierten Streich liefern die Jungs aus Sheffiled ein grundsolides Album ab - dass aber leider weit hinter ihren Möglichkeiten zurück bleibt.

Man könnte behaupten, das die Arctic Monkeys es geschafft haben. Waren sie vor 5 Jahren noch die pickeligen Newcomer, die der Pubertät kaum entwachsen waren, haben sie sich über bislang 3 Studioalben einen hohen Status erspielt. Schon ihr 2006er Debüt "Whatever you Say I Am, That's What I'm Not" ließ unsere Kinnlade zu Boden krachen. Kaum ein Jahr später schoben sie dann ihr kaum weniger großartiges Zweitwerk "Favourite Worst Nightmare" hinterher - und die Euphorie war perfekt. Mit ihrem 3. Album "Humbug", das im Jahr 2009 erschien, wagten sie dann den Stilbruch: Statt sattem und Haken schlagendem Brit-Rock, konnten sie hier mit fulminantem, 60s-infiziertem Psychedelic-Pop-Rock glänzen, der erneut ihr musikalisches Genie unterstrich. Nach solch einer Leistung ist jede Band über den Berg. Und nun waren die Jungs aus Sheffiled an einem Punkt angelangt, an dem sie buchstäblich machen konnte, was immer ihnen in den Sinn kam. Unter diesen Voraussetzungen erscheint nun "Suck It And See", das vierte Album der Band um kreativen Kopf Alex Turner. Und bei oberflächlicher Betrachtung könnte man konstatieren: Sie verkrümeln sich weitestgehend aus dem zuletzt bevorzugten Psychedelia, und kehren mehrheitlich zu rockigeren Gefielden zurück. Wer nun eine Rückkehr zum Sound der beiden Erstlingwerke erwartet, hat sich allerdings auch kräftig geschnitten. Das zeigte schon der erste vorab vorgestellte Song "Brick By Brick" (♪♫♪): Ein herrlich sinnbefreiter und mitreißender Riffrocker, der viel Spaß machen kann. Der Opener "She's Thunderstorms" schlägt hingegen die Brücke vom letzten Werk, hätte dieses Stück beherzter Indiepop doch auch auf "Humbug" eine fabelhafte Figur gemacht. Die erste Single "Don't Sit Down, Cause I've Moved Your Chair" (♪♫♪) bringt ein wenig den Sturm und Drang der frühen Tage zurück, ohne aber ganz dessen Klasse zu erreichen. Die neue und zweite Sinlge "The Hellcat Spangled Shalalala" betört als von wunderbar dengelnden Gitarren und sehnsüchtigem Gesang begleitete kleine Indiepop-Perle. Das progige "Library Pictures" sticht durch fräsende Gitarrenriffs in krassem Kontrast zu immer widerkehrenden ruhigen Passagen hervor. "Piledriver Waltzs" präsentiert sich als tolle, psychedelisch angehauchte Ode, die allerdings eine nicht wesentlich veränderte Neuaufnahme des gleichnamigen Songs von Alex Turner's Solo-EP "Submarine" darstellt, die vor wenigen Wochen erschien.
Mit ihrem vierten Streich kredenzt uns die Band ein handwerklich einwandfreies und künstlerisch durchweg solides Album. Der Gesamteindruck von "Suck It And See" ist allerdings deutlich weniger beeindruckt, als bei seinen Vorgänger. Stets beschleicht einem beim hören des neuen Werks das Gefühl, dass die Jungs hinter ihren Möglichkeiten zurück bleiben. Schon zu lange vermisst man das energetische keifen und bellen in Alex Turners Gesang - auf der vorliegenden Platte könnten man ihm stellenweise fast vorwerfen, ein wenig gelangweilt zu klingen. Wirklich verkehrt gemacht hat die Band hier im Grunde nichts. Aber so richtig will einem hier nicht der Schalter rausfliegen. Und so muss man mit einer Träne im Auge feststellen, dass es sich bei "Suck It And See" zwar keineswegs um ein schlechtes Album handelt, aber definitiv um das schwächste Stück Musik, das man im Kontext der Arctic Monkeys bislang zu hören bekam.


Mittwoch, 18. Mai 2011

Besprochen: LADY GAGA - "BORN THIS WAY"

This Is Who The Fuck I Am: Mit ihrem 2. Akt sägt Gaga weiterhin bedächtig an Madonna's Thron zur Queen of Pop. Zeit für einen Machtwechsel!

Lady Gaga: Elektroschock-Barbie, Pop-Phänomen und erster wirklicher Superstar des digitalen Zeitalters. Was sich in den letzten paar Jahren um die mittlerweile gerade mal 25-jährige Sängerin aus den USA abspielte, hat man in der jüngeren Musikgeschichte so noch nicht erlebt. Nach Michael Jackson und Madonna wollte sich partout niemand finden lassen, der den Status des Superstars in das neue Jahrtausend trägt. Zumindest bis das unscheinbare Mädchen Stefania Germanotta mit der Essenz aus Andy Warhol, David Bowie und Madonna zur alterlosen Kunstfigur Lady Gaga mutierte. Die Zwischenbilanz: 268 Millionen Hits bei Google, fast 2 Milliarden Views bei YouTube, 15 Millionen verkaufte Alben, mehr als 51 Millionen verkaufte Singles und die meisten Downloads in der Geschichte der digitalen Musik. Zahlen die auf eine ganze Karriere schließen liessen - wüsste man nicht, dass dieser Tage gerade mal ihr 2. Album in den Läden stehen wird. Zu erwähnen, dass es mit reichlich Spannung in der ganzen Welt erwartet wird, kann man sich an dieser Stelle getrost sparen. Und mit scheinbar spielender Leichtigkeit, wird Gaga mit ihrem zweiten Album "Born This Way" all den an sie gestellten Erwartungen gerecht. Mehr noch: Es klingt noch durchdachter, stilsicherer und schlüssiger als sein Vorgänger "The Fame". Sie geht hier konsequent den Weg weiter, den sie mit dem Appendix "The Fame Monster" eingeschlagen hat - geht aber deutlich mehr in die Extreme. Als "Avantgarde-Techno-Rock" bezeichnet sie ihr Zweitwerk, was gar nicht so weit von der Realität entfernt ist. Sie arbeitet sich quer durch die Geschichte der elektronischen Tanzmusik und unterfüttert sie mit knackigen Rock- und Heavy-Metal-Elementen. Und dabei beschränkt sie sich keineswegs auf die reinen Standards, wie sie ja derzeit häufig aus dem Radio suppen. Auf den hier versammelten 14 Songs hört man quasi unaufhörlich Ohrwürmer, eingebettet in einfallsreiche, mitreißende und zu jeder Schandtat bereite Produktionen. Das Album legt schon mit einem ultimativen Knall los: Wem bei dem Opener "Marry The Night" (♪♫♪), einer umwerfenden und gnadenlos zwingenden Dance-Pop-Hymne, nicht die Kinnlade zu Boden kracht, der hat schlicht und ergreifend den Pop nicht kapiert. Ein Hit - da gibt es keine zwei Meinungen. Und davon hat sie hier eine Menge zu bieten. Entweder sind sie es bereits, wie die erste Single und markante Titelhymne "Born This Way" (♪♫♪) oder der nicht minder großartige Nachfolger "Judas" (♪♫♪), der fabelhaft auf den Spuren von "Bad Romance" wandelt - ohne aber als reiner Aufguss zu wirken. Und auch sonst passiert hier spannendes. "Government Hooker" geht mächtig in die Beine, schreckt nicht mal vor angedeutetem Sopran zurück und unternimmt wahnwitzige Ausflüge in den Elektrorock. Spinnert und genial zugleich wird es auf "Scheiße" (♪♫♪), in dem sie deutsche Textpassagen und technoide Elemente zu einem catchy Ohrwurm vereint. Das zurückgenommenere "Bloody Mary" (♪♫♪) schickt wieder mal einen Gruß in die Richtung Madonna und behauptet sich als wunderbarer Elektropop mit einer Träne im Auge. "Highway Unicorn (Road To Love)" (♪♫♪) präsentiert sich als veritabler Eurodance-Kracher mit hohem Hitpotential, "Heavy Metal Lover" (♪♫♪) offenbart ansteckend discoiden Elektro-Pop und "The Edge Of Glory" (♪♫♪) bringt in Form eines mitreißenden Dance-Ohrfängers das Saxophon in den Pop der Gegenwart zurück.
Man mag es ruhig der frischen Begeisterung in die Schuhe schieben, aber mit "Born This Way" haben wir es mit nichts geringerem zu tun, als dem besten Dance-Pop-Album seit...."The Fame Monster". Lady Gaga surft hier quer durch die Musikgeschichte und definiert darüber den Pop des Hier und Jetzt auf ihre ganz eigene Weise neu. Man mag Madonna, die den Thron der Queen of Pop lange unbestritten für sich reservierte, noch so sehr verehren - aber der Wahrheit muss man dennoch ins Gesicht sehen: das allein "Born This Way" besser ist als alles, was Madonna in den letzten 10 Jahren so getrieben hat. Und so gibt uns Gaga endlich den lange ausgeträumt geglaubten Traum vom wahren Superstar zurück. Die Zeit wird reif für einen Machtwechsel im Pop. Die Königin ist tot, lang lebe die Königin!


Samstag, 7. Mai 2011

Besprochen: CASSANDRA STEEN - "MIR SO NAH"

Wer sagt das deutsche Musik nicht zeitgemäß klingen kann? Das beweist nun Cassandra Steen mit ihrem 3. und bislang überzeugendsten Solo-Album!

Im Grunde ist die junge Dame ja schon eine halbe Ewigkeit mehr oder minder bekannt. Schon 1997, im zarten Alter von 17, sorgte sie als Duettpartnerin auf dem Album "Quadratur des Kreises" vom Freundeskreis für erstes Aufsehen. Später kam dann ihre Teilnahme bei der höchst erfolgreichen Formation Glashaus, aus der Schmiede von Moses Pelham - der ja bekanntlich auch Sabrina Setlur und Xavier Naidoo entsprangen. Doch Cassandra, die nach 3 Alben bei Glashaus ausstieg, zeigt spätestens mit ihrem nun 3. Solo-Album "Mir so nah", das sie den eben genannten Kollegen etwas voraus ist. Während sich Sabrina Setlur in die Belanglosigkeit (und Peinlichkeit?) verabschiedete,und Xavier Naidoo seit eh und je mit dem ewig gleichen Sound liebäugelt, ist Cassandra Steen hier eine überzeugende, melodische und vielseitige Deutsch-Pop-Platte gelungen. Wobei das ganze hier gar nicht nach dem klingt, was man nun unter dem Begriff "Deutsch-Pop" sonst so versteht. Die Produktion des Albums ist quasi international konkurrenzfähig. Vom guten alten Pop, über soften RnB und leidenschaftlichen Soul, bis hin zu hip oldschooligen Dance-Elementen, deckt sie hier einige Genres ab. Aber das Endresultat klingt dabei erstaunlich stimmig - was vor allem der fast durchgehend hohen musikalischen Qualität geschuldet ist. Das geht schon mit dem Opener los, der ersten Single "Gebt alles" (♪♫♪), die eindrucksvoll zeigt, wie schnell aus einem anfangs scheinbar netten Pop-Song eine kleine Hymne erwachsen kann. Auch wenn "Lange genug Zeit" die ersten paar Sekunden etwas quer im Gehörgang sitzen könnte, zeigt es mit sanfter Elektronik, pumpenden Beats und herzerwärmend toller Melodie echte und unwiderstehliche Hitqualitäten. "Soo" beweist sich als warme und gefühlvolle Pop-Perle, im fabelhaften "Tanz" kommt eine herrliche Melodie auf soften Beats und 80s-Anleihen dahergeschwebt, und "Symphonien" besticht mit triphopigen Beats und toll gesetzter Elektronik. Nach langem dramatischen Pianointro, wandelt sich "Ich lasse jetzt los" zum beatigen und kämpferischen Pop-Ohrwurm. Und "Der erste Winter" begeistert mit soften Beats und Synthies, als emotionales kleines Pop-Juwel.
Mit "Mir so nah" streift Cassandra Steen endgültig das alte Glashaus-Korsett ab und zeigt sich als eigenständige Künstlerin, die ihr altes Projekt qualitativ bereits weit hinter sich gelassen hat. Wenn in Zukunft mehr Deutschpop so überzeugend klingt wie hier, dann bin ich gerne dabei.



Besprochen: FLEET FOXES - "HELPLESSNESS BLUES"

Die flinken Füchse melden sich mit ihrem lang ersehnten Zweitwerk zurück - und sie sind gekommen um uns zu verzaubern!

Wer mit modernem Folk bislang nichts anfangen konnte, für den muss "Fleet Foxes", das selbstbetitelte Debütalbum der Fleet Foxes vor knapp 3 Jahren, eine Offenbarung gewesen sein. Und für jeden anderen auch, der von sich behauptet etwas von relevanter Musik zu verstehen. Nicht weniger als ein episches Beben, das die Wahrnehmung des zeitgenössischen Folk nachhaltig verschob und das von vielen totgeglaubte Genre erneut in den Fokus der Öffentlichkeit zerrte. Das es für die Band aus den USA noch ziemlich spannend werden würde, war von Anbeginn glasklar. Solch einem gleißenden Brocken von einem Album, einen gelungenen Nachfolger entgegenzusetzen, ist eine wahrlich nicht leichte Aufgabe, an der schon so manch einer grandios scheiterte. Doch das tun die Fleet Foxes keineswegs. Zwar kann die 6-köpfige Band mit "Helplessness Blues" die sakrale Vollendung des Debüts nicht ganz erreichen, hat hier aber ziemlich genau das Album gemacht, das man sich von ihnen erhofft hatte. Mit ähnlichen Mitteln wie zuvor setzten sie hier ein Dutzend harmonischer Folk-Songs in Szene, die in ihrer melodischen Strahlkraft, den herrlichen Harmoniegesängen, oder den gewohnt 60s-atmosphärischen Arrangements keinerlei Enttäuschung darstellen. Mit zärtlichen Gitarren und in sich ruhenden Oh-oh-Chören führt "Montezuma" (♪♫♪) das Album mit einem herrlichen Folk-Song ein, wie er so nur von den Fleet Foxes stammen kann. Die größeren, bedeutenderen Momente sollen allerdings noch kommen. "Bedouin Dress" (♪♫♪) präsentiert sich als leichtfüßig daher tänzelnder Singalong. "Sim Sala Bim" (♪♫♪) gefällt als warme und wunderbare melodische Perle, die sanfte Hymne "The Plains/Bitter Dancer" (♪♫♪) gemahnt auf herrliche Weise an Simon & Garfunkel, der Titelsong "Helplessness Blues" (♪♫♪) kommt als herrlich melodische und harmonische Ode des Weges - und "The Shrine/An Argument" (♪♫♪), quasi das Herzstück der Platte, offenbart sich als eine verschiedene Phasen durchlaufende Folk-Pop-Dreifaltigkeit, die am stärksten an die epischen Momente des Debüts anknüpfen kann.
Auch hier sei, ähnlich wie beim Debüt, mehrmaliges Hören empfohlen - denn umso besser man die Songs ihres Zweitwerks kennt, desto deutlicher wird seine Magie. Zwar kann diese nicht ganz so hemmungslos verzaubern wie zuletzt, aber mit "Helplessness Blues" beweisen die Fleet Foxes dennoch höchst eindringlich, das man von ihnen noch einiges erwarten darf.

Sonntag, 1. Mai 2011

Besprochen: FOO FIGHTERS - "WASTING LIGHT"

Die bodenständigen und verlässlichen Foo Fighters legen ihr siebtes und erneut grundsolides Studioalbum vor. Doch Vorsicht: hoher Mitgröhl-Faktor!

Die Foo Fighters haben nie den Anspruch erhoben, die beste Band der Welt sein zu wollen - und doch ist man stets auf's neue erstaunt, dass sich die Band um Ex-Nirvana-Drummer Dave Grohl (a.k.a. der "freundlichste Mann im Rock") von Album zu Album immer wieder als grundsolide Rock-Instanz beweist. Zugegeben: Das Interesse an der Band ist in den letzten Jahren durchaus ein wenig gewichen. Doch mit ihrem neuen und siebten Studioalbum sind sie definitiv nicht zu überhören. Denn auf "Wasting Light" gehen sie wieder mal ordentlich zur Sache: Fast pünktlich zum 20jährigen Jubiläum des Nirvana-Jahrhundertalbums "Nevermind", fahren sie hier mit einem zwingenden und treibenden, oft gar harten Sound auf, den sie - wie auch einst - von Butch Vig an den Reglern veredeln liessen. Doch das Thema um Nirvana wird nicht nur im Sound, sondern auch in den Texten behandelt. So im großartigen "I Should Have Known" (♪♫♪), einer traurigen und höchst emotionalen Grunge-Hymne, in der sich Grohl passend zum 17. Todestag von Kurt Cobain, zum ersten mal öffentlich mit dessen Selbstmord auseinandersetzt - und unter hörbarem Schmerz feststellt: "No I cannot forgive you yet to leave my heart in chains." Ähnlich toll wird es desöfteren auf ihrer neuen Platte. So startet sie gleich Dank des Openers "Bridges Burning" (♪♫♪) mit einem melodischen Rock-Ohrwurm mit treibenden Riffs durch. Die erste Single "Rope" (♪♫♪) beweist sich als vorwärts drängender Grunge-Rock-Kracher. "Dear Rosemary" (♪♫♪) kündigt als melodisch hymnischer und nachdenklich-leidenschaftlicher Ohrwurm schonmal Singlequalitäten an. "Arlandria" (♪♫♪) behauptet sich als bodenständiger und eingängiger Rocker, der gerne solche Witzfiguren wie Nickelback aus der Radiolandschaft verdrängen dürfte. Und "These Days" (♪♫♪) klingt fast wie Bon Jovi, wenn es ihnen einfallen würde, gute Musik zu machen. Schattenseiten gibt es natürlich auch. Denn so etwas wie "White Limo" (♪♫♪) ist und bleibt Geschmackssache - aber wer die etwas härtere Variante bevorzugt, kommt auch hier auf seine Kosten.
Mit "Wasting Light" ist ihnen zwar mit Sicherheit kein Meisterwerk sondergleichen gelungen - aber dieses Ziel verfolgt die Band hier auch nicht. Dave Grohl arbeitet hier praktisch seine eigene musikalische Vergangenheit auf und liefert uns ein kerniges, kraftvolles und mitreißendes Rock-Album, das vor allem eine Menge Spaß macht. Und so ist den Foo Fighters ihr vielleicht überzeugendstes Album seit langem gelungen.