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Montag, 19. Oktober 2015

Besprochen: MILEY CYRUS - "MILEY CYRUS & HER DEAD PETZ"

 Es schien bislang unzählige Gründe dafür zu geben, Miley Cyrus als Musikerin nicht ernst nehmen zu müssen. Doch mit ihrem neuen Album liefert sie den einen perfekten Grund, warum man seine Meinung darüber nun grundlegend überdenken sollte!

Selbst wer Miley Cyrus aus welchem Grund auch immer nicht leiden kann, muss eingestehen: es kommt einem wahren Kraftakt gleich, einen derartigen Imagewandel zu vollziehen, wie die 22jährige ihn hinter sich hat. Sicherlich fiel es dabei auch so manch einem schwer einzuschätzen, wie authentisch und glaubwürdig so ein radikaler Wandel ist. So hatte sich Miley Cyrus zuvor zum einen als Sprössling des in den USA populären Country-Sängers Billy-Ray Cyrus hervor getan, aber vor allem durch ihre Verkörperung der Titelfigur in der Kiddy-Serie "Hannah Montana" - sozusagen als blondiertes und mit einem wie ins Gesicht gefrästen Colgate-Grinsen ausgestattetes Disney-Girly. Doch binnen ein paar Jahren wandelte sie sich zu dem, was sie heute ist. Den Hang zur ästhetischen Perfektion hat die Dame zum Glück weit hinter sich gelassen - bekanntlich braucht sie gar oft genug eh nur sehr wenig Kleidung, aber kann dann nebenbei auch mal in einem Nilpferd-Kostüm auftauchen. Das scheinbar stets brave und artige Mädchen von einst, mutierte zur einer ziemlich schrägen und irgendwie immer sympathischer wirkenden Göre, die zwar jeder Kamera ihre Zunge entgegen streckt, nie mit Schimpfwörtern oder vulgären Entgleisungen geizt und der scheinbar immer wieder etwas neues verrücktes einfällt, aber die bei all dem offensichtlich das Herz am rechten Fleck trägt. So bot sie irgendwie immer mehr Anreiz, sie wirklich sympathisch finden zu können - nur musikalisch haperte es noch immer. Zwar konnte sie mit ihrem letzten Album "Bangerz" vor 2 Jahren durchaus einen Wandel in ihrer Karriere einleiten, aber bis auf Singles wie "We Can't Stop" oder "Wrecking Ball" war nicht viel spannendes dabei. Und doch ließ sie einen in den letzten Jahren immer mal wieder aufhorchen. So etwa mit einigen sehr gelungenen Darbietungen zusammen mit diversen anderen Musikern im Hintergrund ihrer Happy-Hippie-Foundation, oder aber auch als Gaststimme auf "With a Little Help From My Fwends", mit dem die Flaming Lips die Mutter aller Pop-Alben coverten: "Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band" von den Beatles (Cyrus ist in "Lucy In The Sky With Diamonds" und "A Day In The Life" zu hören). Das waren alles durchaus positive Vorzeichen - doch was dann plötzlich kommen sollte, hätte wohl niemand geahnt, als sie zum Ende der diesjährigen VMA's überraschend die sofortige Online-Veröffentlichung ihres neuen und fünften Albums "Miley Cyrus And Her Dead Petz" bekannt gab. Gefolgt von einer Live-Darbietung des Album-Openers "Dooo It", für den sie am darauf folgenden Tag auch ein schräges, buntes, minimalistisches und irgendwie großartiges Video nachreichte. Was auch zum ebenfalls großartigen Song passt, denn schon hier wird der radikale Wandel deutlich, den sie auf ihrem fünften Album musikalisch vollzieht. Elektronische Beats und Elemente treffen auf eine tanzbare und dennoch experimentelle bis düstere Atmosphäre - und dazu gibt's dann Textzeilen wie "Yeah I smoke pot / Yeah I love peace / But I don't give a fuck / I ain't no hippie"



Wie bei diesem Song, hat Cyrus auf dem Großteil des neuen Albums bei Songwriting und  Produktion wieder mit den Flaming Lips zusammen gearbeitet, aber vereinzelt auch mit anderen Leuten wie Mike Will Made It oder Oren Yoel. Und dabei kam ein stramm geschnürtes Bündel von 23 Songs heraus, mit einer Gesamtspieldauer von gut anderthalb Stunden! Doch es ist so spannend, so unerwartet und gar so spektakulär, was während dieser Zeit so alles passiert, dass "Miley Cyrus & Her Dead Petz" fast durchgehend zu begeistern vermag. Zwar spielt sich ihre Musik hier noch immer grob im Pop-Universum ab, zeigt sich aber weit kunstvoller, inspirierter, experimenteller und innovativer, als alles was man bisher von der jungen Frau zu hören bekam. So kommt etwa  das schwelgerisch-melancholische "Karen Don't Be Sad" () recht 60s-inspiriert daher, während der nachdenkliche "The Floyd Song (Sunrise)" () psychedelischere Wege geht und sie in "Pablow The Blowfish" () in Form einer herzzerreißenden Ballade ihr verstorbenes Haustier besingt - um gen Ende in erstaunlich authentische Weinkrämpfe auszubrechen. Und das sind noch nicht mal die größten Highlights, die aber auch ziemlich zahlreich auf der neuen Platte vertreten sind. Zum Beispiel hätten wir da die warme und mit wunderschöner Melodie gesegnete, atmosphärische Synthpop-Perle "Space Boots" () und das leicht oldschoolig veranlagte, zwischen gesprochenen und gesungenen Passagen pendelnde "BB Talk" (). Aber auch das düster-leidenschaftliche und durchweg grandiose Meisterstück "Cyrus Skies" () oder das fantastische und nahezu zeitlos schöne "I Get So Scared" (), welches von einem ebenso zeitlosen Gitarrenakkord untermalt wird. Die warme und deutlich in den 80ern verwurzelte New-Wave-Ballade  "Lighter" () hätte man dann auch noch im Angebot, ebenso wie das schattig-psychedelische und atmosphärische "Tiger Dreams" (), das sie im Duett mit dem großartigen Ariel Pink darbietet. Aber auch "1 Sun" darf man nicht übersehen: ein eingängiger, mitreißender, aber dennoch nicht zu glatter und zudem mit einem Auge auf Lady Gaga schielender Elektro-Pop-Kracher, der es zum echten Hit bringen könnte.



Ob "Miley Cyrus And Her Dead Petz" nun dauerhaft zu ihrem künstlerischen Befreiungsschlag wird, der es ihr erlaubt auch weiterhin so neugierig die Grenzen und Möglichkeiten des Pop auszuloten, bleibt noch abzuwarten. Aber das wichtigste ist: er könnte es tatsächlich sein! Denn das Potential steht dabei außer Frage - was sie hier veranstaltet hat, kann ohne weiteres dazu führen, dass dem Hörer auch schon mal vor Staunen die Kinnlade zu Boden kracht. So etwas hätte man der jungen Frau nun wirklich nicht zugetraut - und umso schöner ist die Überraschung darüber, was für ein Talent tatsächlich in ihr schlummert. Eine beeindruckende Leistung, die in ihrer eigentlichen Mainstream-Pop-Liga so im Grunde fast nie vorkommt. Das mag allerdings nicht jeder so sehen, denn bei vielen stößt das Album auf sehr gemischte Gefühle. Und gerade so manch einem Fan mag sie damit gehörig vor den Kopf gestoßen haben. Warum jedoch das Album gerade bei vielen professionellen Kritikern durchgefallen ist, kann ich mir beim besten Willen nicht erklären -  denn in meinen Ohren hat Miley Cyrus hier derart glänzende Arbeit geleistet, dass man es als eine der größten Pop-Überraschungen des Jahres bezeichnen kann. 

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