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Sonntag, 28. September 2014

Besprochen: PERFUME GENIUS - "TOO BRIGHT"

 Perfume Genius entwickelt sich auf seinem dritten Album hörbar weiter - und erschafft dabei ein Werk, das wunderschön, filigran, episch und verstörend zugleich ist. Ein Hochgenuss.

Es gibt diese Musiker, die ein so gewaltiges Talent besitzen, dass sie nicht viele und aufwendige Mittel benötigen, um einen ganz und gar zu fesseln - deren Kunst Herz und Seele des Hörers berührt, ihn ganz einnimmt und nicht mehr los lassen will. Auch wenn es sie zugegeben ausgesprochen selten gibt. Und wohl nicht nur für mich zählte von Anbeginn an Perfume Genius zu eben diesen Musikern. Der junge und offen homosexuelle Musiker aus Seattle, der auf den bürgerlichem Namen Mike Hadreas hört, hat dies bereits mit zwei großartigen Alben hinreichend bewiesen. Schon sein 2010er Debüt "Learning" war ein minimalistisches, bis auf die Knochen herunter geschältes Stück Kunst, dem er 2012 sein schlichtweg perfektes Zweitwerk "Put Your Back N 2 It" folgen ließ - trotz seines ebenfalls minimalistischen Aufbaus, wurde es ein opulentes, emotionales und ergreifendes Meisterwerk, dass mir persönlich bis heute tief unter der Haut sitzt. Zwei Manifeste über die Liebe, den Schmerz und den Tod. Und vieles von all dem entsprang dem Leben des Musikers selbst, der seine Kunst von Anbeginn zum Anlass nahm, seine unglückliche Vergangenheit und seine schmerzhaften Erfahrungen zu verarbeiten. Und nun gibt es noch mehr davon, hat Hadreas doch gerade erst sein neues und drittes Album "Too Bright" unters Volk gestreut. Dieses wurde ja bereits in den letzten Woche durch dessen erste Single "Queen" angekündigt - die schon einen kleinen Vorgeschmack darauf gab, was auf dem neuen Album anders sein sollte als zuvor. Für seine Verhältnisse hört man hier einen satt und zeitweilig gar blumig arrangierten Song, der nahezu optimistische, irgendwie angeraut glamouröse Vibes ausstrahlt. 


Das nimmt natürlich nicht den gesamten Sound vorweg - auch "Too Bright" ist eine in vielen Facetten dunkle und emotionale Platte, die auch wieder einige der für den Musiker mittlerweile typisch wundervollen, tieftraurigen und spartanisch arrangierten Perlen beherbergt. So etwa das tief melancholische, von Piano und sanften Streichern untermalte "No Good" (♪♫♪), oder das wundervolle, emotionale und zugleich sanft perlende "Don't Let Them In" (♪♫♪).  Doch zu weiten Teilen des Albums erschafft Hadreas hier noch deutlichere und schärfere Kontraste, was sich zum Teil auch in komplexeren Arrangements niederschlägt, als man sie von dem Herren bislang gewohnt war. Das kann sich musikalisch etwa auch in optimistischeren Klängen niederschlagen - "Fool" (♪♫♪) zeigt dies ganz vortrefflich: ein großartiger Song, der anfangs von 80s-affinen Synthesizern angeführt wird, bald darauf in einen atmosphärisch schwebenden und majestätischen Mittelteil übergeht, ehe es zuletzt in einer fingerschnippenden Indiepop-Perle mündet. Und das fabelhafte "Longing" (♪♫♪) wird gleich von atmosphärischen Synthesizern eingeführt, die mich persönlich stark an Kavinsky erinnern. Aber auch seine dunklen Seiten zeigt der Künstler hier mitunter in experimentellerem Gewand. So etwa mit "My Body" (♪♫♪), einem düster verstörenden Mini-Epos von gerade einmal gut 2 Minuten, der den Hörer aber mit Industrial-artigen Elementen auch in so kurzer Zeit ganz in seinen dunklen Bann zieht. Oder aber auch mit dem extrem schwermütigen, von todtraurigem Gesang und dunklen Ambient-Klangflächen begleiteten "I'm a Mother" (♪♫♪), das einem wahrhaft schaurig-schöne Gänsehaut über den Rücken zu jagen vermag. 

Auf "Too Bright" scheint alles anders und doch ganz beim alten. Es ist wunderschön, verstörend, in sich zerrissen und ganz und gar stimmig zugleich. Es ist, als würde es einen erst zärtlich in den Arm nehmen, nur um einen im nächsten Moment in einen tiefen und dunklen Abgrund zu stoßen. Und doch gerade erst das ist es, was diesen ganz besonderen Reiz seines neuen Werks ausmacht. 

 

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