♪♫♪ ...music makes the people come together... ♪♫♪

♪♫♪ ...music makes the people come together... ♪♫♪

Sonntag, 8. März 2020

Review: BTS - "MAP OF THE SOUL : 7"

Auf ihrem neuen Album "Map of the Soul : 7" verbinden BTS die psychologischen Theorien C.G. Jungs, mit einem Rückblick auf ihre 7-jährige Bandgeschichte - und haben damit das ambitionierteste, spannendste und beste Album ihrer bisherigen Karriere vorgelegt.

Was hat die südkoreanische Band BTS doch bereits für einen langen und spannenden Weg hinter sich - auch wenn es erstaunlicherweise noch einige Menschen dort draußen gibt, die noch nie etwas von dem 7-köpfigen Pop-Phänomen um die vier Sänger Jin, Jimin, Taehyung und Jungkook, sowie die drei Rapper RM, Suga und J-Hope gehört haben. Oder von anderen wiederum werden sie immer noch auf schändliche Weise unterschätzt - doch hinter BTS steckt weit mehr, als nur der Hype, den viele dahinter fälschlich vermuten. In den letzten 7 Jahren, die seit ihrem Debüt vergangen sind (und was genau derselben Zeitspanne entspricht, in der sämtliche Alben der Beatles entstanden sind), haben sich BTS mit mehr als einem Dutzend Platten (an deren Songwriting und Produktion die Band auch immer entscheidend beteiligt ist), sowie viel Talent, Arbeit und Fleiß zur derzeit erfolgreichsten Band der Welt entwickelt. Und ich kann mich nicht entsinnen, wann dies zuletzt einer nicht englischsprachigen Band gelungen ist. Doch ihr schwindelerregender Erfolg verwundert nicht, liefert die Band doch stets hochwertige, authentische und wandlungsfreudige Popsongs, welche die Band durch nahezu alle denkbaren Stile und Genres führen. Und zu allem Überfluss ist all das auch nahezu immer verpackt in tiefgründige, verschachtelte und durchdachte Konzeptalben und -serien, auf denen sich die Band u.a. mal mit dem deutschen Literaturklassiker "Demian" (1919), ein anderes mal mit  den Hürden des Heranwachsens, oder auch mit dem Weg zu wahrer Selbstliebe befasste. Auf ihrer aktuellen "Map of the Soul"-Serie führte sie ihr Weg dann sogar hin zur Psychologie. Eingebettet in ein übergeordnetes Konzept um die psychologischen Theorien der "Landkarte der Seele" des bedeutenden schweizerischen Psychologen Carl Gustav Jung (in denen er im frühen bis mittleren 20. Jahrhundert die verschiedenen Ebenen der Psyche benannte und beschrieb), gewähren  uns BTS hier Einblicke in ihre Seele, und überblicken dabei ihren beschwerlichen und steinigen, aber auch nahezu beispiellosen und strahlenden Werdegang. Die Serie begann letztes Jahr mit ihrem Mini-Album "Map of the Soul: Persona", das sich vor allem um die von Jung beschriebene Persona dreht: die Ebene unserer Psyche, die eine Art gesellschaftliche Maske darstellt, welche all unsere positiven und sozial akzeptablen Charaktereigenschaften wiederspiegelt, und die wir alle unbewusst in der Öffentlichkeit tragen - weshalb das Album auch einem musikalisch wie inhaltlich überwiegend optimistischen Grundcharakter folgte. Und ihr neues Album "Map of the Soul : 7" erzählt dieses Konzept nun 10 Monate später nicht nur zu Ende, sondern fasst es auch zusammen, startet es doch gleich mit fünf der sieben Stücke des ersten Teils der Serie. So etwa mit dem Opener "Intro: Persona": einer elektrisierenden Rap-Rock-Nummer von Bandleader RM, welche das Intro ihres zweiten Mini-Albums "Skool Luv Affair" (2014) sampelt, und in dem er angelehnt an Jungs Theorien die verschiedenen Facetten seiner Seele erforscht. Und zudem gibt es von dem letzten Mini-Album dann auch ein Wiedersehen mit dem unfassbar catchy Funk-Pop-Ohrwurm "Boy With Luv" feat. Halsey (der im Titel mit Bezügen zu ihrem 2014er Hit "Boy In Luv" spielt), dem wunderbaren und mit Ed Sheeran co-komponierten "Make It Right", mit der von Jin, Jungkook und J-Hope interpretierten Ballade "Jamais Vu" (dessen Titel das genaue Gegenteil eines Deja Vu beschreibt), oder auch mit der epischen Rap-Rock-Hymne "Dionysus". Und all das ergänzte die Band hier nun um mehr als ein Dutzend neuer Songs, die sich einer enormen Stilvielfalt bedienen, und das übergeordnete Konzept auf geniale Weise weiterführen. Denn in den restlichen Stücken geht es bezüglich der Theorien C.G. Jungs um den Schatten und das Selbst, weshalb die Band hier vor allem von den Schattenseiten erzählt, die sie in sich tragen oder die sie durchlebten - während sie dabei aber auch zu der Erkenntnis gelangen, dass all diese Schatten ein fester Teil ihres Schicksals sind. Das wird dann schon gleich auf dem ersten neuen Stück von "Map of the Soul : 7" deutlich: dem fantastischen, kreativen und düsteren Rap-Meisterstück "Interlude: Shadow" (♪♫♪) als Solo von Suga, welches ein Sample aus dem Intro ihres ersten Mini-Albums "O!RUL8,2?" (2013) nutzt, und auf dem die Ebene unserer Psyche thematisiert wird, die Jung den Schatten nannte: der genaue Gegenpol und der dunkle Zwilling der Persona, welcher die untrennbare dunkle Seite unserer Psyche bildet. Dies überträgt der Rapper hier vor allem auf die Ängste und Schattenseiten, die der Erfolg mit sich bringt: "Shadow at my feet, look down, it's gotten even bigger / I run but the shadow follows, as dark as the light's intense / I'm afraid, flying high is terrifying / No one told me how lonely it is up here / (...) The moment I'm flying high as I wished / My shadow grows in that blasting stark light / Please don't let me shine, don't let me down, don't let me fly / Now I'm afraid / The moment I face myself brought lowest / It so happens that I'm flying the highest." Zugleich erkennt er aber, dass auch die Schatten dazu gehören....sowie auch in unser aller Persönlichkeit: "Yeah I'm you, you are me, now do you know / Yeah you are me, I'm you, now do you know / We are one body, sometimes we will clash / You can never break me off, this you must know / Yeah can't break me off, whatever you do." (Übersetzung)



Dem folgt dann gleich die erste Single "Black Swan": eine Trap-R&B-Perle, die musikalisch eine geschickte Verwandtschaft zu ihrem 2018er Hit "Fake Love" aufweist, und inhaltlich die Angst davor anspricht, eine schmerzhafte Distanz zu einer persönlichen Leidenschaft zu entwickeln. In diesem Fall  Musik und Tanz, ist der Song doch einerseits durch den gleichnamigen Film inspiriert, doch vor allem durch ein Zitat der legendären Tänzerin und Choreografin Martha Graham: "A dancer dies twice - once when they stop dancing, and this first death is the more painful". Und das schlägt sich auch deutlich in den Lyrics des Songs nieder: "The heart no longer races / When hearing the music play / Tryna' pull up / Feels like time has stopped / Oh that would be my first death I been always afraid of / If this can no longer resonate / No longer make my heart vibrate / Then like this may be how I die my first death / But what if that moment's right now?" (Übersetzung) Weiter geht es dann mit dem herrlichen Solo "Filter" (♪♫♪) von Jimin, auf dem er zu stimmungsvollen Latin-Vibes über die verschiedenen Seiten seiner Persönlichkeit singt, sowie auch mit dem fabelhaften Solosong "My Time" (♪♫♪) von Jungkook, in dem er über die Jahre in der Band sinniert, in denen er vom Jugendlichen zum erwachsenen Mann heran reifte: "24, feels like I became a grown-up faster than anyone else / My life has been a movie, all the time / I ran towards where the sun rises every single night / It's like I've been to somebody's tomorrow / The boy who found the world too big." (Übersetzung) Oder dann das atmosphärische, elektronisch frickelnde und  schlicht und ergreifend großartige "Louder Than Bombs" (♪♫♪), welches vom australischen Singer/Songwriter Troye Sivan co-komponiert wurde - und in dem sie davon erzählen, wie sie durch Schmerz und Dunkelheit an Stärke und Selbstvertrauen gewonnen haben. Und danach hat die famose Leadsingle ihren Auftritt: das durch Klänge aus HipHop, R&B und mitreißenden Marschtrommeln geprägte, und von Sia co-komponierte "ON"  (welches auf der digitalen Version des Albums als Bonus-Track auch im Duett mit ihr enthalten ist). Während sich der Song in seinem Titel auf ihre 2013er Single "N.O" bezieht, erzählen sie in seinen Lyrics aller Kämpfe und Schattenseiten zum Trotz, über ihre Berufung als Künstler: "Bring the pain, it'll become my blood and flesh / Bring the pain, no fear, now that I know the way / Breathe on the small things / My air and my light in the dark / The power of the things that make me 'me' / Even if I fall, I come right up, scream / (...) Can't hold me down cuz you know I'm a fighter / Choosing to descend into the dark abyss / Find me and I'm gonna bleed with ya." (Übersetzung)



Doch das war noch längst nicht alles, warten doch unter den 19 Tracks des Albums noch deutlich mehr Highlights. So u.a. Taehyungs hymnisches Solo "Inner Child" (♪♫♪), das eine Ode an das jüngere und durch schlechtere Zeiten gehende Ich des Sängers darstellt. Oder auch das fabelhafte "Friends" (♪♫♪), auf dem Taehyung und Jimin ihre tiefe Freundschaft besingen, und das in seinen mitreißenden, von Streichern und Bläsern ausgeschmückten Arrangements streckenweise fast schon ein wenig beatle-esk erscheint. Wunderbar auch der unwiderstehlich schöne Gitarrenpop-Ohrwurm "Moon" (♪♫♪) von Jin, in dem er seine Liebe zur ARMY (wie die Fans der Band sich nennen) zum Ausdruck bringt. So singt Jin, der aufgrund seines überaus attraktiven Äußeren auch unter dem Spitznamen "Mr. Worldwide Handsome" bekannt ist, hier u.a. so Zeilen wie: "You are my earth, I'm just a moon to you / Your little star that lights up your heart / You are my earth, and all I see is you / The only thing I can do is to gaze at you like this / Though everyone says I'm beautiful, but my sea is all black / A star where flowers bloom and the sky is blue / You are the truly beautiful one." (Übersetzung) Noch ein besonderes Highlight (unter wahrlich vielen) stellt auch die einfach nur wunderschöne, mit EDM-Elementen angereicherte Pop-Hymne "We are Bulletproof: The Eternal" (♪♫♪) dar, die sich auf ihre zweite Single "We are Bulletproof, Pt.2" (2013) bezieht, und in der sie sich daran erinnern, dass sie einst nur als sieben Jungs starteten, aber über die vergangenen 7 Jahre mit ihren Millionen Fans eine große Familie gewonnen haben, mit deren Hilfe sie unbesiegbar sind: "We were only seven, but we have you all now / After seven winters and springs / With these fingertips that hold each other / Yeah we got to heaven / Throw stones at me, we don't fear anymore / We are together bulletproof / Even if the winter comes again / No matter who blocks me / We are forever bulletproof." Und abgeschlossen wird das Album dann letztendlich von dem faberlhaften "Outro: Ego" (♪♫♪) als Solo von J-Hope: einem knallbunten und verdammt gut gelaunten HipPop-Ohrfänger mit catchy Bläser-Hookline, und einem Sample aus dem Intro ihres ersten Single-Albums "2 Cool 4 Skool" (2013). Und nach der Persona im Intro, sowie dem Schatten im Interlude, widmet sich das Outro nun dem Selbst: hinter dem komplexen Gebilde unserer Psyche, mit all ihren Trieben, Instinkten, Erinnerungen und Komplexen, steht das Selbst laut Jung wie ein unsichtbarer Wirkfaktor, der alles zu einer funktionierenden Einheit verbindet - so wie die Sonne die Bahnen der Planeten beeinflusst. Und angelehnt daran, erzählt J-Hope hier vor allem davon, Vertrauen in das eigene Selbst zu finden.



Mit der enormen Stilvielfalt, der schwindelerregend hohen musikalischen Qualität, sowie auch der inhaltlichen Tiefe und Komplexität von "Map of the Soul : 7", beweisen BTS wieder einmal aufs Neue, wie unfassbar sinnbefreit solche Vorurteile sind, sie seien nur koreanische Backstreet Boys oder austauschbare Pop-Klone. Doch zum Glück wissen es viele andere da draußen auch besser, hat das Album doch bereits eine Menge Lob und Erfolg geerntet. Von weltweiten Kritikern gefeiert, erreichte es bei Metacritic eine Durchschnittswertung von 83/100 (was für "universal acclaim" steht), stürmte in zahlreichen Ländern Platz 1 der Albumcharts (wie u.a. mit den USA, UK, Deutschland, Frankreich und Japan auch in den 5 größten Musikmärkten der Welt), und hat sich schon jetzt mehr als 5 Mio. mal verkauft - womit es das bislang international erfolgreichste Album des Jahres darstellt! Und das haben sie sich mit diesem Album auch mehr als verdient, d
enn trotz der durchgehend hohen musikalischen Qualität seiner Songs, ist "Map of the Soul : 7" in seiner Gesamtheit noch so viel mehr als nur die Summe seiner Teile. Hier schufen sie aus den gegensätzlichsten Stilen und Stimmungen ein rundes und schlüssiges Gesamtwerk, welches dabei einem so durchdachten, tiefgründigen und persönlichen Konzept folgt, dass es zweifellos das bislang ambitionierteste und beste Album der Band darstellt. Und wenn man mich fragt, auch ein modernes Pop-Meisterwerk.









Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen