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Freitag, 15. Mai 2015

Besprochen: BLUR - "THE MAGIC WHIP"

Blur sind nach mehr als einem Jahrzehnt wieder ganz zurück und ergänzen ihren Backkatalog um einen weiteren Meisterstreich. Und das Musikjahr 2015 um einen seiner definitiven Höhepunkte. 

Eigentlich müsste man Blur offiziell zu einer der wichtigsten und besten Bands der letzten 25 Jahre erklären, könnte man über die Bedeutung und die Vielfalt ihres musikalischen Wirkens doch gar Bücher schreiben. So waren die Jungs schon seit den frühen 90er Jahren musikalisch aktiv, während sie spätestens ab Mitte selbigen Jahrzehnts zu großer Berühmtheit fanden - als sie recht medienwirksam mit Oasis das Britpop-Battle ausfochten. Kurzfristig mögen sie diese Schlacht zwar gegen ihre einstigen Konkurrenten verloren haben - aber den künstlerischen Krieg sollten Blur gewinnen. Denn wo sich Oasis nach ihren ersten 2 Alben vorrangig darin gefielen, immer wieder den nächsten Aufguss vom Aufguss zu liefern, war Blur die weit talentiertere, facettenreichere und experimentierfreudigere Band. Es schien gar nicht genügend Stile, Sounds und Bezüge zu geben, an denen sie sich bedienen konnten. Das reichte von Shoegaze und Britpop, über Indierock, Psychedlia oder Lo-Fi, und bis hin zu Art-Rock, elektronischen Einflüssen und Experimental. Doch irgendwann schien es tatsächlich zu Ende gewesen zu sein. Nachdem 2003 das letzte (und sehr gute) Album "Think Tank" bereits ohne ihren Stammgitarristen Graham Coxon entstand, war es fortan still um die Band - und Frontmann Damon Albarn war unterdessen eh schon längst mit anderen Dingen beschäftigt. Zum Beispiel mit seinen Gorillaz, wo er einen Haufen virtueller Primaten so famose Hits wie "Clint Eastwood", "Feel Good Inc.", "Kids With Guns" oder "Stylo" in die Welt setzten ließ. Aber auch diverse andere Projekte verfolgte er, zu denen u.a. The Good The Bad & The Queen oder Rocket Juice & The Moon zählten, während er erst im letzten Jahr dann auch sein erstes offizielles Soloalbum nachlegte. Nachdem auch die anderen Bandmitglieder musikalisch eigene Wege gegangen waren, folgte die Reunion der Band in ihrer Urbesetzung zwar schon 2009, aber Pläne für ein weiteres gemeinsames Album schienen noch in den Sternen zu stehen. Aber nun ist es endgültige Gewissheit geworden: 12 Jahre nach dem letzten Blur-Album, sowie 16 Jahre nach ihrer letzten Platte in Urbesetzung ("13"), haben sie also nun ihr neues und 8. Studioalbum "The Magic Whip" veröffentlicht.  Dem hatten sie Anfang des Jahres mit "Go Out" bereits einen handfesten Ohrwurm als erste Single voraus geschickt, der mit seiner herrlich popigen Melodie und seinen schick widerborstig rockenden Ecken und Kanten, an Zeiten des Albums "Blur" (1997) zu erinnern vermag.


 
Das muss auch nicht groß verwundern, ist das neue Album doch wieder mit ihrem einstigen Stammproduzenten Stephen Street entstanden, der bis zu besagtem Album alle Werke von Blur (co-) produzierte. Doch Blur ist es bei ihrem Comeback-Album nicht daran gelegen, an den Sound ihrer großen Tage in den 90er Jahren anzuknüpfen. Stattdessen zeigen sie sich wieder einmal ganz in ihrem Element: sie bündeln all die Stärken die sie als Band  ausmachen und vermengen sie mit den musikalischen Erfahrungen, die sie in all den Jahren abseits der Band gemacht haben. Der Opener (und dritter Single-Release) "Lonesome Street" haut dabei schon gleich in eine ähnliche Kerbe wie schon die erste Single, scheint mit seinem noch stärker ausgeprägten Pop-Appeal, als auch seinen soft elektronischen Bezügen eher in einer ähnlichen Tradition wie ihr '94er "Parklife" zu stehen. Aber auch ruhige und wehmütigere Momente kostet die Band aus, was etwa die grüblerische zweite Single "There Are Too Many of Us" (♪♫♪) auf den Plan ruft, die sich in einen Sound mit unterschwelligen Marsch-Beats und asiatischen Klängen  bettet, durch die zunehmend sanfte elektronische Effekte hindurch funkeln. Die wunderschöne und melancholische Indie-Perle "My Terracotta Heart" (♪♫♪) muss in dem Kontext dann ebenso erwähnt werden, wie auch das fantastische "Pyongyang" (♪♫♪), welches in seinen Versen fast düster anmutet, sich aber spätestens im Refrain zu einer strahlenden Hymne erhebt. Manchen Stücken meint man auch Einflüsse von Albarn's Gorillaz anzuhören, so wie im indirekten Titelsong "Ice Cream Man" (♪♫♪), welches sich schnell als eines der Highlights des Album heraus stellt. Und auch das fantastische "Thought I Was a Spaceman" (♪♫♪) passt in diese Reihe, das sich durch eine nachdenkliche, ambientartige und fast hypnotische Atmosphäre auszeichnet, dabei asiatische Einflüsse verarbeitet und sich zum Ende hin in schillernde Synthesizer hüllt.

Blur - Lonesome Street from drew bienemann on Vimeo.

Auch wenn "The Magic Whip" weder inhaltlich noch musikalisch einem klaren Konzept zu folgen scheint, so muss man es dennoch als ein in sich geschlossenes Konzeptwerk betrachten. So ist etwa der Umstand, dass das Album maßgeblich in Hong Kong entstand, ein wichtiger und auf vielen verschiedenen Ebenen spürbarer Einfluss auf das gesamte Werk. Zum einen ist es in vielen musikalischen Aspekten zu spüren, in den Musikvideos ganz genauso - und auch der Titel symbolisiert dies, hinter dem nämlich noch viel mehr steckt. So gab Damon Albarn selbst zu Protokoll, dass "The Magic Whip" viele grundverschiedene Bedeutungen hat, die zum Teil auch durch das Cover-Artwork symbolisiert werden: so kennt man in China unter dem Namen etwa Feuerwerkskörper und in Großbritannien eine Eiscreme - während man bei letzteren unter "whip" im politischen Sinne auch einen Fraktionschef versteht. Und so sollen diese  Extreme auch die verschiedenen Facetten ihres neuen Albums widerspiegeln - was man durchweg als geglückt bezeichnen kann. Denn aus all seinen unterschiedlichen Zutaten hat die Band mit "The Magic Whip" schließlich ein hervorragendes Album destilliert, das ihren Backkatalog um ein weiteres essentielles Werk bereichert. Und das Musikjahr 2015 um einen seiner Höhepunkte.







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