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Freitag, 19. September 2014

Besprochen: TONY BENNETT & LADY GAGA - "CHEEK TO CHEEK"

Lady Gaga hat zusammen mit Tony Bennett ein Jazz-Album aufgenommen - und liefert damit einen nahezu radikalen, aber ebenso gelungenen Gegenentwurf zu ihren bisher stark synthetisch geprägten Klängen.

Es soll ja ein Traum für Stefani Germanotta alias Lady Gaga gewesen sein, einmal ein Jazz-Album aufzunehmen. Dieser ist für sie nun Wahrheit geworden - und erst recht dadurch, dass sie dieses auch noch an der Seite einer Legende aus diesem Genre bestreitet: Tony Bennett. Denn wie die meisten wohl schon etwas länger wissen, haben die beiden nun gemeinsam das Jazz-Album "Cheek To Cheek" aufgenommen. Doch Jazz ist natürlich nicht gleich Jazz - das reicht von gemächlichem Jazz für den Abend mit dem Glas Wein vorm Kamin, bis hin zu wildem und kreativem Free-Jazz. Davor, dazwischen und dahinter ist fast alles möglich. Aber bei der Wahl des Partners bei diesem Album, war die stilistische Ausprägung wohl von vornherein klar einzuordnen. Und so handelt es sich bei dieser Platte auch streng genommen um ein Cover-Album, beschränken sich die beiden Musiker doch ausschließlich auf Neuinterpretationen von populären Jazz-Standards. So sind die musikalischen Grenzen auch für den Hörer schnell abgesteckt. Man hört bekannte Melodien und Kompositionen von oft großen und berühmten Komponisten wie Cole Porter, George Gershwin oder Irving Berlin. Mal geht es angenehm schwülstig-romantisch zu, mal verspielt tänzelnd und leidenschaftlich, oder ein andern mal im Stil hochwertiger Fahrstuhlmusik. Einen ersten Eindruck konnte man bereits vor einigen Wochen durch die Single "Anything Goes" erhaschen - eine flotte und leidenschaftlich swingende Nummer des gleichnamigen Musicals aus dem Jahr 1934. Wenngleich hier auch die leichte Befürchtung im Raum stand, dass das ganze Album doch ein wenig zu sehr die Gefilde beackern könnte, die Robbie Williams mit seinem 2001er "Swing When You're Winning" bereits längst abgegrast hat - gefolgt von einer gewaltigen Herde von Nachahmungstätern, versteht sich, die sogar solche gruseligen Auswüchse wie die No Angels, Westlife und DSDS erreichten.

Tony Bennett & Lady Gaga - Anything Goes from Trend Hunters Eye on Vimeo.

Doch schon die zweite Vorab-Single "I Can't Give You Anything But Love" (♪♫♪) (im Original aus dem Jahr 1928) machte da etwas mehr Hoffnungen, mit ihrer unaufgeregten und coolen Ausstrahlung und den herrlich angestaubten, oldschooligen Orgeln. Des weiteren finden sich hier Standards wie das sehr fein inszenierte "Nature Boy" (♪♫♪), welches bereits von Nat King Cole und Frank Sinatra, oder zuletzt auch von David Bowie und Celine Dion gesungen wurde. Aber auch der von Irving Berlin komponierte Titelsong "Cheek To Cheek" (♪♫♪) aus dem Jahr 1935, oder das romantisch-blumige "But Beautiful" (♪♫♪), das erstmals 1947 im Film "Road To Rio" verwendet wurde, bilden weitere Glanzlichter. Sehr fabelhaft gelungen ist auch das von Gaga im Alleingang gesungene "Ev'ry Time We Say Goodbye", eine Komposition von Cole Porter aus dem Jahr 1944 - welche aber nur auf der Deluxe-Edition des Albums zu finden ist. Und ein weiteres Highlight stellt das ebenfalls von Gaga allein bestrittene "Lush Life" dar: in diesem Klassiker, der in den 1930er Jahren entstand, kann Gaga die verschiedensten Facetten ihrer stimmlichen Fähigkeiten eindrucksvoll unter Beweis stellen.

Nun kann man sich über Sinn und Zweck des Albums streiten. Denn die Idee, alte Jazz-Standards neu zu interpretieren, ist wahrlich alles andere als neu oder einfallsreich - was man schon daran erkennt, dass im Grunde aller der hier vertretenen Songs schon von unzähligen Musikern verwendet wurden. Und doch ist es auch eine Verneigung vor den Klassikern der Vergangenheit, die so im besten Fall auch den nachgeborenen Generationen im Gedächtnis erhalten werden. Entscheidend ist aber natürlich vor allem die Qualität der Umsetzung - und die ist im Falle von "Cheek To Cheek" fast erstaunlich hoch! Stimmlich brillieren die beiden Musiker hier praktisch ausnahmslos - und trotz eines Altersunterschiedes von 60 Jahren (!), harmonieren Gaga und Bennett auf ganzer Linie. Und auch musikalisch erweisen sie den Originalen größten Respekt und lassen den Hörer in eine Atmosphäre längst vergangener Zeiten eintauchen, in der man sich vor dem inneren Auge (oder Ohr) mal in einer verrauchten Jazz-Bar oder in einem cineastischen Hollywood-Klassiker wähnt. 

Und gerade in Zeiten wie unseren, in denen der Alltag der Menschen zunehmend synthetischer, elektronischer und digitaler wird, kommt es schon einem äußerst erholsamen Umstand gleich, dass sich jemand wie Gaga (die bisher ja selber sehr synthetisch, elektronisch und digital zu Werke ging), auf so klassische Töne zurück besinnt. So mag "Cheek To Cheek" zwar nicht unbedingt ihr bestes Album sein, ihr zeitlosestes Album ist es aber allemal.



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