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Dienstag, 4. März 2014

Besprochen: NENEH CHERRY - "BLANK PROJECT"

Fernab jeglicher Erwartungshaltungen, hat uns die Schwedin Neneh Cherry ihre jüngste künstlerische Metamorphose in minimalistische, experimentelle und ganz und gar wunderbare Klänge gegossen. Dafür hat sich sogar die Wartezeit von 18 Jahren gelohnt. 

Die schwedische Musikerin Neneh Cherry gehört zweifellos zu den ganz großen - auch wenn sie nicht gerade zu den Künstlern zählt, die stets in Fokus der Öffentlichkeit stehen. Dabei war sie dennoch nie wirklich weg und ging immer ihren eigenen Weg. Nachdem sie in Schweden, den USA und letztendlich in England lebte, in einer Punk-Band namens The Cherries spielte und ihre ersten Solo-Versuche mit einem Protest-Song gegen den Falklandkrieg machte, erlebte sie mit ihrem 1989er Debütalbum "Raw Like Sushi", dem Welthit "Buffalo Stance" und einer musikalischen Mischung aus HipHop, Funk und Dance-Pop einen Senkrechtstart. Doch ihr Werdegang sollte noch einige Wendungen nehmen. 

So half sie die einstigen Bristroler Newcomer Massive Attack in ihren Anfangstagen mit zu finanzieren, wandelte mit ihrem 1992er Zweitwerk "Homebrew" verstärkt auf TripHop-Pfaden, schuf 2 Jahre später im Duett mit Youssou N'Dour den unsterblichen Klassiker "7 Seconds" und entwickelte sich 1996 auf ihrem dritten Solo-Album "Man" weiter zu einer Mischung aus (Mainstream-)Pop, Rock und World Music. Und das sollte wohlgemerkt ihr bisher letztes Soloalbum sein! Was die Dame aber dennoch nicht davon abhielt, weiterhin aktiv zu bleiben: seit den 2000ern veröffentlichte sie 2 Studioalben mit ihrem Nebenprojekt CirKus, lieh den Gorillaz ("Kids With Guns") oder Kleerup ("Forever") ihre Stimme und veröffentlichte 2012 gemeinsam mit dem experimentellen Jazz-Trio The Thing das famos kratzbürstige Jazz-Meisterwerk "The Cherry Thing".

Und nun war wohl endgültig die Zeit reif, dass Neneh Cherry nach 18 Jahren (!) endlich ihr viertes Soloalbum zur Welt bringt. Und nach so langer Zeit, schien sie es dann doch eilig zu haben: innerhalb von nur 5 Tagen wurde "Blank Project" aufgenommen und gemischt. Was sie hier gemeinsam mit dem britischen Elektro-Musiker Four Tet (der etwa schon Remixe für Radiohead, Bloc Party, Sia oder The xx anfertigte) als Produzent erschuf, ist ein deutlich minimalistisches und experimentelles, an vielen Stellen düsteres Werk, auf dem elektronische Effekte, Beats, Drums und Synthesizer das Grundgerüst bilden, welches von Neneh's Gesang zusammen gehalten wird. Der Einstieg in die neue Platte macht das ganz besonders deutlich, wenn Cherry auf dem Opener "Across The Water" von nichts anderem als schleppenden Beats und hier und da ein klein wenig Gerassel begleitet wird. Doch all dem schöpferischen Minimalismus  zum Trotz, durchwandert die Dame hier erstaunlich vielschichtige Soundsphären, die nicht immer so extrem bis auf die Knochen herunter geschält wurden. Und das ließ sich ja bereits auf dem vorab bekannt gegebenen Titelsong "Blank Project" erkennen: ein atmosphärisches, unterkühltes und maschinell treibendes Stück Elektro-Art-Pop, das irgendwo in die Reviere von Björk oder Portishead hinein zu schielen scheint.



Grandios geht es auch sogleich weiter, denn "Naked" (♪♫♪) erweist sich als sphärisch anmutende, von Neneh's hypnotischem Gesang begleitete Hymne, die mit wenig Aufwand, aber einer enormen Wirkung in Szene gesetzt wird. "422" (♪♫♪) wandelt auf sehr melancholischen Pfaden, die bis zu den tiefsten Winkeln der Seele zu reichen scheinen, wenn man sie denn nur lässt. "Out of The Black" (♪♫♪) erweist sich als grandioses Duett mit Robyn, dass sich in Form eines melodischen, 80s-inifizerten Elektro-Pop-Meisterstücks zeigt, dem dennoch seine kleinen charakteristischen Ecken und Kanten gelassen werden. "Weightless" (♪♫♪) spielt mit Industrial-Elementen, Kuhglocken und soften House-Anleihen, das famose "Dossier" (♪♫♪) zieht das Tempo spürbar an (und uns auf die Tanzfläche) und "Everything" geistert einem als düster schillernder Epos von ca. 7 1/2 Minuten Länge durch die Hirnwindungen.   



Mit den schon deutlich radiofreundlicheren Klängen ihres letzten Solo-Werkes "Man" von 1996 hat "Blank Project" freilich gar nichts mehr zu tun. Eigentlich hat es im Geiste eine engere Verwandtschaft zum dem bereits erwähnten Jazz-Album "The Cherry Thing" mit The Thing. Denn hier ist sie so experimentell und minimalistisch wie noch auf keinem ihrer Soloalben zuvor - und vor allem anderen: noch nie war sie derart großartig! Neneh zeigt sich erneut von einer vollkommen anderen Seite, die aber bei einer Vollblut-Künstlerin wie ihr nicht wirklich überraschend erscheint. Fernab von Marketingstrategien, Erwartungshaltungen oder Ambitionen zur Massentauglichkeit, hat Neneh Cherry hier einfach ihre jüngste künstlerische Metamorphose in Klänge gegossen. Und man möchte eigentlich gar nicht mehr aufhören, ihr dabei wie hypnotisiert zu lauschen.  



 

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