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Mittwoch, 15. Oktober 2014

Besprochen: ALT-J - "THIS IS ALL YOURS"

 Wie hätte es auch anders sein können: Alt-J bleiben auch weiterhin etwas ganz besonderes und können ihrem großen Debüt ein eigenständiges, inspiriertes und würdiges Zweitwerk entgegen setzen.

Der große und fast schon erschlagende Hype, welcher in den Musikmedien dieser Welt um das 2012 erschienene Debütalbum "An Awesome Wave" der britischen Band alt-J herauf beschworen wurde, war einer der vergleichsweise seltenen seiner Art, die fraglos mehr als gerecht waren. Nach wie vor ist es doch schlicht atemberaubend, wie die Band auf ihrem Erstlingswerk grandiose Melodien mit Kreativität, Vielseitigkeit, Leidenschaft und künstlerischem Verstand zusammen brachte - und somit kurzerhand eines der in meinen Ohren besten Debütalben der mindestens letzten 10 Jahre schuf. Zwei Jahre sind seitdem vergangen und noch immer kann man sich an dem guten Stück nicht satt hören, da haben alt-J nun ihr bei nicht wenigen mit einiger Spannung erwartetes zweites Album "This Is All Yours" nachgelegt. 2 Jahre sind eigentlich unter vielen Musikern heutzutage eine übliche Zeitspanne für ein neues Album. Und auf der einen Seite war man nach dem famosen Erstling so hungrig darauf, dass man endlich neues Material der Briten zu Ohren bekommen möge, dass diese Zeitspanne fast schon quälend lang erscheinen konnte. Doch andererseits kann man noch heute derart von der Klasse ihres Debüts zehren, dass sie mit solch einem Material locker noch eine längere Pause hätten überbrücken können. Doch die Zeitspanne ist bei einem künstlerischen Prozess ja prinzipiell vollkommen gleichgültig: denn einzig auf die Inspiration und natürlich auch die Qualität ihrer Umsetzung kommt es an. Und schon die erste Single der neuen Platte weckte fraglos die Hoffnung, dass sie dies auch erneut auf einem ähnlich beachtlichen Niveau meistern könnten: "Hunger of the Pine", ein erwartungsgemäß genialer und einnehmender Indie-Artpop-Hit, in dem sogar unerwartet gelungen ein Sample von Miley Cyrus (die Gesangszeile "I'm a female rebel" aus ihrem Song "4x4") zum Einsatz kommt. 

ALT-J [hunger of the pine] from nabil elderkin on Vimeo.

Und diese Hoffnung wird auf "This Is All Yours" keineswegs enttäuscht: mit dem eigentlich "schwierigen zweiten Album", können alt-J erneut auf ganzer Linie punkten. Selbst die Tatsache, dass die Band gegenüber dem Vorgänger von einem Quartett auf ein Trio zusammen geschrumpft ist (nachdem ihr Bassist Gwil Sainsbury im Januar diesen Jahres das Handtuch warf), lassen sie sich nicht anmerken - stattdessen gibt es einfach ein hervor- und herausragendes Zweitwerk, das auf seine Weise kaum besser hätte werden können. Der Einstieg in die neue Platte besorgt auch sogleich ein Déja-Vu-Erlebnis: denn wie schon auf dem Debüt lässt der Opener, der ganz unscheinbar als "Intro" (♪♫♪) betitelt in das Album einführt, bei genauerer Betrachtung die Kinnlade des Hörers gewaltig zu Boden krachen. Hier zeigen sie erneut in wenigen Minuten gebündelt, was sie als Band ausmacht - wie sie mit im Grunde konventionellen Mitteln einen ganz eigenen und unnachahmlich unkonventionellen Sound kreieren. Ein Sound, der einfach anders ist. Ein komplexes Stück, welches u.a. aus hypnotisch rotierenden Lalala-Chören, schillernden Synthesizern, verzerrten  Gesängen und fernöstlich (?) veranlagten Klängen besteht. Direkt danach beginnt dann ein dreiteiliger Song-Syklus, der sich durch das gesamte Album zieht und ihm einen Hauch eines Konzeptwerks verleiht.  Angefangen mit "Arival in Nara" (♪♫♪), einer melancholischen Nummer, die verträumt und melancholisch auf Piano, sanften Gitarren und filigranen Streichern daher schwebt. Direkt danach folgt auch schon der zweite Part "Nara" (♪♫♪) - ein bisweilen zärtliches, aber gen Ende gar majestätisches Meisterstück, das zudem mit interessanten Lyrics ausgestattet ist. So singt Sänger Joe Newman schon zum Einstieg etwa die Zeilen: "Soon I'm gonna marry a man like no other / Light the fuse, hallelujah, hallelujah." Und eine ganze Weile später, dient der Abschluss dieses Zyklus auch als Abschluss des ganzen Albums: das hypnotische und kunstvolle, mit elektronischen Effekten angereicherte "Leaving Nara" (♪♫♪), stellt den Closer der Platte dar. 

alt-J - Left Hand Free (Director's Cut) from Pomp&Clout on Vimeo.

Doch dazwischen tummelt sich noch so viel mehr aufregendes und hochgradig verliebenswertes, dass auch hiervon manches nicht unerwähnt bleiben darf. So erweist sich etwa die aktuelle Single "Every Other Freckle" (♪♫♪) als famos bunter Indie-Pop-Hit auf höchstem Niveau,  in "Left Hands Free" geht es eine Ecke rockiger und spröder, wenngleich auch nicht minder mitreißend zu, "Choice Kingdom" (♪♫♪) brennt sich auf fast unmerkbare und behutsame Weise als eine sanfte und stille Indie-Kostbarkeit ins Unterbewusstsein, in der wunderbaren und warmen Folk-Perle "Warm Foothills" (♪♫♪) werden sie stetig abwechselnd von den Stimmen von Conor Oberst (Bright Eyes), Lianne La Havas, Marika Hackman und Sivu begleitet, und in "Blood Flood Pt.2" (♪♫♪) - dem Sequel des auf dem Debüt veröffentlichten "Blood Flood" - geben sie ein bedächtiges Stück Indiepop zum Besten, dass u.a. von majestätischen Bläsern untermalt wird. 

Nach dem kunstvollen und doch gleichzeitig auch erstaunlich massentauglichen Debüt, auf dem nahezu fast jeder Song als ein auf seine eigene Weise potentieller Hit heraus stach, gehen alt-J auf "This Is All Yours" teils neue, aber teils auch vertraute Wege - nur das hier manchmal der eine oder andere weitere Hördurchlauf nötig sein kann, ehe sich manche Höhepunkte in ganzer Pracht heraus schälen. Doch tut dies dem Hörgenuss keinen Abbruch, sondern erweitert stattdessen sachte die Klangdimensionen der Band. So ist "This Is All Yours" wohl die beste Platte geworden, die alt-J zu diesem Zeitpunkt hätten machen können. Und mit dem sie dem großen Erstling einen eigenständigen, inspirierten und würdigen Nachfolger gegenüber stellen, der diesem fast auf Augenhöhe begegnen kann.

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