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Mittwoch, 8. April 2015

Besprochen: THE PRODIGY - "THE DAY IS MY ENEMY"

 Mit ihrem neuen Album "The Day Is My Enemy" servieren uns The Prodigy überwiegend ein solch leidenschaftslos hin geklatschtes ADHS-Big-Beat-Geballer, dass einem der Gedanke kommen kann, dass ihr Feind in Wirklichkeit nicht der Tag, sondern die Musik ist.

Mindestens jene, welche die 90er Jahre bewusst miterlebt haben, könnten auch einst zu der Erkenntnis gelangt sein, dass die britische Elektro-Truppe The Prodigy seinerzeit mitunter ziemlich relevant und fähig sein konnte. Schon bei früheren Hits wie "No Good (Start The Dance)", "Poison" oder "Voodoo People", sowie dem dazugehörigen Album-Klassiker "Music For The Jilted Generation" (1993), war trotz der deutlichen Dance-, Elektro- und Techno-Elemente, immer eine rotzige, kantige und widerborstige Atmosphäre zu spüren - was sie etwa durch geschickt genutzte Industrial- oder Jungle-Einflüsse erreichten. Und dies sollten sie auf ihrem 3. Album "The Fat of The Land" (1997) und mit so mitreißenden Elektro-Rock-Bastarden wie "Firestarter", "Breathe" oder "Smack My Bitch Up" noch auf die Spitze treiben. Und mit diesem Stil, den man dann vor allem seinerzeit gerne Big Beat nannte, hatten The Prodigy nun entscheidenden Anteil daran, die beiden einst verfeindeten Lager Techno und Rock miteinander zu versöhnen. Doch der Siegeszug dieses Genres - dem sich mitunter auch Fatboy Slim oder Appollo 440 auf ihre Weise anschlossen - sollte nicht lange anhalten. So sollte es auch geschlagene 7 Jahre dauern, ehe The Prodigy mit "Always Outnumbered, Never Outgunned" im Jahr 2004 wieder ein Album vorlegten - welches allerdings so uninspiriert, flach und schlichtweg stinklangweilig daher kam, dass die Musikwelt es bis heute wohl schon nahezu verdrängt hat. Doch gerade als man so gar nicht mehr mit ihnen gerechnet hatte, kehrten sie dann im Jahr 2009 mit ihrem bislang letzten Album "Invaders Must Die" zurück - und konnten in der Tat wieder ein wenig musikalischen Boden gut machen. Wirklich neu oder originell klangen sie nicht, aber sie machten ihre Sache wieder hörbar besser, als auf dem ziemlich missratenen Vorgänger. Aber letztendlich blieb auch dieses Album eine gute Ecke hinter dem Niveau ihrer frühen Arbeiten zurück. Und doch wäre man dieser Tage beinahe schon froh darüber, wenn ihr brandneues und nunmehr sechstes Studioalbum "The Day Is My Enemy" wenigsterns diese Klasse erreichen  würde. Sicherlich: Singles wie "Nasty", "Wild Frontier" (♪♫♪) oder das von Martina Topley-Bird besungene "The Day Is My Enemy" (♪♫♪) konnten durchaus kurzweilig bespaßen - und ein klein wenig von den Erinnerungen an ihre guten alten Zeiten reanimieren. Aber eben doch nur ein wenig. Und auch nur kurzweilig.



Denn spätestens in Kenntnis des gesamten neuen Albums, macht sich eine immense Ernüchterung breit. Von Kreativität und Einfallsreichtum findet man hier keine Spur, stattdessen funktioniert alles nach dem Schema F. Zusammen gesetzt aus den ewig gleichen Bestandteilen, schleudern uns The Prodigy hier mehr als ein Dutzend beinahe durchgehend nichtssagender Haudrauf-Songs um die Ohren, die sich zusammen zu einer knappen Stunde fast durchgängiger Langeweile aufblähen. Band-Mastermind Liam Howlett gefällt sich offenbar vor allem darin, die meisten Songs aus stets identisch schmeckenden Zutaten zusammen zu panschen - die sich vor allem auf ballernden Bass, sich selbst (und mitunter auch den Hörer) schwindelig wirbelnde Beats, fadenscheinig heraus gebolzte Gitarrenriffs und die immer wieder eingestreuten Synthesizer-Fanfaren beschränken, die zuletzt ca. Mitte der 90er noch als halbwegs originell durchgehen konnten. Das bandeigene Rumpelstilzchen Keith Flint keift sich zwar auch dieses Mal wieder auf gewohnt herrliche Weise die Seele aus dem Leib, aber begleitet wird er dabei mehrheitlich von recht lieblos hin konstruiertem Gleichklang - der dem Hörer fast immer gleich von Anfang an kräftig auf die Mütze geben will. Hier wird im Grunde nie versucht, auch nur ansatzweise eine Art Spannungsbogen aufzubauen oder auch nur ein paar halbwegs prägnante Höhepunkte zu erzeugen.  

Die wenigen Ausnahmen, wo man auch ein paar kleine erhellende Momente aus dieser musikalischen Einöde mitnehmen kann, beschränken sich dann etwa auf "Beyond The Deathray" (♪♫♪), wo mal das Tempo kräftig herunter gefahren und dem Stück etwas Raum für Melodie gelassen wird - und für etwas, das man ansatzweise Seele nennen könnte. Und auch "Invisible Sun" (♪♫♪) stimmt versöhnlicher, drosseln sie hier doch ebenfalls mal das Testosteron und erschaffen immerhin ein wenig Atmosphäre.  Hier und da gibt es in manch anderen Stücken zwar auch immer wieder recht ansprechende Momente - die dann in der Regel aber alsbald in indifferent daher polterndem ADHS-Big-Beat-Geballer ersaufen. Damals, vor bummelig 20 Jahren, beherrschten sie ihr Handwerk noch mit Raffinesse - heute hingegen wirken The Prodigy nur noch verkrampft und eindimensional. 
So war ich schon im ersten Moment ein wenig erschrocken, als ich las, dass der große und berühmte britische NME dem Album 8 von 10 Punkten gibt - und es zum besten Album der Band seit "The Fat of The Land" erklärt. Aber dann erinnerte ich mich daran, dass derselbe NME ja auch Oasis bis heute für die beste Band seit den Beatles hält...



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