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Montag, 4. März 2013

Besprochen: DAVID BOWIE - "THE NEXT DAY"

 Totgeglaubte leben nun mal länger:  
Wie aus dem Nichts entsteigt David Bowie nach einem Jahrzehnt seinem musikalischen Scheingrab, und schenkt uns sein erstes mustergültiges Meisterwerk seit mehr als 30 Jahren!

Manch einer wird es womöglich für ein wenig vermessen halten, eine derartige Aussage zu treffen, aber die gegeben Umstände lassen einem fast keine andere Wahl, als es zu einem nahezu historischen musikalischen Moment zu erklären - der jedoch mit dem eigentlichen Endergebnis zunächst gar nicht mal unbedingt etwas zu tun hat denn schon die alleinige Tatsache, dass mit "The Next Day" dieser Tage das erste Album von David Bowie seit 10 Jahren erscheint, ist eine waschechte Sensation für sich - natürlich zusätzlich genährt durch die Erwartung, dass hier eigentlich schon gar nichts mehr zu erwarten war. Zuallererst vor allem im Sinne der Produktivität: 10 Jahre gingen ins Land, in denen man keine neuen Klänge von David Bowie mehr zu hören bekam, was auch sein mittlerweile gehobenes Alter und damit einhergehende gesundheitliche Probleme der letzten Jahre zu erklären schien. Ein wenig Zweifel hatte manch einer womöglich auch im Sinne der Qualtität: so sei vorweg festzuhalten, dass Bowie ohne Frage einen der (oder vielleicht sogar DEN) größten und wichtigsten Musiker der letzten mehr als 40 Jahre darstellt - ebenso muss man aber auch erwähnen, dass sich sein künstlerischer Einfluss seit Beginn der 80er Jahre doch deutlich verflüchtigt hat. In jener Dekade begann sein musikalischer Abstieg, der in den frühen 90ern mit seiner kurzweiligen Nebenband Tin Machine den ultimativen kreativen Tiefpunkt erreichte. Doch das ließ der Herr nicht allzu lange auf sich sitzen, und erarbeitete sich im Verlaufe der restlichen 90er Jahre seinen Ruf als Größe im Pop Stück für Stück zurück - ehe er sich in der frühen 00ern nach ein paar durchweg gelungenen und geschmackvollen Platten vorerst verabschiedete. Immer wieder hatte man sich seitdem gefragt, ob wohl je noch etwas neues von ihm kommen würde....und mit einer Träne im Auge hat man sich mit jedem Jahr, das ohne neue Erkenntnisse verstrich, immer mehr an den Gedanken gewöhnt, dass die Musikwelt wohl in Zukunft ohne einen seiner letzten noch lebenden Legenden wird auskommen müssen. Doch dann, an seinem 66. Geburtstag vor nur wenigen Wochen, ließ Bowie mit einem Mal die Bombe platzen - noch einen Tag zuvor hätte man es für undenkbar gehalten, dass man nur wenige Wochen später eine brandneue Platte des Briten in den Händen halten würde. Selbst für einen weitaus großzügigeren Zeitraum hätte man wohl nur wenige realistische Hoffnungen eingeräumt. Und dieser Umstand sollte auch erklären, warum diese Rezension selbst für meine Verhältnisse vergleichsweise lang ausfallen wird.


Allerdings will ich auch den Befürchtungen manch eines Lesers an dieser Stelle gleich den Wind aus den Segeln nehmen: all das hat nicht zu bedeuten, dass dieses Album schon aufgrund seiner Begleitumstände hier bedingungslos abgefeiert werden wird. Nein, selbst mir als bekennendem Liebhaber Bowie's ist so etwas zu wenig, um von einem guten Album zu sprechen. Am Ende entscheidet allein die Qualität - und auch wenn selbige sich auf seinen letzten Alben (gegenüber seinen Arbeiten der 80er und frühen 90er Jahre) wieder deutlich gesteigert hatte, so konnte sie dennoch nie wieder an die seiner großen und schillernden Tage der 70er und frühen 80er anknüpfen. Vor allem sein 2002er Album "Heathen" stach zuletzt sehr positiv hervor....auch wenn man immer wieder gewillt war und ist, selbiges als ein "Alterswerk" zu betrachten - was vermutlich einer gewissen Milde zu verdanken war, die seine letzten Platten unterschwellig, aber dennoch sehr deutlich ausstrahlten. Doch wer nun zum ersten Mal "The Next Day" auflegt, der wird sein grünes Wunder erleben! Als hätte David Bowie in den vergangenen Jahren eine radikale Verjüngungskur vorgenommen, legt er hier wieder eine Leidenschaft und einen kreativen Sturm und Drang an den Tag, wie man es so schon sehr lange von ihm nicht mehr gehört hat. Äußerst positiv aufhorchen ließen ja die bereits 2 vorab vorgestellten Singles. Zuallererst war da die wunderbare und melancholische Ballade "Where Are We Now?" (siehe oben), die er zusammen mit der Albumankündigung an seinem Geburtstag veröffentlichte - und zwar so überraschend, dass die Tastaturen von Musikjournalisten und Bloggern in Rekordzeit heiß liefen. Und vor nur wenigen Tagen schob Bowie auch sogleich die zweite Single "The Stars (Are Out Tonight)" hinterher - hier legt Bowie plötzlich wieder mehr Tempo auf's Parkett, spricht sich aber von einer restlichen Melancholie dennoch nicht frei...und kredenzt uns in seiner Gesamtheit einen seiner mit Abstand besten Song seit.....langer, langer Zeit! 



Und am liebsten möchte man auf die Knie fallen, und ihm unaufhörlich für sein neues Werk danken: denn auch das komplette Album kann das Versprechen mit Leichtigkeit einlösen, das er uns mit diesen 2 Songs gegeben hat. So etwas inspiriertes, und in nur jeder erdenklich positiven Weise an seine großen Tage von einst gemahnendes wie dies, hat wohl auf einer Platte David Bowie's zu meinen Lebzeiten noch nicht stattgefunden - fast zumindest....aber als sein letztes echtes Meisterwerk "Scary Monsters (and Super Creeps)" im September 1980 erschien, war ich dann doch erst einen Monat alt. 
Warum "The Next Day" das erste Album seiner Sorte seit mehr als 3 Dekaden ist, erklärt sich allein schon beim ersten Hören: so viel Energie und songschreiberische Raffinesse hatte man nahezu nicht mehr für möglich zu gehalten...es schien ganz so, als seien diese guten alten Zeiten schon längst vorbei, und der ungestüme, kreative Bowie schon längst einer älteren, zwar nicht schlechten, aber gediegeneren und "harmloseren" Version gewichen. Doch dieser Tage scheint ein zweiter Frühling für die Helden von gestern gekommen zu sein: nachdem im vergangenen Jahr etwa Neil Young  mit "Psychedelic Pill" einen erneuten Meilenstein vorlegte, und auch Bob Dylan mit einem weiteren Alterswerk hohe Anerkennung fand, so ist nun die Zeit für David Bowie gekommen. Und wie sie gekommen ist: denn hier findet er auf ganzer Linie zu seinen alten Stärken zurück, die er doch schon so lange nicht mehr zu mobilisieren imstande war. Das er für das Artwork des neues Albums dann quasi das Cover seines '77er Jahrhundert-Werks "Heroes" recycelte, erscheint in diesem Kontext fast schon logisch. Denn der komplette Sound, mit dem er nun wieder in die Musikwelt zurück kehrt, klingt so von seinen Werken der 70er beseelt, wie es nur die Originale einst zustande brachten (nur die eleketronischen Elemente á la Kraftwerk werden hier ausgespart, die ja etwa auch "Heroes" prägten). Schon der Opener und Titelsong  "The Next Day" (♪♫♪) fördert diese Gewissheit zutage - in Gestalt eines beherzten Glamrock-Ohrfängers, der wie eine verschollene Song-Delikatesse seiner einstigen Sturm & Drang-Phase anmutet. "Love Is Lost" (♫♪) kommt mit einer eindringlichen und ster-melancholischen Grundstimmung, im Hintergrund schrammelnden Gitarrenakkorden und einprägsamer Orgelbegleitung daher, während das grandiose "Valentine's Day" (♪♫♪) einem vor lauter Erinnerungen an Perlen wie "Ziggy Stardust" Gänsehaut über den Körper, und Freudentränen in die Augen treibt. "If You Can't See Me" (♫♪) gerät zum energetischen Hit, der auf Anhieb in die Schaltkreise sickert, "Dancing Out In Space" (♪♫♪) kommt als potentieller Hit/Klassiker mit einprägsamer Gitarren-Hookline des Weges, "How Does The Grass Grow" (♪♫♪) macht einem als weiterer nahezu perfekter Beitrag den Mund wässerig, der zudem voll und ganz den Geist seiner Glanzzeiten herauf beschwört, und der einnehmende und schlichtweg großartige Rocker "(You Will) Set The World On Fire" (♪♫♪), könnte ohne Zweifel und zurecht zu einem weiteren Meilenstein im Œuvre des Künstlers mutieren.

Zwar gilt auch hier (wie bei den meisten Platten seiner Art), dass das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile - aber dann doch auch nicht so wahnsinnig viel mehr. Nahezu ausschließlich großartige Songs hat David Bowie auf seinem Comeback-Album versammelt, die auch soundtechnisch so frisch, mitreißend, inspiriert und authentisch, ja sogar fast schon "jugendlich" daher kommen, dass einem im Grunde gar nichts anderes übrig bleibt, als "The Next Day" mit der Höchstwertung zu adeln. Denn Fakt ist: auch wenn keine so vergleichsweise lange Pause existiert hätte, man würde dies als ebenso erstaunlich und durch und durch großartig empfinden, wie es auch nun der Fall ist. Denn am Ende zählt nun mal das, was hinten raus kommt. Und in diesem Fall ist das nichts geringeres als ganz große Kunst, ein Meisterstreich höchster Güte. Und wenn in diesem Jahr nichts spannenderes oder besseres mehr passiert, ist "The Next Day" schon jetzt ein heißer Anwärter auf die Platte des Jahres.



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