♪♫♪ ...music makes the people come together... ♪♫♪

♪♫♪ ...music makes the people come together... ♪♫♪

Mittwoch, 2. Dezember 2015

Besprochen: JUSTIN BIEBER - "PURPOSE"

Justin Bieber wird langsam erwachsen und demonstriert mit seinem neuen Album "Purpose" den definitiv größten Fortschritt in seiner bisherigen musikalischen Entwicklung. 

Es scheint fast so, als wenn jede Pop-Generation immer wieder ihre eigenen Nachwuchs-Stars braucht, auf die sie auch mal so richtig schön verachtend herab blicken kann. Eben solche, die bei den einen zwar sehr beliebt, bei den anderen dafür aber umso verhasster sind. So oder so ähnlich gab es dieses Phänomen wohl schon immer - auch in meiner Jugend in den 90er Jahren. Aber damals war es dann doch noch etwas anderes: abgesehen von ein paar Ausfällen in den Boulevardmedien, blieben die ärgsten Lästereien in der Regel auf dem Schulhof oder im Freundeskreis. Doch das hat sich mit den Zeiten von Internet und Social-Networks grundlegend geändert - heute kann jeder online genügend Aufmerksamkeit bekommen, wenn er im Zweifelsfall einfach nur laut genug schreit. Da entwickelt dieses hier angesprochene Phänomen ein sehr dynamisches Eigenleben - und das äußerte sich in den letzten Jahren bekanntlich darin, dass Justin Bieber von vielen Seiten mit einem derartigen Hass und Spott überzogen wurde, wie man das in derartiger Ausprägung wohl auch noch nicht erlebt hat. Denn ein paar schnelle Lacher oder FB-Likes kann man selbst mit noch so drittklassigen Verbalattacken auf den 21-jährigen Kanadier provozieren. Aber trotz relativ eingehender Betrachtung seines bisherigen Werdegangs, will sich mir der Grund dafür nach wie vor nicht so recht erschließen. Sicherlich: auch er hat zweifellos seine Fehler und Macken, hat so manch eine jugendliche Dummheit verzapft und ist auch des öfteren mal kräftig in das eine oder andere Fettnäpfchen gelatscht. Allerdings dürften die meisten von uns wohl insgeheim froh darüber sein, dass unsere eigenen Jugendsünden  nicht von der weltweiten Presse und der noch weitaus gnadenloseren Internet-Community auseinander genommen wurden - viele von uns wären wahrscheinlich kaum besser dabei weg gekommen. Zudem: in einer Zeit, in der so manch ein "Gangsta-Rapper" eine umso größere Popularität genießt, je länger sein Vorstrafenregister ist, sollte ein Justin Bieber wohl kaum Anstoß für derartige Verachtung geben. Schon gar nicht in Anbetracht seines doch recht merkbaren Wandels. So scheint er nicht nur etwas ruhiger geworden zu sein, als in den Jahren zuvor, in denen er vor allem die Klatschspalten der Boulevardpresse füllte. Denn wer sich nicht verbissen an die kindische Vorstellung klammert, dass man Justin Bieber prinzipiell und ohne wenn und aber ganz kacke finden muss, der konnte auch schon in den letzten Jahren einen leichten musikalischen Reifeprozess bei ihm bemerken. Schon sein zweites Album "Believe" (hier klammere ich bewusst sein Weihnachtsalbum "Under The Mistletoe" aus, das gemeinhin als reguläres zweites Album gezählt wird, was mir aber noch nie einleuchtete) war ein deutlicher Sprung gegenüber seinem Debüt "My World 2.0", schmeckte aber immer noch überwiegend nach Teen-Pop-Kost. Das Compilation-Album "Journals" (welches gegenüber dem Weihnachtsalbum im Grunde schon so etwas wie ein richtiges Album war, aber offiziell nicht als ein solches vermarktet wurde) klang dann aber noch einmal eine Spur erwachsener, setzte er hier doch vermehrt auf getragene R&B-Klänge. Doch spätestens dann dürften einige mächtig überrascht von dem jungen Mann gewesen sein, als er vor einigen Wochen "What Do You Mean?" als erste Single seines neuen Albums veröffentlichte - und daraufhin völlig zurecht die weltweiten Chartspitzen stürmte. Denn in Mainstream-Maßstäben betrachtet, haben wir hier einen catchy, relaxten und vor allem beinah perfekten Ohrwurm, der von Flöten und Piano begleitet und von Tropical-House-Elementen beeinflusst wird. 



Bezieht man das schon einige Monate zuvor veröffentlichte "Where Are Ü Now" mit ein, welches er für das gemeinsame Projekt von Diplo und Skrillex sang (und das zum Glück auch mit auf sein neues Album genommen wurde), dann sollte sich bei manch einem schon langsam der Gedanke breit gemacht haben, dass sich Justin Bieber tatsächlich weiterentwickelt und reifer wird - auf jeden Fall mindestens musikalisch. Und das setzt sich auf seinem neuen und 3. Album "Purpose" nun auch ebenso fort. So zeigt sich auch die zweite Single "Sorry" (♪♫♪) als ein wahres Pop-Vergnügen, das erneut mit Tropical-House-Elementen spielt, aber das Tempo hin zum tanzbaren Ohrwurm anzieht. "Love Yourself" (♪♫♪) hingegen beschränkt sich auf das wesentliche, indem Justin's Gesang nur von soften Gitarren begleitet wird, während zwischendurch auch mal eine einsame Trompete vorbei schaut. Das sehr schöne "No Pressure" (♪♫♪) mit Gast-Rap von Big Sean ähnelt dann mit seinem nachdenklichen R&B-Sound wieder ein wenig seiner "Journals"-Phase, und "The Feeling" (♪♫♪) zeigt sich als ein feines, getragenes und soft elektronisches Pop-Duett mit der Newcomerin Halsey. Man merkt hier vor allem auch, dass einige Texte deutlich persönlicher anmuten, als das meiste, was bisher von dem jungen Mann so zu hören war. "Life Is Worth Living" (♪♫♪) zeigt sich etwa als eine nur von Piano begleitete Ballade, in der Justin seine hier anfangs beschriebene Rolle des Prügelknaben im zeitgenössischen Pop zu reflektieren scheint - ohne dabei aber in Selbstmitleid zu zergehen. Im Gegenteil, denn stattdessen übt er sich nahezu in Demut, wenn er etwa singt: "What I'd give for my affection, is a different perception / For what the world may see, they try to cucify me / I ain't perfect, won't deny / My reputation's on the line / So I'm working on a better me." Ähnlicher Thematik widmet er sich auch auf dem sehr gelungenen und als Promo-Single veröffentlichten "I'll Show You" (♪♫♪). Und man sollte auch durchaus geneigt sein ihm beizupflichten, wenn es hier heißt: "Sometimes it's hard to do the right thing, when the pressure's coming down like lightning / It's like they want me to be perfect, when they don't even know that I'm hurting / This life's not easy, I'm not made out of steel / Don't forget that I'm human, don't forget that I'm real / You act like you know me, but you never will."



Abschließend betrachtet ist ihm mit "Purpose" ein Album gelungen, auf dem er nicht nur zum Teil persönlichere Themen anspricht, sondern das auch endlich mal so etwas wie ein paar richtige eigene Hits mitbringt. Hits, die einem auch wirklich im Kopf hängen bleiben können - die er aber nicht mit den derzeit weit herum gereichten großen Namen im Pop umsetzte. So hätte er mit Sicherheit auch wieder die üblichen Verdächtigen der aktuellen Musikszene zusammen trommeln können, die in den letzten Jahren zig Hits zu verantworten hatten. Der abseits seiner eigenen Karriere ja auch noch nicht allzu abgenutzte Elektro-Musiker Skrillex, mag neben Benny Bianco oder The Audibles hingegen wohl einer der prominentesten Produzenten des Albums sein, während einem hier aber sonst eher unbekannte bis kaum abgegriffene Namen wie etwa Blood Diamonds, MdL, Jason "Poo Bear" Boyd oder The Mogul begegnen. Damit schafft es Justin auf einigen Stücken seines neuen Albums einen recht frischen Sound zu entwickeln, der nicht voller Verzweiflung nach Aufmerksamkeit in den Mainstream-Medien bettelt. Stattdessen gelingt ihm ein mehrheitlich getragener bis nachdenklicher Klangcharakter, der es mitunter gar schafft, erstaunlich angenehm aus dem Wust zeitgenössischer Mainstream-Produktionen herauszustechen. Das macht "Purpose" in meinen Ohren zwar wahrlich nicht zu einem Meisterwerk. Aber allemal zu einem wirklich guten Pop-Album, das den bisher gelungensten Schritt in seiner musikalischen Weiterentwicklung markiert. Justin Bieber scheint tatsächlich erwachsen zu werden - und das steht ihm auch verdammt gut.





Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen