♪♫♪ ...music makes the people come together... ♪♫♪

♪♫♪ ...music makes the people come together... ♪♫♪

Sonntag, 29. September 2013

Besprochen; CASPER - "HINTERLAND"

 Casper gibt sich auf seinem neuen Album ganz der Weiterentwicklung hin - und schafft dabei einen weiteren kreativen Meisterstreich, der mehr als einfach nur HipHop ist.

Mit der Erwartungshaltung ist das ja immer so eine Sache! Gerade nach einem hoch umfeierten, und bestenfalls zudem auch sehr erfolgreichen Album, läuft fast ein jeder Künstler erst einmal Gefahr, den hoch gesteckten Erwartungen von Kritikern und Fans nicht gerecht werden zu können. Grob gesprochen geht es für den Künstler um die zentrale Frage, wie es danach weitergehen soll: Beständigkeit oder Weiterentwicklung? Beide Szenarien bergen eigene Risiken. Geht der Künstler den zuvor eingeschlagenen Weg nahtlos weiter, werden die einen loben, dass er sich selbst treu bleibt, während andere von künstlerischem Stillstand predigen. Geht er allerdings neue Wege, und schlägt den Pfad der Weiterentwicklung ein, werden manche ihm voll begeisterter Neugier folgen, während andere am Wegesrand hocken bleiben, und den "guten, alten Tagen" nachtrauern. Eines ist sicher: allen recht machen kann man es nie! Und dieses Schicksal wird vermutlich auch das neue Album "Hinterland" von Casper ereilen. Schon jetzt - erst kurz nach Veröffentlichung der neuen Platte - kann man alle nur denkbaren Meinungen von Fans und Hörern vernehmen. Denn Casper entschied sich hier eindeutig für die Weiterentwicklung. Wobei der junge und hoch talentierte Musiker auch mit seinem letzten, und sowohl umfeierten als auch höchst erfolgreichen Album "XOXO" in keine Schublade zu passen schien - zumindest nicht, ohne das Arme, Beine, Kopf und Arsch in alle Richtungen hinaus ragen sollten. Casper vereinte seine ganz eigene, unnachahmliche Art und Weise des Rappens mit größtenteils lebendigen bis tiefgründigen Texten, und kräftigen Bezügen zur Indie-Musik - und bündelte all dies zu einem hervorragenden Album, das auf gewisse Weise die Vorstellung von zeitgenössischem deutschen Rap neu definierte. Das war neu, frisch und in höchstem Maße sympathisch. Eindringlichkeit und Authentizität, statt falschen Posen und großkotzigen HipHop-Klischees. Ja, man war und ist gar gewillt, sich hier der Genre-Bezeichnung "HipHop" gänzlich zu verweigern. Denn "XOXO" war so viel mehr als das. Und auf "Hinterland" entwickelt er sich noch eine ganze Ecke weiter - und ich kann zumindest für mich sprechen, wenn ich sage: man möchte ihn in den Arm nehmen, und ihm unablässig für die Entscheidung danken! Hätte er genauso weiter gemacht wie zuletzt, hätte er es schwer gehabt, dem direkten Vergleich zum Vorgänger zu bestehen. So entgeht "Hinterland" dem auf gewisse Weise, indem er neue Wege erforscht, und dennoch gleichzeitig ganz er selbst bleibt. Er flirtet auch hier wieder deutlich mit Elementen des Indie, wie er das schon auf der ersten Single "Im Ascheregen" verdeutlichte: ein famoses und eindringliches Meisterstück, dass nicht allzu weit vom einem Klangkosmos á la Coldplay & Co. entfernt ist, und der inhaltlich durchaus Raum für Interpretationen lässt.


Und ähnlich fabelhaft ging es dann auch sogleich auf der zweiten Vorab-Single weiter: der großartige Titelsong "Hinterland" (♪♫♪), der einen nachdenklichen Text mit Folk-Pop-Anleihen anreichert. Das machte ja allein schon großen Hunger - den Casper aber mit dem restlichen Album vortrefflich zu stillen vermag, indem er uns ein reichhaltiges und abwechslungsreiches 11-Gänge-Menü serviert, das ein wahrer Gaumenschmaus für Musikliebhaber sein kann. So geht er auf "...Nach der Demo ging's bergab!" äußerst stimmungsvoll mit irgendwie beatlesk anmutenden, beherzten Pianos und Bläsern zu Werke, und auf "Jambalaya" legt er ein schickes, mitreißend party-taugliches Tempo auf's Parkett, während eine Art Cheerleader-Chor ein paar herrliche Reime skandiert. Im tief melancholischen und ebenso famosen "Lux Lisbon" lässt er sich SEHR gelungen von Editors-Frontmann Tom Smith begleiten, mit "Ariel" gibt er ein nachdenkliches, eindringliches und fast schwebendes Highlight zum Besten, gemeinsam mit Kraftclub gestaltet er "Ganz schön okay" zu einem weiteren potentiellen Hit, und mit "La Rue Morgue" versprüht er eine herrlich angestaubte Art von Nachtclub-Atmosphäre, die sich u.a. aus summenden und singenden Chören, Akustikgitarren, Retro-Orgeln und erhabenen Bläsern zusammen fügt.  Und wenn man denkt, das man das Beste schon gehört hat, entlässt er uns zum Finale mit dem tadellosen Closer "Endlich angekommen" aus dem neuen Album, in dem er auf melancholisch-schöne Weise, und über eine Spiellänge von fast epischen 6½ Minuten, seinen eigenen rasanten Aufstieg reflektiert.

Man kann sich eigentlich nur freuen über dieses Album, in dem er noch mehr verschiedene Zutaten als zuletzt zu einem äußerst schmackhaften Indie-HipPop-Süppchen zusammen rührt, und noch konsequenter die eigentlich so eng abgesteckten Grenzen seines musikalischen Umfeldes ignoriert. Man kann allerdings natürlich auch weiterhin dem Sound früherer Tage nach jammern, und "Hinterland" in die hintersten Winkel des musikalischen Langzeitgedächtnisses verbannen - nur verpasst man dann auch leider ein tolles Album, das qualitativ die deutsche HipHop-Szene mal wieder kräftig aufmischen wird. 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen