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Mittwoch, 1. Oktober 2014

Besprochen: U2 - "SONGS OF INNOCENCE"

U2 haben sich mit ihrem neuen Album keinen allzu großen Gefallen getan - oder: wie eine einst legendäre Band emsig daran arbeitet, den eigenen Legendenstatus nachhaltig zu demontieren.

Es ist immer wieder das alte leidige Thema in der populären Musik: es gibt diese Musiker, die einfach schon längst den Zeitpunkt verpasst haben, an dem sie besser Schluss gemacht hätten. Natürlich kann, will und darf man keinem Musiker vorschreiben, wann er mit der Musik aufhören sollte - aber mit zum Teil jahrzehntelanger Dauerpräsenz in der Musikindustrie, katapultieren sich einige Musiker selbst in die künstlerische Belanglosigkeit. Jeder dort draußen kennt das wohl nur zu gut von den Rolling Stones - oder eben auch von U2! Denn auch diese arbeiten seit langem emsig daran, ihren eigenen Legendenstatus systematisch zu demontieren. Denn nachdem sich die Band eh schon seit längerer Zeit im qualvollen Mittelmaß austobte, hat sie sich auch mit ihrem neuen Album "Songs of Innocence" wahrhaft keinen großen Gefallen getan. Der Weg der Veröffentlichung, der durchaus Grund zur Kritik bietet, sollte ja mittlerweile weitläufig bekannt sein: quasi über Nacht und ohne Vorankündigung, wurde ihre neue Platte Anfang September exklusiv über iTunes veröffentlicht - als eine ganz besondere Kooperation mit Apple. Denn: jeder Nutzer von iTunes bekommt das Album geschenkt, bis es dann Mitte Oktober endgültig auch physisch veröffentlicht wird - egal ob er es nun haben will oder nicht. Wirtschaftlich betrachtet für beide beteiligten wohl zweifellos eine Win-Win-Situation. U2 soll von Apple dafür eine stattliche Summe von 100 Millionen Dollar bekommen haben, während für Apple natürlich viele potentielle neue iTunes-Kunden winken, die das Album auch kostenlos haben möchten. Doch ganz so einfach ist die Gleichung dann doch nicht - denn ziemlich schnell wurden Apple wie auch U2 mit Kritik, Hohn und Spott überzogen. 
Zum einen waren Nutzer von Apples Online-Plattform iTunes verärgert. Denn nachdem diese plötzlich ungefragt das neue Album von U2 in ihrer Medienbibliothek fanden, ließ sich dieses noch nicht einmal löschen. Erst nach zahlreichen Beschwerden musste Apple reagieren und stellte daraufhin auch endlich die Möglichkeit zu Verfügung, dass unerwünschte Album wieder entfernen zu können. Doch vor allem U2 selbst können sich seit Beginn der Aktion vor Kritik nicht mehr retten - egal ob von Hörern, Musikindustrie oder Musikerkollegen: der für die Band lukrative Schachzug kam bei vielen gar nicht gut an. So ätzte auch Sharon Osborne via Twitter, dass U2 keine Musiker mehr seien, sondern Business-Module. So sei es doch kein Wunder, dass die Band ihre mittelmäßige Musik verschenken müsse - weil kaufen wolle diese doch eh kaum jemand. Und da hat die Dame  - zumindest aus meiner Sicht - gar nicht mal so unrecht. Denn es scheint vollkommen unrealistisch, dass die Band mit dem Album auf klassischem Wege einen derartigen wirtschaftlichen Erfolg eingefahren hätte.
Denn trotz der Beteiligung fähiger und erfolgreich hiterprobter Produzenten wie Danger Mouse (Gorillaz, The Black Keys, Gnarls Barkley), Paul Epworth (Bloc Party, Adele, Florence & The Machine) oder Ryan Tedder (One Republic, Beyoncé, Leona Lewis), hat "Songs of Innocence" doch nur sehr überschaubare künstlerische Qualitäten zu bieten.  



Sie hätten den Weg dieser ungewöhnlichen Veröffentlichung ja ohne weiteres dafür nutzen können, etwas experimentierfreudiger zu Werke zu gehen, etwas anderes zu wagen und soundäthetisch neue Wege zu beschreiten - ein wirtschaftlicher Misserfolg wäre bei dieser Kooperation ja eh ausgeschlossen gewesen und U2 hätten wieder künstlerisch Boden gut machen können. Stattdessen scheinen sie auf selbigem fest zu kleben und liefern dem Hörer mit "Songs of Innocence" ein paar weitere gute Gründe, die Band auch weiterhin irgendwie nervig zu finden. Etwa schon die ewigen "Oooh-ooh-ooh"-Chöre und die eine ganze Ecke zu kramphaft gewollt "bratzig" klingenden Gitarren im Opener "The Miracle (of Joey Ramone)", dem man ja Dank des Einsatzes im aktuellen Apple-Werbespot nicht entfliehen kann. Eine noch schwierigere Nummer kredenzen sie uns dann aber mit "Raised By Wolves" (♪♫♪), dessen Produktion von Danger Mouse zwar in Ordnung geht (auch wenn man ihn ums Verrecken nicht heraus hört), aber das obligatorische Gejodel Bono's im eine Spur zu überdrehten Refrain lässt einen zweifeln, ob man das einfach nur nervig oder eben total egal finden soll. Die besseren, wenngleich auch nicht zwangsläufig spektakuläreren Momente, erreichen sie dann bei Songs wie dem melodischen und etwas ruhiger veranlagten "Song For Someone" (♪♫♪), dem durchaus netten und stellenweise soft angerauten "Cedarwood Road" (♪♫♪), oder vor allem anderen im melancholisch eingefärbten "The Troubles" (♪♫♪), in dem auch die wunderbare Lykke Li mit von der Partie ist.

Der Rest bleibt dann vorwiegend einfach nur der Rest - und der spielt sich meist genau da ab, wo sich U2 seit geraumer Zeit so wohl zu fühlen scheinen, wie Fische im Wasser: dem Mittelmaß. Als Hintergrundbeschallung im Friseursalon (erfolgreich im Selbstversuch getestet!) oder der Starbucks-Filiale ihres Vertrauens, geht "Songs of Innocence" sicherlich ohne weiteres durch. Aber das galt ja auch für jedes beliebige Album von Norah Jones  - nur mit dem Unterschied, dass Danger Mouse es geschafft hat, aus Jones tatsächlich mal ein wirklich fabelhaftes Album heraus zu kitzeln (das unerwartet wundervolle "Little Broken Hearts" aus dem Jahr 2012). Bei U2 hat aber nicht einmal er noch etwas ausrichten können. Und das macht die ganze Geschichte noch etwas tragischer, als sie ohnehin schon ist...




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