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Freitag, 25. September 2015

Besprochen: LANA DEL REY - "HONEYMOON"

Irgendwie paradox, aber doch vor allem wunderbar: auf ihrem 4. Album "Honeymoon" zelebriert Lana Del Rey den künstlerischen Rückschritt auf überraschend hohem Niveau!

Lana Del Rey hatte dem zeitgenössischen Pop ja gerade noch gefehlt - und das ist auch ganz ohne die Ironie gemeint, die dieser Redensart sonst oft innewohnt. Denn trotz all der anfänglichen und nicht ganz unberechtigten Skepsis gegenüber dem Hype um die Dame, sowie um ihr insgesamt relativ durchwachsenes Durchbruchsalbum "Born To Die" aus dem Jahr 2012, konnte man der Amerikanerin nie den beliebten und oft auch berechtigten Vorwurf machen, sie würde nur auf einen rollenden Zug aufspringen. Lana machte es sich stattdessen in einer Nische gemütlich, die bis dahin im Pop vollkommen unbesetzt war. So flirtete sie seit eh und je ausgiebig und leidenschaftlich mit dem romantisierten Zeitgeist  eines  längst vergangenen Amerikas, bei dem man unweigerlich an die Ära von James Dean, Marilyn Monroe oder Jim Morisson denken muss. Auf ihrem Zweitwerk "Born To Die" war das durchaus schon recht gut zu erkennen, doch war hier einiges einfach noch zu "billig" produziert. Doch schon kurz darauf konnte sie das mit der famosen "Paradise"-EP spielend ausgleichen, die das eigentliche Album weit überstrahlte. Und was sie dann im letzten Jahr fantastisches auf ihrem 3. Album "Ultraviolence" anstellte, sitzt einem immer noch in den Knochen. Zusammen mit Produzent Dan Auerbach von The Black Keys zauberte sie dort nicht nur eine deutlich spürbare künstlerische und stilistische Weiterentwicklung, sondern auch gleich ein so kunstvolles, einnehmendes, düsteres und doch wunderschönes Meisterstück, dass es für mich bis heute zurecht eines der besten Platten seines Jahrgangs darstellt. Bis hierher konnte man bei Lana Del Rey eine kontinuierlich ansteigende musikalische Qualität und künstlerische Entwicklung beobachten, sodass es auch alles andere als verwunderlich erschien, dass man sie immer mehr als eigenständige Künstlerin akzeptierte. Und auch was schon im Vorwege über ihr neues Album bekannt wurde, ließ an der Fortführung dieser Entwicklung kaum einen Zweifel aufkommen. Allen voran etwa der Titelsong "Honeymoon" selbst: eine ganz wunderbare, von Streichern und Piano eingerahmte, cineastisch-emotionale Ballade, die einem sofort  Bilder wie aus den klassischen Hollywood-Dramen früherer Tage vor das innere Auge projiziert. 


 
Und betrachtet man nun das gesamte Album, so merkt man, dass sich soundtechnisch wieder etwas merkbar gegenüber dem Vorgänger verändert hat. Nur diesmal vielleicht nicht so ganz in die Richtung, in die ich es erhofft hatte. Oder wollte man es kritischer ausdrücken: wenn "Ultraviolence" ein künstlerischer Schritt nach vorne war, so ist "Honeymoon" nun ein halber Schritt zurück. So bewahrheitet sich hier auch offiziell das, was die Sängerin zuvor verriet: der Sound entfernt sich hier hörbar von dem des letzten Albums und bezieht sich wieder stärker auf die "Born To Die"/"Paradise"-Phase. So hat sie hier auch wieder Rick Nowels als Co-Songwriter und -Produzent verpflichtet, der ja bereits an dieser Phase beteiligt war. Aber das ist alles in allem natürlich kein Grund zur Sorge. Denn diese frühere Phase war ja mitunter durchaus fruchtbar. Und auch auf "Honeymoon" hat uns Lana wieder einige ganz wundervolle, wie aus der Zeit gefallene Songperlen gezaubert. So zeigte sich schon die offizielle erste Single "High By The Beach" als ein überaus fähiger Popsong, aber auch die neue und zweite Single "Music To Watch Boys To" (♪♫♪) erweist sich als sinnlich-getragene Pop-Perle, die noch wesentlich stärker hängen bleibt. Einige Albumtracks bieten aber noch mehr Potential. So etwa die großartige, emotionale und verträumte Ballade "Terrence Loves You" (♪♫♪), die mit getragener Atmosphäre und Jazz-Einflüssen spielt - und letzteres betrifft so ähnlich dann auch das atmosphärisch-schillernde "Art Deco" (♪♫♪), welches auch unbedingt als eines der Highlights der Platte anzusehen ist. Welche aber doch recht zahlreich vertreten sind. Denn auch das leidenschaftliche und beinahe schon erhabene "Religion" (♪♫♪), dass großartige, düster schattierte und in Auszügen fast epische "The Blackest Day" (♪♫♪) oder die zeitlose, schwermütig-schöne und getragene Ballade "24" (♪♫♪) sind ziemlich großes Kino. Ebenso wie aber auch ihre Version des Klassikers "Don't Let Me Be Misunterstood" (♪♫♪), der ja schon in vielen berühmten Versionen dargeboten wurde. Lana Del Rey orientiert sich hier zwar schon ein klein wenig in die Richtung des Originals von Nina Simone aus dem Jahr 1964, arbeitet aber dennoch mit der berühmten (in ihrem Fall allerdings von einer Orgel gespielten) Hookline, welche The Animals dem Song in ihrer 1965er Version in dieser populären Form zu ersten Mal hinzufügten. Aber dennoch klingt der Song am Ende hauptsächlich wieder ganz nach Lana selbst - und vor allem ganz wunderbar.



Gesamt betrachtet hat uns Lana Del Rey mit "Honeymoon" ein zeitloses und bezauberndes Album gebastelt, das wieder mit so manch einer schmachtenden Perle aufwarten kann. Und doch hat es wie bereits erwähnt gegenüber seinem Vorgänger knapp das Nachsehen. So war es doch gerade der spürbare soundästhetische Wandel, der für mich den ganz besonderen Reiz auf "Ultraviolence" ausmachte. Ihre nun schnelle Rückkehr zum bislang gewohnteren Stil mutet da vielleicht anfangs ein wenig banal an - denn künstlerische Weiterentwicklung sieht ja nun einmal anders aus. Aber hört man genau hin, kann man nur in jeder denkbar positiven Hinsicht sagen, dass "Honeymoon" so etwas wie einen kleinen künstlerischen Rückschritt auf hohem Niveau darstellt. Und damit kann man wohl auch durchaus gut leben.






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