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Freitag, 13. Juli 2012

Besprochen: NENEH CHERRY & THE THING - "THE CHERRY THING"

Trotz Cover-Album und mit Hilfe wilder Jazz- Allüren, gelingt Neneh Cherry womöglich DAS Comeback des Jahres!

Jaja.....Cover-Alben sind eine schwierige Angelegenheit. Denn in den meisten Fällen kommen eben zwei verschiedene Dinge dabei heraus: entweder werden meist Klassiker der Pop-Geschichte recht platt und inspirationsbefreit nach gespielt, oder in ein orchestrales Gewand umgedeutet - was den Originalen auch nur in äußerst seltenen Fällen etwas hinzuzufügen hat. Das man von Neneh Cherry keines von beiden zu erwarten hatte, sollte schon ein Blick auf ihr bisheriges Schaffen deutlich machen. In den 80ern und 90ern machte sie mit 3 Soloplatten auf sich aufmerksam die sich grob zwischen Pop, RnB, TripHop und HipHop bewegten. In den 00ern hat sie dann wiederum künstlerisch höchst fruchtbar an 2 Alben mit der kreativen Truppe CirKus gearbeitet, und sich im Bereich TripHop, Electronica und Alternative ausgetobt. Das sie sich 16 Jahre nach ihrem letzten Soloalbum für ein Comeback nun eine Cover-Platte ausgesucht hat, mag auf den ersten Blick leider ziemlich einfallslos anmuten. Doch: der Schein trügt!!! Hier tat sie sich mit dem schwedisch/norwegischen Jazz-Trio The Thing zusammen. Und im Jazz-Metier ist Neneh Cherry alles andere als fremd - so gilt ihr Vater Don Cherry als legendärer und innovativer Jazzmusiker, nach dessen Song "The Thing" sich das skandinavische Trio benannt hatte. Und gemeinsam mit ihnen nahm Neneh Cherry nun das Album "The Cherry Thing" auf, in dessen Verlauf sie Songs der unterschiedlichsten Genres in atemlosen, rauchigen und leidenschaftlichen Jazz überführt - doch immer wieder mit Pop- oder TripHop-Ideen im Hinterkopf. Das Album startet aber mit einer selbst komponierten Nummer, die von einem einsam vor sich hin groovenden Kontrabass eingeführt wird: doch in seinem weiteren Verlauf wird aus "Cashback" (♪♫♪) ein verwinkelter und wunderschön verschrobener, sanft vor sich hin rumpelnder Free-Jazz-Kracher, der grandios in die 8 Songs starke Scheibe einleitet - inklusive kreischender Saxofone, die einem den Staub ewig gleich wirkender zeitgemäßer Standardproduktionen der Formatradio-Beschallung, aufs angenehmste aus den Ohren pusten. Und als eine erste wahrhafte Cover-Offenbarung, zeigt sich ihre Neuinterpretation des Suicide-Klassikers "Dream Baby Dream" (♪♫♪): aus der schwülen Synthpop-Nummer wird hier eine  Jazz-Granate, die sich Anfangs hübsch einschmeichelnd in die Gehörgänge kuschelt und sich im Zuge seiner fast 9-minütigen Spiellänge mit immer mehr ausfransenden Widerhaken endgültig im Trommelfell fest beißt - und schlussendlich sein Original im Regen stehen lässt. Besonders interessant wird es auch, wenn es Madvillain's "Accordion" an den Kragen geht - denn hier macht sie aus einem guten HipHop-Track einen grandiosen und modernen Jazz-Klassiker, den sie seines namensgebenden Akkordeons beraubt und (zumindest in der Albumversion) auf das mehr als 3-fache seiner ursprünglichen Länge streckt. Ein Epos, nicht weniger. 


Marina Topley-Bird's "Too Tough To Die" (♪♫♪) präsentiert Neneh Cherry als ein aus Jazz-Mitteln erdachtes TripHop-Meisterstück, welches das Original seinem vergleichsweise fast engen Klangkorsett entreißt und in eine spürbar wohltuende Freiheit entlässt, die den Song über sich selbst hinaus wachsen lässt. "Golden Heart" (♪♫♪) präsentiert sich mit künstlerisch gespaltener Persönlichkeit: zu einer tadellos jazzigen Untermalung, weht Neneh's Gesang auf geisterhafte Weise durch den Song hindurch - und haucht ihm damit einen ganz eigenen Klangcharakter ein. Auch "Dirt" (♪♫♪) von The Stooges begegnet sie mit dem nötigen Respekt, und dreht in Eigenregie eine widerborstig spröde, genussvoll stampfende und verschwitzt jazzige Version daraus, die sich vor dem Original keineswegs verstecken muss. Und Ornette Coleman's "What Reason Could I Give" (♪♫♪) (ein legendäres Quartett in der auch ihr Vater einige Zeit Mitglied war), selbst ein Jazz-Klassiker der frühen 70er Jahre, verleiht sie ihre ganz eigene kreative Note und lässt ihm ein paar mehr Ecken und Kanten angedeihen - ohne das Original dabei aber zu entstellen.  Ein faszinierendes, mitreißendes und eindrucksvolles Werk, dass einen vor dem inneren Auge in eine verrauchte Jazz-Bar katapultiert, und gleichzeitig wieder verdammt Lust auf Radiohead's "Kid A" weckt. Und eben das ist es was "The Cherry Thing" am Ende so verdammt großartig macht.


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